S. Seite Nr. 208

Nagolder TagblattDer Gesellschafter'

Mittwoch, den K. September 1938

Sm Dienst dev Verteidigung

Wortlaut der Kriegswirtschaftsverordnung

Berlin, 5. Scpt. Die Kriegswirtschaftsoerordnung hat folgen­den Wortlaut:

Abschnitt l: Kriegsschädliches Berhalten

8 1. (1) Wer Rohstoffe oder Erzeugnisse, die zum lebenswich­tigen Bedarf der Bevölkerung gehören, vernichtet, beiseite schafft »der zurückhält und dadurch böswillig die Deckung dieses Be­darfes gefährdet, wird mit Zuchthaus oder Gefängnis bestraft. In besonders schweren Fällen kann auf Todesstrafe erkannt werden. (2) Wer Geldzeichen ohne gerechtfertigten Grund zu- riickhält, wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft.

Abschnitt H: Kriegssteusrn

Unterabschnitt l: Kriegszuschlag zur Einkommensteuer

8 2. KreisderSteuerpflichtigen. (1) Das Reich er­hebt einen Kriegszuschlag zur Einkommensteuer. (2) Unbe­schränkt Einkommensteuerpflichtige, deren Einkommen 2400 RM. nicht übersteigt, sind von dem Kriegszuschlag zur Einkommen­steuer befreit.

8 3. Höhe des Kriegszuschlages zur Einkom­mensteuer. (1) Der Kriegszuschlag zur Einkommensteuer be­trägt 50 vom Hundert der Einkommensteuer für den Erhebungs­zeitraum (siehe 8 ^)- (2) Der Kriegszuschlag zur Einkommen­steuer darf nicht mehr als 15 v.H. des Einkommens betragen, die Einkommensteuer und der Kriegszuschlag zur Einkommen­steuer dürfen zusammen nicht mehr als 65 v. H. des Einkommens betragen.

8 4. Erhebungszeitraum. (1) Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr. (2) Der erste Erhebungszeitraum beginnt mit dem Tage des Inkrafttretens der Verordnung und endet mit Ablauf des Kalenderjahres 1939.

8 5. Erhebung. Der Kriegszuschlag zur Einkommensteuer wird bei der Veranlagung zur Einkommensteuer festgesetzt, so­weit er nicht nach Anordnung des Reichsministers der Finanzen durch Steuerabzug Kr erheben ist.

Unterabschnitt ll

Kriegszuschlag auf Bier und Tabakwaren

8 6. Der Verbrauch von Vier und Tabakwaren, die km Deut­schen Reich erzeugt oder in das Deutsche Reich eingeführt sind, unterliegt einer Kriegssteuer.

8 7- Die Steuer beträgt 20 vom Hundert des Preises, den der Verbraucher aufzuwenden hat.

8 8. Die Hersteller, Einfiihrer und Händler von Bier und Tabakwaren (8 6) haften für die Steuer. Sie unterliegen der Steueraufsicht.

8 9. Die 88 68 treten am 11. September 1939 in Kraft. Der Reichsminister der Finanzen kann bestimmen, daß Vor­schriften zur Durchführung der Steuer und zur Sicherung des Steueraufkommens vor diesem Zeitpunkt in Kraft treten.

8 10. Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt, über Befreiungen, Ermäßigungen und Vergütungen Bestimmungen zu treffen.

Unterabschnitt HI

Kriegszuschlag auf Branntweinerzeugnisse

8 11. Die Hektolitereinnahme nach 8 64 des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 8. April 1922 (Reichsgesetzblatt 1, Seite 405) wird von 275 RM. auf 375 NM. für das Hektoliter Weingeist erhöht.

8 17. Sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechtes, die zur Erhebung von Steuern, Umlagen oder Beiträgen berechtigt sind, und andere zur Erhebung von Pflichtbeiträgen berechtigte Or­ganisationen leisten einen Kriegsbeitrag nach Maßgabe näherer Bestimmungen. Diese Körperschaften und Organisationen dürfen die von ihnen erhobenen Steuern-, Umlage- oder Beitragssätze nicht erhöhen.

