Dienstag, den 17. Januar 1888
7. Seite Nr. tt
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Buntes Allerlei
Der Hund war schuld daran
Mn kleines Vorkommnis erregte an einem Nachmittag die Gemüter in einer Wirtschaft in Karlsruhe. Ursache war ein iiinf Monate alter Zwergdackel. Das Hundle turnte einige Male auf den Tisch und näherte sich neugierig dem Bierglas von Fräulein Liesel. Es schickte sich an, das Bierglas zu belecken. Sie forderte mehrere Male den Hundehalter auf, das Tier vom Tisch zu nehmen. Als der Hund wieder eine Annäherung gegen ihr Bierglas unternahm, gab sie ihm mit dem Handschuh aus die Schnauze, so daß er jammerte und heulte. Dies gab dem Herrchen Veranlassung, Fräulein Liesel zwei Maulschellen zu verabreichen. Die Folge war eine Störung der „Bierruhe", und sie Gäste teilten sich in zwei Lager. Teils ergriffen sie für Hund und Herrchen, teils für das nicht sehr tierfreundlich erscheinende Fräulein Liesel Partei. Als diese das Lokal verlieh, gab ihr der Hundebesitzer eine dritte Ohrfeige. Der Hundebesitze,r, der siebzehninal vorbestrafte 81jährige Andreas Christ erhielt durch das Polizeipräsidium wegen groben Unfugs eine Strafverfügung über zehn Tage Haft. Der Zwergdackel ist inzwischen eingegangen. Christ erstattete nun gegen Fräulein Liesel Anzeige wegen Tierquälerei. Er selbst fühlte sich zuunrecht bestraft und ries gerichtliche Entscheidung an. Das Gericht erhöhte aber die Strafe -auf zwei Wochen, weil der Angeklagte als Grobian bekannt sei.
Ein Staatsdokument im Negerstil!
Der Präsident der französischen Republik Lebrun hat während eines Empfanges^im Elysee-Palnst eine nette Anekdote aus seinem eigenen Leben erzählt. Vor Jahren, als er noch Kolonialminister war, wollte er einmal einen bestimmten Vertrag ein- sehen, der mit einem gewissen König Mokoko abgeschlossen war und sich auf die Abtretung der Niggerterritorien an Frankreich bezog. Der Vertrag war nicht aufzufinden, weder in den Archiven des Ministeriums des Auswärtigen noch im Kolonialministerium. Schließlich sagte man Lebrun, der Vertrag befinde sich im Besitz eines Obersten Fournier, der im Ruhestand lebte; er habe der Unterzeichnungszeremonie beigewohnt. Lebrun lieh also den Obersten rufen und dieser bestätigte, dag er im Besitz oes Dokumentes sei und es auch mit Leichtigkeit vorzeiten könne. Tr fügte aber hinzu, daß er es um gar keinen Preis den Mini- äerialarchiven übergeben könne. Lebrun, sehr erzürnt, drohte, ihn verhaften zu lassen. Darauf streifte der Oberst seine Jacke ab, krempelte den Aermel seines Hemdes auf und zeigte dem Kolonialminister Lebrun eine geheimnisvolle Tätowierung auf sein Arm: „Das ist der Vertrag", sagte er, „der nach dem dortigen Brauch des Landes mit dem Austausch von Blut besiegelt worden ist. Die Inschrift beweist die Wahrheit meiner Behauptung." Unter diesen originellen Umständen muhte sich das Archiv des Ministeriums natürlich mit einer Photographie dieses „Dokumentes begnügen".
Wenn eine Perlenfischerin heiratei...
