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Der Gesellschafter

Mittwoch, den 23. Mai 1881

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Oesterreich feiert 2 Zähre Msliß Regierung

IS große und zahlreiche kleine Eisenbahnanschläge Psingstverkehr stark beeinträchtigt

«k. Wien, 21. Mai. !

Wenige Stunden, nachdem der österreichische ! Bundespropagandakommissar Dr. Steidle ! in einem Vortrag in Budapest verkündet z hatte, daß die Opposition in Oesterreich in Kürzeerledigt" sein werde, kam es in i Oesterreich zu bisher unerhörten Kundgebun- > aen dieser Opposition gegen das System i Dollsub-Starhemberg-Fey. Im ganzen Bun­desgebiet wurden in den ersten Morgenstun­den des Samstag, zwischen 1 und 3 Uhr, Anschläge auf die Eisenbahn­linien verübt, die in 15 Fällen außerordentlich schwere und in einer Unzahl von anderen Fällen kleinere Schäden zur Folge hatten. Ol, es sich in diesem Falle, wie die österrei­chische Regierung behauptet, um eine beab­sichtigte Schädigung des Fremden-, vor allem des Pfingstverkehrs, oder, wie man sich in Wiener Kaffeehäusern vertraulich zuflüstert, um eineHuldigung anläßlich des zweijäh­rigen Bestandes der gegenwärtigen Regie­rung", die am 20. Mai 1932 ihr Amt ange- treten hat, handelt, konnte einwandfrei noch nicht ermittelt werden, da die Täter genau so wie in den ähnlichen, in der letzten Zeit vor- aekommenen Fällen es vorgezogen haben, sich dem von Günstlingen der Heimwehr und der Ehristlichsozialen durchsetzten Polizeiapparai nicht zu stellen.

Zunächst wurde die gesamte Exeku­tive einschließlich des Bundes­heeres alarmiert; dann wurde nach einer langwierigen Konferenz im Sicherheits­ministerium die W i e d e r e i n st e l l u n g der abgerüsteten Schutzkorpsan­gehörigen beschlossen, die im Bahnsiche­rungsdienste Verwendung finden sollen; schließlich gab man der Presse eine beruhi­gende Mitteilung zur Veröffentlichung, daß wohl Sprengstosfanschläge auf Bahnanlagen ausgeführt worden seien, daß man aber alle Vorkehrungen zur Sicherheit der Reisenden getroffen und außerdem noch 20 000 8 für die Ergreifung der Täter ausgesetzt habe.

Weiter wird den aus dem Konzentrations­lager Wöllersdorf in letzter Zent entlassenen Nationalsozialisten die Wiederinhaftierung angekündigt, obwohl bisher nicht nur jeder Beweis, daß Nationalsozialisten die Täter waren, sondern auch jede Spur der Täter fehlt. Die Durchführung der An­schläge müßte jedenfalls auf radikale Sozialdemokraten weisen, wenn man nicht schon im Oktober den Chef der Staatspolizei entlassen hätte, weil er die Dollfuß-Attentäter Pflichgemäß nicht bei den Nationalsozialisten gesucht hatte. Den Geheimbericht des Chefs des Nachrichten­büros der Regierung, des Generalmajors Runge, über die BürgerkriegZrüstungen der Marxisten 74 620 organisierte Wehr­

fähige mit 44 680 Gewehren will man allem Anschein nach auch nicht wahrhaben.

Dafür zerbricht man sich den Kopf, wie man die Rückkehr des Erzherzogs Engen aus Basel nach Oe st erreich würdig begehen fall. Angeblich soll er in Feldkirch, Innsbruck, Salz­burg und Wien auch von den Be­hörden feierlich empfangen wer­den. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Bevölkerung an der Begeisterung der Negie­rung teilnehmen wird.

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Wie wär's, wenn wir diese Sitte auch ein­führten?

Indem nordfranzösischen Dorf Waegnies-la-Grand wird jedem Ein­wohner zu Beginn jedes Jahres von dem Steuereinnehmer eine kleine Summe Geldes, etwa eine Mark, ausgezahlt. Diese Sitte ist schon mehrere Jahrhunderte alt.