Abschnitt III: Kriegslöhne

8 18. (1) Die Reichstreuhänder und Sondertreuhänder der Arbeit passen nach näherer Weisung des Reichsarbeitsministers die Arbeitsverdienste sofort den durch den Krieg bedingten Ver­hältnissen an und setzen durch Tarifordnung Löhne, Gehälter und sonstige Arbeitsbedingungen mit bindender Wirkung nach oben fest. (2) Werden Betriebe oder Verwaltungen neu errichtet oder umgestellt oder üben Arbeiter und Angestellte nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung eine andere Tätigkeit aus als zuvor, so gelten die Lohn- und Gehaltssätze, die für gleichartige Betriebe oder Verwaltungen Geltung haben oder die für die neue Tätigkeit maßgebend sind. Besteht Zweifel darüber, welche Lohn- und Gehaltssätze in Frage kommen, so trifft der Reichs­treuhänder oder Sondertreuhänder der Arbeit hierüber Be­stimmungen. (3) Zuschläge für Mehrarbeit, Sonntags- Feier­tags- und Nachtarbeit sind nichtmehr zu zahlen. (4) Die Ab­sätze 13 gelten entsprechend für die Entgelte und sonstigen Ar­beitsbedingungen der Heimarbeit.

8 19. Vorschriften und Vereinbarungen über den Urlaub treten vorläufig außer Kraft. Die näheren Bestimmungen über das Wiederinkrafttreten erläßt der Reichsarbeitsminister.

8 20. Der Reichsarbeitsminister kann von den bestehenden Vorschriften abweichende Bestimmungen über Erlaß und Inhalt von Tarifordnungen und die regelmäßige Arbeitszeit treffen sowie Ausnahmen von bestehenden Arbeitsschutzvorschristen zu­lassen. Für öffentliche Verwaltungen und Betriebe erläßt der Reichsarbeitsminister diese Bestimmungen im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern.

8 21. (1) Wer Löhne oder Gehälter entgegen den Vorschriften der 881820 dieser Verordnung verspricht oder gewährt, oder sich versprechen oder gewähren läßt, wird vom Reichstreuhänder oder Sondertreuhänder der Arbeit mit einer Ordnungsstrafe in Geld in unbegrenzter Höhe für jeden Fall der Zuwiderhandlung belegt. Die gleiche Strafe trifft denjenigen, der günstigere son­stige Arbeitsbedingungen fordert oder gewährt, als sie nach den Vorschriften dieser Verordnung zulässig sind. Gegen den Ordnungsstrafbescheid ist die Beschwerde an den Reichsarbeits­minister zulässig. (2) In schweren Fällen ist die Strafe Gefäng­nis oder Zuchthaus. Die Strafverfolgung tritt auf Antrag des Reichstreuhänders oder Sondertreuhänders der Arbeit ein. Der Antrag kann zurllckgenommen werden.

Abschnitt IV: Kriegspreise

8 22. Preise und Entgelte für Güter und Leistungen jeder Art müssen nach den Grundsätzen der kriegsverpflichtenden Volkswirtschaft gebildet werden.

8 23. (1) Preise und Entgelte für Güter und Leistungen jeder Art sind zu senken, soweit auf Grund des Abschnittes III dieser Verordnung bei Güter und Leistungen Ersparnisse an Lohnko­sten eintreten. (2) Preisen und Entgelten für Güter und Leistun­gen jeder Art dürfen künftig höchstens die nach Abschnitt III dieser Verordnung zulässigen Löhne und Gehälter zugrundege­legt werden. (3) Soziale Aufwendungen an die Gefolgschaft, die

nicht in Gesetzen, Verordnungen oder Tarifordnungen zwin­gend vorgeschrieben sind, dürfen der Berechnung der Preise und Entgelte nur zugrundegelegt werden, soweit sie die betriebs- oder brancheüblichen sind und dem Grundsatz sparsamer Wirt­schaftsführung nicht widersprechen. (4) Es ist verboten, höhere Preise und Entgelte als die nach Abs. 13 zulässigen zu fordern oder zu gewähren.

