Nr. 257
Samstag, 2. November 1935
IW. Jahrgang
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Addis Abeba, 1. Nov.
Nach den letzten Berichten von der Nord- srvnt stehen die italienischen Vormarschem- lvicklnngen in Richtung auf Makalle und in der Provinz Danakil schrittweise von statten. Tie abessinischen Truppen begnügen sich mit Patrouillenkämpsen und nächtlicher, Uebersällen. Diese Kampsart fügt, wie die Abessinier sagen, den Italienern, die auch unter dem schwierigen Gelände und unter der Masserarmut in der dortigen Gegend zu leiden haben, mehr als normale Verluste zu. Nach in Addis Abeba verbreiteten Gerüchten sollen die italienischen Verluste seit Beginn der Feindseligkeiten einige tausend Mann betragen, zu denen noch Ausfälle infolge von Krankheiten in fast gleicher Höhe kommen sollen.
Die Tätigkeit der Flieger im Danakilge- biet hat sich verstärkt. Man rechnet hier mit der Errichtung eines neuen italienischen Flugzeugstützpunktes in der Gegend von Alaghera, einem Wüstenfleck etwa 80 Kilometer von der Grenzlinie, die im Jahre 1908 im Danakilgebiet festgelegt wurde.
Schwere Kämpfe bei Makalle?
Während bisher in den von der Nordfront in Addis Abeba einlausenden Meldungen nur von nächtlichen Uebersällen und Patrouillenkämpfen die Rede war, verlautet nunmehr gerüchtweise, daß sich nördlich von Makalle große Kampfhandlungen entwickelten. Unter Einsatz von Tanks und Flugzeugen sollen die italienischen Truppen den Versuch machen, weiter vorzustoßen. Die Abessinier, die sich in guten Verteidigungsstellungen im Gebirge verschanzt haben, lassen die Italiener anrennen und bringen ihnen, nach abesfinischer Darstellung, starke Verluste bei. Nähere Einzelheiten über die Gefechtslage liegen noch nicht vor.
Von der Südsront sind bisher keine neuen italienischen Angriffe gemeldet worden. Vermutlich wird aber dort eine rege Tätigkeit beginnen, wenn an der Nordfront die Operationen in größerem Umfange ausgenommen werden.
Die Verlautbarung Nr. 34 des italienischen Ministeriums für Presse und Propaganda hat folgenden Wortlaut: „General De Bono telegraphiert: Die Unterwerfung von Häuptlingen und Würdenträgern aus den noch nicht besetzten Gebieten dauert an. Bewaffnete Abteilungen aus Tigre, die sich uns unterworfen haben, traten freiwillig in unsere Dienste und wurden rasch zn Abteilungen zusammengestellt. Sie sichern die Ordnung in den Gebieten Chire, und Made- bai Tabor in Ost-Tigre. Von der Soinali- sront wird bemerkenswerte Stre-sentätigkeit in allen Abschnitten gemeldet.
Die Fliegerei ist wie immer sehr tätig.
Die Verluste bei den Kämpfen bei Adua
Nach Mitteilung aus sonst im allgemeinen gut unterrichteter privater Quelle haben die Italiener bei den Kämpfen um Adua drei kriegsstarke Divisionen eingesetzt, während auf abesfinischer Seite 32 000 Mann im Kampfe standen. Die italienischen Verluste sollen nach derselben Quelle 12<w0 Tote und Verwundete betragen haben, die der Abessinier 17 000.
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London, 1. November.
In einer offensichtlich veranlaßten Meldung der „Preß Association" über die bevorstehenden Genfer Besprechungen Hoares mit Laval wird kestaestellt. dast keinerlei
Entwicklung im italienifch-abessinlschen Konflikt zu erwarten sei, bis die Besprechungen zwischen Hoare und Laval in Genf abgeschlossen seien. Beide Staatsmänner würden zunächst die Frage behandeln, wie die Erklärung lauten soll, die dem Völkerbund über den Ursprung und den Verlauf der Besprechungen zwischen Großbritannien und Frankreich über die Mögli ^keit von Frie- densvorschlägcn abgegeben werden soll. Ter diplomatische Austausch von Ansichten zwischen Großbritannien und Frankreich über die französischen Anregungen, die zurzeit in London Vorlagen, ginge weiter. Es sei aber keine Grundlage für ein weiteres Vorgehen gesunden worden. Es verlautet, daß sich insbesondere nichts ergeben habe, was für den Völkerbund als annehmbar bezeichnet werden könne. Eine Information darüber, ob auch Aloisi in Genf zu den englisch-französischen Besprechungen hinzugezogen werde, sei nicht erhältlich.
Paris, 1. November.
