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Mittwoch, den 20. Juni 1SS4.
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Seite K — Nr. 140
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Zn Oesterreich wird mit Leichtigkeit feststellen können, daß mindestens dreiViertel d er B ev ö l k e r u n g sich zu Adolf Hitler bekennen.
Ein Jahr ist die NSDAP, in Oesterreich verboten — und sie ist lebendiger denn je. Das heilige Heilszeichen des Hakenkreuzes leuchtet von allen Felswänden, von allen Mauern, Telcgraphenstangen und Brückenpfeilern; immer noch — und inbrünstiger — klingen die Kampflieder der nationalsozialistischen Revolution und immer noch — in tiefster Ehrfurcht beugen wir uns vor diesen Helden — opfern deutsche Oesterreicher ihr Blut und ihr Leben für den größten
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Sohn ihrer Heimat, der ihr Glaube und ihre Zuversicht ist: Für Adolf Hitler!
Denn — so schließt Landesinspekteur Theo Habicht seine Botschaft an die Volksgenossen in Oesterreich zum heutigen Tage:
„Was das Jahr 1932 für die nationalsozialistische Bewegung im Reich, das bedeutet das Jahr 1933 für die Entwicklung und den Sieg der Bewegung in Oesterreich. Als Herr Dollfuß am 19. Juni 1933 die Bewegung in Oesterreich verbot, da traf er eine Organisation, die sich bis dahin entwickelt und betätigt hatte als eine unter vielen anderen, die zwar straffer zusammengefaßt, besser geführt und darum erfolgreicher war als die anderen, aber die letzte Prüfung aus ihren Wert noch nicht abgelegt hatte.
Heute — nach einem Jahr des Verbotes und der Prüfung — ist die nationalsozialistische Bewegung in Oesterreich herausgewachsen aus der Bielheit der anderen und zu der Bewegung des österreichischen Volks- ftammes geworden.
Der unbändige Glaube und der kämp^ ferische Wille wird auch ihr den Sieg erringen.
Verschiedenes
Illustrierter Führer Württemberg und Hohen-
zollern, das Land der Mannigfaltigkeit
Die vorbildliche wirtschaftliche Struktur hat den Blick von ganz Deutschland auf dieses Land ! gelenkt, das mit seinem dunklen Schwarzwald, dem sonnigen Neckarland, dem romantischen Schlösser- und Vurgenland. Hohenlohe-Franken, s der Einsamkeit des Schwäbischen Waldes, den Felsenberqen der Schwäbischen Alb. dem kunstreichen Oberschwaben und den üppigen Gestaden des Vodensees zur Erholung, zum Reisen und genußreichen Wandern einladet. Dieses deutsche Stammland, wo die Geschlechter der Hohenstaufen. Welfen und Hohenzollern ihren Ausgang nahmen und wo deutsche Kunst zur höchsten Blüte reifte, ist von Jahr zu Jahr in steigendem Maße das Ziel der Reisenden und Wanderer geworden. Ein hübscher Führer mit einer schönen, farbigen Karte beschreibt in kurzer, praktischer Form etwa 250 Städte. Bäder, Kurorte und Sommerfrischen und bildet einen vorzüglichen Ratgeber für jeden Reisenden und Erholungssuchenden. Der schöne, bildqeschmllckte Führer ist gegen Einsendung von 25 Pfennig erhältlich vom Landesverkehrsverband Würt- temberg-Hohenzollern. Stuttgart im Hauptbahnhof.
Veränderungen im Verlag Ullstein Das Kapital der Gesellschaft ausschließlich in arischen Händen
Wie bereits im Herbst vergangenen Jahres aus Anlaß der Generalversammlung der Ullstein AE. verlautbart wurde, ist die Mehrheit der Aktien, die sich bis dahin im ausschließlichen Besitz der Familie Ullstein befanden, in andere Hände übergegangen.
