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Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Freitag, den 1l>. Dezember l »37

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Korpsfiihrer Hühnlein !

über den Altoholgenutz des Kraftfahrers

Der deutsche Verein gegen den Alkohol- mißbrauch hatte sich aus Anlaß seiner Ber­liner Tagung auch an die KorpSsührung de? NSKK. mit der Bitte uni eine Stellung­nahme gewandt. Kokpsstthrer Hühnlein hat dem Verein daraufhin folgende grund- süßliche Stellungnahme übermittelt:

Deutschland besitzt in seinen herrlichen Weinbergen mit ihren Reben kostbare Güter der Natur, die allen Volksgenossen zugute kommen sollen und müssen. Gibt es ein bes­seres Mittel als ein Glas Wein oder Bier zur rechten Zeit, um nach anstrengender Tagesarbeit sich zu erfrischen und lebensbe­jahend über Verdruß und Aerger himveg- zukommen! Meine jahrzehntelangen Erfah­rungen am Steuer haben mir bewiesen, daß die sichere Führung des Kraftfahrzeuges weit mehr als durch mäßigen Genuß von Alkohol durch seelische Erregungen infolge Aerger, Ueberarbeitung, Sorgen um das tägliche Brot, die nervöse Hast, zu einer vereinbarten Zeit oder zum Tienstbeginn zu spät zu kommen, gefährdet wird. Von der Disziplin des Nationalsozialistischen Krart- fahrkorps erwarte ich jedenfalls, daß feine Führer und Männer bei dem Genuß von Alkohol die Grenze des ihnen Zu­träglichen genau kennen und das not­wendige Verantwortungsgefühl selbst auf­bringen. Ich beabsichtige daher nicht, mich an der grundsätzlichen Bekämpfung des Alko­hols zu beteiligen/

Zu dem Schreiben ist zu bemerken, daß es sich dabei um eine durchaus vernünftige Auslegung der Bestimmungen gegen den Alkoholmißbrauch insbesondere des Kraft­fahrers handelt. Daß mäßiger Alkohol­genuß den Verkehr noch nicht gefährdet, ist auch der Sinn der Anordnungen des Reichs- iührers ff. Aber jeder Kraftfahrer muß wissen, wie weit er dabei gehen darf. Die notwendige Grenze wird im Eruzel- fall gegebenenfalls die Polizei feststellen müssen. Insoweit bedeutet die Stellung­nahme des Korpssührers Hühnlein natür­lich keinen Freibrief für einen nnbeschränk- ten Alkoholgennß des Kraftfahrers.

Warnung vor einer Vetrügerln

Seit etwa einem Jahr treibt sich im Reich beirügend und stehlend eine 50jährige Frau herum, die einen etwa 12 Jahre alten Kna- ven bei sich hat. Es handelt sich um eine Frida Berge aus Freibergsdors, die schon immer gewohnheitsmäßige Betrügerin und Diebin war. Ihre Schwindeleien sind viel­gestaltig. Gewöhnlich tritt sie als Woh­nungssuchende aus, behauptet, Kran­kenschwester oder Beamtenwitwe mit Renten, .'inkommen zu sein, erschwindelt Darlehen und stiehlt in den Wohnungen, zu denen sie Zutritt erlangt. Sie ist mittelgroß, dunkel­blond, hat im Oberkiefer künstliches Gebiß und trug zuletzt einfachen dunklen Mantel und schwarzen Hut. Tie Kriminalpolizei io arnt vor ihr und bittet, bei ihrem wei­teren Auftreten sotort die nächste Polizeistelle zu verständigen, damit Festnahme erfolgen kann.