In Sidney fand vor einiger Zeit eine Hochzeit statt, die sehr viele Neugierige anlockte. Das besondere Interesse galt der jungen Braut, Maud Henderson, die den Ruf genotz, die geschickteste Perlenfischerin Australiens zu sein. Ein reicher Farmer führte sie zum Traualtar, doch hatte er vor der Hochzeit die Bedingung gestellt, seine künftige Frau dürfe unter keinen Umständen- wieder in Meerestiefen tauchen. Denn da unten ist's fürchterlich... Maud Henderson ist die Besitzerin eines wunderschönen Perlenhalsbandes, wie es in diesem Werte nicht viele auf Erden gibt. Jede einzelne Perle hat ihre eigene, meist abenteuerliche Geschichte. An einer von ihnen hängt die Fischerin mit besonderer Inbrunst. Sie hätte Maud Henderson fast das Leben gekostet. Bei ihrer Suche auf dem Meeresgrund geriet die Taucherin eines Tages in die Nähe eines gesunkenen Schiffes. Das Deck war mit einer dicken Schlammschicht überzogen. Da gerade an solchen Stellen erfahrungsgemäß Perlen von ungewöhnlicher Größe anzutrcsten sind, begann die schöne Maud den Schlamm sorgfältig zu untersuchen. Schon nach kurzer Zeit fand sie eine Auster, in deren Innern eine köstliche Perle lag. Mit fliegenden Händen riß die Taucherin den kostbaren Fund an sich. Im gleichen Augenblick schoh ein riesiger Oktopus auf sie zu und Umschlag sie mit seinen Fangarmen. Maud hatte noch so viel Geistesgegenwart, am Haltetau zu rucken, dann schwanden ihr die Sinne. Zusammen mit dem Untier wurde sie blitzschnell an die Oberfläche gezogen. Man tötete den Polypen tlnd sorgte für die Ohnmächtige. Als sie zu sich kam, lag >n ihrer rechte» Hand wohlbehütet das Kleinod — die Perle.
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..Der Schwadenfilm" ferliggeslekt
Aus Berlin wird gemeldet: Am Freitag nachmittag fand !m Eemeinjchastshaus der DAF. in der Tiergartenstratze eine Son- dervocsllhrung des Schwabenfilms „Schwäbische Kunde" statt. Die Tovis-Degeto hatte die Presse gebeten, sich diesem vom Lan- desfrembenverkehrsverband Württemberg-Hohenzollern in Aufklag gegebenen Kulturfilm anzusehen. Die Gesamtleitung des Films lag in den bewährten Händen des in Württemberg bestens bekannten Kameramannes Albert Kling und seiner Mitarbeiter Wilfried Basse (Regie) und Wolfgang Zeller (Musik).
In zwei Fassungen, einem abendfüllenden Filmstreifen und ! einem Kurzfilm, sahen die anwesenden Berliner und Auswärti- s gen, insbesondere die württembergischen Schriftleiter, die nun vorliegenden Ergebnisse einer zweijährigen intensiven Kamera- arbeit. Der stellv. Gauleiter von Württemberg-Hohenzollern und ! Leiter des Kauptschulungsamtes der NSDAP.. Friedrich ! m i o r, gao eingangs einige Atertc oer Erläuterung zu den ! filmen. Er erklärte, daß für die Schaffung dieser Filme einmal , ein werbemähigcs Bedürfnis von seiten des Schwabenlandes ! Vorgelegen habe. Darüber hinaus aber biete gerade das Land ! Württemberg für einen abwechslungsreichen Film die besten Vor- ! aus'ctznngen. da sowohl die Mannigfaltigkeit der Landschaft als ! auch die reiche württembergische Geschichte, die sich in unzähligen s Baudemmalern dokumentiert, Motive reizvollster Art zu bieten
> u^k Württemberg als das Land, dessen Eauhauptstadt die Stadt , der Ausländsdeutschen ist, bekam damit eine besondere politische - Ausgabenstellung, das Anslandsdeutschtum wiederum an die Hei-
mat zu binden. Diesem Zwecke zu dienen, ist das bedeutsamste i Ziel, an dessen Verwirklichung der Schwabenfilm Mitwirken soll.
> Der mit großer Begeisterung aufgenommene Filmstreifen wird ! nicht nur als Kulturfilm, sondern als ein Filmwerk, das gröhe- ! re" Ausgaben zu dienen hat, weit über Württembergs Grenzen i Beifall und Anerkennung finden.
! Carl Albert Drewitz.
