Raaolder Tagblatt »Der Gesellschafter'

Mittwoch, den 8. Februar 1SK

5 . Seite Nr. L3 ___-

Bürckels ganze Arbeit

Der Merjahrespla« in den Ostmarkgaue«

Das erste Februar-Heft der ZeitschriftDer Vierjahres- vlan" ist der Ostmark gewidmet. Reichskommissar Eaulet- ter Bürckel gibt in diesem Sonderheft erstmalig einen au^ führlichen Rechenschaftsbericht über die wirtschaftliche und sozialpolitische Aufbauarbeit in den Ostmarkgauen mit be­sonderer Berücksichtigung des Einsatzes für den Vierjahres­plan.

NSK. Trostlos war die Lage, die Reichskommissar Eau- leiter Bürckel bei seiner Amtsübernahme vorfano. 650 000 Arbeitslose, d. h. jeder zehnte Oesterreicher arberts- los, die Einkommensteuer 1937 um 39,9 v. H-, ln einzelnen Berufen bis zu 44,8 v. H. niedriger als ^ 29 , Oesterrerch der einzige europäische Staat, in dem mehr Menschen starben als geboren wurden. Wahrend rm Reich die Zahl der Geburten von 1933 bis 1937 um 31,3 v. H. stieg, siel sie in Oesterreich im gleichen Zeitraum um 10,0 v. H. Besonders trostlos war die Lage m Wien. Es war die unfruchtbarste Stadt der Welt. Im Jahr 1937 standen hier 24 453 Todesfällen nur noch 10 032 Geburten in Wien gegenüber. Außerdem war Oesterreich das Land mit der größten Selbstmordzifser in Europa.

Di« Ostmark 1S3S ahn« Arbeitslos«

Die ersten Sofortmaßnahmen des Aufbauprogramms galten der Beseitigung der Arbeitslosigkeit und des teilweise unbeschreiblichen sozialen Elends. Mit ganzer Kraft half das Reich den neuen Gauen. 170 Millionen RM. wurden s ür Reichsautobahnbau und Straßenbau zur Verfügung ge­stellt. 30 Millionen RM. wurden für größere Bauten und für Wasierftratzenbau, A> Millionen RM. für Jnstand- setzungsarbeiten, Schulneubauten usw. angesetzt. Weiter­hin flössen der ostmärkischen Wirtschaft sofort 60 Millionen RM. als Auszahlung der Clearingspitze aus dem bisheri­gen deutsch-österreichischen Außenhandel zu. 150 Millionen RM. wurden als Zuschüsse und Darlehen für die gewerb­liche Wirtschaft zur Verfügung gestellt, während in den Ostmarkgauen öffentliche Aufträge bisher im Werte von insgesamt 450 Millionen RM. untergebracht wurden. Die Sofortmaßnahmen im Rahmen des Vierjahresplanes be­wirkten ein übriges. Der Bau der Reichswerke Hermann Göring in Linz begann. Der Erzbergbau der Steiermark lief auf volle Produktion an, stilliegende Bergwerke und Fabriken wurden neu eröffnet, die chemische Industrie, die Holzverarbeitungsindustrie werden ausgebaut, die Erdöl­gewinnung steigerte sich, daneben "forderten zollpolitische und sonstige vorübergehende Schutzmaßnahmen die Auf­wärtsentwicklung der Ostmarkwirtschaft und ließen ihr Zeit zu notwendigen Moderuisierungs- und Rationalisierungs- Maßnahmen.

Das find Zahlen und Tatsachen, die die wirtschaftliche Großmachtstellung des Reiches dokumentieren und in der Wirtschaftsgeschichte aller Zeiten einmalig sein dürften. Das wichtigste Ergebnis dieser Maßnahmen war aber das Sinken der Arbeitslosigkeit auf ein Minimum; Ende 1938 wurden nur noch 100 000 Arbeitslose gezählt. Von diesen waren nur 50 000 vermittlungsfähig nach anderen Orten. 60 000 Ostmärker waren vorübergehend nach dem Altreich vermittelt, sind aber zum Teil schon wieder heimgekehrt, 1939 wird die Ostmark arbeitslosenfrei.

