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Nr. 118
Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter'
Schicksal?
Lange hatten Müllers überlegt, ob sie dem Ruse der NSV. folgen und ein Ferienkind aufnehmen sollten. Herr Müller hatte es anfangs kaum gewagt, feiner Frau den Vorschlag zu machen, denn seit dem Tode ihrer kleinen Lieselotte ging sie ängstlich Kindern aus dem Wege und wollte nicht einmal ihre Neffen und Nichten bei sich sehen. — «stundenlang saß sie manchmal im Zimmer ihres verstorbenen Kindes und gab sich unnützen Grübeleien hin. bis ihr eines Tages ihr Mann den Vorschlag machte, e i n Ferienkind ins Haus zu nehmen, damit endlich wieder ein Kinderlachen durch das Haus schallen sollte und seine Frau ihren Schmerz überwinden lernen sollte.
Durch die NSV. erhielten sie dann ein kleines Mädel aus Bayern, das sich mit seinem drolligen Dialekt gar bald in die Herzen der Pflegeeltern einschlich. Wie wohl tat es der Frau Müller, wenn zwei warme Kinderärmchen sich um ihren Hals schlangen, und wenn sie dann mit sorgender weicher Mutterhand Heimwehtränen fortstreicheln konnte. Gar bald schon liebte sie die kleine Marlies so. daß ihr das Herz wehe tat bei dem Gedanken an einen Abschied. Wie munter Plauderte und lachte das kleine Ding, und erfüllte das bisher so dunkle, einsame Hans mit Sonne! Plötzlich, kurz vor der Abreise der kleinen Marlies, kam eine Schreckensnachricht, Marlies' Mutter war im Wochenbett gestorben und der Vater fragte an. ob Müllers das Mädel wohl noch eine Woche länger behalten könnten, da er im Moment selbst ganz kopflos sei. — Natürlich sagten Müllers sofort zu und versprachen, das Kind solange zu behalten, bis der Vater wisse, wie sein Haushalt für die Folge gestaltet sein würde. Marlies' Schmerz war im ersten Augenblick grenzenlos. Sie konnte es nicht fassen, daß es das geben sollte, daß man seine Mutti nun einfach nicht mehr habe. Erst als Frau Müller dann dem Kinde von dem eigenen Schmerz, dem eigenen Verlust erzählte, legte Marlies beide Aermchen um Frau Müllers Hals und bat: „Nun bleibe ich bei Dir, dann habe ich wieder eine Mutti und Du hast ein Kind, und meinen Vati lädst Du manchmal ein, dannt er nicht traurig und alleine ist!" —
Und Frau Müller, die noch wenige Wochen vorher so mutlos und lebensunlustig gewesen war, bekam neuen Lebensmut durch neue Aufgaben, die sie nun zu erfüllen hatte. Marlies aber vergaß. — wie jedes Kind, — gar bald den ersten großen Schmerz und wurde Müllers ein wirkliches Töchterchen, das sie wie ihr eigenes heute lieben. —
Als sie vor einiger Zeit einmal durch Beauftragte der NSV. ausgesucht und gefragt wurde, wie es ihr gehe, meinte sie strahlend: „Ich fand durch die Kinderlandverschickung der NSV. ein richtiges Muttchen wieder und bin sehr froh und glücklich und bleibe nun immer hier." -Liane Jacob.
Der Obstgarten im Sommer
Bei neugepflanzten Bäumen soll man im ersten Jahr auf eine Ernte verzichten, so sauer es einem auch wird. Die Bäumchen brauchen ihre ganze Kraft vorläufig zum Wachsen und Erstarken. Aber auch bei anderen Bäumen, die zuviel Früchte angesetzt haben, so daß die einzelnen Früchte sich nicht recht entwickeln können und zudem die Zweige in Gefahr kommen, obzubrechen.
entferne man einen Teil der Früchte, ehe man eine Enttäuschung erlebt. Bei den Formobst bäumen setzt man den regelmäßigen Grünschnitt fort. Diese Arbeit ist überaus wichtig, weil sie den nächstjährigen Blütenansatz mitbestimmt, der jetzt vorberei- tet wird. Gegen die tierischen Schädlinge und auch gegen die Schorf, krankheit spritzt man die Bäume und hilft sich wohl auch mit den sogenannten Madensallen, den Jnsektenfanggürteln. Das Fallobst sammelt und vernichtet man, denn es ist der Träger der Obstmade.
