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Raaolder Lagblatt »Der Gesellschafter

Montag, den 13. Dezember 1887

emver 1837

n 11. Dezem- reise bei Ab-

ramm bis Pfund 15 bis RM. (10 bis M. (28 bis RM. (13 biS bis 40 Pfo s M. (38 bis !1 bis 24 RM. 24 RM. (2S bis 5 RM. Blumenkohl bis 55 Pfg.) bis 5 RM. inländischer. Pfg-). Rot- sl Pfd. 7 biS ilogramm indischer. 50 !-)> Kohlrabi 'is 12 Pfg.,. bis 20 Pfg.. csalat 1 Pfd. Bund 10 biS

2 Pfg., rote . 1 Bund 14 bis 10 Pfg., si.. rote-

oarzwurzeln Pfd. 24 biS im 20 NM. aut l Stück Kilogramm , Treibhaus, i, Tomaten bis 34 RM. eln 50 Kilo.

>is. 14 Pfg.,. ick 30 Npf.). lebhaft.

Schlachtvieh: i 350-400, n hochträch. .10, Nnstell. bis 18 Mo.

lilchschweine i Milchschw. Giengen iäufer 37.50 erkel 18 bis Üchweine 17 lm: Milch­

eizen 20.20. : 16.70 bis

i. Frey, 80 Funk, geb. ina Kärcher t r i n g e n.

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Die Lohnzahlung an Feiertagen

Wer ist von der Anordnung Hermann Eörings betroffen? Feiertagsausgleich ist leine

Doppelbezahlung

oorgearbeiteten Stunden den Gefolgfchatts- Mitgliedern neben dem Lohn für den ersten Weihnachtsfeiertag vergütet werden. So- weit der Arbeitsanfall im Betrieb es er- forderlich macht, für die durch einen Feier» tag ausfallende Arbeitszeit einen Ausgleich l durch Mehrarbeit an anderen Tagen zu suchen, bleibt dies dem Unternehmer in den Grenzen der Arbeitszeitordnung gegen Be­zahlung des Lohnes und des etwaigen Mehr­arbeitszuschlages selbstverständlich offen.

Eine Verrechnung auf den nach der Anord­nung zu zahlenden Feiertagslohn findet je­doch nicht statt.

Die Anordnung muß ihre natürliche Grenze dort finden, wo sie nach der wirt­schaftlichen Lage des Betriebes aus­nahmsweise undurchführbar ist. Soweit hiernach zwingende Gründe eine Ausnahme erfordern, ist der Reichsarbeits­minister zur Genehmigung ermächtigt.

Zu der Anordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan über die Bezahlung der Feiertage veröffentlicht Ministerialrat Dr. Stein mann vom ReichHarbeitsministe- rium in derOrtskrankenkasse" einen aus­führlichen Kommentar. Er stellt fest, daß die Anordnung dem Personenkreis zugute kommt, für den bisher der Lohn an Wochen- seiertagen nicht weiterbezahlt wurde, d. h. den in Tage» oder Stundenlohn beschäftigten Gefolgschaftsmitgliedern. Sie ersaßt dagegen nicht JahreS». Monats- und Wochenlohnempsänger, die ohnedies durch einen Wochenfeiertag keinen Ausfall erleiden, wie z. B. Angestellte, Hausgehilfen und große Teile der in der Landwirtschaft beschäftigten Aefolgschaftsmitglieder. Die Anordnung fin- det im übrigen auf alle Gefolgschastsange- hörigen Anwendung. Zwischen ständigen und unständigen Gefolgschaftsangehörigen macht das Gesetz ebenfalls keinen Unterschied. Aus Personen, die an dem fraglichen Wochen- seiertag in Arbeit standen, müssen die Grund- sätze Anwendung finden. Eingeschlossen sind ferner auch die Betriebsarbeiter der Haus­gewerbetreibenden. Die Heimarbeiter erfaßt die Verordnung dagegen ebensowenig wie das Gesetz über die Lohnzahlung am l. Mai. ES wird jedoch erwartet, daß auch in der Heimarbeit dem Grundgedanken der Anordnung, soweit nicht zwingende Gründe mtgegenstehen, nach Möglichkeit Rechnung getragen wird.

