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Nr. 240
Freitag, äen 13. Oktober 1939
113. Jahrgang
Ehamberlain wies die Friedenshand Hitlers znriick
Herausfordernde Beleidigungen des englischen Ministerpräsidenten — Rede ohne jedes Verantwortungsgefühl
Amsterdam, 13. 10. Am Donnerstag nachmittag gab der englische Ministerpräsident vor dem Unterhaus seine angekün- digte Antwort auf den Friedensvorschlag des Führers.
Nachdem er rückblickend alle lügenhaften Argumente und Fälschungen der politischen und diplomatischen Vorgeschichte des Konfliktes nochmals mit der bekannten englichen Arroganz wiederholt und heuchlerich behauptet hatte, daß England nicht um irgendeines rachsüchtigen Zweckes willen in den Krieg gezogen sei, sondern lediglich zur Verteidigung der Freiheit, und einem Frieden zustrebe, der keinen unsicheren Waffenstillstand, sondern eine Beseitigung der „ständigen Drohungen" bringen I müsse, wies er unter herausfordernden Beleidigungen Deutsch- I lands die dargebotene Friedenshand des Führers zurück mit den Worten: „Was einer solchen Friedensregelung im Wege steht ist die deutsche Regierung und die deutsche Regierung allein."
Ehamberlain ging soweit, zu behaupten, Deutschland habe ein Vermittlungsangebot Mussolinis abgelehnt, während in Wirklichkeit alle Welt weiß, daß England es war, das den von Deutschland bereits angenommenen Vermittlungsoorschiag des Duce sabotierte. Die von höchst realpolitischen Erwägungen getragenen konstruktiven und präzisen Vorschläge des Führers bezeichnete er unter Verfälschung der Wahrheit als .vage und unsicher".
Ehamberlain ließ in seinen weiteren Ausführungen keinerlei Zweifel mehr daran, daß, ganz gleich, was Deutschland auch immer vorschlagen wird, England es daraus ankommt, Deutschland zu vernichten unter dem plumpen Vorwand, seine Regierung beseitigen zu wollen.
An den Schluß der advokatischen Winkelzüge, mit denen Ehamberlain glaubt, eine nach Frieden strebende Welt düpieren und das eigene, sowie das unglückliche französische Volk in einen sinnlosen Krieg Hetzen zu können, setzte Ehamberlain mit frecher Stirn das Ultimatum, »daß die deutsche Regierung entweder einen überzeugenden Beweis geben müsse für die Ehrlichkeit ihres Friedenswunsches durch definitive Handlungen und durch die Schaffung effektiver Garantien für ihre Absicht, ihre Verpflichtung zu erfüllen, oder England müsse auf seiner Haltung bis zum Ende beharren".
Mit dieser, jeglichen Verantwortungsgefühls baren Rede, voll von Verlogenheit und Heuchelet, hat der englische Premierminister die Friedenshand zurückgestoßen, die der Führer mit seinen Ausführungen vom 6. Oktober geboten hatte.
Wieder auf einer Lüge ertappt!