8 24. Güter und Leistungen jeder Art sollen nicht durch Werk­oder Hilfsstoffe, Frachtkosten oder sonstige Kosten verteuert wer­den, deren Verwendung oder Aufwendung nur durch eine be­sondere Beanspruchung eines Wirtschaftszweiges verursacht, aber nach Art, Menge und Bezugsort mit dem Grundsatz spar­samer Wirtschaftsführung nicht zu vereinbaren ist.

8 25. (1) Sind gebundene Preise durch Selbstkosten von Be­trieben bestimmt, die nur infolge der Bindung der Preise im Sinne des 8 1 der Verordnungen über Preisbindungen und ge­gen Verteuerung der Bedarfsdeckung vom 12. November 1934 in der Fassung vom 11. Dezember 1934 (Reichsgesetzblatt 1, Seite 1110, 1248,' Reichsanzeiger Nr. 266/291) oder einer besonderen Beanspruchung ihres Wirtschaftszweiges im Betrieb erhalten oder wieder in Betrieb genommen worden sind, so müssen die Preise gesenkt werden. (2) Ferner sind Preise zu senken, die darauf beruhen, daß Betriebe auf Grund ihrer rechtlichen Stel­lung oder der tatsächlichen Verhältnisse oder wegen ihrer wirt­schaftlichen Bedeutung ohne ausreichenden Wettbewerb sind.

(3) Die nach dieser Verordnung durchzuführende Senkung ge­bundener Preise erfolgt für sämtliche Mitglieder eines Zusam­menschlusses in gleicher Höhe und vom gleichen Zeitpunkt ab.

(4) Die Preissenkung nach Absatz 13 bedarf der vorherigen Zustimmung der Reichskommissars für die Preisbildung.

8 26. Preise und Entgelte für Güter und Leistungen jeder Art sind um den Betrag zu senken, den der Veräußerer oder der Leistungspflichtige bei den einzelnen Gütern und Leistungen dadurch erspart, daß er selbst Güter und Leistungen auf Grund dieser Verordnung zu einem niedrigeren Preise oder Entgelt erhält, als er zuletzt vor Verkündung dieser Verordnung ausge­wendet hat.

8 27. Die Bestimmungen der Verordnung über das Verbot von Preiserhöhungen vom 26. November 1936 (Reichsgesetzblatt I, Seite 955) und die sonstigen bisher erlassenen Preisvorschrif­ten bleiben im übrigen unberührt.

8 28. Der Reichskommissar für die Preisbildung und die von ihm beauftragten Stellen können Ausnahmen von den Vorschrif­ten dieses Abschnittes zulassen oder anordnen.

Abschnitt V: Schlußbestinnnungen

§ 29. (1) Nach den Richtlinien des Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft und des Generalbevollmächtigten für die Reichsverwaltung können die zuständigen Reichsminister und der Reichskommissar für die Preisbildung, gegebenenfalls im ge­genseitigen Einvernehmen, zur Durchführung und Ergänzung dieser Verordnung Rechtsverordnungen und allgemeine Verwal­tungsvorschriften erlassen. (2) Sie können Befugnisse, die ihnen nach dieser Verordnung zustehen, auf andere Stellen übertragen.

8 30. Die Verordnung tritt am Tage der Verkündigung in Kraft.

Berlin, den 1. September 1939.

