s. Seite Nr. 219
Dienstag, den 19. September 1939
Nagvlder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Lase kür Holen hoffnungslos
USA.-Presse kopflos über den Einmarsch der Russen
Neuyork, 18. Sept. Der russische Einmarsch in Polen löste in der gesamten Morgenpresse der USA. grösste Bestürzung aus. obwohl die Konzentrierung des russischen Heeres an der polnischen Grenze schon früher die Vermutung irgendeiner Aktion erweckt hatte. „New Port Times" schreibt, jedenfalls sehe die Lage für Polen hoffnungslos, für England und Frankreich düster aus. Diese beiden Staaten würden jetzt stärker durch Japan bedroht, während Deutschland nunmehr leicht wichtige Rohstoffe wie Erdöl bekommen könne. „New Pork Herald Tribüne" erklärt, der russische Einmarsch sei der zweite Keulen- fchlag des Kreml für Westeuropa. „Können die Alliierten unter diesen Aussichten überhaupt den Krieg fortsetzen?" fragt das Blatt und fährt fort, falls sie tatsächlich den Krieg weiterführten, geschehe es nicht länger unter dem Vorwand Polen und nicht einmal um der Vernichtung Hitlers willen, sondern lediglich aus Furcht vor dem völligen Verlust ihrer Weltherrschaft. Diese pessimistische Haltung der Neuyorker Presse entspringt allerdings keineswegs sachlicher Einsicht, sondern dem Wunsch, die amerikanische Bevölkerung zu Tode zu erschrecken und zur Hilfeleistung zugunsten der englischen Kapitalisten zu gewinnen.
Italienische Stimmen
Der Einzug russischer Truppen in Polen, der bei der italienischen Bevölkerung lebhaftestes Interesse ausgelöst hat, wird von der Montagspresse auf das stärkste unterstrichen. Fehlen auch zur Stunde noch redaktionelle Kommentare, so betonen doch die Blätter in ihren Ueberschriften den völligen Zusammenbruch des polnischen Widerstandes und die Flucht der polnischen Regierung sowie den ungeheuren Eindruck, den Sowjetrußlands Haltung in Paris und London hervorgerufen hat. Der „Corriere della Sera" erklärt, der Einmarsch der Sowjettruppen in Ost- pölen habe eine so klare Bedeutung, daß er nicht weiter erläutert > zu werden brauche. Es sei das Ende des deutsch-polnischen Krie- ° ges in einem äußerst kurzen Zeitraum. Militärisch sei das Spiel § abgeschlossen. So vollende sich die Tragödie Polens, während ihm keine Hilfe von seinen Verbündeten des Westens zuteil werden könne, die vor einer uneinnehmbaren Linie stillgelegt seien.
Der „Pöpölo d'Jtalia" schreibt, der Zusammenbruch der polnischen Republik sei nunmehr vollständig, unmittelbar bevorstehend und endgültig. Deutschland werde der Last enthoben, ganz Polen militärisch besetzen zu müssen, und könne nun über stärkere Streitkräfte für eventuelle Kämpfe an anderen Fronten verfügen. Polen sei praktisch eine Nation ohne Führung, die vollständig verlassen sei von einer Regierung, von der man nur das eine sagen könne, daß sie mit der Schnelligkeit der Flucht „nach Rumänien" ebenso schnell zur Hand gewesen sei wie vorher mit den großsprecherischen Rusen: „nach Berlin". Polen habe sich buchstäblich selbst ermordet. Der Gipfel der Tragödie liege darin, daß dieser Selbstmord von der zum großen Teil unwissenden Nation nicht gewollt wurde, sondern ihm von einer leitenden Kaste — und von England — aufgezu ungeu wurde.
Belgiens Echo
Brüssel, 18. Sept. Der Einmarsch der sowjctrussischen Truppen in Polen steht im Mittelpunkt der Blätter. Sie sind sich noch Nicht im klaren über die Auswirkungen dieses Ereignisses. Die Zeitungen sind sich'darin einig, daß das Schicksal des auf England vertrauenden Polen durch das Eingreifen Rußlands endgültig besiegelt sei. Im „Pays Reel" meint Degrelle, daß die britische Blockademethoden immer mehr an Bedeutung verlieren. Die geringe Beschleunigung, die Frankreich und England in der Stellungnahme zu dem sowjetrussischen Vorgehen an den Tag legten, zeige zur Genüge die Angst, die der russische „Keulenschlag" in London und Paris ausgelöst habe. Die gesamte deutsche Ostarmee werde sich wahrscheinlich schon in wenigen Tagen mit allen ihren Tausenden von Flugzeugen und Tanks nach dem Westen begeben.
