5. Seite — Nr. 184
Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter'
Mittwoch, den ». August 1S3S
Weltkrieg«? dem Papier
Die mit Recht so beliebte „Friedensfront" des Herrn Chamberlain ist gegenwärtig dabei, den kommenden Weltkrieg auf dem Papier zu gewinnen. Sie hat sich zu diesem Zweck eine Methode ausgedacht, die immerhin den Reiz einer gewissen Neuheit hat. Die britisch-französische M i l i t ä r m i s s i o n wird auf der etwa cin- wöchentlichen Dampferfahrt von England nach Leningrad sozusagen auf der offenen Ostsee interalliierte Eeneralstabs- besprechungen durchführen, die den Kurs der Verhandlungen mit Moskau und damit die endgültige Vernichtung der Achsenmächte festlegen soll. Die Tatsache dieser strategischen Wafserfahrt ist für den englischen Ministerpräsidenten so beruhigend, daß er inzwischen seine angegriffene Gesundheit auf einem Erholungsurlaub in Schottland verbringen will. Diese so auffallend plakatierte Ferienfreude steht aber in scharfem Gegensatz zu dem demokratischen Zeitungslärm, der für die nächsten Wochen wieder hellseherisch den so oft prophezeiten „Achsendonner" vorweg- nimmt. Aber was bedeuten schon Zeitungsmeldungen für den tatsächlichen Zickzackkurs der britischen Politik. Herr Chamberlain weiß sicher bester als seine Journalisten, was die Glocke geschlagen hat. Er erwartet, wie es scheint, weder von Deutschland noch von den Moskauer Militärbesprechungen lleberraschungen .In elfterem Falle fühlen wir uns nicht kompetent. Im zweiten Fall aber mag Herr Chamberlain recht haben. Denn daß die Weltkriegsverein- barungen der strategisch so hochgestellten Ostsee-Reisenden im Kreml ohne weiteres Gegenliebe finden werden, glaubt kein Mensch. Auch für die eigentlichen Verhandlungen der Militärmissionen, für ihre Besuche, Besichtigungen und militärischen Absprachen sind nach Pariser Meldungen ungefähr vier Wochen vorgesehen. Das ist eine ganz schöne Zeit. Sie bedeutet eigentlich, daß man auch auf den britischen Inseln etwa bis Mitte September keine völlige Veränderung der noch immer etwas ungeklärten Lage erwartet. Auch von diesem Gesichtspunkt aus wird der Schottenurlaub des Premiers im Grunde immer verständlicher.
Immerhin gibt es einige Gedankengänae der privaten englischen und französischen Miltärschriftsteller, die eine eigentümliche Beleuchtung auf das Fahr- und Kriegsprogramm der demokratischen Generäle und Admiräle werfen. Wir meinen hier vor allem die äußerst seltsamen Nachrichten, die über die militärischen Verhandlungen des fran - zösischenGeneralsHuntzingermitderTUr- kei eingetroffen sind. Sie werden zwar in den französischen Blätter breit behandelt, klingen aber doch sehr merkwürdig. Nach ihnen würden die Huntzingsrschen Besprechungen in Ankara, die jetzt in London mit Lord Gort weiter vertieft werden, bereits endgültig über die strategische EinbeziehungRumäniensindie Front der künftigen Achsengegner entschieden haben. Man spricht ganz offen von bestimmten Befestigungsarbeiten an der Donaumündung, von dem Ausbau des rumänischen Hafens Con- stanza in einen alMrten Kriegshafen, von der Durchfahrt englischer und fraWstscher Kriegsschiffe durch die Dardanellen ins SchwaM^Meer, kurz von einer Einkreisung der Achsenmächte vomrSüdosten her, die zusammen mit einem sowjetrusfifchen Einsatz einen aktiven Angriff gegen Italien und Deutschland auf dem Balkan erlauben würde.