Fmpsungen gegen Maul- und Klauenseuche

uliae» neuen

Maus- und Klauenseuche jetzt elich'eitllch im'gan­zen Reichsgebiet nach folgenden Gesichtspunkten j vargeuvmmen: Bis auf weiteres sind Impfungen ! wwvtzl im Seuchengehvft als auch in der Um- ! gebuug von Seuchengehöften tim Ring) durch- Zufuhren. Im Seuchengehöft selbst kann di, Impfung auf die Rinderbestände, die mit ihnen im gleichen Stall gehaltenen Klauentiere und die im «cuchengehöft sonst vorhandenen einzel- neu Schafe nnd Ziegen beschränkt werden. Aus die Impfung der klinisch kranken Tiere kann verzichtet werden. Die noch nicht fieberhaft er- 'ranken Rinder sind simultan, Kälber oder ander, Kleintiere mzr mit Serum zu impfen. Im Nina kann die Impfung in der Regel auf die Rinder^ bestände beschränkt werden. Schweine und ander« Klauentiere sind nur aus besonderen Gründen zu impfen. Rinder und Schweine dürfen zu Nutz, und Zuchtzwecken aus verseuchten Bezirken nur ausgeführt werden, nachdem sie im Ursprungs­bestand gegen Maul, und Klauenseuche schutz­geimpft find.

Autobeheizung kostenlos!

Eine neue Erfindung, die das heiß« Kühlwas­ser des Motors als Wärmeerzeuger auswertet, schafft im Auto genau die gleiche behagliche Wärme wie zu Hause. Die Bedienung ist höchst einfach. Sie erfalat durch Ein- und Aus- schalten am Armaturenbrett. Die Hei­zung wird in die Kühlanlagen des Motors mit einer Zirkulationsleitung eingeschaltet. Das heiße nthlwafser fließt durch den oberen Schlauch zum Heizkörper unt> durch den unteren in die Kühl- anläge zurück. Die Verteilung der Heizluft er­folgt durch schwenkbare Klappen nach allen Sei­ten im Wagenraum. Die Beheizung vollzieht sich tatsächlich ohne besondere Kosten.

Was es nicht alles gibt/

Wo sind die Skorpione Zerstreutheiten müs. geblieben? sen nicht immer nur

komisch sein, fie kön- nen auch eine ganze Stadt in Hellen Schrek- ken versetzen. In Paris hatte sich z. B. Professor Millot von der Sorbonne einen Sack Skorpione aus dem Ausland kommen lasten. Selbstverständlich hatte er nicht vor, die Pariser Bevölkerung mit diesen stächet- bewehrten Ungetümen zu Peinigen, sondern er wollte die Tiere zu Laboratvriumszwek- ken benutzen. Daß es dann doch anders kani. das eben war auf seine Zerstreutheit zurück- zuführen. Er hatte den Sack mit dem gefähr. lichen Inhalt selbst vom Bahnhof abgeholt und für die Heimfahrt ein Taxi bestiegen. Ms er ausstieg, vergaß er, die Skorpione mitzunehmen. Der Chauffeur fuhr ahnungs­los davon. Einige Zeit später erinnerte sich der Herr Professor, daß er eigentlich im Be- sitze einer Sendung von Skorpionen sein müßte, wo aber waren diese? Nach und n-ach kam er in der Tat darauf, daß sie wohl noch in dem Taxi liegen müßten, und da der Professor nicht wirklich pflichtvergessen war, ihm zudem an dem teuren Paket sehr viel lag, meldete er seinen Verlust sogleich be: der Polizei. Diese ließ sofort einen Rundrus an alle Taxichaufseure ergehen, wonach der Finder der Skorpione gebeten wurde, die Tiere an ihren Besitzer zurückzugeben. Merk­würdigerweise hat sich der betreffende Fahrer noch nicht gemeldet, und dies eben ist der Grund, warum die Pariser Bevölkerung von einein großen Entsetzen befallen ist. Am un­glücklichsten sind die Leute daran, die ge­zwungen sind, ein Taxi zu benutzen. Sie ge­trauen sich nicht recht au? dem Sitz nieder­zulassen und lasten ihre Augen unruhig iv jede Polsterecke wandern, weil sie dauernd befürchten einen Skorpion hervorkriechen zu sehen.

