5. Seite Nr. 217

Nagolder TagblattDer Gesellschafter'

Samstag, den 16. September 1SS9

Arbeilszerivorschriflen neu geregett

Berlin, 15. Sept. Nach der vom Ministerrar für die Reichs­verteidigung erlassenen Verordnung für die Abänderung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete des Arbeitsrechts vom 1. September 1939 sind sämtliche Vorschriften der Arbeits­zeitgesetze über die Dauer der werktäglichen Arbeitszeit für männliche erwachsene Eefolgschaftsmitglieder außer Kraft ge­treten. In einer weiteren Anordnung vom 11. September d. I. hat der Reichsarbeitsminister nähere Bestimmungen über die Dauer der Arbeitszeit für Frauen und Jugendliche getroffen.

Jugendliche über 16 Jahre und Frauen dürfen nach die­ser Anordnung in dringenden Fällen täglich bis zu 16 Stunden, jedoch nicht über 56 Stunden in der Woche hinaus beschäftigt werden. Diese Ausnahme gilt indes nicht für Frauen während der letzten drei Monate der Schwangerschaft und während der Stillzeit. Sie gilt ferner nicht für gesundheitsgeführliche Ar­beiten, für die eine besondere Regelung der Arbeitszeit besteht.

Die Arbeitszeit der Jugendlichen unter 16 Jahren darf in dringenden Fällen einschließlich der Unterichtszeit in einer Berufsschule bis zu 10 Stunden täglich, außer der Unterrichts­zeit nicht über 48 Stunden in der Woche hinaus ausgedehnt werden.

Um den Frauen und Jugendlichen auch bei längerer Arbeits­zeit nach Möglichkeit einen früheren Vetriebsschluß zu sichern, läßt die Anordnung ferner eine Verkürzung der gesetzlichen Ruhepausen zu, wenn die Arbeit wiederholt durch Kurzpaussn unterbrochen wird, so daß ohnehin eine ausreichende Erholung der Eefolgschaftsmitglieder gewährleistet ist. Das Verbot, Ar­beiterinnen und Jugendliche in der Nachtzeit zu beschäftigen, wird grundsätzlich aufrechterhalten: eine allgemeine Ausnahme gilt jedoch für den Fall, daß Arbeiterinnen oder Jugendliche über 16 Jahre in Früh- und Spütschichten in regelmäßigem Wechsel tätig sind. Die Anordnung läßt schließlich noch Aunsahmen von den Vorschriften des Jugendschutzgesetzes über das freie Wochen­ende zu. Im Einzelfall können weitergehende Ausnahmen von den zuständigen Eewerbeaufsichtsämtern genehmigt werden.

Ein Unteroffizier und ein Gefreiter fangen 18<l Polen, ein Wachtmeister und zehn Mann erbeuten Kllv Gefangene und eine Regimentsfahne

DNB., 15. Sept. (PK.) Sonderbericht.) Unaufhaltsam

ist in den letzten Tagen der deutsche Vormarsch hinter dem wei­chenden Feind weitergegangen Wenn der Pole auch an einzel­nen Stellen einen verzweifelten Widerstand leistet, so muß er doch dem ungestümen Vorwärtsdrang der deutschen Truppen nachgeben und Stellung auf Stellung räumen Unvergleichlich sind die Leistungen der deutschen Führung und der deutschen Sol­daten. Einer späteren Zeit wird es erst Vorbehalten bleiben, diese Tatsachen in ihrer vollen Größe gebührend zu würdigen. Aber schon zeichnen sich jetzt die besonders hervorragenden Taten einzelnen Soldaten ab, die es verdienen, nicht im Rahmen der sich überstürzenden kriegerischen Ereignisse der Vergangenheit anheimzufallen, sondern einer späteren Generation als- Vorbild überliefert zu werden

