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Der Gesellschafter
Mussten 1934
Tonntagsgedanken von W. Reh in
„Wo der Geist des Herrn ist. da ist Freiheit." 2. Kor. 3.17.
Die Bedeutung und Macht des Geistes braucht man den Menschen unserer Tage nicht ausführlich zu beschreiben. Unser jahrelanger nationalsozialistischer Kamps ging weder um Wirtschaft noch um Geld, sondern um den Geist. Und der Sieg dieses Kampfes ist ein bleibender, gewaltiger Hinweis auf die ewige Tatsache, daß den letzten Ausschlag bei den großen Entscheidungen des Lebens und der Geschichte nicht die Materie gibt, sondern der Geist. Das aber war noch zu allen Zeiten die große Schicksalsfrage, welcher Geist Menschen und Völker beherrscht.
Eine seichte, oberflächliche Philosophie hat in den letzten Jahren versucht, weiteste Kreise über den entscheidenden Charakter dieser Frage hinwegzutänschen, indem man die absolute Gegensätzlichkeit der Macht des Guten und des Bösen leugnete. Uel«. den Satan und seine Gewalt glaubte man überlegen lächelnd hinweggehen zu können. Ein allgemeiner Menschheits- und Kultur- optimismns umnebelte das menschliche Denken. bis es ein jähes, furchtbares Erwachen aus diesem Traum gab. Die hinter uns lie- , genden Jahre ließen darüber keinen Zweifel mehr, daß es um die Existenz einer aewal- >
lrgen vosen 'Macht Wahrheit ist. unter deren Herrschaft der Mensch zu einem buchstäblichen Teufel und Satan zu werden vermag. Daß unter dem Einfluß solcher Menschen das ganze Leben unseres Volkes satanische Züge und Formen annahm, war nur die folgerichtige Konsequenz. Nur allzurasch haben heute schon wieder viele Deutsche die hinter uns liegende Zeit mit ihren Schrecken und dem unmittelbar drohenden Untergang vergessen.
Es gibt nur eine Macht aus der Welt, den Geist und die Gewalt der Finsternis zu brechen. Diese Macht ist der Geist Gottes. Bon den Tagen des ersten Pfingstfestes an bis heute hat sich seine Siegeskraft bewährt. Alle Zeiten, in denen er in entscheidender Weise von Menschenherzen Besitz ergriff, sind
große WeiM"'.' ^ in de Getckuckite der
Menschheit geworden, lieber alle niederziehenden Kräfte der Tiefe hinweg tat es jedesmal einen gewaltigen Ruck nach vorwärts und oben. So war es in der Zeit der Reformation und später in der Zeit der Freiheitskriege. deren Siege letzten Endes aus der Kraft eines tiefen, innerlichen, religiösen Erlebens geschlagen wurden, welches damals das Volk ergriffen hatte. So haben wir es aber auch wieder beim Befreiungskampf des Nationalsozialismus erlebt.
Das Geheimnis dieser Kraft des Geistes Gottes liegt beschlossen in dem Wort: „Wo der Geist des Herrn ist. da ist Freiheit." Durch diesen Geist wird der Mensch zu einem Helden, der frei wird von allen Bindungen,
welche Ote Erfüllung seiner gottgewiesenen Sendung hemmen. Durch diesen Geist werden die großen, schöpferischen Kraftströme ausgelöst, welche unter Zerschlagung des Alten und Morschen neue Werte aufbauen und schaffen. Durch diesen Geist bekommt der Mensch die Kraft, sich zu erheben über die kleinen, oft so erbärmlichen Rücksichten auf sein eigenes. Persönliches Wohl und in königlicher Freiheit der Umwelt gegenüber zu handeln als bedingungsloses Werkzeug der göttlichen Lebensmacht. Seit die Kraft des Geistes Gottes den Menschen erfahrbar ist. gibt es eine Freiheit gegenüber den Mächten der Tiefe und den Sieg des Lichts über die Finsternis. Mit dem so vielfach besungenen und gerühmten Menschengeist ist auf diesem Kampffeld nichts getan? Wir haben erlebt, wie der „deutsche Geist" zusammenbrach. sofern dieser nur menschlicher Geist war. und ein beispielloser Ungeist an seine Stelle trat. Der Menschengeist bleibt immer allen möglichen Dolchstößen ansgesetzt und wird oft schnell genug überrannt. Das darf auch vom Menschen des Dritten Reiches nie vergessen werden, wenn wir dieses Dritte Reich nicht auf Sand bauen wollen. Seine unerschütterliche Grundlage muß sein der Geist aus Gott, denn nur wo dieser Geist mächtig ist. ist Freiheit nach innen und außen. Durch diese Lebensmacht allein wer- den die Charaktere geboren, die nicht ein hilfloser Spielball der bunten Zufälligkeiten des Lebens sind und sich ihren Lebenskurs durch -Trend oder Leid bald dahin. bald dort«
_ Samstag, den lg. Mak igg§
hin verrücken laßen; von ihnen gilt vielmehr- Hier stehe ich; ich kann nicht anders; Ems helfe mir!"