Die Verordnung ist unterzeichnet vom Vorsitzenden des Mi­nisterrates für die Reichsverteidigung, Eeneralfcldmarschall Eöring, vom Stellvertreter des Führers, R. Heß, vom Ge­neralbevollmächtigten für die Reichsverwaltung, Frick, vom Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft, Walter Funk, vom Reichsminister und Chef der Reichskanzlei, Dr. Lammers, und vom Chef des Oberkommandos der .Wehrmacht, General­oberst Keitel.

Der Führer bei seinen Truppen

Weichselübergang bei Kulm im Angesicht des Führers

Unterabschnitt IV: Kriegszuschlag auf Schaumwein

Z 12. (1) Der Verbrauch von Schaumwein (einschl. der schaum­weinähnlichen Getränke), der im Deutschen Reich erzeugt oder in das Deutsche Reich eingeführt ist, unterliegt einer Kriegs­steuer. (2) Die Steuer beträgt: 1. für Schaumwein und für schaumweinähnliche Getränke mit Ausnahme solcher aus Frucht­wein ohne Zusatz von Traubenwein: 1 RM. für die ganze Fla­sche, 2. im übrigen 50 Rpfg. für die ganze Flasche. (3) Die Vorschriften der 88 810 gelten entsprechend auch für den Kriegszuschlag aus Schaumwein

Unterabschnitt V: Kriegsbeitrag der Länder, Gemeinden

und sonstiger Körperschaften des öffentlichen Rechtes

§ 13. Die Länder, einschl. der Hansestadt Hamburg, leisten eine« Kriegsbeitrag an das Reich in Höhe von 15 v. H. ihrer Anteile einschl. der Ergänzungsanteile am Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftssteuer und der Umsatzsteuer, gekürzt um die Beiträge, um die die Anteile eines Landes an den Rerchssteuerüberweisungen nach 8 9 des dritten Gesetzes zur Aeberleitung der Rechtspflege auf das Reich vom 24. Januar 1935 (Reichsgesetzblatt I Seite 68) und 8 9 des Gesetzes über Finanzmaßnahmen auf dem Gebiet der Polizei vom 19. Februar 1937 (Reichsgesetzblatt I Seite 325) gekürzt werden,

8 14. (1) Die Gemeinden leisten einen Kriegsbeitrag an das Reich in Höhe von monatlich 2ch v.H. der Steuermeßbeträge der Grundsteuer von den land- und forstwirtschaftlichen Betrie­ben, 5 v.H. der Steuermeßbeträge de, Grundsteuer von den Grundstücken, 7,5 v. H. der Steuermetzbeträge der Gewerbesteuer nach Ertrag und Kapital, 10 v.H. der Steuermeßbeträge der Vürgersteuer. (2) Die Länder führen den Kriegsbeitrag für die Gesamtheit ihrer Gemeinden an das Reich ab. Sie ziehen den Kriegsbeitrag von den Stadt- und Landkreisen als besondere Lande Umlage ein. Die Landkreise ziehen ihn von den kreisange­hörigen Gemeinden als besondere Kreisumlage ein. Die beson­dere Landesumlage setzt die Landesregierung, die besondere Kreisumlage der Landrat fest. Bei der Bemessung der Umlage kann von dem in Absatz 1 für die Unterverteilung des Kriegs­beitrages auf die einzelnen Vemessungsgrundlagen bestimmten Verhältnis abgewichen werden. Die Festsetzung ist nicht an Formvorschriften gebunden und bedarf keiner Genehmigung. (3) Die Gemeinden dürfey die für das Rechnungsjahr 1939 fest­gesetzten Hebesätze für die Realsteuern und für die Bürgersteuer nicht erhöhen. (4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß für die Hansestadt Hamburg, das Land Bremen und das Saarland.

8 15. (1) Der Reichsminister der Finanzen setzt die Höhe des Betrages, der von jedem Land zu leisten ist, und im Einverneh­men mit dem Reichsminister des Innern die Höhe der Beträge, die von der Gesamtheit der Gemeinden eines jeden Landes auf- ^ubringen sind, fest. (2) Der Kriegsbeitrag ist zum 18. eines jeden Monats bei der Reichshauptkasse in Berlin einzuzahlen, erstmals für den Monat September 1939 zum 18. Oktober 1939.