Daß ein deutscher Unteroffizier gemeinsam mit einem Gefrei­ten eine ganze feindliche Kompagnie gefangen nimmt, ist in der Kriegsgeschichte wohl noch nicht allzu häufig vorgekommen. Unteroffizier Brehmer war bei dem raschen Vorwärtsdringen von seiner Kompagnie abgekommen und suchte zusammen mit einem Gefreiten wieder Anschluß au sie zu bekommen. Auf der Suche nach seinem Truppenteil über­schritt er die vorderste deutsche Linie und sah sich plötzlich mit seinem Begleiter von polnischer Uebermacht umzingelt. Da den beiden Deutschen kein Ausweg mehr zur Flucht blieb, mußten sie sich gefangen geben. Die Polen, denen nur in ganz vereinzel­ten Fällen einmal die Gefangennahme einiger deutscher Sol­daten gelingt, suchten hier an den beiden Gefangenen ihr Müt­chen zu kühlen. Sie fielen über sie her, : ahmen ihnen alle ihre Hadseligkeiten ab und rissen ihnen dann noch die Abzeichen her­unter. Rur ein Volksdeutscher, der gezwungen wurde, in der polnischen Armee Waffendienste zu leisten, benahm sich anständig gegenüber den Gefangenen und versuchte, ihr Los zu erleichtern, weshalb er ständig in ihrer Nähe blieb. Er konnte es aber nicht verhindern, daß die beiden Gefangenen mit Ketten anein­andergefesselt wurden. Unter der Bewachung der ganzen Kom­pagnie ging der Gefangenentransport rückwärts. In diesem Augenblick geriet der Transport in einen Feuerüberfall durch deutsche Artillerie. Das war das Zeichen zu einer allgeme.nen Flucht der Polen. Nach allen Seiten ausernanderlaufend, such­ten sich die polnischen Soldaten vor den Einschlägen ^er deut­sche» Granaten in Sicherheit zu bringen. Das totale Durchein­ander benutzten der Unteroffizier und der Gefreite, sich der Ge­fangenschaft zu entziehen. Der Volksdeutsche polnische Soldat be­freite beide von ihren Ketten, und nun drehten die Deutschen den Spieß um. Durch ihr energisches Auftreten gelang es ihnen, die Kompagnie wieder zu sammeln. Die Polen wurden zu Gefangenen derbeiden Deutschen er­klärt. Trotz ihrer gewaltigen Uebermacht wagten sie es nicht, sich zur Wehr zu setzen, sondern sie befolgten willig die Befehle ihrer einstigen Gefangenen. Alle Waffen, die Maschinengewehre, Gewehre, Pistolen und Handgranaten wurde» an die beiden deutschen Soldaten abgeliefert. Die gefangene Kompagnie mußte dann antreten und marschierte nun unter deutschem Kommando mit sämtlichen Fahrzeugen, Pferden, Waffen und Geräten der vordersten deutschen Linie zu. An der Spitze der lange» Ko­lonne ritt stolz Unteroffizier Brehmer, der sich auf ein Beute­pferd geschwungen hatte, während es dem Gefreiten und dein Volksdeutschen Kameraden aus der polnischen Armee gelang, den ganzen Transport zu sichern und ungefährdet in die deutsche Stellung zu bringen. Es gab ein großes Hallo, als der Unter­offizier wieder bei seiner Kompagnie, die ihn schon verloren gegeben hatte anrückte und dem Kompagnieführer die Polen in Stärke von 180 Mann mit der vollständigen Ausrüstung übergeben konnte.

Die vorstehend geschilderte Gefangennahme einer ganzen Kom­pagnie durch einen Unteroffizier und einen Gefreiten ist nicht ein Einzelfall. Aehnliche verwegene Taten wurden auch von anderen deutschen Kameraden vollbracht. So brachten vier Pioniere allein 200 Gefangene ein. Leider sind viele Einzeltaten der Öffentlichkeit nicht bekannt geworden, da diejenigen, die an ihnen teilhatten, ihre Gefangene» bei dem Sammelstellen ablieferten und nicht viel Worte von ihren Taten machten. Dieses Verhalten ist wieder einmal typisch für den deutschen Soldaten, der treu und zuverlässig feine. Pflicht erfüllt, ohne viel darüber zu reden.