Aus Rache einen Eisen- In einem osteuro- bahnzug gestohlen päischen Staat hatte man einen Eisenbahnbeamten entlasten. Er sann auf Rache. Als er an dem Schienenstrang nach Hause lief, sah er einen fahrbereiten Zug stehen. Sein Entschluß war gefaßt; er­schwang sich aus die Lokomotive und los ging die Rachefahrt ins Blaue! Was küm­merten ihn Signale, Bahnhöfe und Strecken­wärter. Nach drei Stationen stieß er auf zwei Güterwagen, aber die Lokomotive hielt ganz von selbst an, weil die Dampfzufuhr nicht richtig eingestellt war. Der rache- durstige Mann aber war vor Schrecken ohn­mächtig geworden und wurde von der Poli­zei als widerstandsloses Etwas in Empfang genommen.

Einkäufen mit Vor einiger Zeit hat eine dem Flugzeug findige Amerikanerin das Einkäufen mit dem Flug- zeug,Shopping by Air", ins Leben gerufen; sie gründete einen LuftkaufdienstAir Shop­ping Service", der ihr in einem Jahre schon 7622 Aufträge einorachte. Sie befördert Dinge, die besonders schnell an ihren Bestim­mungsort geschafft werden müssen. Die ge­schäftstüchtige Gründerin dieses neuartigen Kundendienstes ist Mildred Johnson.

l Ilurrgeselllekte:

Lok Lesckttrere -Mkck

Von Horst Thielau

Ob sich Unglückstage vererben? Als meine Großmutter noch in den sogenannten besten Jahren, also noch nicht Großmutter war, gab sie am Silbernen Sonntag bei ihrem Delikatessenhändler die Bestellung auf die Weihnachtsgans auf. Als die Großmutter die Gans gerade bezahlt hatte und vom Ladentisch zurücktreten wollte, glitt sie auf einer Nußschale aus und stürzte mit ihren 67 Kilo rücklings in eine offene Eierkiste.

Den tiefen Eindruck, den damals die Großmutter auf die Eierkiste gemacht hatte, ist sie die Großmutter, nicht die Eier- ktste ihr Lebtag nicht wieder losgeworden. Ter Delikatessenhändler, der doch an meiner Großmutter, bzw. an der Gans nun schon genug verdient hatte, ließ sich auch noch die Eierkiste samt Inhalt ersetzen, worüber die Großmutter ungeheuer empört war. Und schließlich hat sie sich auch noch ein anderes Kleid machen lasten müssen, weil sie mit dem anderen eben in der Eierpampe ge­sessen hatte. An jenem Tage hat meine Großmutter einen fürchterlichen Fluch gegen die Hasel- und sonstigen Nüsse ausgestoßen. Deshalb schmecken sie jetzt immer so bitter.

Im vorigen Jahr bin ich am Silbernen Sonntag mit meiner Frau in einem großen Geschäftshause dabei, einen Steinbaukasten für unseren kleinen Erich auszusuchen. Wie wir noch beim Aussuchen sind, fühlt sich meine bessere Hälfte von einer Verkäuferin augerempelt".

Sofort gehst du zur Beschwerdestelle und sorgst dafür, daß dieser Person tüchtig Be­scheid gegeben wird," kommandierte meine Fra».

Ich winde mich durch das Menschenknäuel und klettere zwei Treppen höher. Am Be­schwerdezimmer steht die Tür offen, wiewohl

nu-mand zugegen ist. Ich trete ein, da fliegt die schwere Eisentür gleich hinterher durch einen schweren Windstoß zu. Tau Schnappschloß läßt durchaus nicht mit sich reden. Ich sitze gefangen!

Meine Armbanduhr zeigt zwei Minuten vor Sieben. Um sieben Uhr ist Geschästs- schluß. Ich rufe, brülle, jammere zum Hof hinunter. Eisiges Schweigen.