Als Lohn ist der regelmäßige Ar­beitsverdienst zu zahlen. Für kurz­arbeitende Betriebe sind dies die entsprechen­den Kurzarbeiterlöhne. Den Ak­kordarbeitern ist der durchschnittliche Ar- beitsverdienst ihrer Gruppe zu zahlen. Ein Feiertagszuschlag kommt in keinem Falle für die an diesem Tage nicht beschäftigten Ge- folgschaftsangehörigen in Betracht. Auch Ueberstunden, soweit sie in dem Betrieb nicht regelmäßig geleistet werden, sind nicht zu be- zahlen. Fällt der Feiertag auf einen Sams, tag, wie in diesem Jahre der erste Weih­nachtsfeiertag, so ist nur die am Samstag im Betrieb übliche Arbeitszeit abzugelten. Weihnachtsgratifikationen kön- nen nicht als Bezahlung angesehen werden; sie sind eine Anerkennung für die Mitarbeit in der zurückliegenden Zeit. Für die an einem Wochenfeiertag beschäftigten Gefolg­schaftsmitglieder gelten die allgemeinen ge- setzlichen, tariflichen oder sonstigen Bestim­mungen hinsichtlich des Anspruches auf Lohn und deS etwaigen Feiertagszuschlags. Hier kommt die Anordnung nicht in Betracht. Die Anordnung will einen Feiertagsaus, zleich, nicht Doppelbezahlung gewähr- leisten. Arbeitet ein Gefolgsmann allerdings im einem Feiertag nur kürzer als die an dem fraglichen Wochentag übliche normale Arbeitszeit, so kann er eine Auffüllung seines Lohnes auf den Lohn für die regelmäßige betriebliche Arbeitszeit beanspruchen. Die Fortzahlung des Lohnes ist nach der Anord. »ung picht an einen Ausgleich durch Vor- oder Nacharbeit geknüpft. Soweit in die- !em Jahre in Erwartung einer ähnlichen Regelung wie in den Vorjahren etwa vor- gearbeitet worden ist, muß der Lohn für die

Schenkt der SS Lagersutschetne!

Großzügige Unterstützung der Aufgaben der HI.

Stuttgart, 10. Dezember. Die Standort- ührung der Hitler-Jugend teilt mit. daß )ie Firma Daimler-Benz die Sommer, lageraktion der Hitler-Jugend für 1938 da- durch unterstützt hat, daß sie 180 der Hitler­jugend ungehörigen Lehrlingen ihres Be- triebes je einen Gutschein für die Som­merlager im Betrag von 5 RM. ausgehän- bigt hat. Der Betriebsführer der Ma­schinenfabrik Kiefer in Feuerbach hat seinen 18 der HI. angehörenden Lehr­lingen je einen Gutschein über 10 RM. über­geben. Diese großzügige Unterstützung der Aufgaben der HI. wird allen Handwerks- meistern und Betriebssührern zur Nach- ahmung empfohlen.

Weingarten, 10. Dezember. (Rätsel- after Todesfall.) Ein löjähriger ehrling wurde, nachdem er am Abend zuvor noch gesund und munter war. mor- genS tot in seinem Bett aufgefunden. Der Junge wachte in der Nacht auf und be- nahm sich dabei etwas seltsam, beruhigte sich jedoch bald wieder und schlief weiter. Die Todesursache konnte bis jetzt noch nicht festgestellt werden.

Was gibt es nicht im Schlußverkauf?