Rnr ei» Zufall führte zum Beispiel dazu, daß die Erbeu- tungder ersten polnischen Reg i m c u t s'f ahne durch einen deutschen Wachtmeister nicht in Vergessenheit geriet. Wachtmeister Zinke von einer Nachrichtenabteilung war es, der die erste feindliche Fahne erbeutete und mit nur wenigen Mann Begleitung gegen 600 Polen gefangen nahm. So recht der Typ des guten deutschen Unterführers istr dieser Wachtmeister.

Neue Verdrehungen Churchills

Klägliche Versuche, dasAthenia"-Berbrechen umzudrehen

Berlin, l5. Sept. Das Deutsche Reich führt den ihm auf­gezwungenen Krieg in vollem Einklang mit allen völkerrechtlich anerkannten Grundsätzen mit jener Korrektheit, die zu allen Zei­ten für die deutsche Kreigfiihrung eine Selbstverständlichkeit war. Nichts geht dem Urheber des britischen Lügenfeldzuges gegen Deutschland rpehr wider den Strich als die Tatsache, daß die neutralen Staaten von der beispielhaften Korrektheit der deut­schen Kriegführung in zunehmendem Maße beeindruckt werden. Daher werden immer neue Lügen erfunden, um, wenn schon die überwältigenden deutschen militärischen Erfolge nicht geleugnet werden können, den Deutschen auf anderem Wege etwas am Zeug zu flicken.

Noch ist kaum eine Woche vergangen, daß die im Zusammen­hang mit der Versenkung derAthenia" gestartete Greuel­propaganda die tollsten Blüten getrieben hat. Wenige Tage erst ist es her, daß die Urheber dieser Kampagne eine vernichtende Abfuhr erlebten. Verschiedene in der Zwischenzeit unternommene andere Versuche, die öffentliche Meinung der neutralen Länder durch weitere Lügen im Sinne der Westmächte zu beeinflussen, sind fehlgeschlagen, zumal es an neuen Argumenten durchaus fehlte.

Also wird nun begonnen, trotz des oder vielleicht gerade wegen des soeben erlebten Fiaskos, denAthenia"-Fall von neuem und verstellt wieder aufzugreifen. Die Her­ren an der Themse haben es offenbar nicht verwinden können, daß die so ungeschickt inszenierte, beabsichtigte Wiederholung des Lusitania"-Falles nicht nur fchlgeschlagcn ist, sondern sich gegen die Urheber selbst auszuwirken begann.

Herrn Churchill läßt dis erste Blamage keine Ruhe. Er will die Scharte auswetzen und blamiert sich doppelt und drei­fach. Es wird eine Meldung in die Welt gesetzt, wonach angeb­lich Großadmiral Raeder darauf hingewiesen hätte, daß die letzte deutsche Hoffnung zur Brechung der englischen Blockade im un - beschränkten U-Boot-Krieg bestünde. Die Nachricht wird ausgerechnet zu einer Zeit lanciert, da es sich nicht mehr verheimlichen läßt, wie sehr den Engländern die Tätigkeit der deutschen U-Boote auf die Nerven zu fallen beginnt. Ueber den Ursprung der Meldung, die von Havas aus London datiert ist, kann kaum ein Zweifel bestehen. Es ist wiederum Lferr Chur­

chill, der hier lügt. Er lügt, obwohl er weiß, daß der Führer den strikten Befehl erließ, sich im U-Boot-Krieg genauestens an die Bestimmungen der Prisenordnung zu halten, und obwohl er weiß, daß dieser Befehl des Führers im deutschen Volk vom letzten Mann ausgeführt wird. Es braucht nicht betont zu wer­den, daß die angebliche Erklärung Großadmiral Raeders von Ä bis Z frei erfunden ist. Die Londoner Lügenfabrikanten nahmen sich nicht einmal die Mühe, besonders originell zu sein. Sie drehen die Worte des Führers einfach um. In der Meldung heißt es nämlich weiter, man könne dem Ka­pitän des U-Bootes, das angeblich dieAthenia" torpediert habe, höchstens vorwerfen, daß er den Befehl des Führers, Schiffe ohne Warnung zu versenken, zu genau befolgt hätte. Geistloser kann nicht gelogen werden'