Solche Männer und Frauen ersordert ve.ä ! Dritte Reich. Wir brauchen heute nicht brsi. ! lante Gedanken und das überkluge Geschwü« ' der neunmal Weisen, sondern große, sto^ : und reine Kräfte. Kräfte der Seele. Hierüst I aber ist allein Gott zuständig, uns das m schenken, was kein Mensch weder sich selb» noch anderen zu geben vermag, ohne was wir aber trotz aller menschlichen Klugheit und allen äußeren Fortschritten innerlich und äußerlich verkommen müssen.
Die Zukunft unseres Volkes ist aufs engste damit verknüpft, daß Gottes Lebensmacht in unserem Volk eine beherrschende Stellung hat. Darum ist Pfingsten ein entscheidender Tag. Sein Nus geht an jeden Einzelnen: Wie steht es um dein eigenes persönliches Leben? Bist du schon durchgedrungen zu der großen inneren Freiheit, die dich zum Helden des Lebens und znm schöpferischen Lebensträger innerhalb deines Volkes macht oder bist du noch ein Knecht und Sklave der Mächte der Tiefe, ans den sich der ewige Schöpfer und dein Führer gerade in den Zeiten höchster Entscheidung nicht verlassen kann? Dann soll es dir immerdar in der Seele brennen, bis du selbst znm Licht und zur Freiheit hindurchgedrnngen bist:
„Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit!"
cies
Wngjtionntag, 2v. Mat
6.15 Hascukonzcrt
8.15 Nachrichten 8.2V Wetterbericht
8.25 Flaggenbitznng im Fliegerlager
8.45 Bauer hör zu!
9.00 Katholische Morgenfeier
9.45 Feierstunde der Schassenden 10.15 Evangelische Morgenfeier 11.00 Klaviermusik
11.39 Jol, Scb. Bach. Kantate 12.00 Opern-Onerichnitte 1Z.VV Mittaaskonzert 14.30 Lackende Lautcnliedcr 15.00 Kinderstunde 10.00 Nackmittagskonzcrt 18.00 Zwei Geschickten
18.20 Handharmonikamnfik 19.00 Psingstbräucke
20.00 Grobes Konzert
22.00 Feier am Kliegerdcnkmal
22.20 Zeitangabe. Nachrichten 22.35 Wetterbericht
23.00 Tanz- nnd Volksmusik 0.30-2.00 3. Akt: Siegfried
Mngstmontag. 21. Mat
6.15 Haienkonzert
8.15 Nachi'chten
8.20 Wetterbericht 8.25 Gumnastik
8.45—9.10 Stunde des Chorgesangs
9.20 Te denn» laudamns
9.50 Morgcnmusik
10.40 „Dem inner» Vaterland"
11.30 Prölnde. Chromatische Fantasie «nd Fuge
12.00 Mittagskonzert
13.00 Buntes Schallplattenkonzert
14.00 „Pfingstdrcrkreiten"
14.30 Mandolinenmnsik 15.00 Kindcrstundc 16.00 Nachmittagskonzert
18.00 „Es war ein Sonntag hell »nd klar . . ."