Uraufflihrulig von Gerhard Schumanns «Enischeidung"
Im Alten Theater zu Leipzig fand am Samstag, gleichzeitig mit der Aufführung in Stuttgart, die Uraufführung des neuen Schauspiels des Staatspreisträgers Gerhard Schumann „Entscheidung" statt. Der Aufführung vor ausverkauftem Hause wohnten zahlreiche Vertreter von Staat, Partei und Stadt bei. U. a. waren anwesend der Präsident der Reichsschrifttumskammer, Staatsrat Hanns Johst, der Vizepräsident der Reichsschrift-
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tumskammer, Reichshanptnmtsleiter W. Baur, der Leiter der Abteilung Schrifttum im Neichsministerium für Volksanfklä- rung und Propaganda, Ministerialdirigent Alfred Jngemar Berndl, Reichskulturwalter Franz Moraller, der Dichter Eberhard Wolfgang Möller. Das vollbesetzte Haus folgte von Anfang an mit innerer Spannung der sich immer mehr steigernden hohen Dramatik des von Beginn an segelnden Schauspiels aus der Zeit des schärfsten Bruderkampfes. Der Beifall bei offener Bühne steigerte sich zum Schluß aufs höchste. Dem Dichter Gerhard Schumann wurden große Huldigungen dargebracht, und er muhte sich wiederbolt zeigen. Auch in Stuttgart fand am Samstagabend die Uraufführung statt, die stärksten Beifall fand.
Rundfunk
Programm de» R«ich»se»d«r» Stuttgart
Mittwoch, 18. Januar: 6.00 Morgenlied, Zeitangabe, Wetterbericht, Wiederholung der 2. Abendnachrichten, Landwirtschaftliche Nachrichten, 6.15 Gymnastik, 6.30 Frühkonzert, Frühnachrichten, 8.VV Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht und Marktberichte, 8.10 Gymnastik, 8.30 Morgenmusik, 9.20 Für Dich daheim, 10.00 Das Lied der Deutschen!, 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskonzert, 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetterbericht. 13.13 Mittagskonzert, 14.00 „Fröhliches Allerlei", 16.00 „Kaffee verkehrt aus Wien", 18.00 Unsere Hörerinnen wünschen sich..., 18.30 Aus Zeit und Leben, 19.00 Hans Busch spielt, 19.15 „Bremsklötze weg!", 19.45 Julius Patzak singt, 20.00 Nachrichten des Drahtlo- >en Dienstes, 20.15 Stunde der jungen Nation, 21.00 Tempo 114, 2115 Franz Schubert, 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetter- und Sportbericht, 22.30 Quer durch die Operette, 24.00 Nachtkonzert.
Donnerstag, 18. Januar: 6.00 Morgenlied, Zeitangabe, Wet- terbericht, Wiederholung der 2. Abendnachrichten, Landwirtschaftliche Nachrichten, 6.15 Gymnastik, 6.30 Frühkonzert, Friih- nachrichten, 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht und Marktberichte, 8.10 Gymnastik, 8.30 Mörgenmusik, 9.20 Für Dich daheim, 10.00 Volksliedsingen, 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht. 12.00 Mittagskonzert. 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetterbericht, 13.15 Mittagskon- -jort, 14.00 „Zur Unterhaltung", 16.00 Nachmittagskonzert, 18.00 Aus Zeit und Leben, 19.00 „Karl mit der Tasche", 20.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, 20.15 „Unser singendes, klingendes Frankfurt", 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetter- und Sportbericht, 22.30 Volks- und Unterhaltungsmusik, 24.00 Nachtkonzert.
Freitag, 28. Januar: 6.000 Morgenlied, Zeitangabe, Wetterbericht, Wiederholung der 2. Abendnachrichten, Landwirtschaftliche Nachrichten, 6.15 Gymnastik, 6.30 Frühkonzert, Frühnachrichten, 8.00 Wasserstandsmeldnngen, Wetterbericht und Marktberichte, 8.10 Gymnastik, 8.30 Mörgenmusik, 9.20 Für Dich daheim, 10.00 Unbekannte Helfer, 10.30 Hallensport, 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskonzert,^ 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetterbericht, 13.15 Mittagskonzert, 14.00 Berühmte Orchester und Dirigenten, >6.00 Streifzug durch den Opernführer, 17.00 „Zum 5-Uh'r-Tee", 18.00 Aus Zeit und Leben, 19.00 Tonfilm-Neuheiten, 19.40 Bettina, das Kind, 20.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, 20.10 Die Opern des Reichssendsrs Stuttgart, 21.10 „Links Vorfahren — rechts ausweichen", 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetter- und Sportbericht und württembergische und badische Sportvorschau, 22.30 Aus Wien, 24.00 Nachtkonzert.