3ch bitte um Auskunft...

Briefkasten des »Gesellschafters"

Unter dieser Rubrik veröffentlichen wir die aus unserem Leserkreis an die Redaktion gerichteten Anträgen. Den Fragen ist jeweils die lebte Abonnementsauittnng beizulegen, ferner Rückporto, falls briefliche Auskunft gewünscht wird. Die Beantwortung der Anfragen erfolgt jeweils Samstags. Kür die erteilten Auskünfte übernimmt die Redaktion nur die vrebaesebliche Verantwortung.

N. R. V. Das Bürgermeisteramt ist unse- > ces Erachtens nicht dazu berechtigt, bei Ab­gabe von Fettverbilligungsscheinen die Be­stellabschnitte durch bestimmte Geschäfte ab­trennen zu lassen. Niemand kann dazu gezwungen werden, in bestimmten Geschäften zu kaufen, denn es wird immer so sein, daß man da kauft, wo man am besten bedient wird. Wenn natürlich am Ort nur ein Geschäft ist, so kann man im Zweifel sein, ob sich gegen das Vorgehen des Bürger­meisters viel einwenden läßt, der eben das einheimische Gewerbe unterstützen will und muß. Trotzdem kann man Sie auch dann nicht dazu zwingen, wenn Sie gegen das Geschäft Bedenken haben.

G. S. Ameisen können Sie durch Kalk­streuen nicht vom Hans fernhalten. Kalk hilft nur bei Schnecken. Sie können nur versuchen, den Ameisenbau zu finden und mit Tetrachlorkohlenstoff auszuspritzen (In der Drogerie erhältlich.) Wenn Sie den Bau nicht finden, so können Sie einen Köder anslegen, indem Sie einen mit Zuckerwasser getränkten Schwamm auslegen. Die Ameisen verkriechen sich darin und der Schwamm wird in kochendes Wasser getaucht.

N. N. Die für Ihre Gegend nächstgelegenen Heilanstalten für Gemütskranke sind Win- nental, OA. Waiblingen, und Zwiefalten, OA. Münsingen.

L. D. Für die Offizierslaufbahn ist die Reifeprüfung einer höheren deutschen Schule notwendig. Voraussetzungen sind weiter her­vorragende Gesundheit, gute turnerische Leistung, arische Abstammung, nationale Gesinnung und womöglich frühere Betäti­gung in der HI. Einzelheiten erfahren Sie beim Wehrkreiskommando, 5. Division, Stuttgart, Olgastraße 13.

F. D. Sie dürfen den Zaun bis zu 1,50 Meter erhöhen. Ein Abstand von der Grenze ist nicht vorgeschrieben. Selbstverständlich müssen Sie sich gegen fremde Hühner wehren.

E. M. Ihr Nachbar muß gesetzlich mit der Anlage von Himbeeren 50 Zentmeter von der Grenze Ihres Grundstückes entfernt blei­ben, wenn sich Ihre Gärten innerhalb des Etters befinden (außerhalb 1 Meter). Wenn die Anlage Ihres Nachbars diesen Vor­schriften nicht entspricht, so können Sie die Entfernung derselben verlangen. Der An­spruch auf Entfernung der Anlage erlischt 5 Jahre nach deren Schaffung, dagegen kön­nen Sie auch später noch die Beseitigung überhängender Zweige und eindringender Wurzeln verlangen. Sie von sich aus dür­

fen jedoch die Anlage Ihres Nachbars nicht ohne dessen Einwillrgung verändern.