Nunmehr hat die Familie Ullstein in Durchführung ihres im vergangenen Jahre gefaßten Entschlusses auch den ihr verbliebenen Minderheitsbesitz durch die Deutsche Bank und Dis- conto-Gesellschaft an ein unter Führung dieser Bank stehendes Konsortium verkauft. Im Zusammenhang mit dieser Veränderung werden die Mitglieder der Familie Ullstein, die noch in der Verwaltung des Unternehmens tätig waren, aus ihr ausscheiden. Andere wesentliche Veränderungen in der Leitung des Unternehmens sind nicht beabsichtigt.
Es gibt dieses Jahr wieder mehr Eisberge
Im Nordatlantischen Ozean werden Eisberge in diesem Sommer zahlreicher sein als je zuvor. Es wird von den Sachverständigen vorhergesagt, daß dort in diesem Jahr etwa 600 Eisberge auftauchen werden, gegenüber 300 in durchschnittlichen Jahren.
Seit 91 Jahren die erste Hochzeit
In England gibt es ein Dorf, das Old Lindslade heißt und nur 2 Häuser und 12 Einwohner hat. In diesem Ort hat seit 91 Jahren die erste Hochzeit stattgesunden.
Persische Teppiche
Die Persischen Teppiche sind nicht umsonst ihrer Schönheit und Haltbarkeit wegen be- rühmt. In vielen persischen Palästen gibt es noch heute Teppiche, die das ehrwürdige Alter von 300 Jahren haben.
Was tut der Durchschnittsmensch?
Der Durchschnittsmensch spricht in einem Jahr 11 800 000 Wörter. Wenn das alles gedruckt würde, ergäbe es 147 dreibändige Romane und 12 Novellen. Er teilt 1200 Händedrücke im Jahr aus. Würde die so angewandte Kraft zusammengesaßt, würde sie genügen, eine 80 Tonnen - Maschine zu heben. Der Durchschnittsmensch schlägt feine Augenlider in einem Jahr 94 600 000 Mal auf. Die darauf verwandte Kraft würde genügen, ein Gewicht von 50 Pfund zu heben. Das Haar, das beim Rasieren und beim Haarschneiden im Laus eines Jahres abgeschnitten wird, würde genügen, ein gewöhnliches Kopfkissen zu stopfen.
In Siam prüfe« Asse« SUbermünzen
DieBankeninSiam verwenden zur Unterstützung der Kassierer Affen. Den Affen, die in Käfigen sitzen, werden alle eingezahlten Silb-rmünzen übergeben, die die Affen prüfen, indem sie darauf beißen. Die Affen sind für diese Arbeit besonders dressiert
Büchertisch
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Jeder Anerbrichter, jeder Ortsbauernführer, ja, jeder Landwirt, auf den das neu in Kraft getretene Erbhofgesetz Anwen- düng findet, wird es mit Freude begrüßen, daß bereits jetzt eine Sammlung von Entscheidungen von Anerben be- hörden und ordentlichen Gerichten zum Reichserbhofgesetz in die Wege geleitet worden ist. Dr. Werner Vogels und Dr. Karl Hopp, beides Autoritäten auf dem Gebiet des Erbhofrechts, bringen alle bisher erschienenen bedeutsamen Entscheidungen zur Veröffentlichung, und zwar hat der Inder- strieverlag Spaeth und Linde in Berlin das Verdienst erworben, die Herausgabe dieser Urteile in der so beliebten Lose-Blatt-Form vorgenommen zu haben. Diese Art der Herausgabe hat den Vorteil, daß das Werk laufend ergänzt werden kann.
Der Wert dieser Neuerscheinung erhöht sich noch durch das zu den einzelnen behandelten Fragen aufgeführte einschlägige Schrifttum: darüber hinaus aber ist der Umstand von besonderer Bedeutung, daß dieses Werk A n- merkungen zu den Entscheidungen ent- hält, die den Zusammenhang der darin ausgesprochenen Rechtsgedanken mit dem Ge
samtbild des neuen Bauernrechts und mit dem Svstem des allgemeinen Rechts Herstellen sollen.