Der Londoner Berichterstatter des „Echo de Paris" beschäftigt sich mit der Unterbrechung der Verhandlungen der französischen und englischen Flottensachverständ'.gen über einen etwaigen sofortigen, gegenseitigen Beistand im Mittelmeer. Der Berichterstat. ter ist erstaunt darüber, daß die englische Regierung weiker darauf besiehe, eine Ver- stärkung der Vorsichtsmaßnahmen zu fordern. zumal die englische Adiniralität gehandelt habe, ohne sich vorher mit dem Völker- bnnd zu beraten. Tie englische Regierung wünsche, daß im Falle eines italienischen Angriffes der englischen Flotte nicht nur durch die französischen Flottenstützpunkte, sondern auchdurch dietranzö- sischen Kriegsschiffe Unterstützung zu teil werde. Diese theoretische Forderung bringe nach englischer Auffassung mit sich, daß Frankreich unverzüglich alle vorbereitenden Einzelmaßnahmen tress-e. um notfalls den geforderten Beistand ohne Zeitverlust wirksam werden zu lasten. In Londoner Flotten- und Militärkreisen lei man der Ansicht, daß, um einer derartigen Forderung gerecht zu werde». Frankreich gewisse Maßnahmen ins Auge tasten müsse, die nackt Ansicht des Korrespondenten schwerlich mit dein zu vereinbaren und, was in Frie- denszeilen zulästig lei. Daher brauche man nicht überrascht zu lein, daß die Fortsetzung der Verhandlungen über die technischen Ein- zelheike» habe vertagt werden müssen, und auch Frankreich die Beistandsverpslichtiing grundsätzlich angenommen habe. Tie französischen Sachverständigen würden am Freitag nach Paris zurückkehren.
Ter diplomatische Mitarbeiter der „Mor- ning-Post" schreibt, es verlaute, daß bei der Unterredung zwischen zwei britischen und zwei französischen Flottenfachverständigen im englischen Außenamt die Frage des M>t- telmeeres nicht erörtert worden sei. Die Besprechung habe sich aut die bevorstehende Flottenkonserenz beschränkt.
„Nichts anderes verlangt Italien - als leben zu können! "
Bemerkenswerte Ansprache des Königs
von Italien bei der Eröffnung der neuen Universität in Rom
Rom, 1. November.
Die am Donnerstag eingeweihte neue Universität Rom hat dem König von Italien in feierlicher Festsitzung am Freitag die Wurde -ines Ehrendoktors der Philosophie verliehen. Während die Feier am Donnerstag ganz rm Zeichen des Schwarzhemdes stand und das
Gepräge einer großen faschistischen Veranstal- l tung trug, beherrschte am Freitag die feierliche Pracht der Universitätsprofessoren und die nach den einzelnen italu lischen Universitäten verschiedenfarbig bunten Mützen der Studenten und Studentinnen das Bild.
Der Festsitzung wohnte das Diplomatische Korps, darunter auch der deutsche Botschafter von Hassell, bei. Unter den Abordnn gen der ausländischen Universitäten sah man den Vertreter der ältesten deutschen Universität Prag, Prof. Hilgenreiner. Der reichsdeutschen Universitätsabordnung gehörten die Professoren Pietruski, Eugen Fischer, Rein und Wintz an.
Als der König, gefolgt von dem Rektor der Universität, um 10 Uhr die Aula betrat, erhoben sich die Anwesenden von den Plätzen und brachen in stürmische Begrüßungsrufe ans. In seiner Ansprache feierte sodann der Rektor die hohen Verdienste des italienischen Königshauses und besonders des Königs Viktor Emanuel III., der sich in der Vergangenheit, auch in der jetzigen ereignisreichen Gegenwart seinem Volk als überragender Herrscher erwiesen habe. Sodann überreichte er feierlichst die Ehrenurkunde, mit der der König zum Doktor Phil. h. c. ernannt wurde.
Der König antwortete hierauf mit einer kurzen Rede, in der er u. a. ausführte: Es ist nicht ohne Bedeutung, daß diese Stätte des Geisteslebens ihre Räume, die für vornehme und ernste Studien bestimmt sind, in einem Augenblick öffnet, in dem mein Land durch Ereignisse in Anspruch genommen ist, die sich ihm durch die höchst lebensnotwendigen Forderungen für seine Sicherheit und Zukunft aufgedrängt haben. Rom hat in jedem Zeitpunkt seiner ruhmreichen Geschichte seine Kultursendung erfüllt. Heute schreitet Italien auf dem gleichen Wege weiter, mehr als je unter freiwilliger Aufbietung seiner ganzen Glaubens- und Willenskräfte geeint. Nichts an- veresverlangtItalien.alsinder Fülle seines Lebens leben zu können und seine Kräfte in den Dienst seiner Ideale, zn stellen, die das heilige Geistesgut der zivilisierten Menschheit darstellen. Mögen es die hohen Vertreter der internationalen Wissenschaft ihren Mitbürgern weiterjagen, daß die neuen Gebäude der Universität Noms in dieser Hoffnung ihre Tore geöffnet haben.