E. B. Ihre jährliche Grundrente beträgt 72 RM. Dazu kommen die Steigerungs­beträge. Diese betragen für die 1. Klasse 8 Pfg., für die 2. Klasse 14 Pfg., für die 3. Klasse 20 Pfg., für die 4. Klasse 26 Pfg., für die 5. Klasse 32 Pfg., für die 6. Klasse 38 Pfg. und für die 7. Klasse 44 Pfg. pro geklebte Marke. Sie müssen also für jede Klasse die Summe der geklebten Marken mit dem für diese Klasse angesetzten Betrag multiplizieren. Zuletzt addieren Sie alles zu der Grundrente und Sie erhalten dre endgültige Summe. Soweit wäre es sehr einfach. Nun werden aber die Marken der Inflationszeit (19211923) nicht ange­rechnet und müssen abgezogen werden. Da wir natürlich nicht wissen, wieviel Marken der einzelnen Klassen bei Ihnen in diese Zeit fallen, können wir Ihnen den End­betrag Ihrer Rente nicht von hier aus aus­rechnen. Wenden Sie sich doch an Ihre Ortsbehörde. Dort erhalten Sie gerne Auskunft.

E. L. Wenn Sie vor dem Verhandlungs­termin die Forderung des Klägers befriedigt haben, und wenn der Kläger daraufhin die Klage zurückgenommen hat, dann sind Sie verpflichtet, die bis zu diesem Zeitpunkt ent­standenen Kosten des Verfahrens zu tragen. Kosten entstehen auch bereits vor dem Ter­min; allerdings sind diese nicht so hoch, wie wenn die Verhandlung durchgeführt worden wäre.

M. B. Fl. Der Bürgermeister des Orts, wohin Sie sich verheiraten möchten, kann Ihnen den Zuzug nur dann verbieten, wenn Sie vorbestraft oder übel beleumundet wären oder wenn Ihre wirtschaftlichen Verhältnisie so sind, daß angenommen werden kann, daß Sie der Oeffentlichkeit zur Last fallen. Er kann Ihnen ferner die Mitteilung machen, daß Sie im Falle Ihrer Arbeitslosigkeit keine Unterstützung bekommen. Sind diese Voraus­setzungen nicht gegeben und haben Sie Arbeit, so kann von einem Zuzugsverbot keine Rede sein.

R. K. Die Anpflanzung von Hybriden ist schon seit dem Jahr 1930 überall in Deutsch­land verboten. Ausnahmen von diesem Ver­bot gibt es keine. Sie hätten schon längst alle noch vorhandenen, früher gepflanzten Hybriden entfernen sollen. Wir raten Ihnen, das Versäumte unbedingt sofort nachzuholen, da Sie sonst Schwierigkeiten bekommen wer­den. Es ist eine strenge Kontrolle der Reb­stöcke anordnet.

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Zeitroman von Helmut Messerschmidt

Urheber-Rechtsschutz für die deutsche Ausgab« Drei Quellen-Verlag, Köuigsbrück (Sa.)

8. Fortsetzung.

Die Schule verlangte Beschäftigung mit wildfremden Dingen und ging völlig blind an den Erschütterungen der Gegenwart und der jüngsten Vergangenheit vorüber. Die Schüler waren so erfüllt von den Schrecknissen des Augenblicks und so tief gepackt worden vom eigenen furchtbaren Erleben, daß sie sich nicht hineinfinden konnten in die Aufgaben des Lehrplans. So belasteten die Schüler ihr Gedächtnis mit ihnen wesensfremden Dingen, und ihre Seelen gingen eigene einsame Wege. Viele zerbrachen an diesem Zwiespalt. Die wurden dann abgeschoben. Bredenkamp wußte sein Ziel. Das lag noch hinter dem Schluß­examen und hieß: werden wie der Vater! Um dieses Ziel zu erreichen, war ihm nichts zu schade und nichts zu schwer. Wenn es das Ziel galt, schaltete er in sich alles andere ans. Dadurch erreichte er es auch.

Er mied Hanna Schulte-Dieckhoven, denn ihre Gegenwart löste Wärme in seinem Her­zen aus und sang noch lange in ihm nach. Das störte seine Zielklarheit. Hanna war munter und hatte ein goldenes Lachen. In ihm lag Ernst, und er brachte es höchstens noch zu einem halb verunglückten Lächeln.

Und überdies: das mit Hanna war eine Aindergeschichte. Solche Dinge paßten nicht mehr zu ihm. Er war innerlich schon zu alt dazu.