Auch ein Trost
London, 18. Sept. Die „Times" „tröstet" die polnischen Bankrotteure wie folgt: „Die Polen wissen sehr gut, daß das Schicksal ihres Landes nicht in Polen, sondern anderswo (!!) entschieden wird. Sie waren bereit, ihr Leben für ihr Land einzusetzen, und es wird ihnen sicher geholfen werden."
London will erst Fühlung nehmen ,
Amsterdam, 18. Sept. In London wurde am Sonntag ein Kabinettsrat abgchalten. Chamberlain und Halifax stehen in ständiger Fühlungnahme. Bcratungsgegenstand ist der russische Einmarsch in Polen gewesen Eine Erklärung wurde nach der Kabinettssitzung nicht veröffentlicht. Wie der britische Rundfunk erklärt, will die englische Regierung zunächst mit den übrigen interessierten Regierungen Fühlung aufnehmen, da es sich hier um ein Problem handle, an dem nicht England allein interessiert sei.
Verwirrung Und ohnmächtige Wut in England
Stockholm, 18. Sept. Aus einer Meldung des „Nya Dagligt Allehanda" aus London ist unmißverständlich zu erkennen, welche Verwirrung und ohnmächtige Wut das Handeln Rußlands gegenüber dem verfallenen polnischen Staat in England ausgelöst hat. Das Blatt läßt sich berichten, daß die Nachricht in der englischen Hauptstadt noch stärker eingeschlagen habe als seinerzeit die Meldung über den Abschluß des deutsch-russischen Paktes, lleberall werde dieses große Ereignis am Sonntag diskutiert und man verhehle sich seine Folgen nicht. In London werde erklärt, die Feststellung Moskaus über die Wahrung seiner Neutralität sei ein typischer Ausdruck für „Rußlands orientalische salsche Politik" und man sage weiter, „Rußland gerate automatisch in einen Krieg mit den Westmächten"!
Die russische Ueberraschung
Havas versucht zu beschwichtigen
Paris, 18. Sept. Die französische Nachrichtenagentur Havas oersucht im Zusammenhang mit dem Einmarsch der russischen Armeen in Polen klarzumachen, daß diese Nachricht in Paris keine besondere Ueberraschung ausgelöst habe (!). Havas hat aber schon wieder vergessen, daß der größte Teil der französischen Presse in den letzten Tagen die Mobilmachung zahlreicher russischer Reserven als gegen Deutschland gerichtet darzustellen versuchte. Wir verstehen sehr wohl, daß die Agentur ihre Meldung mit den beschwichtigenden Worten beschließt: Außerdem müsse berücksichtigt werden, daß das Ziel Moskaus trotz des militärischen Eingreifens beschränkt,sei. Molotow habe angskün- digt, daß es in dem europäischen Konflikt neutral zu bleiben beabsichtige.
London in Verlegenheit
London, 18. Sept. Der diplomatische Mitarbeiter von Preß Association schreibt, daß das Foreign Office den letzten Ereig
nissen in Polen, namentlich in bezug auf den russischen Einmarsch, die größte Aufmerksamkeit entgegenbringe. Man erwarte genauere Mitteilungen von der amtlichen diplomatischen britischen Vertretung in Moskau und in anderen Oststaaten. Der Mitarbeiter von Preß Association bemüht sich sodann, in ausführlicher Form glauben zu machen, daß die englische und die französische Regierung über das sowjetrussische Vorgehen nicht sonderlich überrascht (!) gewesen seien.
Tokio stark beeindruckt
Tokio, 18. Sept. Der Einmarsch der Russen in Ostpolen hat ln Tokio stärksten Eindruck hervorgerufen. Die gesamte japanische Presse hat die Nachricht, ihrer Bedeutung entsprechend, durch Extrablätter in größter Aufmachung verbreitet.
Auflösung des polnischen Gewaltstaates
Belgrad, 18. Sept. Die jugoslawische Montagspresse wird beherrscht von den Nachrichten über die Auflösung des polnischen Gewaltstaates. Seitenlang berichten die Blätter über das Eingreifen der Sowjetunion und die Flucht der polnischen Machthaben. Sie heben insbesondere den strikten Neutralitätswillen Rumäniens hervor. In einer Betrachtung zu dem von England verhängten Handelskrieg stellt „Politika" fest, daß er alle neutralen Staaten und vor allem die an Deuischland grenzenden Länder schwer treffe. Die britische Blockade beeinträchtige aber nicht nur die normale Entwicklung ihrer Wirtschaft, sondern bringe einzelne in kürzester Frist in eine ausweglose Lage bei ihrer Sorge, die Bevölkerung mit dem Notwendigsten zu versehen.
