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Nr. 28
Donnerstag, äen 2. Februar 1939
113. Jahrgang
Weltpolitische Lage nach der Führerrede
„Chamberlain antwortet dem Führer" — Zn Erwartung derMede des Duce —^Pariser und
Londoner Pressestimmen
Paris, 1. Febr. Die Erklärungen Chamberlains vor dem Unterhaus finden in der französischen Presse am Mittwoch früh starke Beachtung, nicht nur auf Grund der erneuten Bekräftigung der französisch-britischen Zusammenarbeit, sonder» auch weil man vielfach darin eine Antwort auf die Reichstags-Rede des Führers erblickt. Die Blätter unterstreichen die Versicherungen Chamberlins, daß er in die Friedenserklärungen des Führers und des Duce Vertrauen habe und zu weiteren Verhandlungen mit den totalitären Mächten bereit sei. Ein Teil der Blätter kommt auch erneut auf die Reichstags-Rede des Führers zurück.
Der Außenpolitiker des „Petit Parisien" erklärt. die Stimmen der großen Chefs der internationalen Politik gäben sich von einem Punkt Europas zum anderen die Antwort. Zuerst habe Hitler gesprochen, gestern Chamberlain, und in einigen Tagen werde Mussolini sprechen. lieber die Rede Adolf Hitlers habe Chamberlain sich nicht ausführlich verbreitet und sich auf die Bemerkung beschränkt, daß es sich nicht um die Rede eines Mannes handle, der sich anschicke, Europa in eine neue Krise zu stürzen. Mussolini habe, wie Chamberlain über seine Unterhaltungen in Rom berichtete, viel vom Frieden gesprochen. Der englische Premierminister habe gestern nichts Sensationelles sagen wolle«, bevor er die Absichten Italiens kenne. Er habe eine abwartende Haltung eingenommen, um dem Duce zu erlauben, alle Möglichkeiten abzuwägen. Der Autzenpolitiker des „Excelsior" sagt, Chamberlain habe sich zum Garanten für die Friedensversicherungen des Duce gemacht. Der Londoner Korrespondent des „Journal" bemerkt, daß die englische Parlamentssitzung von den Kommentaren über die Rede Adolf Hitlers beherrscht gewesen sei. Man könne feststellen, daß diese Rede in London mit einer Erleichterung ausgenommen wurde, die nahe an Zufriedenheit grenze.
Der rechtsstehende „Jour" unterstreicht, daß die „enge Zusammenarbeit zwischen London und Paris die Grundlage der britischen Politik bleibt". Chamberlains Auslegung der Reichstags-Rede des Führers laste llch in dem Vorschlag znsammen- fassen» daß eine wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den großen Mächten möglich sei, „aber in einer Friedens- und Freundschaftsatmosphäre". Chamberlain habe seinen Optimismus auf die Mehrheit des englischen Parlaments zu übertragen gewußt. Auch in französischen politischen und diplomatischen Kreisen habe man den gleichen Eindruck einer Verbesterung der internationalen Lage.
Die rechtsstehende „.Liberts" spricht gleichfalls nach den Reden Adolf Hitlers und Chamberlains von einer Entspannung. Der Direktor des Blattes, Doriot, erklärt, der Augenblick sei gekommen, uni überall die Kriegspartei an die Kandare zu nehmen und eine mannhafte und entschiedene, aber auch ruhige und konstruktive Politik zu unternehmen. Die ^"'ivinistsche „Epoque" schreibt, Chamberlain habe Hitler gean..oortest und versichert, daß er Vertrauen in die Erklärungen des Führers und des Duce habe. Der wichtigste Teil der Rede Chamberlains sei der gewesen, in dem er auf die Zukunft hinwies. Nachdem der Führer in seiner Reichstags-Rede die Kolonien zurückverlangte und Mussolini vielleicht heute seine Forderungen unterbreiten werde, versichere der britische Premierminister, man könne noch immer verhandeln, um bestehende Schwierigkeiten aus der Welt zu schaffen, die Wünsche gewisser Völker zufriedenzustellen und zu einer allgemeinen Regelung zu gelangen.
Das sowjetfreundliche „Ordre" ist zutiefst betrübt und entrüstet über die Vertrauenserklärung, die Chamberlain im Unterhaus für Hitler und Mussolini abgegeben habe. Die „Diktaturen" könnten illuminieren, und der gestrige Tag sei für sie ein Fest, für Frankreich aber ein Unglückstag gewesen. Mit Traurigkeit und Angst müsse man erklären, „daß die Red?Chamberlains inhaltsvoll gewesen sei" (!).
