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Donnerstag, äen 30. Juni 1938
N2. Jahrgang
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„Es darf nicht vergessen werden, daß die Ukraine der Vorposten für den bevorstehenden Zusammenstoß der beiden Welten ist — der sozialistischen mit der kapitalistischen Welt!" Das ist der Kernsatz einer einstimmigen Resolution des 14. Parteikongresses der Ukrainischen Sowjetrepublik. Wenn es etwas gibt, was die Tatsache enthüllt, daß die Ukraine von Moskau, als das Aufmarsch gebietst! reinen Angriffs, krieg des Bolschewismus vorbereitet wird, so ist es diese auch in der Sowjetpresse nur in kurzen Auszügen wiedergegebene Kongreß, resolution, die den Parteiinstanzen der Ukraine als Richtschnur für die kommende Politische und militärische Arbeit gelten soll.
Daß insbesondere in den Grenzgebieten der Ukraine Zehntausende mit der Militarisierung der Bevölkerung und der Errichtung von Befestigungsanlagen beschäftigt sind, daß man heute westlich des Tnjestr keinen Schritt mehr tun kann, ohne von den militärischen Behörden überwacht zu werden, geht ans zahlreichen Meldungen der Sowjetpresse hervor. Danach verbieten die Sowjetbehörden der Ukraine den Aufenthalt in der Grenzzone ohne „Sondergenehmigung". Jeder Sowjetbürger, der die Absicht hat, sich in die Grenzzone zu begeben, muß 10 Tage vorher in seinem ständigen Wohnsitz bei der zuständigen Abteilung des Volks- innenkonnnissariats eine Genehmigung beantragen.
Der Grenzgürtel der Ukraine ist 30 Kilometer breit, und es ist zu erwarten, daß sich die unmittelbaren Nachbarn.recht bald über die dortigen 'sowjetrussischen Truppenbewegungen Gedanken machen. Stalin hat einen seiner neuen Vertrauten, den Genossen Chrustschow, in die Ukraine gesandt, dem die Sowjetpresse einheitlich höchstes Lob noch vor feinem Erscheinen gezollt hat. und dessen Aufgabe es ist, die Rnssisizierung der sogenannten autonomen Sowjetrepublik durchzusühren. Aus der von Ehrustickww ein- gebrachten Resolution des Partcikongresses der Ukraine geht hervor, daß alle Parteigliederungen der Ukraine „vor allen,Dingen die Landesverteidigung fördern und die Wehrarbeit in der Bevölkerung unterstützen müssen".
Erst wenn man sich vergegenwärtigt, welche Rolle Moskau der Ukraine zuschieben will, kann man ermessen, wie scheinheilig eine kürzliche Rede Litwinow-Finkelsteins war, der seinen Wählern erklärte, man müsse die Ukraine schützen und verteidigen, weil die deutschen F a s ch i st e n (!) in einem nahen Kriege dieses Gebiet der Sowjetunion an sich reißen wollten. Wenn die Sowjets Angriffe meinen, dann sagen sie ja seit jeher Verteidigung. Wie immer, haben sie die Aufrüstung in der Ukraine mit einem beispiellosen Vernichtungsfeldzug gegen den immer stärker werdenden Nationalismus eingeleitet. Selbstverständlich ist auch diese Aktion durch das Mäntelchen bolschewistischer „Gerechtigkeit" . eingehüllt. Die Rnssisizierung der ukrainischen Schult' wird damit motiviert, daß man erklärt, es müsse die Schädlingspolitik der ukrainischen Nationalisten beseitigt werden, die den Unterricht in der russischen Sprache verboten hätten. In Wirklichkeit haben die bisherigen führenden Parteimänner der Ukraine, die dafür jetzt in Sibirien in Zwangsarbeitslagern den langsamen Sowjettod sterben, nichts anderes verbrochen, als für die Ukraine Las oft versprochene, aber nie gehaltene Recht jeder autonomen Sowjetrepublik in Anspruch ^u nehmen, nämlich die Kinder in den Schulen in ihrer Muttersprache unrerricy. ten zu lassen.
Es ist selbstverständlich, daß die hart um ihre Lebensrechte kämpfende Bevölkerung der Ukraine, die man nun 20 Jahre lang um ihre Autonomie betrogen hat, sich von einem derartigen Angriffskrieg der Sowjets nichts erhofft. Die von ihr geübte Passive Resistenz veranlaßt die Sowjetbehörden zunächst zu einem neuen Kreuzzuge gegen die Feinde der Partei. „Vor allem muß der Kampf gegen all Feinde der Partei, der Sowjetmacht und des Volkes ohne Erbarmen, ohne Rücksicht auf hie verdienstliche Vergangenheit der Feinde geführt werden."