Samstag, 21. Januar: 6.00 Morgenlied, Zeitangabe, Wetterbericht, Wiederholung der 2. Abendnachrichten, Landwirtschaftliche Nachrichten, 6.15 Gymnastik, 6.30 Frühkonzert, Frühnach- richlen, 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht und Marktberichts, 8.10 Gymnastik, 8.30 Morgenmusik, 9.20 Für Dich daheim, 10.00 Der heil'ge Ruf, 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskonzert, 13.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetterbericht, 13.15-Mittagskonzert. 14.00 Bunte Volksmusik, 15.00 Ente Laune!, 16.00 Heitere Musik zum Wochenende, 18.00 „Tonbericht der Woche", 19.00 Bunte Stunde mit Karl Valentin, 20.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, 20.10 Walzer und Märsche. 21.00 „St. Egyd aus Bretteln", 22.00 Nachrichten des Drahtlosen Dienstes, Wetterund Sportbericht, 22.30 Tanzmusik. 24.00 Nnchtkonzert.
11,5 Millionen Rundfunkteilnehmer in Eroßdeutschland Am 1. Januar 1939 waren im Lande Oesterreich 681161 Nundfunkempfangsanlagen vorhanden. Die Zunahme im Laufe des Monats Dezember 1938 betrug dort 12 248 (1.8 o. HZ. Die Gesamtzahl der Rundfunkempfangsanlagen im großdeutschen Reichsgebiet (ohne Sudetenland) betrug am 1. Januar 11503 019; darunter waren 708 653 gebührenfreie Anlagen und zwar 683 730 im Altrcich und 24 923 im Lande Oesterreich.
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Ave heitere GeMMe um Liebe unv Fagv i« und um München von Hans Wagner
Ilrbsberrechtsickmtz durch Verlagsanftalt Manz, Regensburg.
Nachdruck verboten.
I.
Ganz empört war die Frau Huber! Jeden Gefallen tat ne ihrem Mädel, jeden Wunsch bekam es erfüllt, und nun so ein Verlangen! Und man durfte seiner gerechten Empörung nicht einmal offen Ausdruck geben, sonst sagte sich das Töchterlein: „Nun grad!" Also nahm sich die Frau Huber zusammen, so schwer ihrs auch fiel, und sagte beschwichtigend:
„Schau, dös geht halt wirklich net, Hannerl, daß mir uns an Hund anschaffen tun. Der tat sich ja gar net vertragen mit'm Jockl. Und dö Arbeit, dö so a Viech macht! Alleweil derfast aufpassen, daß er nur nix anstellt, und abi gehn muaß ma halt aa immer mit eahm."
„Aber geh, Mama, 's war doch so schön, wenn wir so ein nettes Hunderl hätten, ich würd mich schon kümmern, daß nix passiert zu Haus, und auf d'Straßen gehn, das tat ich schon auch."
„Dös kenn i schon. D' ersten Tag tatst as schon, aber dann tät's dir z'viel werdn. Nächst derfat man bloß schaun, daß mir dös Viech wieder loskriagaten. Aber wer mag denn heut- zutag no an Hund bei dera Steuer! Derfast dö aa no drauflegen, bis daß'n oaner nimmt."
„Weißt, Mama, die Steuer, die zahl ich, ich ganz allein, die spar ich vom Taschengeld."
Die Frau Mama mutzte trotz allem Aerger lachen.
„Weil's d' so alleweil net auskommst damit, gelt? Jetzt da davon aa no d'Steuern zahln. Daß i net lach! Da wird nix draus. Und überhaupt», asoa Hundsoiech kommt mir net eini in d'Wohnung!" —
Mit diesem negativen Ergebnis ihres Bittens mußte sich halt das Hannerl aufs erste abfinden. Und sie hätte
doch gar zu gern einen Hund gehabt! Aber es gab doch noch einen Weg, den das Töchter! probieren konnte, einen Weg, der über den Papa ging, und meist führte dieser in solchen Fällen schließlich doch zum Erfolg, weil der Papa seinem einzigen Töchterlein, dem Hannerl, kaum je etwas abschla- gen konnte. Auf diesem Umwege hatte das Mädel schon gesiegt, wie die Sache mit dem Bubenkopf war. Die Mama hätte es wohl nie erlaubt, daß das Hannerl die blonden Zöpfe auf dem Altar der Mode opferte. Damals war ja auch der Herr Papa im Anfang recht skeptisch und ablehnend, aber Hannerls Ueberredungskunst war es endlich doch gelungen, daß erst der Papa und zum Schluß auch die Mama die Zustimmung gewährten. Und wie das Hannerl den Führerschein hatte haben wollen, da war es wieder genau so. Da hatte sie sich erst vom Papa das Einverständnis abgeschmeichelt und abgetrotzt und mit dem zusammen wurde dann die Mama bestürmt. Und da hatte die natürlich nachgeben müssen.
