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Nr. 281
NagolLer Tagblatt „Der Gciellichallcr-
Samstag, den 18. Dezember 1837
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ourchgesührt z»m Wintersportplatz Dobel und Wochenendfahrten nach Münsiugen. Der Teilnehmerpreis lieg! zwischen 7.L0 NM. und S.3V RM.
In die Bergwelt der Baheris ch e n Alpen sichren weitere Urlaubssahrten. Fünf Kilometer von dem weltbekannten Winter- sportplatz Garmisch ° Partenkirchen entfernt liegt Farchant, eingebettet zwischen der Kar- spitze. der Kramerspitze, den Krottenköpsen und dem Wettersteingebirge. Mit der Zugspitze grenzt dieses schöne Tal nach Süden ab. Der Preis der lltagigen Fahrt einschließlich voller Verpflegung ist 51.80 RM. Außerdem werden sechs ciuwöchige Urlaubsfahrten zum Preis von 30.20 NM. durchgeführt.
Bis in den April hinein reicht das Fahrten- Programm der Wintersahrten und Schilehr- gänge, die ins Walsertal und zur Unter- jauchalm führen. 14tägige und stägige Fahrten sind vorgesehen. Ter Preis liegt zwischen 30.50 RM. und 67.70 NM.
„Kraft lle Württem- i diesem Win- ingen gerecht als auch 8- die Allgäuer.
Was es nicht alles gibt.'
Galante Schwarzfahrt In einer Autorepara- mit bösen Folgen turwerkstatt in Wien wurde eines Abends ein Wagen mit eingedrückten Kotflügeln vorgefahren. Die Besitzerin, eine hübsche junge Dame, saß selbst am Steuer. Ter junge Mann, der in der Werkstatt angestellt ist und außerdem mit der Tochter des Meisters verlobt ist, verspricht nicht nur, den Wagen gleich am nächsten Morgen in Ordnung zu bringen, sondern auch die Dame in einem anderen Auto, einem silbergrauen Stehr. der ebenfalls repariert worden ist, nach Hause zu fahren. Schließlich kann auch dies Kundendienst sein. Es bleibt nicht bei der Heimfahrt. man besucht mehrere Lokale, bis der silbergraue Wagen einmal verschwunden isr. Sofort ernüchtert, wendet sich der junge Mann an die Polizei um Hilfe. Am nächsten Tag wird eine Dame in dem gestohlenen Waaen anaetzalten und verhaktet. Die Verwirrung ist groß, als sie sich als rechtmäßige Besitzerin ausgibt und selbst eine Anklage Vorbringen will. Wegen Schwarzfahrt des Angestellten der Reparaturwerkstatt. Ihr Chauffeur hatte in der Nacht den silbergrauen Wagen vor einem Lokal stehen sehen, er hatte sich über den Schwarzfahrer geärgert und den Wagen entführt. Jetzt ist verjünge Mann entlassen und hat außerdem das Herz seiner Braut verloren.
Ein Professor wirft In einem Hotel in mit Kochgeschirr Oslo war ein seltsamer Gast abgestiegen. Als er sich anmeldete und seinen Namen. -Professor Avesen, in die Liste eintrug, da schien er zwar ganz normal zu sein. Nur daß er kein Gepäck bei sich hatte, fiel allgemein auf. Der Professor erhielt ein Zimmer im fünften Stock. Kaum war er jedoch eingezogen, als der Portier lautes Geschrei und Singen aus dem Zimmer vernahm. Er eilte hinauf und fand den Professor draußen auf dem Dachsims sitzend, wie er englische Lieder gröhlte. Mit Verrückten muß man vorsichtig umgehen, dachte der Portier und lud den Professor höflich ein. sich aus der gefährlichen Lage wieder ins Zimmer zu begeben. Auf diesen Ton ging der merkwürdige Mann ein und bat dann um Essen. Vorsichtigerweise blieb der Portier gleich im Zimmer und I machte die Beobachtung, daß der Gast fast
gar nichts zu sich nahm, sondern nur mit Messer und Gabel auf den Tisch trommelte. Heilfroh war man, als sich der Gast ohne weitere absonderliche Manieren zur Ruhe be. gab. Am nächsten Morgen, in aller Herrgottsfrühe. ging jedoch das Theater wieder los. Plötzlich ertönte in der Küche des Hotels verängstigtes Schreien. Der Professor hatte sich hineingeschlichen und die Küchenmädchen dadurch erschreckt, daß er Geschirr auf den Boden und Kochtöpfe an die Wände warf. Jetzt fand es die Hotelleitung an der Zeit, dem Fremden das Gastrecht zu kündigen. Binnen einer Stunde sollte der Prosesior ausziehen. In dieser Stunde nun bekam der Mann noch einen Anfall. Er las nämlich in der Zeitung die Berichte über die Ver- folgung des wahnsinnigen Mörders Bergström. Da schöpfte der Hoteldirektor endlich Verdacht. Auch er kannte die Geschichte dieses Schwerverbrechers, der aus einer Irren- anstatt für gefährliche Kranke entflohen war und von der Polizei aller skandinavischen Länder fieberhaft gesucht wurde. Ehe die Beamten eintrasen, war der Wahnsinnige jedoch wieder verschwunden, und obwohl sämtliche Hotels und Pensionen der Stadt sofort durchsucht wurden, bekam man den Flüchtling nicht mehr zu fassen, so daß zur Zeit ein heilloser Schrecken unter der Bürgerschaft Oslos und darüber hinaus der Bevölkerung im ganzen Lande herrscht.