Es ist kein Zweifel, daß auf dem Papier sich für den englischen und französischen Zeitungsleser derartige unblutige Siege der „Friedensfront" im Südosten sehr nett ausnehmen. Man versteht nun aber gleichzeitig, welche besonderen Hoffnungen dasselbe Leserpublikum auf die Moskauer Verhandlungen setzt. Gelänge es nämlich, die Sowjetunion im Hinblick auf die angeblich türkischen Ergebnisse gleichfalls zum Abschluß eines militärischen und politischen Paktes zu bringen, so wäre der Ring im Osten gegen Deutschland und Italien tatsächlich geschmiedet. Aber auch wenn die Verhandlungen im Kreml fehlschlagen, wären die Schwierigkeiten nicht so schlimm, wie sie zuerst schienen. Man könnte dann mit Hilfe der Türkei noch immer einigermaßen Rumänien „sichern". Und auf der anderen Seite hätte Polen zu zeigen, daß es mit einer gewissen Luft- und Materialunterstlltzung seinen beabsichtigten Eroberungsfeldzug bis tief nach Deutschland hinein vortragen könnte. Für die „Unversöhnlichkeit" Polens aber sorgt man von London und Paris aus durch ständige weitere Auf- putschung, vor allem durch Unterstützung jener grausamen Antideutschenhetze, die gegenwärtig unter englischer Assistenz immer unerträglichere Formen annimmt.
Wie gesagt, so ist das Bild, das nach den neuesten Zeitungsmeldungen die demokratische Presse ihrer gutgläubigen Leserschaft als pikantes Zwischengericht auftischt. Aber so schön es auch als Wunschskizze fein mag, so brüchig ist Loch tatsächlich sein realer Wert. Es besäße nur Wirklichkeit, wenn Deutschland und Italien angstschlotternde schwache Staaten wären. Und wenn sich außerdem die baltischen und nordischen Staaten und die Staaten des Balkans bedenkenlos in die Arme der Friedensfront geworfen hätten. Da dies nicht der Fall ist, sondern die Veröffentlichung derartiger wahnsinniger Einkreisungspläne nur die Schärfe der Abwehr nachdrücklich steigern müssen, stehen alle diese schönen Berechnungen auf dem Papier. Sie beweisen immerhin, wie wenig man sich heute um die Neutralen in Paris, London und Ankara schert, wenn man seinen Phantasien freien Lauf läßt. Sie zeigen aber auch deutlich, wo die Achsenmächte einen Riegel vorschieben müssen. Durch die Begleitmusik zu den türkisch-französischen Besprechungen und der militärischen Ostsee-Dampferfahrt nach Leningrad haben sich die demokratischen Kriegshetzer erneut entlarvt. Die allgemeine Lage ist nicht verändert, aber immerhin geklärt.
Der Griff «ach Lkttich
Entscheidende Stunden der ersten Weltkriegswoche
Lüttich mußte als erste große Festung fallen, wenn der Echlieffensche Operationsplan gelingen sollte. Er sah vor: Hinhaltende Verteidigung in Elsaß-Lothringen, Vorstoß im Norden durch Belgien, Umklammerung der französischen Armee und eine Vernichtungsschlacht, ein Tannas gegen den Westfeind. Erst danach konnte bei freiem Rücken im Westen ein Vorstoß gegen die russische Dampfwalze unternommen werden. Bis dahin hatte eine einzige deutsche Armee, dis VIII., den Schutz der Ostgrenze zu üvernehmrn. Auch hier nur, ähnlich wie in Elsaß-Lothringen. Verteidigung und kein Angriff.
Schon waren die ersten Ue.uerr Gefechte an der West- und Ostfront entbrannt. In der Nacht zum 2. August war ein Angriff russischer Patrouillen gegen die Eisenbahnbrücke über die Warthe bei Eichenried übgewiesen worden. In der gleichen Nacht überschritt eine stärkere russische Kolonne mit Geschützen die Grenze bei Schwidden und zwei Schwadronen Kosaken ritten in Richtung Johannisbura. Die
ersten deutschen Soldaten, beide Jäger zu Pferde, starben an der Ost- und Westfront den Heldentod.