Man spricht heute offen in Moskau von einer Auseinandersetzung zwischen Ost und West' Es gibt Länder, die ein Bündnis mit Moskau haben, ein militärisches Bündnis sogar. Wie man sich wohl dort eine Auseinandersetzung zwischen Ost und West vorstelleu mag? '
Dumme und freche Lügen
Berlin, 29. Juni. Seit dem 18. Juni wir- dik Weltöffentlichkeit wieder einmal mit einer Flut von Greuelmeldungen gegen Deutschland überschwemmt. Wieder werden nach dem Schncc- ball-Systcm diese Meldungen in drei Tagen über die ganze Welt verbreitet Es braucht sich eine Meldung nur gegen Deutschland zu richten, dann wird sie prompt geglaubt und mit Riesenlettern den erschauernden Lesern vorgesctzt. Diesesmal ist das Thema Oesterreich an der Reihe.
Da behauptet nun ein Blatt, in Oesterreich wären Spannungen zwischen Reichsdeutschen und Oesterreichern aufgetreten. Das nächste Blatt weiß bereits daß es wegen dieser Spannungen zu heftigen Machtkämpfen gekommen sei. „Machtkämpfe!" liest der jüdische Schmock in Paris. Bei Machtkämpfen wird geschossen. Also dichtet er wacker drauf los, daß es zu großen Demonstrationen gekommen sei. bei denen motorisierte Polizei hätte eingesetzt werden müssen. Ja. und was sagt der Führer dazu? Jetzt geht die englische Presse an den Start. Der Führer beabsichtige, nach Wien zu fahren, um dort zu
schlichten/ Er sei der einzige Mann, der noch Autorität habe. Der -Führer fuhr nicht nach Wien, denn er hatte anderes vor und gar keinen Grund, nach Wien zu fahren. Worauf nun die französische Presse, um sich herauszulügen, einfach meldete, daß der Führer inkognito in Wien geweilt habe. Was soll der Führer allein in Wien, fragt sich das polnische Hetzorgan in Krakau. Also lügt es hinzu, daß der Generaloberst von Brauchitsch, Generaladmiral Raeder. der Reichsführer ff Himmler. Reichsminister Dr. Goebbels u. a. mit dem Führer sich fünf Tage lang in einer Villa bei Schönbrunn verschanzt hätten, und nun die Entwicklung der Zustände in Oesterreich beobachteten.
Und die Juden in Oesterreich? Man darf sie bei einer solchen Aktion nicht vergessen. So meldet dann ein englisches Blatt, das Herrn Eden nahesteht, daß es 60 000 politische Gefangene in Oesterreich gebe, darunter 20 000 Juden. Es hätte mit Leichtigkeit eine Null anhängen können. Die Zahlen spielen bei der Dummheit der Leser solcher Zeitungen, die sich das alles ohne Protest gefallen lasten, gar keine Rolle. Das Blatt weiß weiter, daß in Oesterreich Bauernrevolten aüsgebrochen seien, weil die »Felder der Bauern durch die Entwaldung schwer leiden.
Man könnte über alle diese saisonmäßig sich wiederholenden Greuelaktionen mit philosophischer Ruhe hinweggehen, wenn sich nicht eine sehr gefährliche Konsequenz dabei aufdrängte: Die Vergiftung der Weltmeinung und die Anhäufung von soviel Zündstoff in Europa, daß durch Haß und Hetze dieses Gesindels eines Tages ganz Europa in Brand aesteckt werden kann.
Ueberall in äer U55R. spricht man vom Krieg!
ein Däne fchiläert «lern Kopenhagener „Monblaäet" seine Erlebnisse
im „Zowjetparaäies"
Stockholm 29. Juni. Unter der Schlagzeile „Ueberall in der Sowjetunion spricht man vom Krieg" veröffentlicht „Astonbladet" aus Kopenhagen einen Bericht des letzten, aus der Sowjetunion zurückgekehrten dänischen Staatsbürgers. Es handelt sich um den Mol- kereisachmann Jensen. der nach ^jährigem Aufenthalt in Sibirien vor kurzem von «n Sowjetbehörden mit dreitägiger Frist ausgewiesen wurde. Vor der Abreise wurde er seines Vermögens beraubt. Jensen erklärte, daß die Bauern in Sibirien weder Stoffe noch Kleider kaufen könnten, weil alles für die Armee benötigt werde. Seine eigenen Kleider feien mehr als zehn Jahre alt. In Moskau koste ein Schlips 80 Rubel und ein Anzug 850 Rubel. Die Bauern ernährten sich ausschließlich von Kartoffeln und trockenem Brot. Butter sei nicht zu erhalten.
Auf die Politischen Verhältnisse eingehend, berichtete Jensen, in Sowjetrußland erwarteten alle Kreise einen Krieg. Jeden Tag höre mau im Rundfunk, daß es mit irgend jemanden zum Bruch komme, und daß eine kriegerische Verwicklung irgendwo zu erwarten sei. Eigentümlich sei es, daß unter den breiten Massen e i n e g r o ß e S h m p a t h i e f ü r I a p a n il n d Deutschland vorhanden sei und daß viele wünschten. Franco möge siegen. Tie alten Menschen seien in Sowjetrußland ansgestorben oder umgebracht und die jungen schwiegen. Zum Schluß schilderte Jensen die dauernden Verfolgungen der Priester, die meistensalls unter größten Martern zu Tode gepeinigt würden.
