Nagolder TagblattDer Gesellschafter

Samstag, den 1V. Juli 1SS7

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Seite 5 Nr. 187

Sow/eirufsifches Go/-

Von e. r. Uligero-Lteruderg

Armeen von Sklaven arbeiten am Mittellauf der Lena, am Rande der sibirischen Tundren, «m dem Kreml das notwendige Gold zu ver­schaffen, mit dem er die Außenwelt korrumpie­ren und vernichten will. Moskau rühmt sich, die russische Goldproduktion in den letzten Jah­ren ungeheuer gesteigert zu haben. Wenn die statistischen Zahlen nicht trügen, so ist Sowjet- j rußland in der Tat an die zweite Stelle unter Len Gold produzierenden Ländern gerückt. An erster Stelle steht nach wie vor Transvaal mit 336 Tonnen Gold im Jahre 1936. An zweiter Stelle kommt Sowjetrußland mit 228 Tonnen gegen durchschnittlich 50 bis 60 Tonnen zur Zarenzeit.

Diese riesige Steigerung war nur möglich durch Ranbabbau der alluvialen Goldvorkomm­nisse in Sibirien und durch rücksichtslose Aus­beutung der Arbeitskräfte. Teile Sibiriens waren auch zur Zarenzeit Gebiete des Schrek- kens und der Verbannung. Die meisten der roten Machthaber haben einige Jahre in Sibi­rien zubringen müssen, aber die Verschickung nach Sibirien glich nach der ersten Revolution von 1905 mehr einem Ferienaufenthalt als einer Strafe.

Die Gefängnisse und Zuchthäuser in Sacha­lin, über die so viel geschrieben und geklagt worden ist, wurden aufgehoben, dieToten­häuser" Dostojewskhs existierten nicht mehr und dieHerren Verbannten", namentlich wenn es sich um sogenannte Politische handelte, genossen eine beneidenswerte Freiheit. Im Badeort Ussolje bei Irkutsk gaben sie den ge­sellschaftlichen Ton an, in den Klubs waren sie geehrte Gäste, und wenn es ihnen in Sibirien nicht mehr gefiel, so hinderte sie niemand, da es damals noch keinen Paßzwang gab, daran, über die chinesische Grenze ins Ausland zu gehen und sich irgendeiner Verschwörervrgani- sation in Genf oder in London anzuschließen.

Die Bolschewiken haben mit diesem Huma­nismus und Liberalismus und mit der Rücksicht auf Politische Gegner gründlich auf- geräumt. Für sie ist heute Verbannung an das Eismeer oder nach Sibirien Verschickung in den Tod oder in die Sklaverei. Der Mur- mankanal, auf den sie sich soviel einbilden, fließt über die Knochen von Zehntausenden von zu Tode gequälten Männern. Die Knute, die seit Nikolaus I. nicht mehr Verwendung fand, ist wieder eingeführt und Menschen- leben gelten ihnen nichts. Dasselbe System, wie bei den Kanalbauten wird von ihnen auch bei der Goldförderung angewandt. Eines der Zentren der Goldfelder an der Lena liegt in Bodaibo. In den kurzen Som­mermonaten Sibiriens ist es nicht schwer, auf den Dampfern, die den Strom befahren, nach Bodaibo zu gelangen, aber da das Eis auf der Lena erst im Mai zu schmelzen pflegt und der Strom im September wie- der' zufriert, so ist diese Zeit sehr kurz be­messen. In den übrigen Monaten führt ein endlos langer Weg über Balagansk durch die Taiga, über vereiste Einöden, in denen sich Bären und Wölfe ein Rendezvous geben, und wo Burjaten und Pelzjäger in unzu­gänglichen Urwäldern ihrem gefährlichen Gewerbe nachgehen. In früheren Jahren Pflegten Räuber den Goldsuchern, wenn sie mit ihrer Ausbeute in die Städte zurück­kehrten. aufzulauern. Heute gibt es kaum mehr Banditen in der Taiga. Die Sowjet­funktionäre befördern das Gold in Flug­zeugen und nur sehr wenige sind es. die von den Goldfeldern an der Lena zurückkehren. Da es sich dorr vorzugsweise um an der Oberfläche gelagerte Aluvial-Goldvorkomm- niste handelt, so kann die Zahl der Arbeiter beliebig vermehrt werden.

Handelte es sich vor dem Kriege um einige Hunderte, die zum Teil auf eigene Rechnung Gold wuschen, oder gegen Ausrüstung, Be­köstigung usw. für einen Großunternehmer arbeiteten, der ihnen einen Teil der Aus­beute überließ, so sind es heute Zehntausend« von Sklaven, die von der GPU. wie Men- schenherden auf die Goldfelder getrieben m rden und dort in miserablen Baracken und bei einer unzureichenden Kost Fron­arbeit leisten und verkommen. Sie sind an der Ausbeute nicht beteiligt, sie müssen arbeiten und schaufeln, und wenn sie hin­fallen und sterben, so tritt ein anderer an ihre -Ltelle.