Das Großherzogtum Luxemburg war bereits zum Schutze der deutschen Eisenbahnlinien vom VIII. Armeekorps besetzt worden. In den Vogesen stießen deutsche und französische Sicherungen aufeinander. Einige leichte deutsche Kreuzer erschienen am gleichen Tage vor dem Kriegshafsn Libau und schaffen die Stadt in Brand.
Das alles waren erste leichte Eewitterentladungen. Sie veränderten die Kriegslage nicht. Noch war keine Schlacht geschlagen, noch keine Festung genommen. Die ersten Entscheidungen mußten in Belgien fallen. Lüttich sperrte den Weg durch das Maastal. Es bildete den Eckpfeiler gegen Deutschland. Von dieser Festung wurde das Maastal beherrscht, durch das der deutsche Vormarsch hindurchführen mußte. Während General Joffre noch zögerte, ob er seine Truppen gegen Elsaß-Lothringen oder nach Norden werfen sollte, marschierten bereits einge deutsche Infanterie-Brigaden über die belgische Grenze. Die ersten kleineren Gefechte entspannen sich auf belgischem Boden. Nur Abend des 5. August waren aber die deutschen Truppen befehlsgemäß bis an die Oft- und Südgrenzs des Sperrgürtels vorgedrungen. Eins berittene Abteilung, die in den Bereich der Festung vorsprengte,, wurde aufgerieben.
In der folgenden Nacht entwickelten sich die ersten schweren Gefechte. Unter dem schützenden Dunkel des August- Himmels marschierten die deutschen Brigaden in Richtung Lüttich. Der Weg führte durch unbezwungene Festungen hindurch. Artillerie stand noch nicht zur Verfügung, umwie Festungen zu zerstören. Von vorn und von den Seiten schossen belgische Truppen und Franktireurs auf die vor- marschierenden deutschen Kolonnen. Jnfanteriegefechte verzögerten zeitweilig den Vormarsch. Trotzdem ging es, wenn auch unter Opfern, vorwärts.
In den vordersten Reihen der marschierenden Bataillone befand sich neben dem General von Emmerich, dem Kommandeur des gesamten Angriffs-Detachements, der Generalmajor Ludendorff. Er hatte von seinem Chef den Auftrag, den Verlauf der Angriffshandlungen aus nächster Nähe zu beobachten. Mitten in der Nacht wurden die Kämpfe mit den Belgiern heftiger. Aus den Forts dröhnten die Geschütze. Aus den Hecken gaben einzelne belgische Abteilungen Flankenfeuer. Hier machte sich das Fehlen von Artillerie- strertkrästen in schmerzlicher Weise bemerkbar. Die Befestigungen konnten nicht genommen, sie mußten umgangen werden. Die 14. Infanterie-Brigade stand in Gefahr, inmitten von feindlichen Truppen aufgerieben zu werden.
In den ersten Morgenstunden wurde der Kommandeur der 14. Brigade, General von Wussow, von einer feindlichen Kugel tödlich getroffen. Sofort übernahm Ludendorff das Kommando, raffte die Truppen zusammen und nahm den Vormarsch mit erneuter Kraft wieder auf. So gelang es
der 14. Brigade, die Forts-Linien zu durchbrechen. Unter dem glühenden Brand der Sonne ging der Vormarsch weiter westwärts. Die Belgier leisteten jetzt keinen Widerstand mehr. Von dem Handstreich dieser vordersten Brigade überrascht, gaben sie jeden Widerstand auf und zogen in westlicher Richtung davon.
Nach einer ungewissen Nacht sollte sich am nächsten Vormittag das Schicksal Lüttichs vollziehen. Während die Einwohner dieser Stadt den Feind noch weit im Osten vor dem Sperrgürtel glaubten, drangen deutsche Schützeneinheiten von den Lüttich umgebenden Höhen ins Tal, besetzten die Maasbrücken mitten in der Stadt und zogen zur Zitadelle hinauf, die nach einer Aufforderung l»e Tore öffnete. Lüttich war durch einen genialen Handstreich Ludendorffs mit einer einzigen Brigade erobert worden.