Die Rede des Königs, der damit znm ersten Male zur augenblicklichen internationalen Lage öffentlich Slellnng nimmt, fand starke Beachtung.
EnglandfeiildlMe Kundgebungen in Rom
Rom, l. November
Ein Demonstrakionszug von mehreren tzunvei, Menschen ist am Donnerstagmittag mit Plakaten gegen Eden durch datz Stadtinnere Roms gezogen. Die an dem belebten Hauptkorso gelegene „Indische Apotheke Roberts" mußte wegen der drohenden Haltung der Demonstranten die Läden schließen. Einige Heißsporne haben von dem über den Schaufenstern angebrachten Firmenschild die aufgehesteten Buchstaben heruntergerissen. Eigentlicher Schaden ist nicht entstanden. Die Polizei griff rechtzeitig ein und konnte die Demonstranten zum Abziehen bewegen.
In den Abendstunden des Donnerstag kam es in Rom erneut zu englandfeindlichen Kundgebungen. Bei Umzügen studentischer Jugend durch die Straßen wurde nach englischen Erzeugnissen und Inschriften gefahndet. Die Studenten hatten es besonders aus ein in der Hauptstraße Roms gelegenes Kaffeehaus abgesehen, in dem englische Backwaren und Getränke erhältlich sind. Als die Studenten in das Geschäft eindrangen, wurden sämtliche Whiskpflaschen und auch fran- zösische Liköre schnellstens entfernt. Die Stu-
Das Neueste in M-e
Auf Chinas Ministerpräsidenten Wang- tschingwai wurde am Freitag vormittag ein Revolverattentat verübt, so datz er in Lebensgefahr schwebt. Ueber Nanking wurde das Standrecht verhängt.
In Anwesenheit des Führers wurde Freitag vormittag die neue deutsche Lustkriegsakademie in Berlin eröffnet.
Am 9. November werden 1800 Angehörige der Hitlerjugend in die Partei eingegliedert.
England und Frankreich einigten sich in Genf, datz am Samstag der Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Sanktionen gegen Italien festgelegt werden soll.
deuten rissen Anschläge außerhalb des Ladens, auf denen „Jcecreame" stand, ab. und verlangten stürmisch, daß sämtliche englische Waren aus den Fensterauslagen entfernt würden. Es kam zu kleinen Reibereien zwischen dem Geschäftspersonal und der immer stürmischer werdenden Jugend. Schließlich wurde jedoch dem Wunsche der Studenten nachgegeben, die darauf befriedigt abzogen.
Abschluß -er deutsch-ungarischen San-elsvertragsverkan-lungen
Budapest. I. November.
Zu dem Abschluß der deutsch-ungarischen Wirtschastsverhandlungen wird amtlich Gl- gendes mitgeteilt: Tie ungarisch-deutschen Regierungsausschüsie haben, wie seinerzei' vorgesehen, vom 22. bis 31. Oktober laufenden Jahres in Budapest getagt. Sie haben aus diesem Anlaß die bisherigen Vereinbarungen über den gegenseitigen Warenverkehr durch eine Reibe neuer Bestimmungen ergänzt.
Mer 40 « RotvervrkmmgW
Paris, 1. November
Die Zahl der Notverordnungen ist in letzter Stunde vor Ablauf des Ermächtigungsrechtes der Regierung auf über 400 g e - stiegen. Das amtliche Gesetzblatt hat die Arbeit der Veröffentlichung bis Mitternacht nicht fasten können. Das Blatt wird die Ber- ordnungen in einem Umfange von über 300 Seiten am Samstag morgen herausbringen. Dieses Buch wird zugleich das billigste Buch des Jahres sein, da es für 10 Pfennig erhältlich ist.
Ner Anschlag ans den chinesischen Ministerpräsidenten
Nanking, 1 . Nov.
Auf den chinesischen Ministerpräsidenten Wanglschingwai wurde am Freitagvormittag in Nanking ein Revolverattentat verübt. bei dem der Ministerpräsident schwere Verletzungen davontrug. Der Attentäter, ein chinesischer — und nicht ein japa- n, sch er. wie es in den ersten Meldungen h>cß, — Presseberichterstatter namens San Ming Hsan soll Mitglied der Knoming- ang-Partei sein.
Sofort nach Bekanntwerden des Anschlages stattete der deutsche Botschafter dem Chef des Protokolls im Außenministerium einen Besuch ab. wobei er seine besten Wünsche für eine baldige Genesung des Ministerpräsidenten aussprach.
Der chinesische Ministerpräsident Wang- tschingwai soll, einer Reutermeldung aus Tokio zufolge, den schweren Verletzungen er- leaen sein, die er bei dem in Nanking auf
Morgen Sonntag Stratzen-Sammlnng
durch SA. — SS. — NSKK.
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