Die Ueberfliegung Berlins durch englische Flugzeuge
London, 12. Okt. Der englische Luftfahrtminister Kingsley Wood wiederholte am Dienstag im Unterhaus die Behauptung, daß britische Erkundungsflugzeuge in einer der ersten Oktober- Nächte Berlin überflogen hätten. Nachdem wir Herrn Wood bescheinigen konnten, daß die Berliner in besagter Nacht ruhig geschlafen haben, suchte er nun, anscheinend unzufrieden mit der bisherigen Beweisführung, diese Behauptung durch das neue Argument zu erhärten, daß die britischen Flieger nach ihrer Rückkehr von „Abwehrfeuer und Scheinwerfern" berichteten. Da die Berliner selbst nichts derartiges wahrgenommen haben, muhten sie, so meinte Herr Wood, einen sehr tiefen Schlaf besitzen. Run ist Berlin immerhin eine GroWadt, in der eine ganze Anzahl Einwohner auch nachts zu arbeiten haben. Da aber die Herren an der Themse anscheinend nicht nur sämtliche 4)4 Millionen Berliner, einschließlich aller Abhorchposte» der Luftwaffe, für vollendete Schlasmützen halten, haben wir uns die Mühe gemacht, „authentischere" Zeuge» zu finden. Wir haben die in Berlin tätigen Ausländskorrespondenten auf ihr Wort hin befragt, ob sie nicht nur in der fraglichen, sondern überhaupt in einer der letzten Nächte Flakfeuer gehört haben. Auch sie, di« jeweils ihres Berufs wegen gerade nachts besonders auf dem Damm sind, mußten unsere Fragen verneinen. Sie taten jedoch bereitwilligst noch ein übriges, indem sie in ihren ausländischen Bekanntenkreisen, also in der Berliner Auslandskolonie, Anfragen nach einem rätselhaften Abwehrfeuer des Herrn Wood hielten. Auch diese Ermittlung verlief ergebnislos. Da wir nach dieser einwandfreien Feststellung nicht annehmen können, daß ganz Berlin, inklusive sämtlicher Ausländer, das angebliche Abwehrfeuer verschlafen hatten, dürfte die absolute Unwahrheit der Erklärungen Woods hinlänglich erwiesen sein.
Es erhebt sich aber noch eine weitere Frage, die uns nicht unwichtig erscheint: Woher kommt diese Lüge? Flieger pflegen im allgemeinen nicht zu lügen. (Und wir möchten an- nehmen, daß die besagten britischen Flieger in der fraglichen Nacht seelenruhig in ihren Horsten geschlafen haben.) Bei Herrn Kingsley Wood wagen wir Tras nicht mehr zu behaupten, obwohl er im Unterhaus die Luftangriffe auf Kiel und Friedrichshasen so glatt dementiert hat, daß man die englisch-französischen Siegesmeldungen von Kiel und Friedrichshafen fast geträumt zu haben glaubt.
Wer hat also gelogen? Die einzige Möglichkeit, daß nämlich
auch diese Lüge in der Zentrale des britischen Lügenministeriums ihren Ursprung hat, findet ihre einwandfreie Bestätigung in Unterlagen, die in unseren Besitz gelangt sind. Außerdem ist dem Lügenministerium noch ein kleines peinliches Versehen passiert. Während es zu Beginn der Lüge von der Ueberfliegung Berlins durch die englische Presse verbreiten ließ, daß die Anwesenheit der britischen Bomber nicht einmal von den deutschen Horchapparaten wahrgenommen worden sei, ließ es nun durch den Mund von Herrn Kingsley Wood erklären, daß sogar die deutsche Abwehr in Tätigkeit getreten sei. Man kann auch hier nur wieder die Frage stellen: Erkläret mir, Graf Oerindur, diesen Zwiespalt der Natur! Eine kleine, aber für uns um so aufschlußreichere Panne. Auch hier ist also der einwandfreie Beweis erbracht, mit welchen Mitteln diese Zentrale, die allein für die Lüge geschaffen ist, arbeitet.
Englische Flugblätter für den Frieden
Ein Bericht des „Associated Preß" aus London
Reuyork, 12. Okt. „Associated Preß" meldet aus London, daß sich in englischen Pressestimmen zwar der wachsende Wunsch nach einer Fortführung des Krieges bemerkbar mache, daß aber Scotland Pari» dem Innenministerium einen längeren Bericht über das Vorhandensein einer Friedenskampagne mit Hilfe von Flugzetteln unterbreitet habe, worin die Regierung aufgefordert wird, mit Deutschland Frieden zu schließen. Die juristischen Sachverständigen des Innenministeriums, die Klagen erhalten hätten, daß derartige Literatur von Tür zu Tür und auf dem Postweg verbreitet werde, prüften zur Zeit Mittel und Wege, diese Art von Propaganda zu bekämpfen.