London: Adolf Hitler bannte die künstlich genährte
Kriegsfurcht
Die Londoner Presse mißt die Tragweite der Regierungserklärung des Führers an der lebhaften llmsatztätigkeit und an '»em rapiden Anziehen der Preise nicht nur an der Londoner, sondern auch an der Neuyoxker Börse. Man erblickt hierin das sicherste Anzeichen dafür, daß die Rede des Führers in der ganzen Welt eine beruhigen de und festigende Wirkung ausgelöst und die künstlich genährte Kriegsfurcht gebannt hat. Weiter widmen die Blätter dem Eindruck der Rede in der Weltpreise großen Raum, wobei besonders die begeisterten Artikel der italienischen Presse ausführlich wiedergegeben werden. 2m Vordergrund der Berichterstattung und Stellungnahme stehen natürlich auch die Ausführungen Chamberlains im Unterhaus, wobei seine Feststellung, daß die Erklärung des Führers nicht.- die Rede eines Mannes sei, der die Welt in eine neue Krise stürzen wolle, in den Kommentaren einen starken Niedrschlag findet. „Times" wendet sich gegen die Opposition, die Zweifel in die Aufrichtigkeit der Erklärungen der totalitären Regierun- gen zu legen bemüht sei. Obgleich die Rede manches enthalte, „wovon die öffentliche Meinung in England glaube", abrücken zu dürfen, scheine der friedliche Ton, durch den die Prophezeiungen der Pessimisten Lügen gestraft worden seien, doch in ganz England Anerkennung gesunden zu haben. Der Wunsch Adolf Hitlers nach einem langen Frieden zwischen Deutschland und England werde warm erwidert. Sein Wunsch nach einem Abkommen gehe nicht auf Furcht zurück, sondern auf die Erkennt
nis, daß der Rüstungswettlauf de« sozialen Fortschritt hemm« und ein Krieg die ganze Zivilisation vernichte. Die Haltung derBörse laste auf ein allgemeines und wohlbegründetes Gefühl schließen, daß sich die internationale Lage nicht verschlechtert habe. Whitehall sehe die Erklärung, Deutschland müsse exportieren oder sterben, als besonders wichtig an. Es sei überflüssig, an die Entschlossenheit der britischen Regierung zu erinnern, den Welthandel von feinen Fesseln zu befreien. Bemerkenswert sei ferner die Verurteilung der Verletzung der Gefühle. In diesem Kampfe sei die britische Regierung mit dem Führer einer Meinung.
' „Daily Telegraph" stellt ftst, daß die Hausse an der gestrigen Börse beweise, daß die Allgemeinheit Chamberlains Eindruck von der Führer-Rede teile. Das Blatt empfiehlt seinen Lesern kluge« Optimismus, da man vom Führer die Versicherung habe, daß er mit England und Frankreich in Friede» leben wolle und daß es mit Ausnahme der Kolonialfrage keine Streitfrage mehr gebe.
„News Chronivle" meint, der Ministerpräsident habe recht daran getan, sich zu Besprechungen über die Abrüstung oder wenigstens Rüstungsbegrenzung mit Deutschland bereit zu erklären. England sei bereit gewesen, unter dieser Voraussetzung die Erledigung aller offenstehenden Fragen einschließlich der Kolonien zu besprechen. „Daily Expreß" schreibt, Chamberlain erkläre, daß es kein Problem gebe, das nicht auf friedlichem Wege gelöst werden könne. Das Hauptproblem sei heute die Frage der deutschen Kolonien unter britischem Mandat. Diese Frage müsse auf die eine oder andere Weise gelöst werden.
MesSa« hatte Wieder AMt
Störung der Reichstags-Uedcrtragung in Osteuropa
Kowno, 1. Feür. Bpi der llebertragung der Rede des Führers wurden im Osten alle Sender, die die Rede des Führers übernahmen, so stark gestört, daß die Rede kaum zu verstehen war. Man nimmt an, daß die Störung von Sowjetrutz- land herrührt
Riga, 1. Febr. Der Empfang der Führer-Rede im Reichstag, der man auch in den baltischen Staaten mit großem Interesse entgegcnsah, wurde über deutsche Sender in Lettland durch fortgesetzte, wohl von Sowjetrußland ausgehende Störungs- versuche zeitweilig fast unmöglich gemacht. Rur durch abwechselnde Einschaltung verschiedener deutscher Sender und auch nichtdeutscher Sender, die die Führer-Rede übertrugen, war ei« leidlicher Empfang der Rede möglich.