' Aber noch war keine der Festungen gefallen. Sie ergaben sich erst der stählernen Sprache der 42-Zentimeter-Mörser. Am 15. August waren sämtliche Befestigungen vor Lüttich in deutscher Hand. Der Sperrgürtel des Maastales war gesprengt. Der deutsche Vormarsch konnte weitergehen.
Grotzderrtschlands Gartenbau Ln Stuttgart
Seit dem letzten Reichsgartenbautag im vorigen Jahr in Esten ist die Eartenbauwirtschaft Deutschlands wesentlich umfangreicher geworden. War auch damals schon die Ostmark ins Reich heimgekehrt, so mußte doch erst der Gartenbau dieses Gebietes fest in den Rahmen der gesamten Gartenbauwirtschaft eingefügt werden. Aber auch mit dem Sudetenland und mit der Eingliederung des Protektorats Böhmen-Mähren in den großdeutschen Staat sind gärtnerisch wertvolle Gebiet zu «ns gestoßen, so daß sich eigentlich erst auf dem diesjährige« Reichsgartenbautag in Stuttgart der Gartenbau Großdeutschlands in seiner ganzen Ausdehnung und Mannigfaltigkeit, in seiner einheitlich ausgerichteten Leistung für Volksernährung, Volksgesundheit und Verschönerung unseres Lebens der breiten Öffentlichkeit vorstellen kann. Deshalb darf der 3. Reichsgartenbautag, der vom 11. bis 15. August in Stuttgart, der Stadt der diesjährige« Reichsgartenschau, stattfindet, mit Recht das Interesse der Öffentlichkeit für sich in Anspruch nehmen. Der Höhepunkt des 3. Reichsgartenbautaaes ist die Großkundgebung am Sonntag, 13. August 1939, aus der der Reichsobmann des Reichsnährstandes, Bauer Gustav Behrens, und der ehrenamtliche Führer des Gartenbaues, Reichsfachwart Johannes Voettner, zu den Gärtnern aller Gaue Großdeutsch- lands sprechen werden.
Achtung. rvürtlMherMe und badische Tamteubergsahrer!
Stuttgart, 7. Aug. Die Teilnehmer an der Tannenberg-Feier aus Württemberg und Baden benützen den Verwaltungssonderzug schon am 23. August, Abfahrt 20.29 Uhr in Frankfurt a. M. Die Rückkehr von der Feier erfolgt am 31. August, Ankunft 8.36 Uhr in Frankfurt a. M.
Käferkampf an
Irgendwo an Frankreichs Ostgrenze droht ein Gewitter. Tief und schwarz hängen die Wolken herab. Der Sturm braust über Höhen und Täler, rüttelt die Bäume und Sträucher, wirft das Getreide zu Boden und wirbelt das Kartoffelkraut durcheinander. Schwül ist es und drückend. Jeden Augenblick kann der Regen beginnen. Da hebt auf einer Kartoffelstaude ein kleiner Käser, kaum einen Zentimeter lang, seine schwarzgelb gestreiften Flügeldecken, breitet seine Flügel und versucht auf den Nachbaracker zu gelangen. Aber der Sturm braust heran, hebt ihn höher und höher, und mit wachsender'Schnelligkeit wird der Käfer davon- getragen. lieber Täler und Höhen geht sein Flug, über Flüsse, Berge und Städte segelt er, bis der Sturm sich irgendwo im Rheinland, in der Pfalz oder in Baden ausgetobt hat. Ermattet sinkt der Käfer herab, gerade auf ein Kartoffelfeld und — Deutschland hat wieder einen Feind mehr, einen ganz kleinen nur, aber trotzdem außerordentlich gefährlichen. Denn ein Kartoffelkäfer ist hier eingefallen, ein neuer „Herd" entstanden.