Doch nicht genug damit. Es wird eine zweite Meldung fabri­ziert, die nun Havas aus Neuyork datiert, in der davon die Rede ist, daß der Kapitän eines deutschen U-Bootes, das ein amerikanisches Schiff vor der englischen Küste angehalten hätte, erklärt habe, man werde nunmehr das Feuer auf alle ameri­kanischen Schiffe, die das Anhalten verweigern, eröffnen. Auch an dieser Meldung ist natürlich erst recht kein wahres Wort.

Herr Churchill irrt, wenn er glaubt, auf diese Art von den Fragen ablenken zu können, die ihm die deutsche Öesfentlichkeit seit Tagen stellt und auf die zu antworten er bis heute wohl­weislich unterlassen hat.

DerAthenia"-Fall ist für uns noch in keiner Weise ab­geschlossen. Man ist zur Zeit dabei, auch deutscherseits Verneh­mungen vorzunehme». Soweit diese bisher schon durchgeführt wurden, stellte sich immer mehr heraus, daß dieAthenia" über­haupt nicht durch ein U-Boot torpediert wurde, sondern daß das Schiff durch einen Sabotageakt zum Sinken kam. Eine bisher gemachte Aussage ist in diesem Zusammenhang besonders wich- rig, nämlich, daß bereits vor Abgang des Schiffes von England über die Möglichkeit einer Sabotage auf diesem Schiff gesprochen wurde. Alle Indizien deuten also daraus hin, daß die Versenkung derAthenia" bewußt inszeniert wurde, um hieraus gegen Deutschland Kapital zu schlagen.

Schlicht und bescheiden steht er vor uns und erzählt ohne jede Ruhmredigkeit mit einfachen Worten, wie ihm die erste polnische Fahne in die Hände fiel: Eine Nachrichtenabteilung ist in Marsch auf der Straße OstrowieceSieno und erhält plötzlich aus einem Waldstück Feuer, das sofort von den Deutschen erwidecr wird Ein polnischer Oberstleutnant tritt aus dem Wald heraus und gibt sich gefangen, wobei er die Bemerkung macht, daß noch einige seiner Leute in dem Waldstück verborgen seien. Der Wachtmeister erhält den Befehl, mit zehn Mann den Wald zu säubern. Beim Eintritt in den Wald erhalten die Deut'chen Feuer. Sie sehen einzelne polnische Soldaten hinter den nächsten Bäumen verschwinden und nehmen ihre Verfolgung immer wei­ter in den Wald hinein auf. Schließlich werfen die Polen vie Waffen von sich und kommen mit erhobenen Händen den Deut­schen entgegen. Zwei Mann bleiben zur Bewachung der Ge­fangenen zurück, während der Wachtmeister mit den restlichen .acht Mann weiter in den Wald hineingeht. Heftiges Feuer 'zchlägt ihnen wieder von drei Seiten entgegen. Doch die Deut­schen lassen sich nicht entmutigen und nehmen das Feuergesccht so ' energisch auf, daß der Gegner plötzlich die Gegenwehr aufgibt und ! sich gefangen nehmen läßt. Rasch werden die Polen entwaffnet und dann nach rückwärts geschickt. Ehe nicht die Waldparzelle . restlos gesäubert ist, will der Wachtmeister nicht zu seinem ! Kommando zurllckkchren. Dieser Entschluß sollte ihm noch eine i große Ueberraschung bringen. Beim weiteren Vorgehen stoßen ! die Deutschen auf eine neue polnische Abteilung mit einer Ne>he > von Fahrzeugen. Zwei Maschinengewehre stehen noch feuer­bereit. Ein Panzergeschiitz und zahle: ches anderes militärisches s Material fällt hier den Deutschen in die Hände. Ein polnischer i Offizier, der wohl den militärischen Zusammenbruch seines Va- s terlandes nicht überl-c'-n könn-u macht seinem Leben >