Amsterdam, 12. Okt. Es muh um die Stimmung in England schon schlecht bestellt sein, wenn der „Daily Telegraph" sich verpflichtet fühlt, Kassandra-Rufe gegen die ständige Miesmacherei und den Pessimismus auszustotzen. In seinem Hauptartikel beschwert sich das Blatt über das „sinnlose, unin- formierte Gequatsche", das auf nichts anderem beruhe als aus einem zu schnellen Lesen der Zeitungen und dem Aufpicke» von Gerüchten im Laufe eines ruhelosen, aber doch faule» Tages. Der beste Dienst, den derartige Leute dem Lande leisten könnten, sei der, ihren Atem zu sparen und aufzuhören, die allgemeine Tatkraft zu lähmen. Denn das sei die einzige Wirkung des Weitergebens ihrer Gerüchte.
Für die Volksstimmung ist es immerhin aufschlußreich, wenn der „Daily Telegraph" dann fortfährt: „Sie fühlen das Herannahen der Katastrophe in ihren Knochen... Seltsame Gerüchte, die aus aufgeschnappten Gesprächen in der Untergrundbahn stammen, werden streng vertraulich weitererzählt.
Tokio, 12. Okt. Da der britische Botschafter Craigle Donnerstag in einer längeren Unterredung mit dem japanischen Außenminister Vorstellungen wegen der Rechte und Interessen Englands in China erhoben habe» soll, urteilen die politischen Kreise, daß ein gemeinsames Vorgehen Englands und der Vereinigten Staaten in der Frage ihrer Rechte und Interessen in China zu erwarten sei, und daß beide Staaten versuchen würden, unter Berufung auf den Neunmächtepakt Einfluß auf die Lage im Fernen Osten und den Chinakonflikt zu nehmen. Japan, das fast entschlossen sei, jede Einmischung in Fernostangelegenheiten abzulehnen, werde die englisch-amerikanischen Aktionen aufmerksam beobachten,
Tokio, 12. Okt. Stärkste Beachtung in politischen Kreisen fand der Leitartikel der nationalistischen „Kokumin Shimbun" Einleitend führt das Blatt aus, daß die Augen des japanische« Volkes auf die „bedrohliche Lage" im japanischen Außenamt gerichtet seien, wo bekanntlich hohe Beamte zurücktreten wollen. In China gingen indessen die Feindseligkeiten weiter, und in Europa hätten Adolf Hitlers Friedensvorschläge große Bewegung ausgelöst. Man müßte nun Regierung und Volk auffordern, eine entschlossene und fest umrissene Außenpolitik sofort zu verwirklichen, um so die erstrebte Neuordnung Ostasiens durchzusetzen. Japan müsse, so rät das Blatt, die aktuelle Weltlage berücksichtigen, die nach Abschluß des deutsch-russischen Abkommens eine vollkommene Aenderung erfahren habe. Das Blatt wirft dann der japanischen Regierung vor, daß sie es nicht verstanden habe, die antibritische Bewegung, die im August durch Japan ging, auszunutzen. „Kokumin Shim- bun" begründet die Zweckmäßigkeit einer klaren Stellungnahme Japans gegen England und meint, in diesem Falle werde Rußland zweifellos seine Kräfte über Zentralasien und Iran auf Indien leiten. Dann heißt es wörtlich: „Wenn Deutschland die Absicht hat, seine gute« Dienste für eine japanisch-russische Annäherung anzubieten, so wird Japan ernstlich die Notwendigkeit erwägen, eine Wendung in seiner Außenpolitik vorzunehmen."
Tokio, 12. Okt. Der stellvertretende Außenminister Tani hat dem Außenminister sein Rücktrittsgesuch
Diese trübsinnigen Erzähler zwingen anderen ihre Nerven und ihre Furcht auf. Sobald die Nacht herabsinkt, sind die schleunigst bei der Hand, aus dem Klang eines anfahrenden Wagens den Auftakt zu dem schrecklichen Erdröhne der Sirenen zu hören. Man kann diese Leute nur bedauern, denn gerade ihr Gerede ist das klarste Anzeichen für ihren Mangel an Selbstkontrolle". Das Blatt nennt seinen Lesern zum Schluß Beispiele männlicher Gelassenheit und darunter bezeich nenderwe ise auch . ., Goethe!