Ununterbrochen bedroht dieser Käfer seit 1935 die deutsche Wüstgrenze. Vor etwa 17 Jahren in Bordeaux eingeschleppt, verbreitete er sich in Frankreich ungeheuer schnell. Jahr für Jahr drang er weiter nach Norden vor und gelangte 1935 an die deutsche Grenze. 1936 überschritt er diese an 54 Stellen und greift sie seitdem immer wieder an. 1937 wurden 46, 1938 mehrere tausend und in diesem Jahre bisher 5000 Einbruchstellen beobachtet. Hier an der deutschen Westgrenze hat man sich aber auf seinen Empfang vorbereitet. Eine großzügige Organisation, der Kartoffelkäferabwehrdienst, wurde ins Leben gerufen und versucht nun mit allen Mitteln, die angreifenden Käfer rechtzeitig zu vernichten.
Denn dieser Käfer ist ein Schädling, der eine große Gefahr für den deutschen Kartoffelbau bildet. Ungeheuer ist seine Freßlust, noch größer seine Fruchtbarkeit. Ein einziges Weibchen vermag im Laufe eines Sommers unter günstigen Verhältnissen über 30 Millionen Nachkommen hervorzubringcn. Zu ihrer Ernährung benötigt diese Küferschar das Laub der Kartosselpslan- zen von etwa 2)4 Hektar. Da die Pflanzen ohne Laub aber keine Knollen ansctzen, so kann hierdurch ein Ausfall von 900 Zentner Kartoffeln entstehen. Würde der Käfer sich also ungehindert aus- breiten, so wäre ganz Deutschland bald von seinen Nachkommen überzogen, die unserem Kartoffelbaü unermeßliche Schäden zu- fllgen könnten. Dies muß unter allen Umständen verhindert werden. Denn die Kartoffel bildet ein Hauptnahrungsmittel unseres Volkes, außerdem wird sie als Futter für die verschiedensten Tierarten benutzt. Weniger Kartoffeln, weniger Fleisch, weniger Fett, insgesamt also eine schlechtere Versorgung mit Nahrungsmitteln wäre die unausbleibliche Folge. Diese Schäden zu verhüten, ist Aufgabe des Kartoffcl- käferabwehrdienstes, der in diesem Jahre in einer Front von 150 bis 200 Kilometer Breite an der deutschen Westgrenze eingesetzt wurde. Eine Besichtigungsfahrt des Reichsnährstandes> gab Gelegenheit, die Arbeit dieser Organisation kenncnzulernen.
Um den Käfer bekämpfen zu können, mutz man ihn erst finden. Zu diesem Zweck ist überall an der Westgrenze ein wöchentlicher Suchdienst eingerichtet, bei dem die Bevölkerung alle Kartoffelfelder sorgfältig nach dem Käfer absucht. Kolonnen von 10 bis 12 Peffonen durchstreifen unter Leitung eines sachverständigen Führers sämtliche Kartoffelacker, gleichgültig, ob es sich um Felder von 10 und mehr Hektar oder nur um ganz kleine Flächen in den Hausgärten handelt. Diese Arbeit belastet heute besonders die Bauern, die infolge des Arbeitermangels schon an und für sich übermäßig beansprucht werden. Deshalb hat man in vielen Dörfern die gesamte Einwohnerschaft zum Suchdienst herangezogen, die alle Kartoffel- und Tomatenfelder, Reihe für Reihe einzeln, nach den Fraßstellen des Käfers oder seiner roten Larve absucht. Niemand schließt sich, wie verschiedene Kolonnen- führer mitteilten, von dieser Pflicht aus, zweifellos ein Beweis, daß die westdeutsche Bevölkerung die Schädlichkeit des Insektes erkannt hat.