Ratlos falle ich in den Klubsessel. Und während mein Korpus in den Sessel fäll:, füllt mein Blick auf ein Regal, in den, ii, Paradoxer Gemeinschaft mit Geschäftsbüchern. Tinte und flüssigem Leim eine Schnaps- flasche thront.Sherry-Silber", leuchtet es vom Etikett.

Silber des Silbernen Sonntags", über- sprudelt mein Herz sich. Tröster aller Ver­lassenen, Eingekerkerten und Hilflosen!" ...

Als ich wieder zu mir komme, ist es fieben- zehn Minuten vor Mitternacht. Während ich das Regal einer erneuten Prüfung unter- ziehe, ob etwa noch eine zweite Flasche auf- zu treiben sei, begehrlich ist der Mensch, niminersatt und schlecht, mache ich die Be­obachtung. daß das Regal eine Tür verdeckt. Ich schasse das Regal beiseite und tue de» großen Schrei des Erlösten; die Tür gib! freien Ausgang!

Auf den Zehenspitzen haste ich mich ein« Treppe tiefer und gerate in die seligen Ge­filde der Delikatestenabteilung. Nach lieber- Windung der Käse- und Heringsstände ar­beite ich mich zum Fleisch- und Wurstrevier durch. Im spärlichen Licht der herüberschim- meruden Straßenlaterne führe ich mir heiß­hungrig verschiedene halbe Kilos kalten Rost­braten, Pökelzungen und Schinken zu Ge- müte, und wie ich mich gerade noch über eine Platte mit garniertem Rinderlenden­stück hermachen will, höre ich tappende Schritte.

Ein paar Sekunden später stehe ich iin Licht­kegel der Nachtwächterlampe.Hände hoch!", verwirrt mich ein Schrei, der wie eine Lawine das ganze Haus füllt. Eine Aufforderung, die kaum zu umgehen war, denn vor meiner Nasenspitze blitzte der Revolver.

Knapp eine Stunde später sitze ich im Poli­zeipräsidium. Dort blieb ich sitzen bis an­derthalb Stunden vor der Weihnachtsbesche­rung. Deshalb, weil die Leitung des Geschäfts­hauses am Morgen nach dem Silbernen Sonn­tag nicht nur ein paar Kilo Pökelzunge und kalten Rostbraten vermißte, sondern außerdem noch 84 Paar Wollstrümpfe, 3 Photoapparate, 28 Dessertteller, 16 Handtaschen, einen Staub- saugerr, 14 Füllfederhalter, 22 Flaschen Parfüm und schließlich auch noch ein Schaukelpferd. Das sollte natürlich alles auf meine Kappe gehen.

Nach mehr als acht Tagen erst war mir der überzeugende Nachweis gelungen, daß ich Pökelzunge und ein garniertes Rinderlendcu- itück dem Schaukelpferd entschieden vorziehe.

Und so ließ man mich schließlich laufen. Natur- lich nicht ohne die ehrenwörtliche Versicherung, daß ich das nächtliche Menu nach den Feier­tagen begleiche.

Immerhin bin ich noch wesentlich wohlfeiler davongekommen als die Großmutter. Die Großmutter hat aber auch nichtge­brummt" . . .

WM« Sie «asm Zeit««»

...und Hütte

6op)rizkt d) Karl Köhler L To.. Berlin-Zehlendort

^Nachdruck verboten.)

I.

Hohe Lindenbäume vor einem einfachen langgestreckten Guts-! baust sandten ihre» süßen Duft in warmen Wellen durch den Garten. Heiß lag der Sonnenglast auf dem Lande. Die Luft schwirrte und flimmerte in der Mittagsglut über dem großen Rasenplatz. Im Garten und aus dem Wirtschaftshofe regte sich nichts. Der Kettenhund schlief in seiner Hütte und ließ sich nicht stören von den großen blauen Schmeißfliegen, die ihm träge um die Schnauze summten. Selbst die Vögel waren verstummt. Am Hause waren die grünen Fensterläden geschlossen, wie schlafend lag es da im Schatten der hohen Bäume. Kein Menschenlaut, keine Tierstimme durchbrach die tiefe Mittagsruhe.