Am 31. Januar beginnt der Winterschlußver­kauf 1938. Sein» Aufgabe ist die Räumung der Läger von modeempfindlichen Waren. Nach einem Erlaß des Neichswirtschaftsministers dür- fen in den Winterschlußverkäufen folgende Waren deS Textilfachgebietes nicht zum Verkauf gestellt werden: Weiße Wäschestoffe jeder Art, Taschen­tücher, Handtücher. Erstlingswäsche, Bettwäsche und Inletts, einfarbige Unterwäsche aus Ge- spinsten, die Wolle oder Baumwolle enthalten, Bettensüllmaterial, Matratzen, Bettstellen, blaue Mützen, schwarze Herrenhüte, Berufskleidung, einfarbige Arbeitskittel, Pelze und pelzgefütterte Mäntel, Teppiche, Brücken und Läufer, Fahnen und Fahnenstosfe, Herrenstöcke und Schirme jeder Art.

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Die Weihnachlsvorbereikungen der NS.-Frauenschafk

Der Reichssender Stuttgart besuchte die NS.-Frauenschaft in ihrem GauhauS. in dem augenblicklich die Vorbereitungen für die Weih- nachtsbescherung der Kameradinnen in den Pa­tengauen im Gange sind. Die Rundfunkhörer haben am Dienstag, 14. Dezember, um 18 Uhr, Gelegenheit, am Mikrophon an dem Er­lebnis dieses Besuches teilzunehmen.

Sport

öchmeltna-Mnms im Milk

Der große Boxkampf zwischen Max Schmeling und Harry Thomas wird auch allen deutschen Sportfreunden durch den Rundfunk unmittel­bar übermittelt werden, denn der Deutschland­sender hat eine große Uebertragung deS ganzen Kampfes aus Neuyork technisch und programm­mäßig bestens vorbereitet. Für die deutschen Hörer, die in der Nacht vom Montag zum DienS- tag sicher in großer Zahl am Lautsprecher sitzen werden, um den Kamps unseresMax" in jeder Phase zu verfolgen, wird wegen der ungünstig liegenden Nachtzeit ein besonderes Unterhal­tungsprogramm vom Deutschlandsender abgewickelt. Die große Sondersendung anläßlich des Schmelingkampfes beginnt um 24 Ubr nachts und heißt:Hallo. Deutschland! Max Schmeling boxt!" Barnabas von Geczy mit keinem Orchester, das Blasorchester Carl Woitschach und zwischen­durch Schallplattenansnahmen werden für die Zer­streuung der Hunderttausende von Hörern bis zum Beginn der Amerikaübertraanng sorgen. Der Deutschlandsender blendet außerdem aus Berlin. Köln und München Funkgeivräche mit bekannten deutschen Boxern ein, die sich über die Kamps- missichten Schmeling? und die bei dem Kampf ak­tuellen und allgemein interessierenden boxsport- lichen Fragen äußern, AlS deutscher Sprecher wurde vom Rundfunk Arno HellmiS nach Nenyork geschickt, der auch für die deutschen Hörer aus Amerika über den großen Boxkampf Mar Schmeling gegen Louis berichtete Arno Hellmis meldet sich zum erstenmal ans Amerika bei den

deutschen Hörern beim Beginn deS Vorkampfes, über den er einen kurzen Bericht geben wird Gegen 4 Uhr beginnt der Hauptkampf.

OM HraÄ

! Kreß und Richard Hosmann. die ! beim Tschammerpoka l-Vorschlußru»denspiel ! Fortuna Düsseldorf Dresdener ST, wegen Un- ! Wörtlichkeiten vom Platz gestellt worden waren, I wurden jetzt durch das Urteil des Reichsfachamtes ' bis zum 6, März 1938 gesperrt. Gegen den Dies- ! dener Verteidiger Kreisch. der ebenfalls des Fel- ! des verwiesen wurde, schwebt das Verfahren ! noch, um volle Aufklärung zu schaffen. Bis dabin ! ist auch Kreisch vom Spielverkehr ausgeschlossen,

Max Schmeling hatte in seinem Trainingslager Summit (Neu Persey)hohen Besuch" i ganz überraschend war der frühere Weltmeister Gene Tunney erschienen, der nach seinem Rücktritt zum ersten Male wieder «inen Titelanwärter beim Training auffuchte. Tunney äußerte sich sehr lobend über Schmeling. der nach seiner Ansicht über die beste Rechte verfüg! die er je bei einem Schwergewichtler gesehen hat.