GPU-Chef sollte vergiftet werden
Ter „Paris Midi" veröffentlicht einen Bericht seines Sonderkorrespondenten, wonach es sich bestätigt, daß eine Verschwörung, die die Vergiftung des Volkskommissars für innere Angelegenheiten und Chefs der GPU., Jeschow, zum Ziele hatte, in Moskau aufgedeckt worden ist. Man fragt sich, ob es sich um ein politisches Attentat handelte, oder ob die Verschwörer aus persönlichen Gründen gehandelt hätten. Sicher sei nur, daß Jeschow die Tatsache besonders erschüttere. daß seine engsten Mitarbeiter in diese Angelegenheit verwik- kelt seien. Er habe nunmehr zahlreiche hohe Beamte der GPU. verhaften lassen, ohne ihre „Verdienste" bei der Aufdeckung kürzlicher Verschwörungen zu berücksichtigen. Es handele sich u. a. um den Leiter des Gcgenspio- nagedienstes, Cherbakov, der das Gift geliefert haben soll, um den Kommissar Brodcki, der bisher Jeschows rechte Hand
war und um seinen Privatselretär. Alle Ver. hasteten würden von einer Sonderkommission abgeurteilt werden, deren Vorsitz Jeschow selbst führen werde.
MemeldeuWo sollen Weiter hungern!
Dritter Einspruch des litauischen Gouverneurs
Memel, 29. Juni. Ter l i t a u i s ch e G o u- verneur hat gegen das kürzlich vom Memelläudischcu Landtag verabschiedete G e- setz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erneut sein Veto eingelegt. Ties ist bereits das dritte Veto, das der Gouverneur allein in der Wahlperiode des jetzigen Landtages gegen dieses lebenswichtige, ausschließlich der Arbeitsmarktregelung dienende Gesetz eingelegt hat.
FramesAnlivortnach London unterwegs
Tic letzten Besprechungen Cimw—Pcrth
London, 29. Juni. Wie verlautet, wird der britische Agent in Burgos, H r> d g s o n, am Donnerstag in London eintrefsen. Er bringt die Antwort Francos auf die letzten britischen Vorstellungen mit. Hodgson wird dann die gesamte Lage mit der britischen Regierung besprechen. An zuständiger Stelle wird bestätigt, daß der britische Botschafter in Rom, Lord Perth, in seinen letzten Besprechungen mit Graf Ciano am Dienstag die Frage der Bombenabwürfe auf britische Schiffe in spani- schen Gewässern erörtert habe.
Der Direktor des „G i o n a l e d'J talia" wendet sich unter der Ueberschrift ?,Die Grenzen des Einflusses" gegen die neuerlichen Entstellungsversuche der antifaschistischen ' Presse, wonach Lord Perth in drohender Weise Italien für die Bombardierungen in Spanien mitverantwortlich gemacht und die italienische Regierung zu einer energischen Intervention bei Franco aufgefordert habe. Graf Ciano habe, wie das halbamtliche Blatt betont, Lord Pertch über einige den berechtigten Wünschen der britischen Regierung entsprechende Maßnahmen unterrichten können, die General Franco in großzügiger Weise cereits aus eigener Initiative getroffen habe. Hieraus ergebe sich, daß General Franco angeordnet habe, daß ein Angriff ans in Fahrt befindliche englische Schiffe vermieden werde und soweit wie möglich die englische Flagge in den rot- spanischen Häfen eine Ausnahmcbehandlung erfahre. Franco habe der Einrichtung von Freihäfen in Sowjetspanien zugestimmt, die von Schiffen mit einwandfreier Ladung ungehindert ausgesucht werden könnten. Diese überaus wichtigen Maßnahmen stellten schon offensichtlich Ausnahmen in jener Verteidigungsblockade dar, die Franco um Spanien errichtet habe.
Moskau macht Schwierigkeiten
Finanzierung der Freiwilligen-Zurückziehung geregelt
London, 29. Juni. .Tie Dienstag-Sitzung des Hauptunterausschvsses des Nichteinmischungsausschusses hat das Ergebnis gebracht, daß England, Frankreich, Deutschland und Italien sich über die Frage der Finanzierung der Zurückziehung der Freiwilligen aus Spanien vollkommen geeinigt haben und sich in die Hauptkosten teilen wollen. Tie Sowjetunion, deren Vertreter auf der Sitzung fast bei jedem Punkte
Der Führer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht wohnte in diesen Tagen in Anwesenheit des Oberbefehlshabers des Heeres, Generaloberst von Brauchitsch, und des Chefs des Oberkommandos der Wehrmacht, General der Artillerie Keitel, den Truppenübungen des Heeres auf dem Uebungsplah Grafenwöhr bei. Auf innerem Bild sieht man den Führer vor dem Kartentisch: ganz links auf dem Bild General Keitel, rechts lsieneraloberst von Brauchitsch, lPresse-Hofsmann-M.)
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