Begehrte Die Beamten der berittenen kann- Ehemänncr kuschen Polizei sind durchweg ausgesuchte Männer, da ihr strenger Dienst die höchsten Physischen Anforderungen stellt. Kein Wunder, daß die kanadischen „Mounties" als eine Elitetruppe gelten, deren Erwähnung allein schon genügt, um manch Mädchenherz höher schlagen zu lassen. Generalmajor Sir James McBrien. der Oberbefehlshaber der berittenen Polizei, erhält täglich ganze Berge von Briefen heiratslustiger junger Kanadierinnen und Engländerinnen, die unter Beifügung ihres Lichtbildes um die Vermittlung der Bekanntschaft eines schmucken Polizisten ersuchen. Die Zuschriften haben nun einen solchen Umfang angenommen, daß der Befehlshaber sich veranlaßt sah, durch Veröffentlichung in englischen Blättern daraus hinzuweisen, daß er zu seinem größten Bedauern die erbetene Eheanbahnung nicht in die Wege leiten kann.
Budapester Ein modernes Märchen schrieb Märchen das Leben um ein Bauernmädchen aus Ungarn und einen — natürlich schrecklich reichen Amerikaner. Das Bauernmädchen war auf der Suche nach Arbeit in der ungarischen Hauptstadt gelandet. Es ging ihr recht schlecht, da sie keine Stellung finden konnte. Ihre Ersparnisse waren bald aufgebraucht. In dieser Not wurde die junge Ungarin zur — Dichterin. Sie schrieb, wirklich vom Drange ihres Herzens fortgerissen, einige Verse und schaffte sich zunächst nur selbst Genugtuung und Trost damit. Bald aber kam sie auf den Einsall. diese Verse einer Zeitung anzu- bieten. Das Außergewöhnliche geschah: Die Schristleitung fand die Verse brauchbar, druckte sie ab und bezahlte sie. Das munterte die junge Dichterin zu neuen Taten aus, und so konnte sie auf diese unverhosste Weise ihr Leben fristen. Natürlich war dies kein sicheres Auskommen, und sie konnte keine Reichtümer sammeln. Aber da tat das Schicksal zum zweitenmal die Wunderkiste
aus: Ein Amerikaner, der aus Ungarn stammte und zum Besuch in seiner alten Heimat weilte, las die Verse des kleinen Dorfmädchens, und sie sprachen ihm so zu Herzen, daß er die Verfasserin kennenzuler- nen wünschte. Auch dies besorgte die gütige Schriftleitung jener Zeitung, und so kam ein Stelldichein zustande. Beide fanden Gefallen aneinander, liebten sich und — das Wunder wurde vollkommen — nach wenigen Wochen schon fuhr das kleine Bauernmädchen an der Seite ihres Mannes, des Amerikaners, über den großen Teich einer neuen Heimat ent- gegen.