Auch sonst beanspruchen die Bäume dauernde Pflege. Man achtet weiterhin auf die Entstehung von Wurzelschossen unterhalb der Veredlungsanlage, man behandelt die Edelreiser und stützt und schient die Neste. Nimmt man jetzt im Sommer einen Grünschnitt an den Zwerg-Obstbüu- men vor, dann darf man nur das Fruchtholz oder die neuen Triebe behandeln, die im nächsten Jahr Fruchtholz bilden sollen. Die Leittriebe werden den Sommer hindurch nicht beschnitten. Ihr kräftiger Wuchs soll vielmehr in jeder Beziehung unterstützt werden. Bei den frischen Trieben wird, sobald sie ungefähr 15 Zentimeter lang geworden sind, die Spitze über dem vierten bis fünften Auge abgebrochen. Dadurch werden die unteren Augen besser zur Entfaltung ge- bracht. Kommen mehrere junge Triebe nebeneinander am alten Fruchtholz hervor, dann entfernt man alle bis auf den untersten und entspitzt diesen noch auf drei bis vier Augen. Die sich aufs neue entwickelnden oberen Augen werden im Winter wieder sortgeschnitten, während die stehengebliebenen unteren Augen sich zu schönen dicken Knospen und im Frühjahr bereits zu Blüten entwickeln können.
Ein junger Obstbaum kommt im Sopnner leicht in die Gefahr auszutro ck.st e n. Man soll daher den Baum so oft wie möglich mit der Baumspritze besprühen. Ein leichter Kalkanstrich hält die Sonnenstrahlen wegen seiner Weißen Farbe ab. In besonders trockenen Wochen kann man den Stamm auch bis zu den Astgabeln in feuchtes Moos einpacken. Blüht ein neugepslanzter Baum, dann entferne man alle Blüten.
Die Stachelbeersträucher lassen ihre Zweige immer mehr hüngeri, je stärker die Beeren werden. Gibt man dem Strauch
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Freitag, Len 28. Juni 1935
elne Stütze, dann verschmutzen die Früchte nicht und reifen besser aus, wenn sie volle Sonnenbestrahlung bekommen. Auch der Zuckergehalt wird dann größer. Nach 8er Ernte bekommen Stachel-, Johannis- und Himbeeren eine kräftige Düngung und werden ausgelichtet und beschnitten, so daß die Sträucher bis zum nächsten Jahr wieder in voller Kraft stehen.
Wlling! Getteldtsestrmise beamten!
Die Hauptvereinigung der Deutschen Getreidewirtschaft teilt folgendes mit:
Nach den in letzter Zeit eingegangenen Meldungen sind vielfach Kaufverträge über Getreide der neuen Ernte, insbesondere Geschäfte. über den Verkauf von Wintergerste, abgeschlossen worden. Es wird darauf hin- gewiesen, daß nach 8 30 sf. der Verordnung zur Ordnung der Getreidewirtschaft feste Preise vorgeschrieben sind. Diese Preise sind für Roggen bis zum 15. Juli, für Weizen bis zum 15. August, sür Futtergerste bis zum 15. Juli und sür Hafer bis zum 31. Juli 1935 festgesetzt. Die für die spätere Zeit maß. gebenden Festpreise werden noch bekanntgegeben. Es ist daher weder angebracht noch zulässig, bereits heute Getreide der neuen Ernte zu einem bestimmten Presse zu kaufen oder zu verkaufen, da der später gültige Preis noch nicht feststeht und auch nicht voraus- bestimmt werden kann. Jeder, der schon jetzt vor der Festsetzung der neuen Preise Getreide zu einem bestimmten Betrag handelt, läuft Gefahr, im Falle einer Aenderung der Preise einen erheblichen Schaden zu erleiden.
Es wird deshalb nachdrücklich vor dem Abschluß derartiger Geschäfte gewarnt und empfohlen, Verträge über die Lieferung von Getreide der neuen Ernte erst nach endgül- tiger Bekanntgabe der gesetzlichen Festpreise zu schließen.