Die Sowjets wollen das Geld allein für sich, und zwar nicht etwa, um dem Elend im eigenen La. d zu steuern, sondern um es zu exportieren und um es für ihre Zwecke im Auslande zu verwenden. So kann es denn geschehen, daß an sich unergiebige Goldfelder, die sich, von der wirtschaftlichen Seite aus betrachtet, als durch­aus unrentabel erwiesen, doch ausgebeutet wer­den. Man begnügt sich damit, wenn ein Arbei­ter in einem Jahre ein Viertel Kilo Gold ab- liesert. Das sind für die Sowjets immerhin un­gefähr 500 RM. Reingewinn, da die Arbeits­kraft umsonst ist und sich die Auslagen auf ein Mindestmaß beschränken.

DieseGoldpolitik" der Sowjets muß sich schließlich auf dem internationalen Goldmarkt auswirken und den Wert des Goldes Herab­drücken. Die 228 Tonnen sowjetrussischen Gol­des sind billiger als z. B. das Gold aus Trans­vaal oder Kalifornien. Die Vereinigten Staa­ten, die hauptsächlich das russische Gold kauften oder in Depot nahmen, wollen nicht mehr neues Gold aufnehmen. Die Londoner Finanzkreife sind beunruhigt, der Markt wird mit Gold­angeboten überschwemmt, die unter dem Nor­malpreise liegen.

Doriot hat in Frankreich die Anklage er­hoben, daß das Sowjetgold in Frankreich dazu diene, die kommunistischen Abgeordneten und ihren Anhang zu bezahlen und Moskau hörig zu machen. Es wäre gerechter und besser, meint Doriot, wenn Frankreich darauf bestände, daß die Sowjets den kleinen Leuten den Schaden ersetzen, den sie durch die willkürliche Annulie- rung der russischen Anleihen erlitten haben, an­statt Frankreich an den Rand des Abgrundes zu treiben. Man müßte den ausländischen Kom­munisten und Sowjetfreunden klar machen, daß das Gold, das ihnen zufließt, mit dem Blut von Tausenden durchtränkt ist, das über ihm wie ein Fluch lastet, und daß der bekannte Spruch des Kaisers Tiberiusnon ölet" hier keine Geltung haben darf.

Fahrt nach Rotspanlen verweigert

Lißendericdt cker N8-k>i-esse ckll. Danzig, 8. Juli.

Besatzung und Offiziere der britischen Damp­ferEssexIudg e" undE s s e x L a n c e", die polnische Kohle in Danzig geladen hatten, verließen kurz vor dem Auslaufen die Schiffe und begaben sich ins britische Konsulat in Dan­zig, nachdem sie erfahren hatten, daß sie nicht, wie die abfertigende französische Maklerfirma angegeben hatte, nach Gibraltar, sondern nach Rotspanien bestimmt waren. Bisher ist es der Schiffsleitung nicht gelungen, eine Ersatzmann, schüft anzuheuern.

Die Tube aus Papier erfunden

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j. Frankfurt a. M., 8. Juli.

Ein Frankfurter Erfinder hat soeben als Beitrag zum Vierjahresplan eine Tube er­funden, die uns auf diesem Gebiet vom Me­tall unabhängig macht. Sie besteht äußerlich aus bedrucktem Papier und ist innen mit

einem Film ausgeqosien, der luft-, gas und wasserdicht ist, alle Substanzen ausnehmen §ann und leicht aufrollbar bleibt. Der Tuben- ropf besteht aus drei zusammenhängenden Bakelitstückchen.

Der Präsident der Philippinen in Berlin

Manuel Quezon, der Präsident der Philippinen, weilt augenblicklich zu einem mehrtägigen Besuch in der Reichshauptstadt.

(Pressephoto, Zander-M.)

Mit de« »Segelnd" von Wolke zu Wolke

Muskelkraft-Flugzeug kommt ins Museum Der neue Plan: Propeller-Segler mit Veinantrieb

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k. Halle, 8. Juli.

Das bekannte Haeßler - Villinger - Muskel- kraftflugzeug hat dieser Tage den Weg von Meiningen nach Berlin angetreten. Es wird einen Ehrenplatz im Luftfahrtmuseum er­halten. Beim letzten Start hatte die Maschine eine Flugstrecke von 712 Meter erzielt.