Am 1. Juli 1S3S völlige Wirtschaftsnngleichung

Die Schillingaufwertung um etwa 36 v. H. hob das Lohnniveau der großen Massen und damit auch die allge­meine Kaufkraft, wenn auch gewisse Preiserhöhungen als Uebergangserscheinungen nicht zu umgehen waren. Die Be­mühungen zur Angleichung der Preise an die allgemeinen Reichspreise sind inzwischen schon weit fortgeschritten. Es wurden zunächst systematisch die Preise bei den Schlüsselin­dustrien gesenkt. So wurde z. B. der Eisenpreis, der in der Ostmark um 50 v. H. höher als im Altreich war, beträcht­lich erniedrigt. Weiter wurden vor allem die Lebenshal­tungskosten gesenkt. Sie liegen infolge der Preissenkungen für Brot, Milch, Salz, Fleisch, Textilien, Schuhe und andere Artikel nur noch um wenig höher als im Altreich. Gaulei­ter Bürckel betrachtet die restlose Preissenkung als eine der vordringlichsten Aufgaben. Der Absatz erlebte große Stei­gerungen. So hat allein der Fleischverbrauch in Wien um 10,4 v. H. zugenommen. Ein Zeichen des allgemeinen Wirt­schaftsaufstieges und der erfolgreichen Beseitigung der so­zialen Schäden ist auch die erhebliche Steigerung der Zahl der Eheschließungen. Allein in Wien wurden in den Mona­ten September, Oktober und November 1938 10 933 Ehen gegenüber nur 3209 im gleichen Zeitraum des Jahres 1937 geschlossen. Das ist eine Steigerung um 243 v. H. Beson­dere Hilfe erhielt auch die Landnürtschaft. Die Zwangsver­steigerungen wurden sofort eingestellt. Für Kunstdünger wurden Frachtverbilligungen verfügt und Vodenverbesse- rungsarbeiten sowie Silobauten wurden durch entsprechende Mittel in großzügiger Weise ermöglicht. Der 1. Oktober 1938 wurde dann mit der Aufhebung der österreichischen Einfuhrzölle das Ende der ersten Etappe des Aufbaues. Nur einige Gebietsschutzrsgelungen mußten vorübergehend noch weiter bestehen bleiben. Eine beträchtliche Verminde­rung derartiger Schutzmaßnahmen erfolgt am 1. April 1939, während am 1. Juli 1939 die völlige Wirtschaftsan­gleichung der Oftmark an das Reich im wesentlichen voll­zogen sein soll.

lieber zwei Milliarden RM. Judenbesitz arisiert

Die wirtschaftliche Verjudung Oesterreichs zeigte sich in erschreckenden Ausmaßen. Ueber zwei Milliarden RM. Be­sitz- und Vermögenswerte befanden sich in jüdischen Händen. Das bedeutete für einen so kleinen Staat wie Oesterreich vollständige Abhängigkeit vom internationalen jüdischen Finanzkapital. Die ganze gegen den Anschluß gerichtete po­litische Linie der ehemaligen österreichischen Machthaber wird durch diese Finanzlage verständlich. Weder das Ju­dentum noch der politische Katholizismus hatten aus ego­istischen Gründen ein Interesse am Anschluß. Beide Mächte hatten 1931 nach dem Scheitern des Planes einer Zoll­union mit dem Reich den letzten entscheidenden wirtschaft­lichen und politischen Antrieb erhalten.