Der SiebenfOlüfertag und die .. Wetterpropheten
Dieser Tag ist sür den Landmann der ge- fürchtetste des ganzen Sommers. Die alte Wettervolksregel will es einmal nun so und nicht anders, daß auf einen regnerischen Siebenschläfer eine lange Regenzeit folgt. Man sagt: „Wie das Wetter war am Sieben- fchläfertag, so bleibt es sieben Wochen danach" und „Regnet es an den sieben Schläfern, so regnet es an den sieben Wochen." Ein anderes Sprüchlein lautet: „Wenn die sieben Schläfer Regen kochen, so regnet es vier ganze Wochen".
Allein Regen am Siebenschläfertag kündet durchaus nicht immer eine längere Regen- Periode an. Tatsache ist nur allein, daß nach der Sommersonnenwende das Wetter einige Wochen lang stabil bleibt. Wie es sein wird, ob vorwiegend regnerisch oder trocken, hängt nach wissenschaftlichen Anschauungen wesentlich von der Fleckenbildung der Sonne, den gewaltigen Eruptionen aus dieser ab. Ist die Fleckentätigkeit eine geringe, so ist zu erwarten, daß in den nächsten Wochen mehr Regen- als trockene Tage sein werden, ist sie eine große, dann wird das Gegenteil der Fall sein. Da nun eine mehr oder minder große Fleckentätigkeit der Sonne Jahre hindurch die gleiche bleibt, so ergibt sich daraus auch wieder, daß wir mehrere Jahre hintereinander entweder trockene oder nasse Sommer haben. Auf dieser Tatsache gründet sich auch der Bericht im alten Testament von den sieben fetten und' den ÄW» mageren Jahren in Aegypten.
Sbst und Master
Jedes Jahr lesen wir im Sommer, daß Kinder und Erwachsene gestorben sind, nachdem sie gleichzeitig Obst gegessen und Wasser getrunken haben. Zuerst treten heftige Leibschmerzen und Erbrechen auf. Der Leib ist gebläht und der Stuhl geht nicht mehr von selbst ab. Nun hat man in den letzten Jahren an verschiedenen Kliniken versucht, das Zustandekommen dieses Krankheitsbildes zu erklären. Wie Privatdozent Dr. Heupke in der „Umschau Xu Wissenschaft und Technik" (Frankfurt am Main) berichtet, ergab sich, daß der Sitz der Erkrankung im Dünndarm ist. Da der Dickdarm und der untere Dünndarm außerordentlich reich mit Bakterien besiedelt sind, 1-mmt es bei großem Genuß von Obst zu starrer Zersetzung und Gasbildung. Durch diese Gase wird der Darm so überdehnt, daß er schlreßlich vollkommen gelähmt ist. Das Wasser spielt dabei folgende Rolle: es verdünnt dir Verdauungssäfte und setzt ihre bakterienhem- wende Kraft herab. Trotzdem werden viele Menschen Obst essen können und dazu Wasser trinken, ohne irgendwelche Folgen zu spüren. Bei diesen Menschen ist die Gasbildung nicht so hochgradig und stürmisch und führt deshalb nicht zu einer Ueberdehnung des Darmes. Ferner ist meist auch nur die Üeberlastung des Verdauungscanals schädlich. Trotzdem muß unbedingt davor gewarnt werden, nach reichlichem Obstgenuß Wasser zu trinken.
Sport
Neusel deklassiert Petersen
Joe Louis schlägt Eanera l. s.
Englands Boxsport hatte gestern abend seinen großen Tag. Jack Petersen, der britische Schwergewichtsmeister, brannte seit dem 4. Februar 1938, wo er von dem deutschen Schwergewichtler Walter Neusel (Bochum) in der 11. Runde zur Ausgabe gezwungen wurde, auf eine Revanche. Mit ihm hoffte aber auch der gesamte englische Vorsport auf ein erfolgreiches Bestehen in diesem Rückkampf. Das weltbekannte Wembley st adion bei London war zu diesem Schwergewichtskampf mit 5V VVU Zuschauern ausgezeichnet besucht.