t 18.40 Russische Cbormukik 19.10 Die Frühlingskouate
19.50 Sportbericht
20.00 „Vom See zur Sec"
22.00 Sportbericht
22.20 Zeitangabe. Nachrichten
22.35 „Vom See zur See" (Fortsebunsi 24.00—2 15 Nachtmusik
Dienstag. 22. Mai
5.35 Vauernknnk. Wetterbericht 5.45 Choral
Wetterbericht 5.50 Gvmnaftik I
6.15 Zeitangabe. Friibnielbnnqen
6.25 Gnmnastik ll
6.50 Wetterbericht
6.55 Frndkonzert
8.15 Wetterbericht 8.20 Gymnastik 8.40 Funkstille 9.00—9.15 Fraucusnuk
10.00 Nachrichten
10.10 Zither und Ziehharmonika 10.35 „Ländliche Klänge"
11.05 Lustiges aus allerlei Handwerk
11.25 Wcrbnngskonzert der Rcichspost- reklame
11.55 Wetterbericht 12.00 Mittagskonzert
13.00 Nachrichten. Saardicnst
13.10 Wetterbericht 13.20 F»strnmcnt«l-Soli
13.50 Zeitangabe. 'Nachrichten
14.00 Lucia di Lammermoor, von Doni- zetti
14.30 Orgelmunk
14.50 Blumenstände
15.15 Ein Tiebcnbürger Komponist: Paul Richter
16.00 Nachmittagskonzert
17.30 Unbekannte Schumann-Lieder
17.50 Justus von Liebig: Ein deutsches Erttndcrschicksal
18.20 Die gegenwärtige Rechtslage. Vortrag.
18.85 Schallvlalten
18.45 „Stov!"
19.45 Wetterbericht. Baucrnfunk 20.00 Nachrichtendienst
20.15 Stunde der Nation:
„Die Söhne Johann Scb. Bachs" 21.00 „Flikgeralarm"
21.20 Unterhaltungskonzert 22.00 Deutsches Volksliedcrsvicl
22.20 Zeitangabe, Nachrichten 22.35 D« mutzt wisse» . . .
22.45 Wetter- nnd Sportbericht 23.00 Historisches Konzert, Paris 1785 24.00—1.00 Nachtmusik
Mittwoch, 23. Mai
5.35 Bauernfunk. Wetterbericht 5.45 Choral
Wetterbericht 6.50 Gnmnastik l
6.15 Zeitangabe, Frnhincldmigcn 6.25 Gymnastik II
6.50 Wetterbericht 6.55 Frühkonzert
8.15 Wetterbericht 8.20 Gymnastik 8.40 Fnnkstille
10.00 Nachrichten
10.10 Bunte Volksmusik
10.35 Fraucustundc 11.05 Klavierwalzer
11.25 Wcrbnngskonzert der Neichspvft- reklame
11.55 Wetterbericht
12.00 Mittagskonzcrt
13.00 Nachrichten, Saardicnst
13.10 Wetterbericht
13.20 Blasmusik
13.50 Nachrichten, Saardienst 14.00—14.30 Blasmusik iSorlfebungl
15.30 Kompositionen von Matthäus Kock
16.00 Nachmittagskonzert
17.30 Franz Anton Mehmer
17.45 Der Entlastnngsschntz ab 1. Mai 18.00 Hitlerjugend-Funk
18.25 Schallplatten
18.35 Zeh« Minute», Dcutsch
18.45 „Tschindara-Bum!"
19.45 Wetterbericht, Bauernfunk 20.00 Nachrichtendienst
20.10: Unsere Saar — den Weg frei zur Berftäudigung
20.30 Schönes Italien. Lieder.
22.20 Zeitangabe, Nachrichten 22.85 Du mutzt wisse« . . .
22.45 Wetter- und SpvrtberichS 23.00 Nachtmusik
24.00—1.00 Nachtmusik
Zeitroman von Helmut Messerschmidt
Urheber-Rechtsschutz für die deutsch« Ausgabe« Drei Quellen-Verlag, Königsbrück (Sa.)
7. Fortsetzung.
Sofort machte er kehrt und brachte wieder vier Gewehre.
Das ganze Zuchthausgebiet war von der Bürgerwehr umstellt. Hinter jedem Baum vor der hohen Umfassungsmauer stand ein Schütze, das Gewehr im Anschlag.
Sobald der kahle Kopf eines Sträflings über der Mauer auftauchte, knallten Schüsse.