Der österreichische Staat vegetierte auf Kosten der Ver­elendung der werftätigen Massen von der Gnade des jüdi­schen Kapitals. Besondere Schwierigkeiten bot die Entju- dung in Wien, wo viele Wirtschaftszweige hundertprozen­tig in Händen der Juden waren. Insbesondere war auch der Wiener Exporthandel nach Südosteuropa stark verju- det. Da Wien Mittelpunkt des Außenhandels nach dem Südosten bleiben wird, war eine völlige Neuorientierung des Exportwesens notwendig, denn die Geschäftspartner der Wiener Juden in Südosteuropa waren naturgemäß zum großen Teil auch Juden. Es wurde eine Vermöaensver-

kehrsstelle und eine besondere Kontrollbank für Industrie und Handel eingerichtet, die die wirtschaftlichen Maßnah­men der Entjudung und die allmähliche Ueberführung der Betriebe in arische Hände ermöglichte. Die mit dem Export zusammenhängenden Fragen waren natürlich noch nicht in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit vollständig zu lö­sen. Der Reichskommissar faßte die Zielrichtung in folgende Worte zusammen:Wien ist wie keine andere Stadt beru­fen, als Tor Eroßdeutschlands nach dem südöstlichen Raum ihre besondere Funktion zu erfüllen und die führende Stel­lung im Außenhandel mit den Balkanländern, die sie in früheren Zeiten innehatte, neu zu gewinnen."

Wirtschaftsplanung der Zukunft

Wesentlich für den Wirtschaftsneubau der Ostmark wurde der sofortige Einsatz eines Untersuchungsapparates für wirt­schaftliche Planung in Zusammenarbeit mit dem Reichs­wirtschaftsministerium. Ein Beispiel aus der Kraftwageu- produktion der Ostmark charakterisiert den Wert dieser Pla­nungsarbeit. Während nämlich im Altreichsgebiet nur 50 Produktionstypen zugelassen sind, wurden im kleinen Oesterreich nicht weniger als 72 Autotypen produziert. Da­bei bestehen hier nur eine Fabrik für Personenwagen und fünf Fabriken für Lastwagen. Es wurden für diese Fabri­ken insgesamt fünf Typen angeordnet. Aehnlich verhielt es sich mit allen anderen Industriezweigen. Hier hat eine groß­zügige Planung eingesetzt, die noch weiter ausgedehnt wird. Daneben hat sich die Verbesserung der Verkehrswege äls dringend notwendig erwiesen. Während für die Industrie besondere Rationalisierungsstellen arbeiten, bedarf die Lö­sung des Verkehrsproblems einer ebenso notwendigen Pla­nung. Der Ausbau von Verkehrswegen erfordert allerdings mehr Zeit. Trotzdem wurden auch auf diesem Gebiet So-

sortmaßnahmen durchgeführt. Hierfür nur ein Beispiel: Der Schienenweg von Hamburg nach Triest und von Bou- logne bis zum Schwarzen Meer ist zweigleisig. Nur in Oesterreich war auf beiden Linien bis in die jüngste Zeit eine kurze Strecke eingleisig. Die Reichsbahn hat diese Strecke in kurzer Frist zweigleisig ausgebaut. Die ehe­maligen Bundesbahnen sind im allgemeinen um 35 Jahre veraltet. Es sind daher noch erhebliche Investitionen für mehrere Jahre notwendig. Das gleiche gilt für das Straßen­wesen. Die Reichsautobahnen mit der Verbindung nach Schlesien und die Kanalbauten in Verbindung mit der Do­nau werden die Verkehrsprodieme lösen helfen. Bei aller Planung ist die folgende Parole maßgebend:Die natio­nalsozialistische Erkenntnis von der Einheit zwischen poli­tischer Führung und wirtschaftlichem Geschehen muß auf al­len Gebieten durchgesührt werden."

Reue Erotz-Siedlungen mit Reichsmtttel«

Aus dem gleichen Grunde entspricht auch dem allgemei­nen Wirtschaftsaufbau eine Verbesserung der Arbeitsstätten, mehr Hygiene, Sauberkeit und bessere Unterkunftsverhält­nisse in den Betrieben und gesunde Wohnungen für die Werktätigen. Die Elendsviertel und Wohnhöhlen der Sy­stemzeit werden verschwinden. Der Bau von Eroß-Siedlun- gen ist eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Zukunft, wozu weitere Reichsmittel für die Ostmark notwendig sind. Es bleibt als wesentlichste Richtlinie das Ziel, durch ein vernünftiges Verhältnis zwischen Preis und Lohn die He­bung der Lebenshaltung der großen Masten der Lohnem­pfänger zu erreichen.Das Maß aller Dinge ist das Volk." Die Aufbaupolitik in der Ostmark hat die Richtigkeit dieser Erkenntnis bewiesen.king.