Auf dem Gebiete des Strafrechts ist ebenfalls eine wichtige Neuauflage zu nennen. Das Strafgesetzbuch, kommentiert von S t a u d i n g e r. Schmitt, ist in einer neubearbeiteten Auflage in der C. H. Beck sähen Verlagsbuchhandlung. München und Berlin, erschienen. Diese Neuausgabe hat insofern eine besondere Bedeutung, als in ihr bereits alle die zahlreichen Aen- derungen berücksichtigt worden sind, die die nationale Regierung im Laufe des vergangenen Jahres im Strafrecht voraenommen hat. Insbesondere ist enthalten das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher usw.. sowie alle übrigen Notgeietze strafrechtlichen Inhalts. Das glückliche Format, sowie der klare und allgemein verständliche Kommentar zeichnen das Werk ganz besonders aus. Tie strafgesetzlichen Aenderungen. die im Laufe des Jahres 1934 angefallen sind, werden in einer demnächst erscheinenden 19. Auflage desselben Werkes Berücksichtigung finden.
Im selben Verlag erschien die Strafprozeßordnung, erläutert von Dr. Doerr, ebenfalls nach dem Stand vom 1. Januar 1934 durchgearbeitet worden ist. Auch dieses Werk zeigt dieselben Vorzüge, wie die des Staudinger-Schmittschen Strafgesetzbuchs.
Zwei zeitgemäße Schriften des Verlags W. Stollfuß-Voun
Anleitung zur Durchführung des landwirtschaftlichen Entschuldungsversahrens
Mit Musterbeispiel zur Selbsteinreichung von Entschuldungsanträgen für den deutschen Landwirt. Von Eutsverwalter Heinrich Heister. Preis 75 Die nationalsozialistische Regierung hat bekanntlich durch reichsgesetzliche Maßnahmen den meist ohne ihre Schuld verschuldeten landw. Betrieben den Weg aus der Not gewiesen.
Was muß jeder Angestellte und Arbeiter vom neuen Arbcitsrecht wissen?
Auf der Grundlage des Gesetzes vom 20. Januar 1934 und der beiden Durchführungsverordnungen vom 1. und 10. März 1934 dargestellt von Amtsgerichtsrat Dr. P. Schaefer. Preis 1.— -4t. Dieses volksaufklärende Bändchen, das das umfangreiche Material in knappen und klaren Sätzen übersichtlich geordnet bringt, erscheint zur rechten Zeit. Einem ersten Teil, der die grundlegenden Begriffe des neuen Gesetzes darlegt, folgt der zweite Hauptteil, der auf wichtige Einzelfragen aus dem neuen Recht eingeht.
Aus alle in obiger Spalte angegebenen Bücher und Zeitschriften nimmt die Buchhandlung G. W. Zaiser, Nagold, Bestellungen entgegen.
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Von Liesel Wizemann, Nagold
Wer, etwa von Stuttgart kommend, zum erstenmal die weite Rasenfläche des „Kühlen Berges" betritt, der ist überrascht von der umfassenden Aussicht, die sich hier bietet: Gegen Südost die Schwäbische Alb, eine lange, stolze Kette, die sich hinzieht vom Neuffen bis zum Dreifaltigkeitsberg: westlich die Höhenzüge des Schwarzwalds, in deren Tannendunkel friedliche Dörfer sich schmiegen. Von fern, vom Horizont herüber, grüßt der Aussichtsturm der Hornisgrinde.