Mißdeutete Küsse können Revolutionen Her- Küsse aufbeschwören — nicht nur in
zwei verliebten Herzen —, und auch nur angedeutete Küsse haben kürzlich viel Aufregung und falschen Verdacht verursacht. In einem Haus gegenüber dem großen Santo - Gefängnis in Paris war ein bretonisches Dienstmädchen in Stellung. Bisher hatte sie niemandem Grund zur Klage gegeben, aber eines Tages erregte sie den Argwohn zweier Schutzleute. Als sie auf ihrer Patrouille an dem Haus vorbeikamen, sahen sie, wie ein junges Mädchen sich weit aus dem Fenster beugte und mit Händen und Armen merkwürdige Zeichen zum gegenüberliegenden Tants-Gefängnis machte. Dabei bewegte sie ausdrucksvoll ihre Lippen, ihr Mienenspiel war sehr lebhaft — kein Zweifel, das Mädchen gab den Insassen des Gefängnisses verabredete Zeichen. Höchst merkwürdig! Am nächsten Tage wurde das sonderbare Gesten- und Mienenspiel von einem ganzen Trupp Polizisten beobachtet, auch in den Fenstern des Gefängnisses sah man die gleichen Bewegungen, gewissermaßen eine Antwort und Bestätigung, die von den gefangenen Männern ausging. Hier sollte ein großes Komplott gesponnen werden! Also griff die Polizei rasch ein. Packte das Mädchen und brachte es auf die nächste Wache. Die Kleine war sichtlich erschrocken über diese Gewaltmaßnahme und gestand dann unter heißen Tränen, sie habe den armen bemitleidenswerten Gefängnisinsassen — Küsse zugeworfen, da sie ja sonst nichts sür diese bedauernswerten Menschen tun könne. Zu- nächst ertönte natürlich ein großes Gelächter, als sich die Sache so harmlos aufklärte, aber dann machte man doch dem Mädel klar, daß die Küsse doch nicht recht am Platze gewesen waren. Die Gefängnisinsassen seien keineswegs zu bedauern für ihr Los, Küsse könnte man ruhig wo anders unterbringen, wenn man sie schon los werden möchte. Und das Schmunzeln der strammen Schutzleute beschloß sehr beredt diese tragikomische Szene.
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' Kleiner Junge (zur alten Dame jenseits des Gartenzaunes): „Kann ich den Pfeil wieder bekommen, der in Ihren Garten gefallen ist?" „Gewiß, mein Junge, wo liegt er denn?" „Er steckt in Ihrer Katze!"
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Fritz ist aus der Schule entlassen worden. „Alles Gute", wünscht ihm zum Abschied der Lehrer, „bleibe fleißig und brav", j „Danke", sagte er, „danke! Gleichfalls!"
i Zwei Vallettschülerinnen warten auf den Zug. Lilli zeigt der Kollegin die neuesten Schritte eines Stepptanzes. Sie hüpft von einem Fuß auf den andern, biegt sich nach vorn und nach
hinten, nach rechts und nach links. Da legt ihr eine ältere Dame plötzlich die Hand auf den Arm und sagt mitleidig: „Kommen Sie man mit, Fräulein, ich zeige Ihnen, wo das ist!"
H 98 056 Dleufarbener Marocain und Spitzenstoff im glei» chen Farbton wurden für die- ses jugendliche Gesellschaft-« kleid zufammengefteNt. Der Spitzenstoff bildet Paffe und Puffärmel und ist in Zackenlinien mit der Seide verbunden. Kleiner Rollkragen, Rük- kenschluß. Stoffverbr.: etwa S.ZS nr Marocain, 1 va Spit- zenstoff. je 90 ona breit. Lyon-Schnitt erhältlich
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A SS 060 Schwarze Seid« bilde! daS Material dieser Gesellschaftskleider, das mit einem Bolero aus schwarzem Gittertüll getragen wird. Die Blinder der Boleror sind mit goldgestickten Applikationen geschmückt. Das Kleid zeigt ein in Hüfthöhe aufgesetzter Schößchen und füllt nach unten glockig. Stoffverbrauch! etwa 4,zo va Seide, so ont breit» so om Düll, los ovn breit. Lyon-Schnitt u. Ab- plüttmuster hierzu «rhültlich.
Modellei Gustav Lyon, Berlin. Wilhelm Vpetz. Leipzig-
Wenn die Wintersaison mit Theater, Konzerten und kleinen gesellschaftlichen Veranstaltungen da ist, kann man ein sogenanntes kleines Abendkleid kaum entbehren. Schwere, weich fallende Seiden werden dazu in aparter, doch sehr schlichter Form verarbeitet, sodaj) sich jede Frau ein solches Kleid leicht selbst arbeiten kann. Meist sind diese Modelle knöchellang mit etwas glockigem Rock und halblangen Ärmeln versehen, die die Schultern durch Fältchen oder Reih- Ziehung etwas verbreitern. Sehr beliebt sind bei diese Gelegenheiten auch Verwandlungskleiöer. So verwandelt man z. B. ein gropes Abendkleid 'mit tiefem Decollets durch ein dazugehöriges Jäckchen oder einen Bolero aus Samt oder Tüll in ein hochgeschloffenes Theaterkleid. Man braucht auf diese Weise nur ein Kleid für die verschiedensten Gelegenheiten und ist doch stets richtig angezogen. Jugendlichen Figuren steht ein Seidenkleid mit Tüll- oder Spiyenpasse immer besonders gut. Die Verwendung von zweierlei Material gibt einem solchen Kleid einen besonders festlichen Charakter. Wir sehen, die Möglichkeiten sind groß, für jede Frau lallt sich das Pas^nde finden.