Ein Bild des Friedens, der Ruhe!

Der Mann, der eben trotz der Wärme mit raschen elasti­schen Schritten auf der Landstraße dahergekommen war, blieb auf­atmend an dem Tore stehen. Er lehnte sich wie erschöpft an den Sandsteinpfeiler, der die große Einsahrtslaterne trug, nahm den Hut vom Kopf und strich sich mit ungeduldiger Bewegung die feuchten welligen Haare von der Stirn zurück. Sv hastig und eilig wie er den Weg vom Bahnhof durchs Dorf genommen, als fürchte er etwas zu versäumen, so ruhig stand er nun und be­trachtete Haus und Garten. Sein Helles frohes Gesicht mit den lebhaften Augen wurde ernster, je länger er stand. Die schmale, zierliche, aber elastische Gestalt, die den feingeschnittenen Kops mit dem energischen Kinn so stolz und aufrecht trug, sank immer mehr in sich zusammen. Endlich richtete er sich entschlossen auf und ging, den Hut in der Hand, mit langsamen Schritten den Weg, der zum Hause führte, hinunter.

Die Haustür stand offen, aus der daneben liegenden Küche klang Tellergetlapper und die Stimmen der Mägde. Der An­kömmling ging über den langen Flur auf die große Glastür zu, die diesen von der eigentlichen Diele trennte. Ein junges Haus­mädchen kam chm entgegen, sie musterte den Fremden erstaunt und fragte höflich nach feinem Begehr.

Sind die Herrschaften schon bei Tisch?"

Ja, Herr!"

Wird noch in der Halle gegessen?"

»Ja, Herr. Wen darf ich melden?"

»Lasse« Sie, ich melde mich sechs! an!"

Er winkle dem Mädchen ungeduldig, sich z» entfernen, und als sie doch zögernd stehe» blieb, traf sie ein herrischer befehlen­der Blick, und das leise gesprocheneGehen Eie!" klang so scharf und bestimmt, daß das Mädchen eiugefchüchtert gehorchte und in der Küche verschwand.

Der Fremde aber blieb vor der Tür stehen und spähte ver­stohlen über die Gardinen, welche die Tür halb verkleideten, hin­über in die Halle. Er sah einen langen gedeckten Tisch, umgeben von vielen Gestalten. Dort der Vater mit dem weißen Haupt- und Barthaar, sein stattlicher Vater. Wie alt er geworden war! Ein Schmerz zog durch die Seele des Mannes. Dann suchte fein Blick weiter. Wo sonst der Platz der Mutier war, saß eine junge frische blonde Frau, ihr zur Seite zwei kleine Kinder, ein Mäd­chen von fast vier Jahren, des eben lächelnd zur Mutter auffah und den Inhalt seines Löffels statt in den Mund beinah auf das Tischtuch entleerte, hätte die funge Frau nicht rasch zugegriffen, und daneben ein sechsjähriger Knabe.

Das war Marie. Welch hübsche Frau war aus dem ecki­gen, störrischen Backfisch geworden. Der Mann ihr gegenüber mußte ihr Gatte sein, eine große kraftvolle Gestalt. Die Augen des Beobachters wanderten weiter, lauter unbekannte Gesichter, junge Leute, Verwalter. Schreiber, Eleven, junge Mädchen. Ein Bild wie er es kannte aus früheren Jahren, waren die Gestalten auch andere.

Wo aber mochte die Mutter fein? Es blieb ihm keine Zeit, diesem Gedanken nachzuhängen. Der Krauskopf am Tisch dort hatte den Lauscher bemerkt. Er sprach ein paar Worte, die runde Kinderhand zeigte nach der Tür. Die Augen der Erwachsenen gingen dem kleinen Finger nach. Da öffnete der Außenstehende rasch die Glastür, trat auf die Schwelle und sprach mit zuckenden Lippen:

Gesegnete Mahlzeit euch allen!"