Sein letztes Gewehr gab Bredenkamp dem Apinnereiarbeiter Fritz Runge. Der gehörte nicht zur Bürgerwehr, aber den kannte er.
„Wie ist denn das gekommen?" fragte er ihn.
„Der Brinkmann hat wahrscheinlich zu laut von Freiheit gebrüllt," kam die Antwort.
„Det haben sich die Züchterlinge gleich an- gezogen. Die haben de Aufsehers festgemacht nn eingesperrt, sin in de Waffenkammer eingebrochen, haben de Knarren von de Aufsehers geholt un sin nu losgestürmt. Am Hauptpvrtal hat einer den ollen Brinkmann gemimt un auch 'ne große Rede vom Stapel gelassen. Mensch, an de fufzig Züchterange waren schon in der goldenen Freiheit, un der ganze Jnnenhof stand voll, da kam de Aufseherreserve, die grad dienstfrei hatte. Die Ham alle Alarmklingel. Die sin sofort alarmiert worn nn warn in fünf Minuten da. Da Ham gleich orntlich reingepfeffert un de Züchterlinge in'n Jnnenhof zurückgetrieben. Dann Ham de Meuterer versucht, bei Tor 3 auszubrechen. Aber da stand schon Bürgerwehr. Auch nix. Nu sin se hier an Tor 4. Am Haupteingang hat et schon Tote gegeben."
„Aufseher?"
„Nee, man bloß Züchterlinge. Drei glaub' ich."
„Die Aufseher sind «„gesperrt — wenn denen nur nichts passiert!"
„Nich bloß Aufseher. Auch de Familien, die im Vorhof wohnen. Manchmal knallt et drin. Un da weiß man nich. vrobier'n die
bloß, oder — Deckung, Mensch! Deckung! Da zielt einer!"
Beide warfen sich hinter die Anhöhe, aus der die Baumanlage stand.
Auf die Mauerbrüstung war der Laus eines Gewehres geschoben worden.
Sofort knallten Schüsse von allen Seiten. Aus der Mündung des Gewehres, das dort drüben ein Sträfling bediente, flammte ebenfalls ein Schutz. Blitzschnell verschwand der Lauf wieder.
Es war niemand getroffen worden.
„Heinrich," sagte Fritz Runge, „weißte wat vir brauchen? Handgranaten? Die schmeißen Dir über de Mauer, un dann kriegen wir de Züchterlinge weg."
Bredenkamp war sofort bereit. „Ich hol' welche!"
Nach wenigen Minuten kam er mit einem Gürtel Stielhandgranaten zurück und holte aus allen Taschen noch Eierhandgranaten.
Zur Vürgerwehr gehörten nur ehemalige Frontsoldaten. Die wußten mit Handgranaten umzugehen. Bredenkamp wurde sie daher schnell los.
Er bezog wieder seinen Posten bei Runge.
„Ich will jetzt mal schauen, wo se sin; halt' mal de Knarre fest," sagte Runge und kroch an dem kleinen Hang vorbei zu dem großen eisernen Tore 4.
Der ständige Wagenverkehr, der durch dieses Tor führte, hatte zwei tiefe Wagenspuren ins Pflaster eingeprägt, so daß zwischen der unteren Torleiste und dem Erdboden große Spalten klafften.
Runge schlich bis unmittelbar an das Tor, legte sich auf den Boden und schaute durch eine der Oeffnnngen.
Dann sprang er auf und rief, geschützt durch das eiserne Tor, den Angehörigen der Bürgerwehr zu:
„Hier laufen 'ne ganze Menge rum! Da 'ne Handgranate rein — aber dann!"
Wieder bückte er sich tief. Sein Kops lag aus dem Erdboden. Eifrig lugte er ins Innere des Hofes.
Plötzlich Flammen nnd Donner . . .
Runge schnellte hoch, griff mit beide« Händen nach dem Kopf.
„Mich Ham se geschossen!!"
Runge sank in di« Knie.
»
IV
Niemand half. Lähmender Schreck und die Furcht vor dem Mörder hielt alle gefesselt. Bredenkamp erstarrte vor Grausen.
Runge kam wieder hoch. Durch sein Gesicht rann Blut.
Er machte ein Paar schnelle, torkelnde Schritte.
Schrie wieder mit entsetztem Blick:
„Mich Ham se geschossen!"