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8 (Nachdruck verboten.)
Wvlfgang hatte den Flügel geöffnet, griff ein paar Akkorde und dann begann er zu spielen.
Frau Pfarrer setzte sich in den Lehnstuhl am Fenster und hörte zu. Nach einer Weile öffnete sich leise die Türe, der Hausherr schlich herein und ließ sich in der Sofaecke nieder. Es störte den Spielenden nicht, er wechselte die Tonart und begann Haydn's Kckagio innoosnts. des Pfarrers Lieblingssonate. Der alte Herr lächelte. So hatte er es doch nicht vergessen, der Wolf, und wie er sie spielte, früher hatte er es nicht so gekonnt. Sollte der Junge doch recht gehabt haben, steckte ein gottbegnadeter Künstler in ihm?
Als die schlanken Finger den letzten Ton verklingen ließen, sagte Frau Pfarrer:
„Nun sing uns etwas, Wolf!" Ihre Gedanken waren ähnliche Wege gegangen. Doch Wolfgang schüttelte den Kopf.
„Das ist vorbei, Tante Iulchen, die Stimme habe ich mir vollständig verdorben. Sie war nicht stark und nicht groß genug für die Bühne!"
„Ach, du Armer!" rief die lebhafte Frau rasch und bedauernd. Er lächelte sie an.
„Es war nicht so schlimm, ich hatte doch absolut kein schauspielerisches Talent und wäre auch mit kräftiger Stimme nie ein großer Künstler geworden. Vater hatte recht."
Um sie nicht zu neuen Fragen zu veranlassen, spielte er weiter und diesmal Schumann; er kannte die Lieblinge des alten Pfarrers noch gut. Als er endlich aufhörte, mußte er eilig aufbrechen, wollte er zum Abendbrot daheim sein. Das Ehepaar brachte ihn bis an die Gartenpforte und nahm ihm das feste Versprechen ab, recht oft zu kommen; und er gab es gern zu. Froher als seit langem ging er durch die Felder, ließ die Aehren durch feine Finger gleiten und empfand wohltuend den tiefen Frieden ringsum.
IV.
Während Wolfgang im Scheine der finkenden Sonne heimwärts ging, war er auf der Terrasse des Osterrader Herrenhauses der Gegenstand lebhafter Unterhaltung. Vater. Tochter und Schwiegersohn saßen mit einem Gaste um den runden Tisch. Der alte Herr mit der gedrungenen Gestalt, den großen scharf
blickenden Augen unter weißen, buschigen Brauen und dem starken Schnauzbart über dem energischen kräftigen Munde, halte ruhig auf die Erzählung seines alten Freundes gehorcht, während seine klugen Augen von einem Gesicht zum andern wanderten.
„So", meinte er kurz, als der Hausherr schwieg, „ich kann mir denken, daß euch diese Ueberraschung nicht lieb war. Welchen Eindruck macht denn nun der Junge? Ist er heruntergekommen?"
Als der Vater schwieg, nahm Marie das Wort.
„Das kann ich nicht sagen. Onkel Exzellenz, im Aeußeren tritt er eher elegant auf. wenigstens ist alles, was er dort oben hat, tipp topp, ganz Wolfgang! Wie es innerlich bei ihm aussieht. wer weiß das!" Sie zuckte mit den Schultern.
„So — so! Und was ist denn nun aus ihm geworden, bringt ihm seine Sängergage die Eleganz?"
Marie sah aus den Vater, der schwieg noch immer. Endlich, als die Stille drückend wurde, sagte er hart:
„Ich habe ihn nicht gefragt, was er ist. — und will's auch nicht wißen."
„Freund", meinte die Exzellenz, „das ist Vogel-Strauß- Taktik, ich bin für klare Verhältnisse!"
„Laß mich. Alter!" antwortete der greise Hausherr gequält. „Ich habe ihn ausgenommen, das ist genug. — was er mit seinem Leben begonnen, ist seine Sache. Meinen Rat und Hilfe hat er von sich gestoßen, ich will nichts wissen, — will es nicht!" wiederholte er noch einmal bestimmt. Nach kurzem Stillschweigen fuhr er ruhiger fort:
„Warum soll ich mir diese Zeit noch erschweren, wer weiß, was wir zu hören bekämen. Bei dem Menschen mit dem wenig entwickelten Ehrgefühl ist alles möglich. Ueberhaupt — je weniger ich von ihm sehe, desto bester!"