Je mehr sich aber Heinrich von Hanna freizumachen suchte, um so fester schloß sie sich an ihn an. An dem Jungen hatte ihr schon seine geistige Ueberlegenheit über die anderen Knaben imponiert; für den Jüngling schwärmte sie, weil in seinem Wesen etwas Abgeschlossenes, Fertiges, Reifes lag, das ihr Vertrauen einflößte und in dem sie sich geborgen fühlte.

Sie besuchte Bredenkamps öfter. Frau Bredenkamp sah das Mädchen gern kommen, schon weil es meist allerlei mitbrachte, was

bei der noch immer sehr fühlbaren Lebens­mittelknappheit ganz besonders willkommen war.

*

Auf dem Gute Schulte-Dieckhoven klappte es nicht. Der Bauer wurde von Monat zu Monat unleidlicher. Er war unzufrieden mit sich selbst, weil ihm die geflickte Lunge Beschwer­den machte und weil die Zeit irgendein Verhängnis mit sich führte.

Welcher Art dieses Unheil war, konnte noch niemand deuten, aber es lastete schwer auf der Landwirtschaft und nahm jeden Mut zu neuen Unternehmungen. Alle Preise zogen an, und trotzdem lag kein Segen ans den größeren Einnahmen, denn wenn die Ernte auch unerwartet hoch verkauft wer­den konnte, so reichte der Erlös doch kurze Zeit später nicht einmal zum Einkauf neuen Saatgutes und neuen Kunstdüngers.

Infolgedessen wußte man nicht, ob es schließlich besser war, überhaupt nicht zu verkaufen und die Ernte in der eigenen Wirtschaft zu verbrauchen.

Irgend etwas rüttelte an der altherge­brachten Handelsform des Erzeugens und Verlaufens, aber niemand wußte, wo die Ursache dafür lag und wo das noch hinaus sollte.

Schulte-Dieckhoven suchte zuerst an Per­sonalkosten sparen, deshalb mußte Hanna vor­zeitig das Lyzeum verlassen und tüchtig in der Wirtschaft Helsen. Alle einigermaßen ent­behrlichen Kräfte wurden verabschiedet oder durch billigere ersetzt.

Aber das half nur eine Zeitlang. Dann setzte das Verhängnis mit neuer Gewalt ein.

Schulte-Dieckhoven sah das Unheil heran­kommen, als nahe ein sinnloses Naturge­schehen, dessen man sich nicht zu erwehren vermag, bei dem man nur seinen Herrgott mit tiefster Inbrunst um Schonung anflehen kann.

Es brach die Sintflut des Papiergeldes herein, die Inflation, die Werte vernichtete, an denen Generationen gebaut hatten . . .

Auch für Heinrich Bredenkamp schuf sie neue Not. Mitten im schwersten Ringen um seine Selbstbehauptung in der mörderischen Mühle des Seminarbetriebes packte sie ihn und hemmte seine Kraft.

Die Mutter kam mit ihrer Rente nicht mehr aus. Wenn sie das Geld geholt hatte, mußte sie sofort soviel Lebensmittel einkau­

fen, wie eben möglich war, weil ein paar Tage später die Scheine an Wert verloren hatten und kaum noch etwas gelten. Hein­rich ging schon den dritten Winter in seinem alten, abgeschabten, vom Regen ausgewasche­nen Lodenmantel zur Schule, weil Neuan­schaffungen ganz unmöglich waren. Seine Wäsche war äußerst dürftig, Wohl peinlich sauber, aber nur durch Flicklappen zusammen­gehalten. Der Besuch des Seminars kostete zwar kein Schulgeld, und auch die Ausgaben für die tägliche Eisenbahnfahrt waren zu erschwingen, aber immerhin verursachte Hein­richs Unterhalt der Mutter manche schwere Stunde.

Karl Bredenkamp war bei einem Bäcker in der Lehre: nach den Hungerjahren stellte das Bäckerhandwerk den einzigen erstrebens­werten Beruf für die Schulentlassenen dar. Karl brauchte wenig und trug in der Back­stube Heinrichs abgelegte Sachen, bis sie völlig zerfetzt waren.