Walter Neusel hatte sich für diesen gewiß nicht leichten Kampf in der Umgebung von Windsor wieder sorgfältig vorbereitet, wußte er doch zu genau, daß von dem Ausgang dieses Treffens alle weiteren Pläne abhängig waren. Er enttäuschte denn auch im Kampf nicht und stellte seine glänzende Kondition und sein wirklich gutes Können durch einen neuen entscheidenden Sieg unter Beweis. Jack Petersen mutzte diesmal den Kampf nach 10 Runden aufstecken.
Mit dem Ausgang dieses Kampfes sind Petersens Aussichten auf einen Weltmeisterschaftskamps mit Vraddock illusorisch geworden. In greifbare Nähe ist nun aber ein Treffen Neusel-Braddock gerückt, da der Amerikaner bereits vor Kampfbeginn kabelte, daß er gegen den Sieger antreten würde. Allerdings wird das letzte Wort in dieser Angelegenheit nicht Braddock, sondern der Madison Square Garden sprechen, der gestern abend in Neuyork eine Weltmeisterschaftsausscheidung Carnera — Joe Louis veranstaltete, die den jungen, 22jäh- rigen Negerboxer Joe Louis in der 6. Runde als ko.-Sieger sah.
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In elf Tagen sind sie an der finnisch-schwedischen Grenze. Und in der Nacht zum 17. De- zember 1917, um drei Uhr morgens, verlaßen sie die Schlitten, kurz vor dem Grenzfluß, dem Torneo-Elf. Und hier muß die letzte Entscheidung fallen, denn hier ist nochmal wieder Rußland! —
In der Nähe liegen die russischen Kasernen und dicht am Flusse stehen die Wachtposten. es ist bekannt, welch rigorose Anweisungen sie haben, und überdies besteht die Grenztruppe aus Tscherkessen. also aus besten und zuverlässigsten russischen Soldaten.
Es liegt hoher Schnee und es herrscht bitterste Kälte.
Klink und der führende ortskundige sin- uische Student geben ihre Pelze ab, und indessen die anderen warten, gehen die beiden Männer voraus, um zu erkunden. Bisweilen sinken sie bis zum Halse in den tiefen Schnee ein. Aber ungefähr scheint die Luft rein zu sein.
Und sie beginnen den Uebergang. Der Finne und Klink gehen voraus, in jeder Hand entsichert eine zehnschüssige Pistole modernsten amerikanischen Musters. Mit Schneetüchern haben sie sich getarnt. Vorbei an den Kasernen, vorbei an den Posten. Sie betreten den zugefrorenen Fluß, und sie wissen genau, daß sie auf der weiten weißen Schneestäche noch bis aus weite Strecken für
die Kugeln der ausgezeichneten tscherkefsischen Schützen erreichbar sind.
Mit katzenartigen, weichen Sprüngen jagen sie dahin, machen lange Pausen, warten und lauschen. In der Seele des Leutnants Klink brennt in diesen kostbaren und entscheidenden Augenblicken eine einzige, riesengroße, eiskalte Flamme der letzten Entschlossenheit. Er ist ein Pistolenschüße ersten Ranges. Und er wird sich nicht eine Sekunde besinnen, von dieser Kunst Gebrauch zu machen.
Noch einen letzten keuchenden Sprung, und sie stehen auf der schwedischen Insel Toinvo- lansari, da taucht ein Posten mit hoher Pelzmütze dicht vor ihnen auf.
Ruße oder Schwede? Klink hebt langsam beide Pistolen, und die beiden erstarrten Zeigefinger, die sich nicht mehr zu krümmen vermögen, berühren steif und langgestreckt die Drücker.
Da sagt der hochgewachsene Mann vor ihm mit einer dunklen, warmen Stimme freundlich auf Russisch: „Sie sind in Schweden. Sie müssen nur mit mir auf die Wache kommen, alles in Ordnung."
Der Leutnant Klink geht an dem Posten vorbei und läßt die beiden Pistolen sinken und geht, ohne sich umzudrehen, aus das erleuchtete Blockhaus zu, das fünfzig Meter voraus in der Winternacht liegt. Argwöhnisch stellt er aber vorher mit der elektrischen Taschenlampe fest, daß die 30 Gewehre, dis im Vorraum in den Stützen stehen, keine russischen, sondern wirklich schwedische sind! Es stimmt! Er ist in Schweden! —
Der Leutnant Klink hat sich die Freiheit erkämpft. Er ist noch nicht imstande, diese Erkenntnis in sich aufzunehmen.