„Was tut denn der Junge hier den ganzen Tag?" Strahlendorf, an den die Frage direkt gerichtet schien, zuckte die Achseln: „Ich weiß es nicht, Exzellenz, ich sehe den Schwager nur bei den Mahlzeiten!"
„Ich eigentlich auch nur", gestand Marie auf einen fragenden Blick. Es wurde ihr plötzlich ungemütlich vor diesen großen Augen, und sie stimmte innerlich dem Vater zu, als er sagte:
„Laß den Wolfgang, Herbert. Wir sind fertig mit ihm. Warum ich ihn diese Zeit ertrage, weißt du jetzt. Nur das habe ich dir erklären wollen — für mich ist und bleibt er ein Fremder. Ist diese Zeit vorüber, dann —" er hieb mit der flachen Hand durch die Luft. „Bis dahin aber will ich mich über ihn, seine Torheiten, seine Arroganz, Launenhaftigkeit und Anmaßungen nicht ärgern und erregen."
Der Tochter Gerechtigkeitssinn gewann die Oberhand über ihren Groll bei diesen anklagenden Worten.
„Weißt du, Vater", begann sie nachdenklich, „ich glaube, da tust du Wolfgang Unrecht. Wenn ich es recht bedenke, ist er doch
eigentlich rücksichtsvoll und bescheiden. Man merkt wenig seine Gegenwart, auch die Dienerschaft nimmt er kaum in Anspruch. Wenn ich denke, wie früher alle für ihn fliegen mußten, wie er alles in Atem hielt! Und auch bei Tisch, wie war er anspruchsvoll. Jetzt habe ich ihm absichtlich auch das vorgesetzt, was er früher nicht anrührte. Aber man merkt nicht einmal, daß er es nicht gern ißt. Nein, ich finde, über sein Betragen können wir nicht klagen. Er nimmt auch Rücksicht; seitdem du in den ersten Tagen eine scharfe Bemerkung über seinen weißen Anzug machtest, läuft er immer in seinem braunen Rock umher, die bunten Socken sind ganz verschwunden. Und auch sonst hält er sich zurück. Fräulein Martha ist ein Racker und möchte ihn gern aus seiner Reserve locken, aber es gelingt ihr nicht. Er ist höflich gegen die jungen Mädchen, geht aber auch ihnen aus dem Wege. Ich habe scharf aufgepaßt, denn Liebeleien und Kurschneidereien hätte ich nicht gelitten, und ich weiß noch zu gut, wie es Wolfgang früher trieb. Nein — er ist wirklich ernster geworden!"
„Das Schwesternherz spricht", warf Exzellenz von Müller ein.
Die junge Frau warf den Kopf in den Nacken.
„Rem, Onkel Exzellenz, ich bin doch mehr Tochter als Schwester.
Nur was wahr ist, muß wahr bleiben, sonst bin ich durchaus Vaters Ansicht!"
Der alte Herr sah die Eifrige fest an.
„Ich denke, Marie, es ist das schöne Vorrecht der Frauen, mehr nach dem Gefühl als nach dem Verstände handeln zu dür- fen und mit leichter Hand zu schlichten und zu helfen, was wir Männer verbuddeln."
„Mag lein, Onkel Exzellenz!" Das Antlitz der jungen Frau bekam einen abweisenden, hochmütigen Zug, „nur daß ich diese leichte Hand nicht besitze, ich bin eben zu sehr die Tochter meiner Mutter"
„Täusche dich nicht, Mädchen!" erwiderte der alte Herr ruhig und lehnte sich in seinem Stuhl zurück: „Du bist die echte Tochter deines Vaters! Und nun tue du mir den Gefallen und laß mir den Wvlfgang rufen. Sehen will ich ihn doch!"
Die junge Frau erhob sich verstimmt, und der ärgerliche Schein lag noch in ihren Augen, als sie in der Halle den Bruder traf.
„Exzellenz von Müller ist da!" sagte sie kurz, als Wolfgang Miene machte, nach der Terrasse zu gehen. Er blieb sofort stehen.
„So gehe ich aus mein Zimmer; sollte er zum Abendbrot bleiben, bist du wohl so gut und schickst mir etwas zu esser herauf."
Sie musterte ihn erstaunt.
„Im Gegenteil, Wolfgang, ich wollte dich rufen. Er wil dich sehen." Damit trat sie auf die Terrasse zurück.
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