Moskaus Enttastungsoffenfive irr London
Kommnnisteusturm auf Unterhaus
London, 1. Febr. Am Dienstag abend kam es im Parkanrenks- viertel aufs neue zu kommunistischen Lärmkundgebungen. Gegen 21 Uhr war die Zahl der Demonstranten auf mehrere Tausend angewachsen. Unter Rufen wie „Waffen für Spanien!" »ersuchten sie sich Zulatz zum Unterhaus zu erzwige«. Die Polizei hatte sämtliche Straßen um das Unterhaus abgesperrt. Es gelang ihr schließlich unter erheblicher Mühe, die Kommunisten auseinander zu treiben. Eine halbe Stunde später hatten sich jedoch an einer anderen Stelle wiederum Tausende von johlenden Moskaufreunden eingefunden, gegen die die Polizei aufs neue vorgehen mußte.
Die Polizei hat 12 der Demonstranten festgenommew, und mit ihrem Sarg in eine Polizeiwache gebracht. Eine Gruppe weite- rer Arbeitsloser begab sich nach dem Scheitern der Demonstration nach Rücksprache mit dem aufsichtfiihreuden Polizeibeamten ins Unterhaus. Sie wurde« aber nur in die äußeren Wandek- gänge zugelassen und erlaugteu keine» Zutritt zum eigentliche» Sitzungsraum.
Das englische Unterhaus hat kurz vor Mitternacht sen Regierungsantrag auf Vertagung des Hauses mit 258 gegen ISS Stimmen angenommen. Aus dem Abstimmungsergebnis geht hervor, daß ein großer Teil der Opposition für de» Antrag der Regierung gestimmt hat.
Die britische LustaufrSstrmg
Rede des Luftfahrtministers mit Hindernissen
London, 1. Febr. Lustfahrtminister Sir Kingsley Wood erlebte eine recht unangenehme lleberraschung, als er in einer ^Londoner Stadthalle reden wollte. Der Minister hatte kaum die einleitenden Sätze beendet, als er von einer Reihe junger Leute durch Zwischenrufe unterbrochen wurde. Kingsley Wood mußte sich schließlich hinsetzen, als die. Zwischenrufer Lieder anstimmten und Luftballons aufsteige» ließen. Auch ein zweiter Versuch, die Rede fortzusetzen, mißglückte. Als die „Sänger" gegen das Rednerpult vordrängten und Anstalten zum Stürmen machten, geriet der Lustfahrtminister in eine derart peinliche Lage, daß er sich nicht mehr anders als durch Anstimmung der Nationalhymne rette» konnte, was denn auch de» erwünschten Erfolg hatte. Erst dann konnte der Minister seine Rede fortsetzen. Kingsley Wood machte schließlich die aufsehenerregende Mitteilung, daß der Haushaltsvoranschlag für die Luftfahrt allein im nächsten Jahre über 20V Millionen Pfund betraae« merde.
Hitlers Friedensruf
In vielen Sprachen der Erde klingt das Echo der gewaltigen Rede Adolf Hitlers, die den unvergeßlichen Höhepunkt des 30. Januar 1939 bildete. Ein Wort des Führers schwingt durch die Herzen aller Deutschen und durch Millionen Herzen in aller Welt: „Ich glaube an einen langen Frieden!" Es ist das gläubigste «nd ergreifendste Bekenntnis, das jemals von einem großen Staatsmann in einem weltgeschichtlichen Augenblick vor dem Forum der Geschichte abgelegt wurde. Es ist ein Wort, das Berge versetzen kann und das im tiefsten nach der Zustimmung aller ringenden und kämpfenden Völker mit gutem Willen verlangt.