Entdeckt man nun irgendwo einen Kartoffelkäfer oder seine
der Westgrenze
Larve, so wird der Fund dem Bürgermeister und von dort dem Kartoffelkäferabwehrdienst gemeldet. Ein Sachverständiger untersucht diesen Einfalls„herd", und nach seinen Angaben beginnt dann die Bekämpfung. In einem gewisse» Umkreis um den Fundort wird das Kraut ausgerodet, in einer Grube gesammelt und dort mit Schwefehlkohlenstoff übergosten. Hierdurch werden sämtliche Käfer und Larven abgetötet. Außerdem durchsiebt man an der gerodeten Fläche de« Boden 20 bis 30 Zentimeter tief nach Käfern, Larven und Puppen. Zum Schluß impft man die „Herd'Pelle mit S ch w e fe lkoh leust o ff, damit auch ' die noch übersehenen Käfer abgetötet werden. Um auch die vom „Herd" abgewanderten Käfer und Larven zu vernichten, wird in einem größeren Umkreis um den Herd das Kartoffelfeld mit einer 0,4prozentigen Kalkarsenbrühe bespritzt. Außerdem sucht der Suchdienst die Herdstelle und die Umgebung tagtäglich ab, bis sämtliche Käfer und Larven verschwunden sind. Im nächsten Jahre müssen dann an dieser Stelle wieder Kartoffeln als „Fangpflanzeu" gesetzt werden, um den Käfer au Ort und Stelle festzuhalten. In einem bestimmten Teil Westdeutschlands ist die Kalkarseuspritzung in diesem Jahr für sämtliche Kartoffelfelder zur Pflichtgemacht worden. Hierbei handelt es sich aber lediglich um eine vorbeugende Maßnahme. Das Spritzen führt die Gemeinde durch, die hierfür die Geräte und das Gift kostenlos erhält.
So ist ein wohlorganifierter Kampf gegen den Kartoffelkäfer in Westdeutschland im Gange. Jeder ist zu dieser Abwehrschlacht aufgerufcn. Denn es geht hier um nicht weniger als um de« Schutz des gesamten deutschen Kartoffelbaues und damit um die Sicherung eines unserer wichtigsten Nahrungsmittel. Bisher gelang es, die Angriffe des Schädlings vollständig abzuwehren, und dies wird auch in Zukunft gelingen, wenn sich die gesamte Bevölkerung wie bisher einmütig au dieser Abwehr beteiligt.
Mehr Staub als Sterne
Neue Erkenntnisse von den Massen im Weltall
Noch immer ungelöst ist die Frage nach dem Wesen und Wirken der Stoffe, die sich zwischen den uns sichtbaren Gestirnen am Himmel Herumtreiben. Gemeint sind dabei nicht die uns allen vertrauten Wolken, die in einigen hundert Metern Höhe über das Firmament segeln und die wir seit der Schulzeit als Zusammenballungen von Wasser kennen. Viel weniger wissen wir von den Stoffen, die. dem Machtoereich unseres Planeten gänzlich entrückt, viele Millionen Kilometer weit von uns entfernt sind, sicherlich aber wohl trotzdem ihre Bedeutung auch für uns Irdische besitzen. Besonderes Interesse verdienen daher die Forschungsergebnisse, die V. Strömgen-Kopenhagen unlängst vor einer Eelehrten- Tagung bekanntgab.
Es handelt sich dabei vor allem um die Durchsuchung des Raumes, den unser Milchstraßensystem einnimmt. Dieser Teil des Weltalls besitzt die Gestalt einer Linse, und zwar eine „kleine" Achse von 4000 Sternweiten — das sind etwa 4000mal 30 Billionen Kilometer — sowie einen Durchmesser von zehnfacher Länge. Diesen Raum darf man als leer bezeichnen, ist doch zum Beispiel der Abstand der Sonne r-om nächsten Fixstern riesengroß. Außer diesen funkelnden Himmelskörpern treiben sich jedoch noch andere Massen in jenen unendlichen Breiten umher, und ihnen gilt in besonderem Grade dis Aufmerksamkeit der Forscher.
Es sind dreierlei Wege, die eine Untersuchung jener Stoffe ermöglichen. Es laßt sich wahrnehmen, in welchem Maße sie das Licht der Sterne verschlucken, zweitens: inwiefern sie selbst von sich ans Strahlen aussenden und drittens: wie stark sich die Schwerkraft dort auswirkt. Diese Ausgaben sind voller Schwierigkeiten. Sie liegen vor allem in der außerordentlich geringen Dichte der Massen.
Der erste Weg führte zu Erkenntnissen über die Beschaffenheit der dunklen Wolken, der zweite vermittelte Aufschlüsse über Wesen und Wirken der leuchtenden Artaenos-