8 16. Die Vorschriften der 88 1113 gelten nicht für die Reichsgaue und ihre Gemeinden. Für sie bleibt eine besondere Regelung Vorbehalten.

Führer-Hauptquartier, 5. Sept. (Von unserem im Führer- Hauptquartier befindlichen WV.-Sonderbsrichterstatter.) Der Führer, der am Sonntag abend von Berlin aus an die Ostfront abgereist ist, begab sich am Montag vormittag zu seinen Truppen, die im Korridorgebict den Durchbruch durch die polnische Front vollendeten und starke polnische Truppenteile vollkommen ein­gekreist haben. Der Führer traf nach mehrstündiger Fahrt ent­lang den marschierenden Truppen kurz nach Mittag an der Weichsel südlich von Culm ein, wo soeben deutsche Truppen den Ucbergang über den Fluß erzwungen hatten. Der Führer wurde bei seiner Fahrt an die vorderste Front von den Soldaten des nationalsozialistischen Deutschlands überall auf das stür­mischste begrüßt. Besonderen Jubel löste sein Eintreffen bei de« Truppen der ersten Linie aus, die den Weichselübergang im Angesicht des Führers durchführten, bis auf die gegenüber­liegenden Lulmer Höhen vorstießen und damit sich die beherr- schckiden Positionen für den weiteren Vormarsch sicherten.

Aber nicht nur die Truppe, die sich in einer ganz hervorragen- j den Stimmung befindet und in diesen ersten Tagen Einzigartige« geleistet hat, überschüttete den Führer mit brausendem Jubel auch die gesamte Bevölkerung des west preußi­schen Landes drängt sich auf allen Straßen und in allen Dörfern, die der Führer passierte, zusammen, um ihm für ihre endliche Befreiung aus zwanzigjähriger Knechtschaft und Ver­elendung aus übervollem Herzen zu danken.

Jedes Haus dieses deutschen Landes, in dem noch bis vor wenigen Tagen und Stunden der Pole hauste, prangt im Schmuck der Hakenkreuzfahnen. Die meisten Fahnen sind primitiv zu­sammengenäht. Sträuße von Astern und Dahlien werden dem Führer gereicht. Frauen und Kinder danken ihm mit Tränen in den Augen insbesondere dafür, daß es ihm und der von ihm neu geschaffenen deutschen Wehrmacht gelang, die Polen so rasch und so nachdrücklich aus diesem Lande zu verjagen, daß sie keine Zeit mehr hatten, die vorgesehenen furchtbaren Zerstörungen durch« zufiihren. Es gelang ihnen nicht mehr, die deutschen Bauernhöfe und Bauerndörfer, die deutschen Städte zu sprengen und ein­zuäschern. Nur einige Eisenbahn- und Flußbrücken sind von ihnen gründlich gesprengt worden, aber schon sind unsere Pioniere da­bei, Notbrücken aufzurichten. Wir selbst passieren mehrfach be­reits sertiggestellte Notbrücken.

Diese polnischen Sprengungen haben den deutschen Vormarsch nicht aufhalten können, der mit einer geradezu un­glaublichen Wucht vorwärtsgetragen wurde. Die polnische Armee­führung wurde hier völlig überrascht. Man steht weiß-rot gestri­chene Schilderhäuser, die die höheren polnischen Kommandostäbe kennzeichneten, umgestürzt im Straßengraben. Die polnischen Kommandotafeln hängen zum Teil noch an den Häusern, die von den Polen zur Unterbringung ihrer Stäbe beschlaanahmt worden waren. Wir hären den ganzen Tag über nicht ein einziges Wort polnisch. Urdeutsch ist dieses Land, urdeutsch sind seine Bewohner, die dank dem schnellen Vormarsch der deutschen Truppen von den Polen nicht weggeschleppt werden konnte« . ^>ie Mlen batten nicht etzunal mehr Zeit, da« Vieh