Da geht er nun hin und setzt vorsichtig Schritt vor Schritt, vor seinen Augen sind Tränenschleier. Er ist totenblaß vor Erschütterung. Alles, was er erduldet hat, ist zu
einem guten Ende gekommen, aber er begreift es noch nicht. Alles, was er erlitten hat, ist jetzt zur Ernte gereift, aber er steht diese Ernte vor Tränen nicht.
Hier im Blockhaus erst taut er auf.
Die Flüchtlinge werden mit Liebenswürdigkeiten überschüttet, und Klink läßt sich gern mit Liebenswürdigkeiten überschütten.
Um sechs Uhr an diesem Morgen fahren sie in Schlitten, warm eingepackt, zum schwedischen Kapitän Liljedahl zur Grenzstation Karungi, und dort werden sie alle miteinander von den reizenden und für Deutschland begeisterten Schweden wieder mit Liebenswürdigkeiten überschüttet.
„Nein", sagt Klink vorsichtshalber auf eine Frage des Offiziers, ich bin „Zivilgefangener."
Denn er befürchtet, als Kriegsgefangener laut der „Genfer Konvention" noch interniert zu werden. Kapitän Liljedahl betrachtet mit einem leisen Lächeln den schmalen, hochgewachsenen Mann mit dem langen, stählernen, durchfurchten Gesicht und den glänzenden Manieren, und dann sagt er langsam: „Wenn Sie Zivilgesangener sind, dann bin ich ein Wolgaschiffer. Im übrigen sind Kriegsgefangene bei uns ebenso frei, wie Zivilgefangene!"
Der Zivrlgefangene Klink reißt die Hacken zusammen.
„Leutnant Klink, Grenadierregiment Kronprinz!"
„Sehen Sie", sagt der Schwede lachend, „daß Sie ein deutscher Grenadier sind, konnten Sie unmöglich verleugnen!"
Diese Fahrt durch Schweden!
Das erste Glas deutschen Bieres! Das erste Glas deutschen Weines! Blonde, großgewachsene Männer und Frauen! Die erste anständige Wäsche! Das erste wunderbare heiße Bad!
Seine Nerven lockern sich erst letzt.
Und dann kommt der größte Tag, der 21. Dezember 1917.
Mit den beiden russischen Offizieren tritt er auf der Eisenbahnfähre die Ueberfahrt nach Saßnitz an. Er hat ihnen geraten, damit sie nicht als Spione festgesetzt werden, sich ihm, dem deutschen Leutnant Klink, als russische Kriegsgefangene anzuvertrauen. Er wird dafür sorgen, daß sie sich in Berlin reell melden können und um Aufnahme in die deutsche Armee bitten.
In Saßnitz springt Klink mit einem großen Satz von der Fähre auf den langersehnten deutschen Boden, aber er hat keine Zeit, sich dieses Erlebnis, für das er Hunger und Kälte, Zuchthäuser und Krankheit. Entbehrung und Mißhandlung, Wunden und oft beinahe den Tod erlitten hat, ins Bewußtsein treten zu laßen. Er fällt dem ersten deutschen Soldaten um den Hals.
Die beiden russischen Offiziere werden anstandslos durchgelassen und dürfen die Weiterreise fortsetzen.
Der deutsche Leutnant Klink wird sofort verhaftet.
Er stiert den deutschen Kameraden wortlos an. Und dann bricht er in ein brüllendes Gelächter aus. Lacht, daß ihm die Tränen herunterlaufen, aber es sind Tränen der Wut.
Und dann erzählt er kurz und schroff, was er erlebt hat. Der deutsche Kamerad hört ungläubig zu und dann fragt er plötzlich: „Kennen Sie den Professor Klink in Kiel?"
„Nein, aber man hat mich schon oft nach ihm gefragt", sagt Klink. Und aus der folgenden Unterhaltung ergibt sich, daß Klink Klink sein muß und er darf weitersahren. Hinter ihm liegt die Hölle.
(Fortsetzung folgt)