Die alte Dädalus ° Sehnsucht hatte auch den Ingenieur Haeßler gepackt. Im August 1935 führte er den staunenden Zuschauern zum erstenmal sein Muskelkraft-Flugzeug vor. 235 Meter betrug die Strecke bei der Premiere. Es klappte ohne jeden Aufwind und ohne Startmannschaft. Nur ein Gummi- seil, vom Piloten durch Handgriff auszuklin- ken, diente als Energiespeicher. Die Konstruk­tion war einfach: eine 35 Kilogramm schwere Flugzeugzelle und ein Propeller daran, der durch eine Tretanlage, ähnlich den Pedalen eines Fahrrads, in Betrieb gesetzt wurde.

Nach dem ersten gelungenen Start wurde das Flugzeug von Haeßler und seinem Kameraden Villinger weiter verbessert. Man sicherte sich einen früheren bekannten Rad­rennfahrer die Bedienung des Muskel­kraft-Flugzeugs erforderte immerhin trai­nierte Beinmuskeln, man ließ ihn zum Segelflieger ansbilden, denn der große Plan stand jetzt fest: Der Preis der Polytechnischen Gesellschaft in Frankfurt am Main sollte ge­wonnen werden.

Seine Bedingungen waren schwierig genug: Eine Strecke von 500 Meter zwischen zwei Wendemarken mußte in geschlossener Bahn, ohne zwischen Start und Landung den Bo­den ni berühren, mit eiaener Muskelkraft ge­

flogen werden insgesamt also 1000 Meter. Der neue Start brachte eine noch bessere Lei­stung 390 Meter aber die Bedingungen wurden nicht erfüllt. Auch in Hamburg nicht, im November 1936, mit 427 Metern. Meiningen sollte jetzt den Sieg bringen. Aber auch diesmal reichte es nicht: 288 Meter fehlten.

Nun gab man das Nennen auf. Eine noch höhere Leistung konnte nicht mehr erzielt werden. Tie Möglichkeiten der Konstruktion waren voll ausgeschöpft, die harten Beding­ungen des Preisausschreibens schienen uner­füllbar. Das Muskelkraft-Flugzeug hatte seine Schuldigkeit getan, es hatte gegeben, was es geben konnte im Luftfahrtmuseum wird es jetzt von den kühnen Träumen und der Energie deutscher Flieger zeugen.

Aber Ingenieur Haeßler hat die Hände nicht in den Schoß gelegt. Eine Hoffnung mußte begraben werden, und schon steht ein neues Projekt da: die Muskelkraft, allein zu schwach, um größere Strecken im Fluge zu überwinden, wird als zusätzliche Ener­gie dem Scgelflug zu neuen Entwicklungs­möglichkeiten verhelfen. Ungeahnte Perspek­tiven öffnen sich. Das Segelflugzeug, mit Propeller versehen, der von Muskelkraft be- trieben wird kann ohne fremde Hilfe star­ten. Unabhängig vom Auto-, Winden- oder Flugzeugschlepp wird es mit eigener Kraft die Gebiete der Aufwindzonen erreichen kön­nen, wird den Thermik-, Fronten- oder Wol- ken-Flug auch auf dem flachen Lande mög­lich machen.

..Ganz und gar nicht nötig", so erklärt c ngenieur Haeßler,immerfort die Pedale treten zu müssen. Nicht mehr Kraft soll

MW

Schweres Unwetter im Schauinsland-Gebiet

Das Schauinsland-Eebiet wurde am Sonntag von einem schweren Gewitter mit wolkenbruch­artigen Regenfällen heimgefucht, das zwei Menschenleben forderte und riesigen Sachschaden an­richtete. So gewaltig war der Ansturm der Waisermassen, daß die von Oberried zum Not­schrei führende Straße fast völlig zerstört wurde. (Weltbild. Zander-M.)

aufgewendet werden, als man es beim Rad- fahren gewöhnt ist!" Sozusagen nur von Wolke zu Wolke, von einem Aufwindrevier zum andern also. Nur die Kosten der Experi­mente und des Flugzeugbaues machen dem Dozenten der Ingenieurschule in Weimar noch Kopfschmerzen. Der eigene Geldb«tel wird nach der enormen Belastung durch das letzte Muskelkraft-Flugzeug nicht reichen. Aber die Hilfe interessierter Stel­len dürfte nicht ausbleiben.

Ein verheißungsvoller Spielplanentwurf

Gustav Deharde, der neue Generalinten­dant der Württ. Staatstheater über sein«

Pläne in der Spielzeit 1S37/38

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Stuttgart, 8. Juli.

ll. 6. Kurz vor Beginn der diesjährigen Theaterferien lud der Pressereferenl der Württ. Staatstheater, Pg. Drewitz, zu einer Presie- besprechung ein, der unter anderem auch oer Kulturreferent des Württ. Kultmiuisters, Oberregierungsrat Dr. Hermann und SA.» Standartenführer Gerherd Schumann Kulturreferent des Gaues beiwohnten. Der neue Generalintendant Gustav Deharde entwickelte dabei seine Pläne und Absichten für die kommende Spielzeit.