Lehnte sich an einen Baum, sackte zusammen.
Wimmerte: „Mich Ham se geschossen . . ."
Raffte sich noch einmal auf.
Lief in großen Sätzen bis mitten auf dey breiten Fahrdamm.
Stand plötzlich still.
Schüttelte sich in Todesangst.
Beugte die Knie.
Legte sich ganz langsäm, fast behutsam auf den Boden.
War — tot.
Aus dem gegenüberliegenden Krankenhaus stürzte im weißen Kittel ein Mann zu dem Erschossenen.
Hinter ihm her ein Krankenwärter^
Flüchtige Untersuchung.
Der erste zog seinen Mantel aus, legte ihn über den Toten. Sofort entstand ein großer roter Flecken in dem weißen Tuch: Blut.
Jetzt näherten sich einige Männer der Bürgerwehr, umstanden stumm den Leichnam. Einer nach dem andern nahm den Hut ab.
Der Wärter rannte ins Krankenhaus zurück und kam nach wenigen Minuten mit einer Bahre wieder, an der ein zweiter Wärter mittrng.
Nun faßten alle an, hoben den toten Runge auf die Bahre, trugen ihn in die Totenhalle des Krankenhauses . . .
Der Zurückgebliebenen bemächtigte sich eine maßlose Wut.
Mit verzerrten Gesichtern, die noch bleich waren von dem soeben Erlebten, gingen sie zum Rachesturm vor.
Handgranate auf Handgranate flog über die Mauer. Donnernd explodierten die Geschosse im Zuchthaushof.
Flüchtende Stiefel auf hartem Pflaster. Schmerzensschreie Getroffener.
Das Tor war frei.
Kurze Beratung.
Drei blieben zurück. Die übrigen liefen
durch die benachbarte Spinnerei, um vom Dachgeschoß des hohen Fabrikgebäudes herab die Beschießung fortzusetzen.
Schnellfeuer aus Dachfenstern.
Tief unten im Zuchthaushof flüchtende Sträflinge.
Sobald sich an den Gitterfenstern ein Gesicht zeigte, spritzten die Kugeln.
An ein Zielen war nicht zu denken. Dazu tobte die Erregung allen viel zu stark in den Gliedern. In blinder Wut schoß die Bürgerwehr hinab in den Hof.
Rufe hallten: „Freischar Döring rückt an!"
Irgendwo eine donnernde Salve.
Irgendwo Maschinengewehrknattern.
Durch den Hof des Zuchthauses rannten Scharen von Sträflingen.
Die Schützen im Dachgeschoß der Spinnerei trauten ihren Augen kaum, als die braunen Rotten unten vorüberhetzten.
Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten hinterher.
In wenigen Minuten trat tiefe Stille ein
Wachen besetzten die Ausgänge.
Die Meuterer waren besiegt.
*
Heinrich Bredenkamp kam totenbleich mit bebenden Knien heim. In der Nacht quälten ihn wilde, blutrünstige Tr"""'e. Und als er am nächsten Tage znr Schule fckstkr wurde es ihm bewußt, daß die Welt ein ganz anderes Gesicht trug, als er es bisher r« sehen geglaubt hatte.
Nun war es ihm offenbar geworden: Es gibt nichts Leichtes auf der Erde. Leben ist Kampf, und nur rohe, brutale Kraft siegt.
Der Fünfzehnjährige hatte den letzten Rep seiner Kindheit verloren.
Ständiger Hunger, der auch lange nach dem Kriege noch nicht gestillt werden konnte, hatte nicht nur seine körperliche, sondern auch seine geistige Widerstandsfähigkeit verringert. Nachdem nun die Grauenhaftigkeit des gewaltsamen Todes vor seinen Augen stand, war alle Illusion zerrissen. Vorbei Jugend- lnst nnd Fröhlichkeit. Verschwunden die rosig« Hvffnungsbrille. In seinem Blick glomm ein Fünkchen des Entsetzens noch viele Jahre, nachdem die Erinnerung an das Sterben Fritz Runges, an die drei Erschossenen vor seinem Hause, an den Selbstmord des Rektors Kreuzenbeck und an den Hungertod Hans Bunaerts länast verblaßt war
(Fortsetzung folgt).