Nr. 248

Mittwoch. 23. Oktober 1935

109. Jahrgang

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AiißenpolitW MsWche iw Unterhaus

würde es keinerlei kollektive Übereinstim­mung hierfür geben. Es sei infolgedessen ge­fährlich und provokativ, hierüber auch nur zu reden. Der wirtschaftliche Druck, der jetzt beabsichtigt sei, solle nicht so ausgewählt werden, daß es zu einem Kriege komme. Der Außenminister wies endlich zum Schluß darauf hin, daß die Atempause, in der man sich jetzt befinde, bevor der wirtschaftliche Druck angewandt werde, benutzt werden müsse, um eine Regelung zu erreichen.

EailktiollsvorsOlag Nr. 1 bisher von 22 Staaten durchgeführt

Genf, 22. Oktober.

Die Regierungen von Bulgarien, Estland and Norwegen haben dem Generalsekretär des Völkerbundes mitgeteilt, daß sie den Sanktions­vorschlag Nr. 1 über die Ausfuhrsperre für Waffen und Kriegsgerät nach Italien und die Aufhebung der Waffenausfuhrsperre nach Abessinien in Kraft gesetzt haben. Nach dieser Mitteilung erhöht sich die Zahl der Staaten, die den Vorschlag Nr. 1 durchführen, auf 22. Ob der Arbeitsausschuß vor seiner auf den 31. 10. anberaumten nächsten Sitzung zusam- inentreten wird, ist noch ungewiß. Für den Fall, daß sich das Verhältnis Italiens zum Völkerbund entspannt und wenn andererseits die Zustimmung einer genügend großen Zahl von Regierungen bis zum 31. 10 vorliegt, ist der 5. November als Beginn der Ein- und Ausfuhrsanktion in Aussicht genommen.

Der Wpst ist nicht gewillt...

Eine neue Stellungnahme des Erzbischofs von Canterbury

London. 21. Oktober.

Ter Erzbischof von Canterbury nahm auf der Diözesenkonferenz in Canterbury erneut Stellung zum italienisch-abessinischen Streit. Er teilte mit. daß er alle christlichen Kirchen­behörden in Europa auffordern wolle, sich tür die Verteidigung des Völkerbundes ?>n- zusetzen und ihre Mitglieder feierlich an die Völkerbundsverpflichtüngen zu erinnern. In diesem Sinne sei er bereits an den Papst herangerreten. Er höre jedoch, daß der Papstaugenblicklichnichtgewillt sei, mehr zu sagen,als er bereits öffentlich gesagt habe. Man müsie

>a die 'ScyrmertgteUtn, in denen er ycy ve- jinde, anerkennen. Möglicherweise müsse man ihn aber bitten,zu seiner Zeit und au? seine Weise" einige weitere Worte zu sprechen.

Ter Erzbischof begründete seine, beträcht­liches Aufsehen hervorgerufene Mitteilung damit, daß die Verteidigung der Dölker- bundssatzung in Wirklichkeit eine Verteilst- gung des Friedens sei und daß es sich beim italienisch-abessinischen Streit in erster Linie nicht um politische, sondern um moralische undreligiöse Fragen handle. Er bestätigte erneut seine Ab­sicht. daß die Verteidigung der Völkerburws- iatzung notfalls eine Gewaltanwendung mit sich bringe und sagte wörtlich: ..Ich glaube nicht, daß die Ergebenheit für Christus dazu benutzt werden kann, die Verweigerung irgend einer Gewaltanwendung gegen Rechts­brecher zu rechtfertigen."

Ale WKmms

-er italienischen Nüslungsanleche

Mailand, 22. Oktober

Von den Konsortialbanken der neuen fünf- prozentigen italienischen Nüstnngsanleihe wurden bis zum letzten Samstag insgesamt 422 Millionen Lire gezeichnet. Am Montag würde die Zeichnungssrist für das Publikum eröffnet. Als erste Eintragung verzeichnet die Liste des Credito JtalianoBenito Musso­lini" für den Popolo d'Jtalia 50 000 Lire.

ab 15. November?