Der letzte Akt des polnischen Dramas
Oslo, 18. Sept. Das aktive Eingreifen Rußlands durch den Einmarsch in Polen, das durch Extrablätter bekannt wurde, wird am Montag von den Blättern eingehend erörtert. „Aftonposten" schreibt unter dem Titel: „Was jetzt?, es sei klar, daß Polen sich unter dem Druck der beiden Großmächte Rußland und Großdeutschland bald ergeben müsse. Was aber würden die Weltmächte hierzu sagen?" „Astenposten" kommentiert dann eingehend die jüngsten Ereignisse. Die sensationell schnellen deutschen Siege in Polen, die russische Beteiligung am Krieg, Japans wichtiger Ausgleich mit Ruß'rnd, alle diese welthistorischen Ereignisse seien aufeinander so schnell gefolgt, daß man ihre Reichweite noch gar nicht durchzudenken vermag.
„Ein schwerer Schlag für die Verbündeten"
Amsterdam, 18. Sept. Die Londoner Morgenpresse vom Montag steht völlig unter dem niederschmetternden Eindruck des russischen Einmarsches in Ostpolen. Nach alter englischer Methode versuchen die Blätter zwar, die Bedeutung dieses russischen Schrittes zu verkleinern und ihm alle möglichen, völlig abwegigen Auslegungen zu geben, schließlich geht jedoch aus allen Kommentaren mehr oder weniger klar hervor, daß man die weittragende Bedeutung dieses außenpolitischen Ereignisses trotz aller Ablenkungsmanöver nicht verleugnen kann. Der diplomatische Korrespondent der „Times" sagt u. a., daß man heute die möglichen Auswirkungen dieses Ereignisses, von dem er behauptet >daß es „nicht unerwartet" gekommen sei, noch nicht erörtern könne. In den Leitartikeln der Londoner Presse wird der russische Einmarsch, wie nicht anders zu erwarten war, in den schärfsten Tönen verurteilt und dem durch die alleinige Schuld Englands in seine hoffnungslose Lage gekommenen „armen" polnischen Partner werden bedauernde Phrasen gewidmet. Im übrigen stellt die „Daily Mail" recht offen fest, daß Sowjeirußlauds „Verrat" ein schwerer Schlag für die Verbündeten sei. Allerdings versucht das Blatt mit der Feststellung zu trösten, daß England „derartige Schläge aushalte, weil es an sie gewöhnt fei.
Frankreich kämpft für britische Interessen
Stockholm, 18. Sept. Die Stockholmer Zeitung „Rationell Tid- ningen" stellt in einem Artikel fest, daß Frankreich niemals seit der Zeit Napoleons einen Krieg mit weniger Veranlassung als diesmal angefangen habe. Es gäbe keinen plausiblen Grund und keine historische Ursache. Frankreich sei nicht bedroht, zumindest nicht von Deutschland. Tatsächlich sogar sei es niemals in den letzten hundert Jahren weniger bedroht gewesen. Der Krieg, in den Frankreich nun hineingezogen werde, würde allein im englischen Interesse geführt. Englands Ziel sei, einen neuen und schlimmeren Versailles-„Frieden" zu schaffen. Im März d. I. habe in London der Irrwahn gesiegt, daß dies im Lebsns- interesse des britischen Reiches läge, und deshalb habe man Polen zum Widerstand gegen eine Vereinbarung mit Deutschland getrieben.
Weiter heißt es in dem Artikel, daß im Gegensatz zu dem, was die vergiftete Emigrantenpresse der öffentlichen Meinung in England, USA. und Skandinavien>inzureden versuche, Deutschland einiger sowie viel stärker und besser vorbereitet als 1411 sei. Wörtlich heißt es dann: „Die führenden Männer der derzeitigen englischen Regierung sind unzugänglich für alle Friedensgesichtspunkte. Dort sehe man die Vernichtung Deutschlands als Großmacht und einen neuen und schlimmeren Versailles- Frieden. Diesmal heißt es, daß es um die Vernichtung des Nazismus ginge. 1911—18 hieß es, es wäre die Vernichtung des deutschen Militarismus. Aber das ist genau dieselbe Lüge. Der Artikel schließt mit den Worten: „Europas Schicksal hängt davon ab, ob das französische Volk sich von der ideologischen Psychose losmachen kann, sich befreien kann von dem englischen Gängelband."