Sollte dieses oft bewährte Mittel im gegenwärtigen Falle versagen? Das Hannerl befürchtete es nicht.
Um dich, lieber Leser, nicht auf die Folter zu spannen, will ich nur gleich von vornherein verraten, daß dieses Rezept dem schlauen Mädel auch jetzt wieder zum Siege ver- half. Zwar errang das Hannerl diesen Sieg nicht gleich am ersten Tage, nein, es bedurfte langer, heftiger und zielbewußt geführter Kämpfe, bis auf das Zureden ihres Gemahls die Frau Huber klein beigab und einwilligte, daß das Hannerl einen Hund bekommen sollte. Trotz Jockl, dem Papagei, dessen Existenz sie als wichtigsten Grund gegen die Anschaffung eines zweiten Hausgenossen in die Debatte geworfen hatte.
Wie aber die einhellige Meinung geschaffen war, daß ein Hund her müsse, da tauchte auch bereits eine neue, nicht minder bedeutsame Frage am Horizont auf: Was für ein Hund sollte es sein? Die Mama hätte ja am liebsten den Kauf eines kleinen Schoßhunderls gesehen, der hätte zu Haus die wenigste Arbeit verursacht und sich wohl auch am ersten mit dem Papagei vertragen. Das Hannerl hingegen
schwärmte für einen recht großen, während der Herr Huber vor beiden Extremen ein Grauen hatte; die Kleinen kläfften ihm zu viel und die Großen, ja, mit denen brachte er schon gleich die vielen Klagen über zerrissene Hosen, angefallene Briefboten und zu Boden gerissene kleine Kinder, die er aus seiner Etammtischerinnerung zusammengeklaubt hatte, in Verbindung. Und so urteilte er denn gleich dem weisen Salomo, man solle halt euren Hund anschaffen, der nicht zu klein und auch nicht zu groß wäre.
Wenn die Familie Huber die Zeitung las, dann hatte jedes sein bestimmtes Blatt. Der Papa nahin das Politische und die Handelsnachrichten, die Mama die Stadtnachrichten und das Frauenblatt, das Hannerl den Romanteil.
Diese feste Ordnung hörte jedoch auf, seitdem die Anschaffung eines Hundes auf der Tagesordnung stand. Jede» griff zuerst nach dem Blatt mit den Verkaufsanzeigen. Und emsig fuhr der Finger dessen, der das bewußte Blatt zuerst erobert hatte, die Spalten entlang, bis er zur Rubrik „Tiermarkt" kam und dort stehen blieb. Aber nie fand man den gewünschten Hund angeboten. Der war zu groß, der zu klein, dieser zu jung, jener zu alt. Von der einen Raff« hatte der Papa von durchaus glaubwürdiger Seite — und^ das waren alle Freunde am Stammtisch — gehört gehabt, daß sie nichts tauge, von einer anderen glaubte wieder das Hannerl, daß sie nicht zur Farbe ihres kleinen Wagens odei zu der des neuen Kostüms passe, denn dem Hannerl genügt« es nicht, daß ein Hunderl ins Haus kam, nein, sie wollte mit dem vierbeinigen Begleiter auch ein wenig Eindruck machen.
So hätte man vielleicht noch lange hin und her gestritten und wäre doch zu keinem Ergebnis gekommen, wenn nicht ein ganz besonderer Umstand eingetreten wäre, der dev Papa Huber zu irgend einer Tat in dieser H.nsicht zwang Hannerls Geburtstag stand nämlich in allernächster Zei> bevor. Die Eltern meinten — und das Hannerl erwartet, das auch als ganz selbstverständlich —, man könnte da« Hunderl als ein Geburtstagsgeschenk wählen, das bei» Hannerl Freude und Jubel auszulösen im höchsten Grad, geeignet war. (Fortsetzung folgt.)