Hier auf dem „Kühlen Berg" beginnt das Arbeitsgebiet des Nagolder Schwarzwaldvereins. Ich begleite heute den Wanderfreund, der auf seiner Sonntagswanderung die Schritte unserer engeren Heimat zulenkt, und führe ihn durch die der heimischen Ortsgruppe anvertrauten Gebiete. Der Weg führt durch Tannenwald und sonnige Lichtung oberhalb Emmingen vorbei, dem das nachbarliche Pfrondorf von seinem Berg freundlich herüberschaut. In der stillen Waldecke des Rötenbachtals, zu der unser Pfad langsam sich senkt, hat die Württembergische Gauführerschule ihre Zelte aufgeschlagen. Wir Nagolder freuen uns, daß die künftigen Eau- führer des Landes hier ihre Ausbildung finden und so mit der Stadt und den landschaftlichen Schönheiten des oberen Nagoldtals in enge Berührung kommen. Der blaugelbe Rhombus, der zuverlässige Wegweiser, führt nun auf der anderen Seite des schmalen Rötenbächleins durch den herrlich schattenspendenden Badwald. An der Waldecke öffnet sich der Blick, und vor uns liegt ein wunderschönes Stück Nagoldtal, dort zu Füßen des Schloßbergs dehnt sich die liebliche Stadt. In behaglichem Lauf, lustig sich windend, rinnt der Fluß durch seine Wiesen, deren Helles Grün sich freudig abliebt von dem Dunkel den Tannen, die bis zur Talsohle niedersteigen. Wieder anders sind die Farsien des Nagolder Schloßbergs, dessen ragende, kühne Gestalt das Land weithin beherrscht. Zur Frühlingszeit wölben die lichten Buchenkronen sich immer dichter aus dem noch braunen Geäst. Die Vielfältigkeit seiner Bewaldung und ihrer Eigenart verleihen diesem stolzen Berg das geheimnisvolle, wechselnde Farbenspiel des Jahres, bis der Oktoher die herrlichsten und tiefsten Herbstfarben an ihn verschwendet. Die Mauerreste der Burg Hohen-Nagold grüßen weit in die Täler, die an seinem Fuß zusammenführen.
Am Waldrand des „Ealgenbergs" der Stadt zuwandernd sehen wir nun immer deutlicher ihr Gesicht. Machtvoll erhebt sich der Vundsandstein- bau der Protestant. Kirche über Nagolds Dächer. Aus der Stadtmitte ragt, von altersher Nagolds Wahrzeichen, der ,Alte Kirchturm' empor, den schon 5 Jahrh. lang das Leben des Städtchens umspielt. Wir sehen den Bahnhof und das stattliche Lehrerseminar, unten an der Nagold das mächtige Giebeldach des Oberamtsgebäudes.
Tritt man nun nach zweistündiger Wanderung in die Stadt ein, so laden zu beiden Seiten der Straße freundliche Wirtshäuser den durstigen Wanderer zur Einkehr. Golden in der Morgensonne blitzt der Schild des „Hotels zur Post" und erzählt von der guten alten Zeit der Postkutsche. Der wuchtige Fachwerkbau, in Württembergs Geschichte nicht unbekannt. und der alte Marktbrunnen geben dem alten Adolf-Hitler-Platz sein Gepräge. Von hier weisen Straßen in allen Richtungen u. nun üher- lasse ich es dem Besucher Nagolds, Gastfreundschaft in einer der trefflichen Wirtsstuhen nach Muße zu genießen.
Frisch gestärkt, überzeugt von der Güte eines Nagolder Vespers, möchte mein Wanderfreund die Fortsetzung des hiesigen Gebietes besehen. Ich führe ihn durch die Freudenstädter Straße zum Friedhof, aus dessen stillem Hain die „Oberkirche" in uralter Verträumtheit ins Tal herunterblickt. Unter dem Schutz der dem heiligen Remigius geweihten Kirche werden seit über 1000 Jahren die toten Nagolder hinaufgetragen, und so umhaucht dieses Fleckchen Vergangenheit tiefer Ernst und feierliches Mahnen. Am Fuße des „Killbergs", den wir nun durch die hohle Kirchhofsteige erklommen haben, liegt, in Gärten eingebettet, die katholische Kirche und das neue Krankenhausgebäude. Bevor wir am Waldrand von dem alten Verkehrsweg abzwei- gen, trinken unsere Augen die reizvollen Züge des Stadtbildes von Süden gesehen. Vom Kamm des Killbergs führt ein altes Sträßchen eilends hinunter ins anmutige Waldachtal. Da schauen aus dem Wiesengrund vom bewaldeten Hang auch schon Dorf und Schloß Unterschwandorf. Im winzig kleinen Friedhof liegt der Letzte des seit 700 Jahren hier ansässigen Kechlerschen Adelsstammes. Seine Vorfahren waren Dieüstman- nen, der einst so machtvollen Hohenberger Grafen. die auf der Naqolder Burg ihren stolzen Sitz hatten. Dort drühen am Walde lehnen sich halbverfallene Grabsteine an die schlanken Tannenstämme. Es ist der „Judenfriedhof". Die einst im Tälchen ansässige israelitische Gemeinde hat hier ihre Toten bestattet. Das alte Winter- hrückle führt über die Waldach, und dann steigen wir auf in die „Winterhalde". Herrliche Tannen umsäumen den Weg. ohne der Sonne den Eintritt zu verwehren, die goldene Lichter auf den Waldhoden zaubert. Das Ackerland, das sich auf der Höhe am Waldrand hinzieht, gehört zum nahen Hof „Diirrenhardt". Einst stand in dieser Nähe eine eigenartige Tannengestalt, deren in dem schrägen Stamm wurzelnde, senkrechte Neste an die Form einer Leier erinnerten. Vor längerer Zeit schon mußte leider die vielbesuchte, stolze „Leiertanne" gefällt werden. Allmählich gelangen wir an die Grenze des Nagolder Ortsgruppengebiets, die Nagolder Wegweiser zeigen noch bis Haiterbach und übergeben dann die Führung der benachbarten Ortsgruppe > Pfalzgrafenweiler.