Internationale Automobil-Ausstellung 1939

Vorschau

Unmittelbar an dieErüne Woche", die Werbung für das bäuerliche Schaffen, schließt sich die Internationale Auto­mobil- und Motorrad-Ausstellung in den Berliner Aus­stellungshallen an. Fieberhaft wird in den Tagen bis zur Eröffnung in den Hallen am Berliner Kaiserdamm wie in den Büros und Fabrikrüumen aller deutschen Kraftwagen- Unternehmungen an den Autos sür 1939 gearbeitet. Die Spitzenerzeugnisse, mit denen der deutsche Kraftfahrer in dem vor uns liegenden Jahre über das sich weitende Auto­bahnnetz und die tadellosen Landstraßen des Reiches rei­sen wird, fahren in ihrer Gesamtheit auf der Autofchau Mitte Februar auf. Personenkraftwagen aller Typen und Stärkeklassen, Sportfahrzeuge, Luxuswagen, dazu Motor­räder aller Hubraumklassen und schwere Lastzüge rufen Fachleute und Kaufinterestenten aus allen Teilen, des Rei­ches und des Auslandes nach Berlin zu einem Ueberblick wie zur Befriedigung der in der ganzen Welt ansteigenden Verkehrsbedürfnisse. Neben den Kraftwagen stellt die In­dustrie auch die Erzeugniste der Werkstoff-Zubehör-, Ersatz­teil- und Karosseriefabriken aus. In einer besonderen Halle können die Besucher den KdF.-Wagen in allen Einzelhei­ten durchstudieren. Schließlich bereichern noch die siegreichen deutschen Rennmotorräder und Rennwagen die Kraftfahr­zeugschau von Eisenbahn, Post, Wehrmacht und nationalso­zialistischem Kraftfahrerkorps das Bild einer in jeder Be­ziehung sich würdig an frühere Leistungsausstellungen an­reihenden Autoschau.

Die Motorisierung Deutschlands, die in den vergangenen Jahren der deutschen Auto-Industrie zu einem ungeahnten Aufschwung verhalf, ist im letzten Jahre an entscheidende Probleme gestoßen. Die Ernennung des Obersten von Schell zum Generalbevollmächtigten für das Kraftfahrwesen ent­sprach dieser Lage, die sich in einer Begrenzung des Auto­absatzes durch Bereitstellung von Material und Arbeits­kräften bei der Industrie kennzeichnete. Zwar ist Oberst von Schell erst wenige Monate als Generalbevollmächtigter tä­tig, sodaß die Autofchau von 1939 noch nicht restlos der Ar­beitsweise angepaßt sein kann, die ihr nach mehrmonatli­chem Wirken des Generalbevollmächtigten eigentümlich sein wird. Trotzdem wird jeder Besucher der Ausstellungshallen im Februar bei einem Rundgang durch die Stände der Per­sonen- und Lastkraftwagen den Einfluß einer ordnenden und führenden Hand innerhalb des Kraftwagenbaues fest­stellen.

Gerade in diesen Tagen hat Oberst von Schell vor Fachvertretern sein Programm in großen Zügen skizziert. Er strebt eine erhöhte Produktion, eine Verminde­rung der Wagen typen und eine Verbilligung an. Diese Entwicklung braucht natürlich Zeit. Sie kann nicht von heute auf morgen verwirklicht werden. Käufer und Interessenten auf der Autoschau dürfen also nicht damit rechnen, daß schon auf der diesjährigen Ausstellung die Typenzahl derart eingeschränkt ist, daß der verbilligte Ab­satz von Kraftwagen dem hohen Bedarf aller Schichten schon vollkommen entspricht. Immerhin genügt ein kurzer Blick auf das skizzierte Programm des Leiters der deutschen Kraftwagenproduktion, um den Zukunftsweg der deutschen Motorisierung zu erkennen.