durch Erschießen ein Ende, ehe die Deutschen ihn für gefangen ! erklären konnten Bei der Sichtung der ungeheuren Beute fand man dann die Regimentsfahne des polnischen Infanterie-Regi­ments 54. Insgesamt fielen an dieser Stelle etwa 500 polnische Soldaten in die Hände der deutschen Truppen. Auf dem Trans­port zur Sammclstelle kamen noch weitere etwa 100 Mann dazu, so daß der Wachtmeister mit seinen zehn Mann 600 Gefangene einbringen konnte.

Kurze Auslandsmeldrmgan

Dis neue Regierung Daladier

Ministerpräsident Daladier hat sich veranlaßt gesehen, sei« Ministerium xmzubilden bezw. zu ergänzen. Eine Anzahl von bisherigen Ministern hatte den Wunsch geäußert, sich unter de« veränderten Verhältnissen speziellen Aufgaben in bestimmte« Verwaltungen zu widmen. Der Versuch des Ministerpräsidenten, bei dieser Gelegenheit ein Konzentrationskabinett aller Parteien von rechts bis links unter Ausschaltung alleinig der Kommunisten zu bilden, mißlang. Die Sozialdemokra­tische Partei Leon Blums z. B. weigerte sich, das Handels- und Unterrichtsministerium zu übernehmen, verlangte vielmehr für die Regierungsbeteiligung stärkere Positionen. In dem neuen Kabinett hat Daladier selbst zu den Ministerien für Krieg und Landesverteidigung auch noch das Außenministe­rium übernommen. Der bisherige Außenminister Von­net wird Justizminister, sein Amtsvorgänger Delbos Erziehungs­minister. Der bisherige französische Botschafter in Berlin, Eou- londre, ist zum diplomatischen Kabinettsdirektor des Minister­präsidenten ernannt worden.

Chamberlain und die Tscheche«

Lhamberlain wurde im Unterhaus gefragt, ob die englische Regierung in ihre Kriegsziele auch dieBefreiung" der Tschechen ! ausgenommen habe. Chamberlain antwortete darauf mit dem Satz:Wir sehen dem Siege der Prinzipien, um derentwillen wir zu den Waffen gegriffen haben, und der Befreiung des rschechischen Volkes entgegen." Es ist nicht anzunehmen, daß die tschechischen Emigranten in England an dieser orakelhaften For­mulierung besonders große Freude gehabt haben.

Der Abmarsch aus London

Zu den Dienststellen, die die britische Hauptstadt aus Furcht vor Luftangriffen verlassen haben, gehören auch die Fakultäten der Universität in London. Bei Semesterbeginn werden die l Studenten teils auf der südwestlich gelegenen Halbinsel Corn- ! wall, teils in Edinburgh ihre Studien fortsetzen. Auch die Lon- ^ doner Theater sind zu einem Teil in die Provinz gezogen, zum , größeren Teil sind sie völlig stillgelegt worden, ebenso wie die ^ Kinos, die noch restlos geschloffen sind. :

General Weygand auf Reisen

Der französische General Weygand, der sich auf einer Reise in Syrien befindet, und mit Aufträgen militärischer Art nach Polen entsandt werden sollte, ist nunmehr unverrichteter Dinge von Ankara wieder nach Beirut zurückgekehrt. Für strategische Ratschläge an die polnische Heeresleitung wäre er auch stch«- lich zu spät gekommen. ^

Die Neutralen

Der ungarische Ministerpräsident Graf Teleki stellte bei einer Konefrenz der Regierungspartei mit Genugtuung fest, daß die ungarische Nation Ruhe und Ernst an den Tag lege. Die Politik Ungarns sei die Politik der ruhigen Beobachtung und festen Zu­versicht. Immerhin habe die ungarische Regierung gewisse Vor­sichtsmaßnahmen getroffen, wie sie auch andere vom europäische» Konflikt sich fernhaltende Länder durchgefühtt hätten.