Major Zahn und HanS Kilian, zwei alte Kämpen des Bobsports, wollen in diesem Winter wieder aktiv in daS Spvei- I geschehen eingreifen, Kilian will aus seiner Hei- j matbahn oberhalb des RießerseeS versuchen an > seine Glanzzeit anziiknüpfeii und Major Zahns Wunsch ist es noch einmal mit dem Nachwuchs aufzunehmeii

SplelM dv Mr», Emiri-kiie»

Großes Haus

Montaa, 13. Dezember:Kdff." Kuliiiraemetnde 30:Mona dt ko". Aut. SO Ubr Ende 22.15 Mr, Dienst««, <1. Dezember; 0 8:Undine". An- sanci 19.30 Ubr. Ende geaen 22,30 Mr Mittwoch, 15. Dezember: II 8: Neuer Balle«:- abend:Die Geschöpfe deS Prometheus"Der zerbrochene Krug"Petruschka". An?, 19.30 Mir Llibc 22.80 Mr.

Donnerstag, 13. Dezember: Geschlossene Borsicl- lung: Die neue OperetteMonika" Ans. 19,80, Ende 22.30 Mr.

ffreita«. 17. Dezember: ...Kdff." Kuliurgemclnde 34: ,.M ona Lisa" Anfang SO Übr. Ende 22.14 Ubr, SamStag, 18, Dezember: 13 10: Die neue Overetie Montk a" Anfang 19,80 Mr. Ende 22.30 Ubr Sonntag, 18, Dezember: Außer Miete:Schwär- , erPeter" Anfang 1» Ubr. Ende 17.45 Ubr. - äks/II:UnbIn e". An». 20. Ende »aiÜ 22.45 Ubr Montag. 23. Dezember:Kliff." Kulturaemelnbe 3S:Earinen" Ans 19,30, Ende na» 22.45 Mr

Kleines Ha « S :

Montag. 13. Dezember:Kdff." Kulturgemeinde 31: .Engel HI l t e n s p e r a e r" An». 20 Mr Ende 22.45 Mr.

Dienstag. 14. Dezember: <17:Hamlet". R»l 19 Ubr. Ende 28 Mr.

Mittwoch. 15. D-icmber: .Kdff." Kulturgemeinde 32:ff N r Liebe a e s v e r r t" Ans. 20 Ubr, Ende SS Ubr,

Donnerstag, 13 Dezember: 8 9:Lauter Lügen" Ans, 19,30 Ubr. Ende 22 Ubr, ffreitag. 17. Dezember:Kdff," Kulturgemeinde 33:Marsch der Veteranen". Ani SO Uhr, Ende 22.30 Mr.

Samstag, 18. Deiember: Außer Miete: .Schnee, weißchen und Rosenrot", Ani. 15.30 Ubr. Ende 17.15 Uhr. Außer Miele:Ha ni lrt". Ans. 19 Ubr. Ende 23 Ubr,

Sonntag. 19. Deiember: Außer Miete:Schnee­weißchen und Rosenrot". Ans, 15.80 Ubr Ende 17.15 Ubr. Äußer Miete: ,L o » t e r Lügen", Ans, ,9,80 Mr Ende SS Mi

Montag, 20. Dezember: ä 9:M a » i ch der Veteranen". Ans. 20 Ubr, Ende 22.30 Ubr,

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O«q>,riebt d, Karl Köhler L To,. Berlin-Zehlendorf-

3; (Nachdruck verböte».)

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Es war ganz still, als der Alte schwieg. Sein Sohn stand in sich zusammengesunken vor ihm. Endlich raffte er sich auf und sprach tonlos und heiser:

Du hast recht, Vater, ich habe mich schwer an euch versün­digt, da gibt es kein Vergeben und kein Vergessen. Verzeih, daß ich dir noch einmal vor die Augen trat, ich begreife selbst nicht, woher ich den Mut nahm, es war die grenzenlose Sehnsucht nach euch, nach der Heimat."