Starr oder verwundert ruhten aller Augen auf dem Ein­getretenen. Die junge Frau hatte die Hand auf die Brust ge­drückt, atemlos entsetzt sah fie hinüber. Ihr Mann wandte sich um, in sein kräftiges gebräuntes Gesicht stieg eine Blutwelle. Der alte Mann am Tisch aber hatte sich in seinem Stuhl zur'ückgelehnt. Auch seine Augen weiteten sich im jähen Schreck. Er legte die geballte Faust mit hartem Schlag auf den Tisch. Rauh klang seine Frage:

Du, was willst du hier?"

Der junge Mensch in der Tür hob trotzig den Kopf, das Lächeln, mit dem er seinen Gruß gesprochen, schwand.

Ich bin zurückgekommen, Vater!"

Das sehe ich und was willst du hier?"

Der Sohn zuckte ungeduldig die Achseln.

Was ich will? Run, euch begrüßen, nichts weiter! Wo ist die Mutter?"

Heftig und plötzlich sprang der Alte auf. Mit sprühenden Augen zorurot schrie er:

Soo? Weiter nichts!"

Auch die junge Frau war aufgesprungen, sie schlang zitternd den Arm um den alten Mann.

Vater!" sprach sie bittend,lieber Vater!" Einen Augen­blick standen sie so, dann löste der Alte sich von ihrem Griff und wandte sich, mühsam beherrscht, dem Sohne wieder zu.

Wo die Mutter ist, fragst du? Wohin du sie gebracht hast auf dem Kirchhof."

Als habe ihm der alte Mann dort einen Stoß versetzt, so taumelte der junge Mensch zurück.

Das das", stammelte er mit erblaßten Lippen, während seine entsetzten Blicke von einem zum andern wanderten. Das kann, das darf nicht wahr sein, schrie es in ihm.

Der alte Herr hob die Hand, er hatte sich wieder in der Ge­walt, er zeigte nach der Tür:

Geh in mein Zimmer, wir beide haben noch miteinander abzurechnen!

Ohne Erwiderung, mit hängendem Kopf folgte der Sohn dem weisenden Finger.

Der Alte legte die Serviette, die er immer noch in einer Hand hielt, auf den Tisch und ging stillschweigend in das neben der Halle liegende Wohnzimmer, die Tochter, die ihm folgen wollte, streng zurückweisend. Dort hörten ihn die Zurückbleiben - den auf und niedergehen, bis eine Tür klapperte, und seine Schritte sich auf dem Flur verlören.

Da erhob sich auch die blonde Frau, sie nickte den jungen Leuten kurz zu und trat auf die Terrasse. Dort blieb sie stehen, sah mit starren Augen in den Garlen hinunter, bis ihr Mann zu ihr kam und zärtlich den Arm um fie legte. Ihr Kopf suchte feine Schulter, und ein paar heiße Tränen liefen über ihre Wangen:

Ernst August, der arme Vater!"

Der große stattliche Mann nickte trübe und zog sein Weib noch zärtlicher an sich. In ihre traurigen Gedanken vertieft, über­hörten sie die Schritte, die sich näherten, und wandten sich über­rascht, als plötzlich die Stimme des Vaters trocken und hart riebe« ihnen sagte:

Er ist gegangen ohne auf mich zu warten."

Vater!" schluchzte die Frau.

Kind, es ist am besten so." Damit ging der Alte die Stufen der Terrasse hinunter in den Garten. Unten angekommen, wandte er sich und rief:

Der Gieschen ist da, sagt mir Sönske eben, und will die Stute kaufen. Kommst du mit, Ernst August?" Und ohne eine Antwort abzuwarten, ging er davon.

(Fortsetzung folgt.)

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