Niedergang des britischen Ausfuhrhandels
Stockholm, 12. Okt. Die ernsten Folgen, die der Krieg für den englischen Handel mit sich bringt, werden in einer Darstellung des „Svenska Dagbladet" deutlich. Daria wird darauf hingewiesen, daß sich in England jetzt hier und da Stimmen erheben, die auf die katastrophalen Auswirkungen Hinweisen, die entstehen müßten, wenn England seinen Export in derselben Weise vernachlässige, wie es in den ersten Wochen nach Kriegsausbruch geschehen sei. Man denke dabei vor allen Dingen an die Notwendigkeit, sich durch Export ausländische Valuten zu beschaffen. Der Verfall des englischen Handels mit skandinavischen Ländern, so heißt es weiter, sei von anderen Problemen völlig in den Hintergrund gedrängt worden, die für England wichtiger und brennender erschienen. Es wird dann auf einen Artikel im „Manchester Guardian" hingewiesen, in dem erklärt wird, daß die englischen Exporteure nichts getan hätten, um der Konkurrenz Deutschlands bei dem Export nach Schweden, Dänemark und Norwegen zu begegnen. Deutscherseits halte man die Preise niedrig, englischerseits dagegen würden die Preise vielfach erhöht, und bestimmte Lieferungen seien überhaupt eingestellt worden. Die englische Zeitung beklagt sich besonders über die langsamen Postverbindungen mit Skandinavien, die sich zum Nachteil des englischen Exports auswirkten.
Tagesbericht des OKW.
Ein französisches Flugzeug im Luftkampf abgeschosseu
Berlin, 12. Okt. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
Im Osten wurde in Mittelpolen an mehreren Stelle« der Bug erreicht.
Im Westen geringe Spähtrupp- und Artillerietätigkekk. Geringe Luftaufklärungstätigkeit über der Nordsee und im Westen. ^ ^
Bei einem Luftkampf südlich Lauterburg wurde ein fran» I zösisches Flugzeug abgeschossen.
überreicht. In der Begründung heißt es, daß er sich für di« OppositionsLewegung im Außenamt verantwortlich halte. Vorher hatte Tani sämtliche Rücktrittsgesuche der Beamtenschaft des Autzenamts übergeben, die bis jetzt 113 betragen sollen.
Russisch-finnische Besprechung
Moskau, 12. Okt. Die erste Besprechung der finnische» Regierungsdelegation im Kreml dauerte ungefähr eine Stund«. Von sowjetischer Seite nahmen darn teil: Stalin, Molotow, Po- temkin und der sowjetische Gesandte in Finnland, Derewjanski. Ueber das Verhandlungsprogramm ist nichts genaues bekannt 2n diplomatischen Kreisen Moskaus verlautet jedoch, daß in Herr Verhandlungen mit Finnland sowjetischeresits Vorschläge zur Mitwirkung der Sowjetunion an der Lösung der Alands- Frage vorgebracht werden würden.
Stellung der Reichsverteidigungskommissare
weiter ausgebaut
Berlin, 12. Okt. Durch die Verordnung vom 1. September 1939 ist als Organ des Ministerrates für die Reichsverteidigung für jeden Wehrkreis ein mit besonderen Vollmachten ausgestatteter Reichsverteidigungskommissar eingesetzt worden, dessen Aufgabe es ist, für die einheitliche Steuerung der zivilen Reichsoerteidi- gungsmaßnahmen innerhalb des Wehrkreises zu sorgen^ Diese Maßnahme ist jetzt durch eine neue Anordnung des Ministerrate« für die Reichsverteidigung ergänzt worden. Danach wird die Stellung des Reichsverteidigungskommissar« weiter ausgebaut: In jedem Wehrkreis wird zur Beratung und Unterstützung de« Reichsverteidigungskommissars ein Verteidigungsausschuß gebildet. Ihm gehören als Mitglieder an der Reichsstatthalter, di« Gauleiter, die Oberpräsidenten, die Ministerpräsidenten und Minister der Länder, der Höhere ff- und Polizeiführer, die Regierungspräsidenten, der Präsident des Landesarbeitsamtes und di« Treuhänder der Arbeit, deren Bezirke ganz oder teilweise im Wehrkreis liegen. Außerdem kann der Vorsitzende des Ministerrates für die Reichsverteidiauna in iedem Wehrkreis weitere
Englisch amerikanischer Druck auf Japan