Das Kommando der schweizerischen Erenztruppen hat auf dem Bodensee und Rhein den Verkehr von Ruder-, Pad­del-, Motor- und Segelbooten verboten. Nur Schiffer mit be­sonderer Konzession können dem Fischfang obliegen. Däne­mark hat drei Reservejahrgänge des Heeres, nachdem sie eine zehntägige Uebung durchgeführt hatten, wieder entlassen. Bei der Marine jedoch soll eine entsprechende Ueurlaubung erfolge».

Die türkische Negierung hat die Zeitungen angewiesen,'sich einer maßvollen Sprache zu befleißigen und fremde Staates und Regierungen weder feindseilg zu behandeln noch z» be­schimpfen.

Finnland und die Olympischen Spiele

Der finnische Staatsrat hat die Weiterführung eingeschränkter Voraubeiten für die Olnmpischen Spiele in Helsinki 1940 ge­nehmigt. Die Stadtverordneten von Helsinki haben gleichzeitig beschlossen, die sportlichen Daueranlagen weiterzubauen. Das Finnische Olympische Komitee teilt mit, daß die Vorarbeiten für die Olympischen Spiele ihren weiteren Verlauf nehme«.

Breft-MonHr

Der deutsche Vorstoß im Norde« ist bereits bis vor die Mauer« von Brest-Litowsk wor- getragen worden.

Brest-Litowsk war für Polen, besonders in verkehrspoli­tischer Hinsicht, von großer Bedeutung. Nicht weniger als sechs Eisenbahnstrecken münden in die Stadt ein. Es.sind die Bahnen in nordöstlicher Richtung nach Minsk, in nörd­licher Richtung nach Bialystok, rn westlicher Richtung nach Warschau, in südlicher nach Chelm, in südöstlicher nach Kowel. Außerdem besteht eine Bahnverbindung nach Gomel-Brjansk. Von besonderer Bedeutung ist der Brest- Litoskische Kanal, der den Dnjepr mit dem Bug verbindet. Die 80 Kilometer lange Kunftwasserstratze, die neuerdings erst bis auf 2.30 Meter vertieft wurde, entstand bereits im 18. Jahrhundert. Jedenfalls wurde damals mit den Bauarbeiten begonnen, die sich dann bis 1841 hinzogen. Der Kanal dient heute hauptsächlich der Beförderung von Holzflößen nach der Weichsel. Als großer Schifftchrtsweg kommt er jedoch nicht in Frage.

Die Einwohnerzahl von Brest-Litowsk schwankt zwischen 50 000 und 60000. Der Prozentsatz der jüdischen Einwoh­ner ist in dieser Stadt besonders groß. Mehr als 50 Pro­zent Juden, in deren Hand auch der Handel liegt, wurden bei der letzten Volkszählung festgestellt. Auch Brest-Litowfk ist wie Lemberg und Krakau einmal Residenzstadt gewesen. Nach der Vereinigung Litauens mit Polen im 16. Jahr­hundert diente die Stadt den Fürsten Radziwill als Re­gierungshauptstadt. Im Jahre 1795 kam Brest-Litowfk zu Rußland, nachdem Suwurow, der später Warschau ein­nahm, die Polen dort in einer Schlacht besiegt hatte.

Im Weltkrieg wurde die Stadt am Bug am 26. August 1915 von deutschen Truppen unter Ltnfingen genommen. Brest-Litowsk, das später als Hauptquartier des Ober­kommandos Ost diente, ist in der Weltöffentlichkeit vor allem durch die dort am 28. November 1917 aufgenomme­nen deutsch-russischen Fritzdensverhandlungen bekannt ge­worden.

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