Konferenz der Oslo-Staaten
Kopenhagen, 18. Sept. Die Staats- und Außenminister der vier nordischen Länder treten am Montag zu der angekündigren zweitägigen Beratung zusammen, >ne nach einer einleitenden Besprechung am Vormittag am Nachmittag ausgenommen werden wird. Das Thema der Beratung ist, wie nochmals von offizieller Seite betont wird, die Stellungnahme des Nordens zu den Fragen, die sich für Skandinavien und Finnland aus dem europäischen Konflikt ergeben. Zu den vorliegenden Momenten ist in den letzten 21 Stunden der Einmarsch der Sowjcttruppen in Ostpolen hinzugekommen.
Protestbrief der ukrainischen Volksgruppe
in den USA.
Washington, 18. Sept. Die zahlenmäßig starke ukrainische Volksgruppe in den Vereinigten Staaten sandte an Außenminister Hüll sowie an die Botschafter Englands und Frankreichs in Washington einen Brief, in dem sie gegen die „brutale kulturelle, religiöse und wirtschaftliche Unterdrückung" schärfsten Protest einlegt, der die ukrainische Minderheit in den letzten
20 wahren in Polen ausgesetzt war. Bis zum Lage der deutschen Kriegshandlungen habx Polen eine Politik der Austilguag des ukrainischen Lebens und der Entnationalisierung des ukrainischer. Volkes verfolgt. Der Brief endet mit dem Wunsche, day die Fehler nicht wiederholt werden und das Ergebnis der gegenwärtigen Befreiung der ukrainischen Minderheit vom polnischen Terror eine gerechte Behandlung der Ukrainer sein werde.
Deuifche Wirtschaft im Kriege
WPD. Wenn es noch eines Beweises für uns bedurft hätte, daß Deutschland tatsächlich, wie Hermann Eöring m seiner prachtvoll aufrüttelnden Rede an das ganze deutsche Volk sagte, „der bestgerüstete Staat der Welt ist", jo hat ihn nunmehr die zweite Woche des Krieges voll erbracht. Stand die erste Kriegswoche durch die großen Gesetze des Ministerrates für die Reichsverteidigung im Zeichen der Umstellung der Führungsorgane von Verwaltung und Wirtschaft auf Ziele der Kriegführung, so tragen die Maßnahmen der zweiten Kriegswoche, wie etwa die neu herausgekommenen gesetzlichen Bestimmungen über die Kriegslöhne und die Aenderungen des Arbeitsrechts schon den Charakter von Aus- und Durchführungsmaßnahmen. Sie erstrecken sich bereits auf Einzelheiten der Wirtschaft und auf die einzelnen Betriebe Der Prozeß der großen Umstellung der Betriebe auf die kriegswirtschaftlichen Erfordernisse ist in vollem Gange. Dabei sind Entlassungen nicht zu vermeiden Aber Arbeitslosigkeit gibt es deshalb nicht. Wer nicht sofort einen neuen Arbeitsplatz in Kriegsbedarfsbetrieben bekommt, geht in die Landwirtschaft, die jede Hand zur Herbstbestellung, d. h. zur Sicherung der nächsten Ernte, brauchen kann.
Daß wir diesen Beweis wirtschaftlicher Stärke, der auf die neutrale Welt den größten Eindruck macht, erbringen können, das verdanken wir nicht zuletzt den Erfolgen unserer Wehrmacht im Osten, die uns eine gewaltige Erweiterung unserer produktiven Wirtschaftskräfte gebracht haben. Durch die Eroberung der Kohlengebiete von Ostoberschlesien, Dombrowa und des Olia-Eebietes ist nicht nur unsere Kohlenbasis um eine Förderung von ungefähr jährlich 40 Millionen Tonnen erweitert worden, sondern wir haben damit auch beträchtliche Produktionen von Blei und Zink zusätzlich erhalten. Das neu erschlossene Eisenerzvorkommen von Wielun und die Erzlagerstätten zwischen Radom und Kielce bilden eine ebenso wertvolle Bereicherung unserer Rohstoffgrundlage wie die Erdölgebiete in Galizien, hauptsächlich südlich Lemberg, deren Eesamterzeu- gung mit ungefähr 500 000 Tonnen jährlich in Rechnung gesetzt werden darf. Dabei steht fest, daß sowohl die Kohlen- wie die Erdölförderung unter deutscher Regie sehr rasch noch gesteigert werden wird. Unsere an sich bereits recht gute Versorgungslage auf dem Gebiete der Ernährung hat durch den Gewinn großer landwirtschaftlicher lleber- schußgebiete in Polen ebenfalls eine erfreuliche Stärkung erfahren. Aber nicht nur von dieser Seite wird unsere Produktionsgrundlage erweitert. Der noch konzentriertere Einsatz aller physischen, geistigen und wirtschaftlichen Kräfte auf dem Gebiete des Vierjahresplanes wird sich sehr bald ebenfalls zur Erhöhung kriegswichtiger Produktionen führen. Deutschland wird im Kriege von Monat zu Monat, und erst recht von Jahr zu Jahr stärker werden, es wird immer stärker sein als die Engländer und Franzosen zusammen. wie der Eeneralfeldmarschall es unseren Gegnern ankündigte.