s Wir kehren zur Stadt zurück, und nun habe , ich eine Ueberraschung bereit! Wir streben dem I Schloßberg zu und am Klebweg, unweit der
großen Nagoldschlinge, glitzert in der Mittagssonne die Wasserfläche eines qeräumigen Schwimmbeckens und lädt zur Kühlung ein. Ein kleines Becken ist für die Kinder zum Herumstampfen nach Herzenslust. Sommerüber herrscht buntes Leben hier, an dem die Kuraäste unserer aufstrebenden Fremdenstadt reqen Anteil nehmen. Aber auch wir Einheimischen eilen den beiden Planschbecken zu, springen in das lockende Bad, um nachher lang ausgestreckt in der Sonne zu liegen.
Fetzt aber auf nach Hohen-Nagold Im Zickzack führt eines der vielen Weglein unter lichtem Laubgewölbe hinauf. Wie mag der Berg vorzeiten so voller Leben gewesen sein, und heute — eine andachtsvolle Stille, die Ruhe einsamen Waldlebens. Ueberraschend wirkt dann die Wucht der plötzlich hervortretenden Vurganlagen. Wir treten durch den ersten Torbogen in den Vorhof, den sogen. Turniergarten ein. Niedere Mauern mit einer halbrunden Ausbuchtung umgeben eine gepflegte Anlage. Alte Baumgruppen werfen ihre Schatten auf den Rasen, den manches seltene Blümchen ziert. Steinkugeln zu Pyramiden aufgefchichtet, gemahnen an schlimme Zeiten des Angriffs und der Abwehr. Auch der tiefe Burgaraben und der die beiden Türme schützende Mantel sind Zeugen trutziger Wehrhaftigkeit. Nun stehen wir im Burghof, den ragende Mauerreste u. stellenweise nur mannshohes, abbröckelndes Gestein umschlossen, auf den Schauplatz reichen, geschichtlichen Lebens. Die letztes Jahr vorgenommenen Ausgrabungen' des Landesamts für Denkmalpflege, bei deren finanzieller Ermöglichung der (Württ.) Schwarzwaldverein behilflich war, bestätigten die Vermutung, daß hier schon in vorgeschichtlicher Zeit eine Siedlung bestand, wahrscheinlich eine keltische Fliehburg. Der Burggraben wurde erst viel später, beim Bau der mittelalterlichen Burg, künstlich geschaffen. Die durch die beiden Zwinger, den wuchtigen Bergfried neben dem stolzen Wachturm festbewehrte Burg Hohen-Nagold war ein Jahrhundert lang der Sitz der mächtigen Grafen Hohenberg, die weite Gebiete bis in entfernte Lande ihr eigen nannten. Die Blütezeit ihres Geschlechts war auch für die Stadt eine Zeit des Aufstiegs und Wohlstands, da die Zusammengehörigkeit von Burg und Stadt sehr eng war. Schloßbergsagen erzählen von einem ungehobenen Schatz im Walde und erwecken die Sehnsucht auch des heutigen Nagolders nach der Vergangenheit der Burg und ihrem glanzvollen Lehen.