Paris, 22. Oktober

Der Genfer Sonderberichterstatter des Echo de Paris" will erfahren haben, daß die praktische Durchführung der gegen Ita­lien beschlossenen Sühnemaßnahmen erst am 15. November beginnen soll

Lava! berichte!

Paris, 22. Oktober.

Im Kabinettsrat, der am Dienstag vormit­tag am Onai d'Orsay zusammentrat, berichtete Ministerpräsident und Außenminister Laval über den Stand der gegenwärtigen Verhandlungen um den italie­nisch-abessinischen Streit. Er wies darauf hin, daß der Innenminister und der

Smdzrwi,« siir SMmWnil »Mt

Schwere Vorwürfe türkischer Blätter gegenMe französische Verwaltung

in Syrien

London, 22. Oktober.

Wie vorgesehen, trat das englische Unter­haus nach fast dreimonatiger Pause am Dienstag zu seiner letzten Sitzung vor der Auflösung zusammen. Die außenpolitttche Anssprache, für die drei Tage vorgesehen sind, wurde am Dienstag nachmittag mit einer umfassenden Erklärung des A u ß e n m i n i st e r s Sir Samuel Hoare eröffnet. Sir Samuel Hoare führte u. a. aus:

Tie Politik Englands hat sich in der letz­ten Zeit nicht geändert. Er könne behaupten, daß diese Politik die große Mehrheit des bri­tischen Volkes hinter sich habe. Auch die Do­minions stünden hinter der britischen Negie­rung. Die Gründe, weshalb England den Völkerbund unterstützt habe, seien darin zu suchen, daß England die Dinge realistisch sehe. England sei zur Zeit damit beschäftigt, die Bestimmungen der Völkerbundssatzung auszuprobieren. Was die britische Regierung angehe, so habe sie ernstlich und ehrlich ver­sucht, ihnen zu einem Erfolg zu verhelfen.

Dies seien die einzigen Gründe für die Rolle, die Großbritan­nien i n G e n f g e s P i e l t h a b e. Es habe keinerlei Reichsinteresse mit- gespielt, es sei denn die natürliche Sorge, die ein über den Erdball sich er­streckendes Reich haben müsie, daß der Friede gewahrt werde. England habe auch nicht die mindeste Absicht, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Völker zu mischen. Rinn habe dann England den Vorwurf ge­macht, daß es in Genf die Führung über­nommen habe. Hierauf wolle er freimütig feststellen, daß ein Vertreter Großbritanniens in einer internationalen Aussprache nicht eine zweitklassige Rolle spielen könne.

Hieraus wandte sich Hoare gegen die Kritik, die gegen die wirtschatstichen Sühnemaß­nahmen gerichtet wurden. Es gebe Leute, die sagten, daß sie unvermeidlich znm Kriege führten. Damit stimme er nicht überein. Ar glaube auch nicht, daß der vorgesehene wirt­schaftliche Druck, den man ins Auge gefaßt habe, unwirksam sein werde. Aber wenn eine Aktion dieser Art wirksam fein soll, müssen die Völkerbnndsmitglieder ihren Anteil an dem Risiko, der Unbequemlichkeit und den Verlusten auf sich nehmen. Es müßten alle Völkerbundsstaaten zusammenstehen, um einem Angriff Widerstand zu leisten, der auf einen Staat gemackit wird, weil er eine Handlung unternimmt, um die Völkerbunds- latzung zu verteidigen. Ans Vielem Grunde babe man Mitteilungen mit der französischen Regierung ausgetauscht. Die franzö­sische Äntwort sei völlig befrie­digend. Die Franzosen legten den Artikel 16 der Völkerbundssatzung genau so aus wi" die Engländer ihn auslegten. Er wandte sich hierauf der

Frage der militärischen Sanktionen

zu. Er wies daraus hin. daß es eine kollektive Uebereinstimmung über diese Frage in Gen' nie gegeben habe. Militärische Sank­tionen könnten nur kollektiv an­gewandt werden und England habe von vornherein kl arge.- macht, daß England kollektiv handeln wolle. England habe nicht die Absicht, allein zu han- d e l n.