Die Stimme versagte ihm vollständig, er wandte sich und schritt langsam nach der Tür.

Der Alte sah ihm finster nach, es kämpfte in ihm, er rief: Du hast das Geld vergessen!"

Der Sohn schüttelte nur den Kopf und tastete nach dem Türgriffe.

Noch immer kämpfte es in dem Alten, rauh fragte er:

Wohin gehst du?"

Dahin, woher ich kam, Vater, in die Fremde ins Elend!" Die Hand hatte die Klinke gefunden und wollte die Tür öffnen, da raffte der Alte sich auf:

Wolfgang!"

Müde hob der Sohn den Kopf und blieb stehen.

Ich muß dir noch einige Worte sagen. Als es mit deiner Mutter zu Ende ging, bat sie mich, solltest du wiederkommen, dir nicht das Vaterhaus ganz zu verschließen, dir wenigstens für ein Vierteljahr Aufnahme zu gewähren. Und ich gab ihr mein Wort, denn was tut man nicht, daß ein geliebter Mensch in Frieden scheiden kann!"

Wolfgang schüttelte trübe den Kopf.

Was nützt das, Vater, es wäre nur eine Oual für uns beide!"

Oual oder nicht, habe ich so viel getragen trag ich auch das", sprach der alte Herr plötzlich wild.

Ich halte mein gegebenes Wort, und du sollst mich nicht meineidig machen, verstanden! Du bleibst hier für ein Viertel­jahr, als mein Gast denn einen Sohn habe ich nicht mehr!" Fordernd, heischend sah er zum Fortgehenden hinüber. Der trat von der Tür ins Zimmer zurück.

Wenn es so ist, Vater, bleibe ich!"

Der alte Mann schritt zur Klingel und drückte auf den Knopf, dann ging er langsam zum Schreibtisch zurück und ließ sich schwer­fällig in den Armsessel fallen. Die letzten Minuten hatten ihn doch mehr angegriffen, als er sich und dem Sohne eingestehen wollte. Er mied dessen Blick und sah aus dem Fenster, als er nun leiser und ruhiger weiter sprach:

Eins aber muß ich noch wissen, ehe ich dir mein Haus öffne", er zögerte, die Worte wollten ihm schwer über die Lippen:Ob dich auch etwa die Polizei sucht?"

Wolfgang Gärtner fuhr in die Höhe, eine heftige Entgeg­nung wollte ihm über die Lippen, da sah er das weiße Haar des Vaters im Lichte der Sonne schimmern. Das bezwang seinen verletzten Stolz, weckte und schärfte von neuem ein tieses Schuld­gefühl, so antwortete er nur ernst:

Nein, davor habe keine Sorge!"

Der alte Diener war eingetreten, er warf einen erstaunt fragenden Blick auf den Fremden, stutzte und stammelteHerr, unser Herr Wolfgang!" Doch sein Herr schickte ihn so barsch, wie es sonst nicht seine Art war, mit einem Auftrag zur jungen Haus­frau.

Rufe die gnädige Frau!"

Sie kam sofort, die schlanke blonde Frau, hatte sie doch in verzehrender Sorge auf dem Vorplatz gestanden, um auf die Stimmen hinter des Vaters Tür zu horchen. Es war alles so still geblieben dort drinnen. Nun stand sie mit großen fragen­den Augen auf der Schwelle. Der Vater saß ruhig an seinem gewohnten Platze und sprach:

Marie, dein Bruder wird ein Vierteljahr als mein Gast bei uns bleiben. Ich kann mir denken, daß es deinem Manne und dir nicht lieb sein wird, doch du weißt, warum ich es tue. Wir werden unserer Mutter dieses letzte Opfer noch bringen kön­nen, nicht wahr, meine Tochter?" Er sah bittend in ihre Augen und streckte die Hand aus.

Die junge Frau ergriff sie, legte den Arm um den Vater, küßte ihn auf die Stirn und meinte liebevoll:

Wir tun alles, was du willst, lieber Vater. Doch ist es wirklich nötig, daß du dir dieses auferlegst?"