Jährlich werden etwas mehr als 300 000 Kraftfahrzeuge in Deutschland hergestellt. Sie verteilen sich auf 335 ver­schiedene Typen, 52 Personenwagentypen, 113 Lastkraftwa­gentypen und 150 verschiedene Ausgaben von Krafträdern. Außerdem werden in Deutschland noch 6000 verschiedene Ar­ten von Kolben und 12 000 verschiedene Muster von Venti­len angefertigt. Diese Vergeudung von Produktionskrafl läßt sich in einer Zeit, bei der Leistungssteigerung erstes Ge­bot ist, nicht mehr rechtfertigen. So plant Oberst von Schell eine Herabsetzung der 113 Lastkraftwagentypen um etwa 100. Von den 52 verschiedenen Personenwagen werden künftig nur noch die Hälfte hergestellt. Der deutsche Motor­radfahrer aber wird es ebenso zufrieden sein, wenn er an­statt aus 150 verschiedenen Mustern nur unter 30 Kraft­radtypen auswählen kann. Die Wahl wird ihm sogar leich­ter fallen.

2m vergangenen Jahr hat sich durch die weiteren Vorbe­reitungen zum Volkswagenbau im Absatz von Autos Line eigentümliche Entwicklung angebahnt. Die große Zahl von Kleinwagenkäufern wartete und zögerte mit der Anschaf­fung im Hinblick auf den KdF.-Wagen. Man darf deshalb damit rechnen, daß auf der Autoschau 1939 im Zentrum des Interesses der Ehrenhof der Halle 1 stehen wird, in welchem der Volkswagen einen Ehrenplatz einnimmt. Im Absatz fast aller Wagentypen, die in Stärke und Ausstattung dem KdF.-Wagen ähneln, ist die Zulassung zurückgegangen. So setzten etwa die Vertreter der DKW.-Wagen, deren Motor­stärke 20 PS. nicht übersteigt, von Januar bis September 1938 um 8 Prozent weniger Wagen ab als im gleichen Zeit­räume des Vorjahres. Dagegen wandte kick das Jnterelle

! der Käufer dem mittelschweren Wagen zu, besten Ausstat- ! tung und Stärke mit den Eigentümlichkeiten des KdF.-Wa- gens nicht verglichen werden kann. All jene Unternehmen, die diese Entwicklung richtig vorausgesehen und sich daraus eingestellt haben, buchten überdurchschnittliche Absatzersolge. Sehr wahrscheinlich dürfte das Ausstellungsprogramm der einzelnen Unternehmungen sich dieser Verschiebung des Interesses anpassen. Mit einer gewissen Spannung blickt deshalb auch die Fachwelt dem Verlauf der großen Auto­schau entgegen. Er wird darüber Aufschluß gehen, wie weit ! im Wettbewerb der Klein-, Mittel- und Luxuswagen der i mittlere Typus tatsächlich die Spitze hält.

Am Steuer eingeschlafen?

! Wie Kraftfahrer sich gegen Ermüdung «ehr«

! Lo« Dr. »«d. Peter Hiro«

Von Zeit zu Zeit liest ma« vo« Autounfällen, die wahrschein. , lich dadurch zustande gekommen find, daß der Fahrer am Lenkrad ' eingeschlafen ist. Der Leser, der nicht selbst Autofahrer ist, wird : stets geneigt sein, solche Vorkommnisse mitunerhört" zu bezeich­nen und dem schuldigen Fahrer die ganze Härte einer Bestra- ! fung zu wünsche«, weil ja offensichtlich hier ein schweres Ver-

> schulde» vorliegt. Wer so müde ist, daß er beim Fahren am j Lenkrad einschläft, darf sich eben gar nicht erst an das Steuer ? setzen. Wer Kraftfahrer ist oder das Kraftfahren als Beruf j ausübt, wird nicht weniger streng denke« und noch vorsichtiger , sein, weil er vielleicht aus Erfahrung weiß, dag es nicht un- ! bedingt von einem Zustand großer Müdigkeit abhängt, ob mau j am Steuer einschläft. Man braucht nicht völlig übermüdet zu ! sein, um in diese Gefahr zu geraten, denn das Einschlafen am ! Lenkrad ist von einer Reihe von Bedingungen abhängig, unter ! denen die starke Uebermüdung nur eine, aber nicht die ausschließ- ! liche Rolle spielt. Wie in einem Artikel über dieses Thema in ; derMünchener Medizinischen Wochenschrift" Dr. E. Tilling, : Berlin, ausführt, ist es notwendig, aus dem großen Gebiet der i Schlafphysiologie die Vorgänge herauszugreifen, die mit dem , Problem der Ermüdung und mit dem de» Einschlafens zusam- : menhängen.