Die Dämmerung kommt leis über die Mauern gestiegen, auf dem Bergfried knarrt die Wetterfahne, die dem Bürger unten die Windrichtung kündet, in rötlichem Abendschein stehen und Mauern und Türme. So manches schöne Sommerfest wurde hier schon abgehalten, und lustiger Sang und Klang ertönte in sonnigen Nachmittagsstunden bis in die dunklen Abende hinein.
Ans Geländer bei der alten Steinbank gelehnt, lassen wir die Blicke hinabgleiten von den Höhen zur Stadt. Um den Alten Kirchturm
§ schmiegt sich der Ring der Altstadt, deren festen Gürtel die letzten Jahrhunderte durch die stetig wachsende Zunahme der Bevölkerung gesprengt haben. Die Bauten wuchsen in die Täler hinein, und heute klettern Siedlungen und Landhäuser an den Bergen zum Waldrand hinauf und umgeben die Stadt mit einem fröhlichen Kranz. Noch einen Besuch dem ehrwürdigen Wachturm, über die Freitreppe ins alte Wäch- terstübchen und auf sich windenden schmalen Stufen hinauf zur breiten Steinfassung der Aussichtsplatte, die einen weiten Blick bietet nagoldtalauf- und abwärts. Die Wipfel des Schloßbergwaldes, der sich nordwestwärts dehnt, sind wie ein Teppich aus tausenderlei Grün, eine köstliche Augenweide. Die Kirchtürme von Vollmaringen und von Hochdorf grüßen herüber zur Burg, unten fließt die Nagold, von Altensteig kommend, der Stadt entgegen. Ihr ferneres Treiben ist in halber Höhe des Schloßberges auf ebenem Weg zu beobachten. Von Nordwesten kommend, fällt es ihr plötzlich ein. die Richtung zu ändern, und nacki einer wundervollen Schlinge. als wolle sie sich noch besinnen, biegt sie nach Norden um. Hier vollfühct sie das berühmte Naqoldknie. dem unsere Heimatstadt wohl ihren Namen verdankt. So fließt sie ans Städtchen heran, nimmt die Waldach auf. strömt im breiten. schnurgeraden Betonbett, spendet dem Elektrizitätswerk ihre Wasserkraft, um dann talabwärts ihr naturhaftes Wesen, in Windungen sich ergehend, weiter auszuühen. Von Osten mündet das Kreuzertal ein. dessen sichtbaren Abschnitt die Militärversorgungskuranstalt .Waldeck' und das Kurhaus „Waldlust" begrenzen. Links des Waldachtals, das von Süden kommt, reckt sich ein steiniger Berg empor, den ein spärliches Tannenwäldchen deckt: Die „Teufelshirnschale", trotz ihres Namens oft und gern bestiegen, denn eigentlich bietet sie die schönste und allerliebste Aussicht auf Stadt, Höhen und Tal.
Wir nehmen Abschied von der Burg und bummeln auf dem Schloßberqrllcken ins freie Feld. Auch hier wollen die Wegweiser in landschaftliche Schönheiten hineinführen. Sie zeigen über den freien Höhenweq nach Rohrdorf hinunter und jenseits der Nagold durch Tannenwald auf den „Egenhäuser Kavf". Wunderschön ausqebreitet liegt dort der „Hintere Wald" vor Augen, aus dem Kirchtürme, Dörfer und Weiler freundlich lugen, eine prachtvolle lebende Landkarte. Zum Kapf sind es jedoch zwei Stunden, und dahin reicht es heute nicht mehr; es ist dunkler geworden, und ich schlendere mit dem Wanderfreund am südlichen Kiefern- und Fichtensaum des Schloßberqs zurück. In dem Abendschatten liegt dort drühen am Killberg die alte Oberkirche. Ich frage: Ist es wohl Heimatliebe. durch ein Fernesein nur tiefer sich verwurzelnd. die mir all das so schön, so liebenswert erscheinen läßt? Und ich glauhe als Antwort zu hören: Nagold und seine Burg, die bewaldeten Berge und Täler, seine an landschaftlicher Schönheit reiche Umgebung belohnen den Besucher, der einen sonnigen Tag hier durchwandert, überreich. Gerne wird er einmal wiederkommen!