Die Zusammenkunft stand unter dem Zei­chen einer erfreulichen gegenseitigen Bereit­schaft zu enger kameradschaftlicher Zusammen­arbeit zwischen Theater und Presse. Der neue Leiter der Staatstheater betonte von vornher­ein, daß er bewußt nur die Werke im neuen Spielplanentwurf aufgeführt habe, deren Auf­führung er auch verbürgen könne.

Im Schauspiel sind als Urauffüh­rungen vorgesehen: Rolf LeucknersTer letzte Preuße" und Bruno Gluchowskis Berg- arbeiterstückDer Durchbruch". Gluchowski, der selbst noch im Bergwerk arbeitet, gehört zu dem verheißungsvollsten jüngsten Dramatiker­nachwuchs. Als Erstaufführungen er­scheinen: Lope de Vegas LustspielDieses Wasser trink ich nicht", Friedrich BethgeS Marsch der Veteranen", Werner Deubels Der Ritt ins Reich", Joses WentersDer Kanzler von Tirol", Alois Joh. Lippls erfolg­reiches LustspielDer Holledauer Schimmel"; außerdem vier heitere Werke aus den kommen­den Neuerscheinungen.

Als Neuinszenierungen stehen auf dem Plan: SchillersDon Carlos" und Fiesko", GoethesClavigo", Shakespeares Hamlet" undOthello", IbsensPeer Gynt" in der Eckartschen Uebertragung, MolieresDer eingebildete Kranke" und Ter Geizige", ShawsPygmalion", Anzen­grubersDas vierte Gebot" und Niebergalls Datterich". Als besondere Verpflichtung für die Württ. Staatstheater betrachtet der Generalintendant die Darbietung von Schillers dramatischem Gesamt- kunstwerk im Laufe der kommenden Jahre. Eine Anzahl wertvoller Stücke, die sich in der vergangenen Spielzeit bewährt haben, werden wieder ausgenommen.

Bedeutungsvoll ist die planmäßige Ge- staltung von Morgenfeiern in Verbin­dung mit der Hitler-Jugend in denen vor allem die Werke der aufstrebenden jün­geren Dichter hcrausgestellt werden sollen. So Eberhard Wolfgang Möllers ..Rothschild siegt bei Waterloo". F. W. HymnensDer Basall". Wilhelm Müller ScheidtsEin Deutscher namens Stein" und Kluckes Kämpfer und Träumer". Diese Morgen- feiern, die natürlich jedem Theaterbesucher zugänglich sind, sollen vor allem eine Brücke zur Jugend schlagen.

Der Opernspielplan wird wesent­lich bestimmt durch das Internationale Musikfest im Mai 1938 in Stuttgart. Wäh­rend dieser Zeit werden eine italienische Oper, ferner die Neubearbeitung der Ros­sini-OperDie diebische Elster" sowie die LperetteMonika" von Hermecke und Dostal in Stuttgart uraufgeführt. Als Erstauffüh­rungen erscheinen: GlucksDie Maienköm- gin". anläßlich des 150. Todestages des Ton­dichters im November, Hermann Rentiers Doktor Joh. Faust", Ottmar Gersters Enoch Arden" und Norbert Schultzes Schwarzer Peter". Das Ballett bringt Hermann RentiersKirmes in Delft". MohauptsGaunerstreiche der Courage". Gerhard FrommelsDer Gott und die Bajadere" und das neueste Ballett Stra- winskysDas Pokerspiel". Neben Neuinsze­nierungen vonTannhäuser",Parsival", Ter Rosenkavalier",Die Fledermaus", Undine",Troubadur",Falstaff",Eugen Onegin" undMignon" werden die bedeu­tungsvollsten Opernwerke der letzten Spiel­zeit, darunter auch wiederDer Ring des Nibelungen" wieder in den Spielplan aus­genommen.

Die Erklärung des Generalintendanten, daß er bei der Aufstellung des neuen Spiel- planes sich bewußt beschränkt habe, um nicht in die Gefahr zu geraten, zu viel zu wollen und zu viel zu versprechen, dafür aber nur künstlerisch hochwertige und liebevoll durch- gearbeitete Aufführungen bieten zu können, wurde beifällig ausgenommen. Bedeutungs­voll waren auch seine Darlegungen über die Form einer fruchtbaren Zusammenarbeit