! Demnach muß die erste Frag« heißen: Wie bezw. wann wird . man müde? Man weiß, daß Muskelarbeit müde macht, aber

- man weiß auch, daß anstrengende körperliche Arbeit allein nicht ! die einzige Ursache der Ermüdung ist. Auch seelische und geistig« i Momente können hier ,n Betracht kommen. Eines von ihnen z ist die angespannte Konzentration auf einen ganz bestimmten ! Vorgang, z. B. auch die Konzentration unseres Gesichtssinnes aus i einen räumlich engbegrenzten optischen Vorgang oder Eegen- ! stand. Es ist bekannt oder leicht vorstellbar, daß es weit mehr

> ermüdet, wenn man von einem Berg aus eine einzige Straße i dauernd im Auge behalten muß, als weuu man eine ganze Ee- ^ gend dauernd scharf beobachten soll.

; Ein weiteres seelisches Moment, das für das Zustandekommen : der Ermüdung von Wichtigkeit ist, ist die Stimmung, in der man ! sich befindet, eine Tatsache, die jeder aus eigener Erfahrung

- kennt. So können also sowohl körperliche Arbeit, angestrengte ' geistige Konzentration, als auch eine entsprechende seelische Stim- ^ mung den Eintritt der Ermüdung fördern, aber und damit ^ wird ein zweites Problem des Schlafes angeschnitten das , Einschlafen ist nicht direkt von dem Grad unserer Ermüdung I abhängig. Dazu nur kurz einige Andeutungen. Jeder weiß, daß,

> wenn er mittags etwas übermüdet ist und sichein bißchen aufs i Ohr legt", ohne Schwierigkeiten einschlafen kann, daß er aber

auch, wenn's sein muß, gut wachbleiben kann. Jeve Mutter

- weiß, daß sie, auch wenn sie sehr müde war und fest eingeschlafen ist, so daß sie weder Lärm auf der Straße noch sonst irgend

> welche ziemlich laute« Geräusche wecken können, die kleine, leise ! Stimme ihres Kindes, das im Nebenzimmer weint, sofort wie- , der wach macht. Im ganzen kann man sagen, daß das Einschla- ! fen nicht direkt vom Grad der Ermüdung abhängt und daß so-

> wohl leichte Müdigkeit als auch schwerste llebcrmüdung nach j langem angestrengten Wachhalten zum Einschlafen führen kön­nen, wobei im letzteren Falle manchmal der Schlaf schlagartig

, eintritt.

, Will man aus dem Gesagten die Möglichkeiten abletten, di«

> zur Verhinderung des Einschlafens am Lenkrad gegeben sind, so soll hier als selbstverständlich vorausgesetzt werden, daß man vor einer längeren Fahrt entsprechend ausgeruht sein muß. Es geht ja hier nicht um die Möglichkeit, den natürlich einsetzenden Er­müdungszustand nach langem Wachsein zu unterdrücken, sondern die durch das Fahren möglicherweise einsetzende frühzeitige Er­müdung in ihren Bedingungen zu erkennen, um dieser vorzu­beugen. Das vorausgesetzt, wird man sagen können, daß dem Fahrer daran gelegen sein muß, sich in einem Zustand zwischen konzentrierter Aufmerksamkeit und Entspannung zu befinden, weil sowohl die angestrengte Konzentration als auch diege- langweilte" Entspannung frühzeitig müde machen. Dazu wieder ist Voraussetzung, daß der Fahrer das Autofahren wirklich Le-