Im übrigen habe man von Anfang an m Genf die Frage der militärischen Sanktionen nicht besprochen und keinerlei Maß­nahmen dieser Art seien ein Be­standteil der britischen Politik. Die geplanten Maßnahmen seien nicht mili­tärischer Art. sondern wirtschaft­licher Art. Er glaube nicht und niemand in diesem Hause könne glauben, daß jemand in Europa einen Krieg wolle. Auch in den Verhandlungen mit den Franzosen sei nie­mals die Erwägung militärischer Maßnah­men behandelt worden. Der Völkerbund sei eine Einrichtung des Friedens. Dessen müssen sich die Leute erinnern, die verlangten, daß England den Suezkanal schließen und die italienischen Seeverbindungen abschneiden sollte. Da England dies nicht allein könne.

Istanbul, 22. Oktober. !

In allen großen Städten des Landes fin­den seit Montag große Kundgebungen statt, in denen die Empörung über den Anschlag auf den Staatspräsi­denten Atatürk zum Ausdruck kommt und die unerbittliche Ausmerzung der Ver­schwörer gefordert wird. Unzählige Ergeben­heitstelegramme liefen in Ankara ein, für die Atatürk mit einer kurzen Proklamation gedankt hat. Im übrigen herrscht im Lande vollkommene Ruhe und Ordnung. Das Leben nimmt seinen normalen Gang.

Die Zeitungen greifen noch schärfer als sonst die französi­schen Mandatsbehörden in Syrien an. Sie beschuldigen sie, die Organisationen der Armenier und Kurden in Syrien zu unterstützen, die so in der Lage seien, den türkischen Staat zu gefähr­den.

Die ZeitungDjumhurijet" schreibt:Wir fragen, welche Beweggründe dafür maß­gebend sind, daß die französische Kolonial- behörde Syriens di? türkenfeindlichen Orga­nisationen beschützt? Diese Frage ist heute für die Türkei nach dem Anschlag aus Ata- türk, also auf das Haupt der Nation, zu einer Lebensfrage geworden, die nicht ernst genug genommen werden kann. Es ist glaubhaft, daß die unter französischer Mandatsherrschaft

m Ketten schmachtenden nationalijliieyen arabischen Kreise gegen die brüderliche tür­kische Nation von ehemals Kindliche Gefühle nicht hegen. Vielmehr sind es die französi­schen Kolonialagenten, die eine türkenseind- liche Haltung einnehmen und sich hierzu aller fremden Elemente als Werkzeuge bedienen.

Tie französische Behörde hat entlang der syrisch-türkischen Grenze zahlreiche armenische Kolonien angelegt in der Hoffnung, dem tür­kischen Staat dadurch ständig Angelegenheiten zu bereiten. Es ist bekannt, daß die Agenten der französischen Mandatsmacht Hand in Hand mit den Angehörigen der revolutionären kur­dischen Gruppen arbeiten. Angesichts des in Syrien vorbereiteten Anschlags gegen das Leben Atatürks ist es die oberste Pflicht der türkischen Regierung, vor der ganzen Welt diese landfremden Behörden zu entlarven, deren ein­zige Beschäftigung darin besteht, Anschläge oder Verbrechen gegen die Türken anzuzetteln. Wenn die Regierung in Paris sich um die Machenschaften dieser Verschwörerbande nicht kümmern will, so muß die Frage erwogen wer­den, wer dann noch in der Lage sei, diese Ele­mente der Friedensstörung und der Unsicher­heit zur Vernunft zu bringen. Diese Frage wird in Paris bald gestellt werden müssen, da die französisch-türkische Freundschaft von Sy­rien aus untergraben wird."

Nach weiteren Pressemeldungen ist auch ein Einspruch in Genf beabsichtigt.