Der alte Mann drückte fest ihre Hand:

Ja, Kind, es ist nötig, ich würde sonst nicht ruhig sterben können! Nun geh' und zeige deinem Bruder ein Zimmer, er kann im blauen wohnen so lange!" Er nickte der Tochter noch einmal zu und wies stumm nach der Tür.

Die Geschwister gingen. Still stiegen sie zusammen die Treppe hinauf. Die junge Frau öffnete eine Tür, trat ein, zog die Rouleaus an den Fenstern in die Höhe und öffnete einen Flügel. Daraus wandte sie sich wieder zur Türe und fragte im Hinausgehen:

Hast du Gepäck und wo? Ich werde es holen lassen."

Dabei musterte sie den Bruder flüchtig und merkte erst jetzt, daß er nicht nur anständig, sondern elegant gekleidet war.

Mit blassem, vor Erregung zuckendem Gesicht trat der Ge­fragte vor sie hin, ergriff ihre herabhä'ngende Hand und stieß lei- denschaftlich heraus:

Marie, haßt ihr mich denn so, daß ihr mich behandelt wie einen Lumpen?"

Sie ließ ihm ihre Hand und sah ihn mit ernsten Auge« fest an, während sie antwortete:

Und hast du nicht wie ein solcher an den Eltern gehandelt?"

Er stöhnte auf und schlug die Hände vors Gesicht, alle Selbst- beherrschung verließ ihn. Als er wieder aufsah, erschütterte sie doch der verzweifelte Ausdruck seiner Augen, eine weichere Re­gung wollte die junge Frau übermannen, aber sie schüttelte sie ab und preßte die Lippen, die schon ein gutes Wort sprechen wollten, fest zusammen. Nur vor diesem hier nicht weich werden, er hotte es wahrlich nicht verdient.

Der Bruder beantwortete jetzt ihre Frage.

Ja, Marie, aber auch mir wurde es nicht leicht, auch ich habe gelitten!"

Nun, es scheint dir doch ganz gut gegangen zu sein", meint- sie leichthin, indem sie ihn noch einmal musterte.

Wolfgang!" rief sie dann plötzlich hastig und bitter, warum bist du so spät gekommen, warum hat Mutter so sterben müssen!"

Er antwortete nicht, hatte ihr den Rücken und sich dem Fen­ster zugewandt, drückte die Stirn gegen die Scheibe, und an dem Zucken seiner Schultern merkte die junge Frau, daß er weinte. Da ging sie still aus dem Zimmer.

Der Mann stand lange. Heftige Gedanken, wirre Bilder zogen ihm durch den Sinn. Er sah sich wieder umjubelt von einer hundertköpfigen Menge, hörte die Stimme der Freunde, die ihn priesen. Er fühlte das stolze Bewußtsein, das ihn noch vor Wochen durchbebt, etwas erreicht zu haben. Da war ihm der Mut so riesengroß gewachsen, er hatte so tiefes Glück empfunden, vor den Vater treten zu können: Sieh', dein Sohn ist ein Mann geworden, der Verlorene kehrt zurück als einer, der etwas gilt bei den Menschen, du kannst stolz auf ihn sein!

Doch die Bilder der jubelnden Beifall spendenden Menge, Frauen, die ihn umschmeichelten, Männer, die seine Bekanntschaft suchten, wurden zurückgedrängt von dem Bilde eines schwarzen Kreuzes, das in der Sonne glänzte, neben dem er eben gestanden, Verzweiflung im Herzen. Was nützten ihm nun Ruhm und An- . sehen, da sie es nicht mehr mit ihm teilen konnte.

Mutter, Mutter!!" stöhnte er auf. Und immer mehr ver- dunkelte das schwarze Kreuz die leuchtenden Bilder. Immer klarer wurde die Erkenntnis; in diesem Hause war er aur Kind und ein tief schuldiges Kind.

Esrtjrtzm»« f-lgr.)