Heinrich versuchte durch Nachhilfestunden etwas Geld zu verdienen. Er bekam auch zwei Schüler, einen Klempnerlehrling, der sich auf seine Gesellenprüfung vorbereiten wollte, und einen Volksschüler, dem er eine bessere Handschrift und eine tadellose Recht­schreibung beibringen sollte.

Er gab sich mit beiden redliche Mühe, aber an dem Lehrling war alle Arbeit vergebens, er begriff nicht die einfachste Rechnung, ob­wohl er, wie Heinrich wußte, in der Werk­statt durchaus seinen Mann stellte. Und der Volksschüler zahlte nicht oder erst dann, wenn das Geld, das er schuldig geblieben war, keinen Kaufwert mehr besaß.

Einmal wurde abends nach Heinrich Bre­denkamp gefragt. Der GeselligkeitsvereinFi- delitas" veranstaltete ein Tänzchen, und im letzten Augenblick hatte der Klavierspieler abgesagt.

Heinrich packte einen Stotz Noten zusam­men und ging mit. Er spielte von 812 Uhr zum Tanz auf, bekam Abendessen, tranl ein paar Gläser Bier, wurde gut bezahlt und kam nach Mitternacht völlig erschöpft heim. Es hatte ganz leidlich geklappt.

Um 5 Uhr früh mußte er aufstehen, um 6 Uhr ging sein Zug. Er nahm sich mächtig zusammen, um nicht mitten im Unterricht einzuschlafen, und brachte es auch fertig, in keiner Stunde zu versagen. Sobald er aber wieder im Zuge saß, schlief er sofort. Nach dem Mittagessen, dos er täglich erst

gegen 4 Uhr einnehmen konnte, packle ihn die Mutter sofort zu einem Nachmittags­schlaf ins Bett.

In der Folgezeit holte man ihn öfter, und er saß manchen langen Abend in ver­räucherten Lokalen, spielte seichte Schlager­lieder, begleitete Couplets, die nicht immer anständig waren, hörte manch schlechtes Wort, sah manch schlimmes Bild.

Aber er mußte Geld verdienen. Niemand fragte danach, ob seine Seele dabei verdarü und ob seine Gesundheit untergraben wurde.

Auf seine Leistungen in der Schule hatte die Nachischwärmerei keinen Einfluß, denn ihm saß die Angst im Nacken und trieb ihn zu äußerster Anstrengung.

Manche seiner Schulkameraden machte« es sich wesentlich leichter. Sie handelten mit Wertpapieren, und einige hatten schon so viel Geld verdient, daß sie auf Motorrädern zum Seminar fuhren. Während der Pausen war Börse, und auch während des Unterrichts machten oft Zettel mitTips" die Runde.

Heinrich versuchte sich ebenfalls im Wert­papierhandel. Er kaufte für sein schwerver­dientes Geld einen ganzen Stotz Walchensee- Aktien, die ihm als aussichtsreichste Papiere angeboten worden waren. Im Anfang mochte er sie nicht gleich wieder abgeben, denn er erhoffte Kursgewinne. Später wurde er sic nicht mehr los, weil sie niemand nehmen wollte. Sie sanken nämlich auf ihren Ai papierwert herab.

*

An einem spätsommerlichen Sonntagnach­mittag spielte Bredenkamp imLandwirt­schaftlichen Kasino". Für den Tanz am Abend war eine kleine Kapelle verpflichtet worden. Während in einem anders» Raume die Bauern eine Tagung abhielten, sollte er zur Unterhaltung der erschienenen Familien beitragen.

Er saß am Klavier und blätterte in den Noten. Als er aufblickte, schrak er zusam­men:

Vor ihm stand Hanna Schulte-Dieckhoven.

Das kam so überraschend, daß er kein Wort heransbrachte.

Wie lange hatten sie sich nicht mehr ge­sehen!

Tief errötend reichte sie ihm zögernd die Hand:

Heinrich . . .?"

Da jauchzte sein Herz.

(Fortsetzung folgt).