Das Neueste tu Kürze

Aus Pariser Kreisen verlautet, daß Italien angeblich dem französischen Ministerpräsiden­ten Anregungen zur Beilegung des abessini- schen Streitfalles übermittelt habe. Italien habe dabei eine Reihe von Höchstforderungen gestellt.

Der englische Außenminister Sir Samuel Hoare gab im englischen Unterhaus eine große außenpolitische Erklärung ab.

Ministerpräsident Göring übergab General­feldmarschall von Mackensen im Auftrag deS Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler die ehemalige preußische Domäne Brüssow als Erbhof als Dankesgeschenk für seine großen Leistungen im Weltkriege.

Iustizminister ein Gesetz über öffentliche Kund- gebungen vorbereiteten, sowie ein Waffen­gesetz, das den Handel, die Einfuhr und das Tragen von Waffen regeln soll. Die Tatsache, daß die erwähnten Gesetze jetzt Gegenstände der Ministerberatungen sind, hängt augenscheinlich mit der bevorstehenden Landestagung der Radi­kalsozialistischen Partei zusammen. Da die Partei in oeiden Fragen nachdrückliche Forde­rungen angemeldet hat, will man ihr wahr­scheinlich entgegenkommen und damit die Auf­gabe derjenigen radikalsozialistischen Führer erleichtern, die ihre Partei von einer Opposi­tion abhalten wollen.

lieber den außenpolitischen Teil des Kabi­nettsrates ist nichts an die Oesfentüchkcit ge­drungen. In gut unterrichteten Kreisen macht sich aber eine gewisse Skepsis bin sicht- iich der Vermittlungsversuche zwilchen Rom und London geltend.

Der Hauptteil des Kabinettsrates war dem Bericht des Finanzministers über die Finanz- laae gewidmet.

Dem Staatsdepartement ging tatsächlich am Dienstag ein umfangreicher Bericht des Völkerbundes zu, in dem die bisher in der Frage der Sühnemaßnahmen gegen Italien unternommenen Schritte dargelegt und die Vereinigten Staaten ersucht werden, sich da­zu zu äußern. Wie amtliche Kreise andeuten, wird der Bericht, wenn er überhaupt zur Veröffentlichung gelangt, nicht vor der Ab­sendung der amerikanischen Antwort ver­öffentlicht werden. Die Abfassung der ame­rikanischen Antwort erfolgt erst nach Roose- velts Rückkehr

GtrengsteReutratität -erAr. Staaten

Washington, 22. Oktober.

Zu den Nachrichten, daß der Völkerbund die Ver. Staaten auffordern werde, die Sühnemaßnahmen gegen Italien zu unter­stützen, wird in Regierungskreisen erklärt, daß Staatssekretär Hüll unter allen Um- ständen die Rückkehr des Präsidenten Roo­fe v e l t abwarten werde, ehe er zu dieser Frage Stellung nimmt. Im übrigen sei ein solches Verlangen ' des Völkerbundes nicht bekannt. Wenn eine Antwort der Ver. Staa­ten darauf erfolgt, io wird sie nur erneut dem Wunsch der Ver. Staaten nach strengster Neutralität Ausdruck geben.

Die Anwendung

der Haager Neukralikäksreged» auch vo« weiteren Staaken geplant

WieReuter" berichtet, nimmt man t» London an, daß auch Frankreich und die britischen Dominien di« Haager Neutralitätsregeln anwenden werden. Grondi ist am Montag bei einem Besuch im Foreigu Office von der britischen Entscheidung in die­ser Frage unterrichtet worden. In London liegen keinerlei Berichte darüber vor, daß Drumond in seiner Unterredung mit Suvich mehr getan habe, als ebenfalls die italieni­sche Regierung über diese Tatsache zu unter­richten.

Preß Association" berschtet, daß auch die Türkei und Griechenland die gleiche Entscheidung treffen würden. Es habe sich herausgestellt, daß die Anordnungen zur Durchführung dieser Maßnahme bereits vor einer Woche an die zuständigen Hafenbehvr- den herausgegangen seien. Frankreich und Italien seien durch die zuständigen Botschaf­ter von dem Entschluß unterrichtet worden.