Gewiß, dies Wort stand nicht allein! Es leuchtete über einer Rede, die an keiner Schwierigkeit, keiner Frage der deutschen Innen- und Außenpolitik vorüberging. Vor dieser Rede muß auch der kritische Zweifler und der voreingenommenste Beurteiler bekennen, daß es sich Adolf Hitler mit ihr nicht leicht gemacht hat. Getragen von der Liebe und der Zuversicht Großdeutschlands, umleuchtet von Erfolgen, wie sie nur den wenigsten Staatsmännern der Weltgeschichte beschieden waren, hätte er mit Unerbittlichkeit und Härte den Standpunkt des eigenen Volkes, ablehnend und ohne Bemühung um ein gegenseitiges Verständnis den Dogmen und demokratischen Parolen der anderen Nationen entgegensetzen können. Eine solche herbe und stolze Haltung war möglich, nachdem Deutschland in den letzten Wochen wieder aus das Unsinnigste und Verletzendste von den Kriegshetzern und Ereuelpropheteir der ganzen Welt beschimpft worden ist. Adolf Hitler schlug diesen Weg nicht ein. Er wahrte mit schärfster Ironie und mit leidenschaftlichem Feuer die deutsche Würde. Er scheute nicht den derben Klotz aus einen groben Keil. Aber seine Blicke gingen zugleich weit hinaus über das Feld der niedrigen Verdächtigungen und kläglich-politischen Tageskämpfe. Das lebendige Ringen der europäischen Völker um einen wirtlichen Ausgleich, um «in ehrliches Zusammenfinden, stand vor seinen Augen. Wenn jemals, so war in dieser Stunde ein Appell an die Vernunft, ein Ruf zur Selbsteinkcljr «nd Verantwortlichkeit nötig. Adolf Hitler zog das Fazit ans dieser Erkenntnis. Er legte den Grundstein zu möglichen Verhandlungen des Jahres 1939. Er formulierte unnach- fichtlich und eindeutig die Parolen. Die Antwort kann jetzt nicht schwer fallen. Was Deutschland will, ist gesagt. Was die anderen wollen, müssen sie gleichfalls bekennen.
Erschütternd der Unterschied zwischen dieser Reichstagsrede und den Reden früherer Jahre! Bis 1938 ging es um die Angehörigen unseres Volkes, die im Ausland unter fremdem Druck schmachteten, um ihre Befreiung von unerträglichem Joch. Diese Kampfzeit ist abgeschlossen. Ganz andere Probleme stehen im Vordergrund, weltwirtschaftliche von ungeheurem Ausmaß. Wie im Innern Deutschlands eine neue Epoche der Sichtung der Arbeitskräfte, der Rationalisierung und einer immer feineren technischen Organisation, eine scharfe Zusammenfassung von Wirtschaft und Kapitalmarkt beginnen muß, so in dem Wirtschaftsausgleich mit den anderen Völkern ein Neubeginn auf der Grundlage der Billigkeit und ewiger Lebensrechte. Fordernd rückt die Kolonialsrage in den Vordergrund, klar werden handelspolitische und finanzielle Fragen von internationaler Bedeutung aufgeworfen. Der Riese Eroh- deutschland reckt sich in dem allzu engen Lebensraum.
Diese Fragen sind mit Methoden von gestern und vorgestern, im Stile Wilsons oder der alten Kriegsschürer, nicht zu lösen. So vollzog Adolf Hitler eine grundsätzliche Kritik, die den Standpunkt des Nationalsozialismus auf das Genaueste herausarbeitete und demgegenüber, unbedingt und scharf, die Irrwege, die Fehler, die Widerstände bezeichnete. Seine Abrechnung mit dem Judentum war eine welthistorische Satire von hinreißender Wucht, seine Zurückweisung politisch-theologischer Einmischungen ein meisterhafter Abwehrschlag. Geradezu sensationell wirkte die Nennung der Milliönen-Summen, die in dem angeblich glaubensfeindlichen Deutschland in ständig wachsendem Maße an die Kirchen jährlich ausgezahlt werden. Ernst und mit verhaltenem Groll klang die Warnung an die Rundfunk- und Filmhetzer, die die kläglichen Irr» tümer ihrer Falschrechnungen noch nicht begriffen habe».
Aber fast noch stärker als diese notwendige Warnung und Verteidigung ergriffen doch die Freundschafts- .Worte an Italien o»nd Japan, an Spanien, Polen und die anderen befreundeten Nationen. Sie ka- !men zugleich aus dem Verstände und dem Herzen und sie schufen Eines: unumstößliche Klarheit! Vor diesen Worte« zerfallen die Hoffnungen der politischen Geschäftemacher des Westens in Nichts. Sie lassen nur einen Weg offen, den zu ehrlichen Verhandlungen. Aber sie sind zugleich die größte Förderung für diesen Weg. Nur ein Staatsmann, der so offen und ehrlich alle Karten hinlegt, kann erwarten, daß auch die um Verständigung bemühten Staatsmänner anderer Nationen ein ähnlich offenes und ehrliches Spiel versuchen. Und gerade deshalb wirkte der große Friedensappell des Führers so erschütternd. Der Weg ist nicht verbaut, wie man im Ausland in den letzten Wochen schrie und schrieb. Er ist noch offen. Er ist der Weg aller, die nicht Zerstörung, sondern den Frieden wollen. Was kann ein Staatsmann des großdeutschen Reiches Größeres am 30. Januar, diesem unvergeßlichen Kründungstag, der Welt anbieten, als dieses Gesthenk des Glaubens!