Ein weiterer Beweis unserer Stärke liegt in der ruhigen und fast reibungslosen Abwicklung der Umstellung. Selbstverständlich werden Betriebe, auf deren Produktion wir im Kriege verzichten können, geschloffen. Aber das bedeutet nicht Arbeitslosigkeit. Selbstverständlich muß der Verbraucher, d. h. im wesentlichen die Hausfrau, sich auf das neue Kartensystem einrichten, ebenso wie der Einzelhändler. Aber das geht, abgesehen von kleinen, nun einmal unvermeidlichen Ünzuträglichkeiten, im allgemeinen durchaus glatt und reibungslos vor sich. Nirgends verschwinden bei uns die Waren vom Markt, wie das in England und Frankreich, ja auch in vielen neutralen Ländern der Fall ist. Wir können auf einzelnen Gebieten, etwa in der Textilversorgung, bereits zu Lockerungen der ersten Bestimmungen übergehen. Textilwaren, die für den Kriegsbedarf nicht in Frage kommen, wie beispielsweise Handarbeiten, Zierdecken. Frackanzüge, Gesellschaftskleider usw., können von den Einzelhandelsgeschäften verkauft werden, soweit die vorhandenen Vorräte reichen. Neu werden diese Dinge selbstverständlich nicht mehr hergestellt werden, das ist klar. Das reibungslose Funktionieren unserer „Kriegswirtschaft" ist also der beste Beweis für ihre Stärke.
Wenn es Schwierigkeiten größerer Art gibt, so liegen diese jetzt vornehmlich auf dem Gebiete des Verkehrswesens, denn die Transportausgaben, die an die Verkehrsmittel aller Art gestellt werden, sind nun einmal, bedingt durch die militärischen Operationen, riesengroß. Aber auch diese Dinge werden gemeistert werden, denn schließlich verfügt Deutschland nicht umsonst über das leistungsfähigste und bestabgestimmte Verkehrswesen in Europa. Eisenbahn, Schiffahrt und Kraftwagen werden unter Aufhebung aller die Leistungsfähigkeit beengenden Bestimmungen (Ladegrenzen usw.) zur Bewältigung der großen Transportausgaben und ohne Rücksicht auf irgendwelche Wettbewerbsfragen einheitlich eingesetzt werden.
In diesem Zusammenhang must auch noch einmal auf die deutsche Kriegsfinanzierung emgegangen werden. Sie ist vielleicht der größte Stärkebeweis der nationalsozialistischen Wirtschaft. Die Finanzierung auf dem dreifachen Wege über eine Erhöhung der Steuer, eine Senkung der Löhne und Gehälter, sowie eine Senkung der Preise, insbesondere für den staatlichen Heeresbedarf, ist etwas unerhört Neues. Diese Finanzierung bedeutet nämlich die Ausschaltung der sozialen Ungerechtigkeit, daß immer der wirtschaftlich Schwächste die größte Last zu tragen hat. Im Kriege können nun einmal nicht so viel Konsumwaren erzeugt werden wie im Frieden. Da bei gleichen Löhnen und ohne Erhöhung der Steuern (wenn man mit „Kriegsanleihen" finanziert) die Kaufkraft des Volkes im wesentlichen die gleiche bleibt, die Produktion von Konsumwaren zugunsten des Kriegsbedarfs aber eingeschränkt werden muß, so heißt das, daß mehr Geld und weniger Waren da sind, was unvermeidlich zu Jnflationserscheinungen führen muß. Die Waren werden teurer, so daß sie schließlich nur der Reiche noch kaufen kann. Gleichzeitig ist damit dem Kriegsgewinnler und Schiebertum Tür und Tor geöffnet. Alle diese Schäden vermeidet die deutsche Kriegsfinanzre- rung, im Gegensatz beispielsweise zu der englischen, die bereits katastrophale Jnflationserscheinungen Luiweist.