wegzutreiben oder abzuschlachten, und so sehen wir ein Bild tie­fen Friedens, ein überraschendes Bild angesichts der Tatsache, daß wir nur wenige Kilometer von der vordersten Frontlinie entfernt sind: In den Dorfstraßen gackern die Hühner, schnattern die Enten, quieken die Schweine, auf den Wiesen stehen die Kühe und grasen in aller Ruhe. So ist der Bevölkerung ihr Besitz dank dem entschlossenen Vorgehen des Führers und seiner Truppen erhalten geblieben.

Ein besonderes Zeichen der Zähigkeit und Bodenverbundenheit dieses deutschen Volkes der westpreußischen Erde ist die Tatsache, daß überall auf den Feldern, kaum daß der letzte pol­nische Soldat vertrieben war, die Bauern schon wieder hinter dem Pflug hergehen und im Schutze der Wehrmacht des Groß- deutschen Reiches ihren nunmehr wieder deutschen Boden zu neuer Saat und neuer Ernte umbrechen.

Der Führer besichtigte im Laufe des Tages auch die Frontlinie der Truppen, die nördlich unserer Fahrtroute den eiserne» Ring um die völlig eingekreisten polnischen Divisionen immer enger schnürt. Schwarz und hoch stehen die Rauchfahnen über dem weiten Waldgebiet, aus dem die Polen geflohen sind. Jede Füh­rung hat bei ihnen aufgehört. Auf eigene Faust versuche« immer wieder kleine Gruppen, sich nach Südosten durchzuschlagen. Sie wissen noch nicht, daß sie restlos eingeschlosseu sind. Sie können es sich nicht vorstellen, daß die deutschen Regimenter bereits jen­seits der Weichsel stehen.

Hier treffen wir lange Züge von Gefangenen, die einen er­barmungswürdigen Eindruck mache». Sie sind völlig demorali­siert. Die Uniformen hängen ihnen zum Teil wie Lumpen am Körper. Seit drei Tagen haben die polnischen Soldaten nichts mehr zu essen bekommen. Ihre erste Bitte geht nach einem Schluck heißen Kaffee und nach einem Stück Brot. Sie haben jedes Ver­trauen auf ihre Führung verloren und berichten, daß bei den ein­geschlossenen Truppenverbünden ein unvorstellbares Durchein­ander herrscht. Jede zusammenfassende Vefehlsgewalt hat dort bereits aufgehört. Noch ist die Zahl der polnischen Gefangenen nicht zu übersehen. Sie wird sich in den nächsten Tagen verviel­fachen. Wird hier ein zweites Tannenberg ge­schlagen? Wir werden es bald wissen. Wir passieren in kaum 400 Meter Entfernung eine abgeschnittene polnische Kompagnie, die so überrascht ist, daß sie auch nicht einen einzigen Schuß abzugeben wagt.

Deutsche Bomber ziehen über uns nach Osten. Meldefahrer, über und über mit Staub bedeckt, überholen in rasendem Tempo ostwärts marschierende Kolonnen, die gleichfalls alle von einer dichten Staubschicht bedeckt sind. Der Staub auf den polni­schen Straßen ist ein großes Uebel für unsere Soldaten. Hinter jedem Fahrzeug, jedem Auto, jedem Motorrad weht eine un­geheure Staubfahne empor. Auch nicht eine einzige Straße ist von den Polen asphaltiert. Sie haben in den 20 Jahren, in denen dieses Land ihrer Willkür ausgeliefert war, nicht einen einzigen Spatenstich an dem Verkehrsnetz getan. Im Gegenteil, sie haben die damals hervorragenden Straßen Westpreußens fast zu Feldwegen verfallen lasse«.