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Nr. 103

Der «elelli»afler

Württemberg als Exportland

Die württ. Qualitätsindustrie ein Hauptpscilcc der deutjchen Wirtschast Bon Handwerkskammerpräsident Fritz K i e h n. M. d. R., Stuttgart

Württemberg ist das typische Land der Vera r beit ungs- und Verede­ln n g s i n d u st r i e. Wohl kein anderes deutsches Land hat eine so vielgestaltige und hochentwickelte Fertigindustrie, die nahezu alle Veredelnngsgewerbe umfaßt, wie gerade Württemberg. Die württ. Industrie ist auch durchweg eine ausgesprochene Q u a l i t ä t s i n d u st r i e. Das württ. Ge­werbe hat von jeher seinen Stolz darin ge­sehen, nur hochwertige Erzeugnisse herzustel­len und durch Betonung des Onalitäts- gedankens um Kundschaft und Absatz zu wer­ben. Der Zwang, sich trotz ungünstiger wirt­schaftlicher Vorbedingungen durchsetzen und durchkämpfen zu müssen, um einer zahl­reichen Bevölkerung Arbeit und Brot zu geben, hat den schwäbischen Menschen zu be­sonders zäher und ausdauernder wirtschaft­licher Arbeit erzogen.

Es ist kein Zufall, daß in Württemberg das Gefühl der Zusammengehörigkeit und des Aufeinanderangewiesenseins bei Unter­nehmern und Arbeitern von jeher stark aus­geprägt war und es heute erst recht ist. Höchste wirtschaftliche Leistungen und Qua­litätsarbeit wachsen nur auf dem Boden einer sozialen Einstellung, die den Standes­dünkel und den Klassenhaß nicht kennen. Die württ. Qualitätsindustrie hat den geschickten, vielfach noch mit der Scholle verbundenen und mitseinem" Betrieb eng verwachsenen Arbeitnehmer ebenso zur Voraussetzung, wie den um das organische Wachsen seines Unter­nehmens immer besorgten Unternehmer und Betriebssührer.

Württemberg ist von der Natur nicht ge­rade bevorzugt behandelt und besonders reichlich ausgestattet worden. Es fehlen die Rohstoffe und die natürlichen Verkehrs­beziehungen. Die marktpolitische Lage ist denkbar ungünstig. Ter BezugderNoh- stofse mit ihrem weiten Weg ist teuer teuer ist auch der Transport der fertiger Waren zum Verbraucher. Wie ungünstic liegen doch in Verkehrs- und marktpolitischer Beziehung die württ. Gewerbe- und Jndu- striestätten im Vergleich zu den Produktions­zentren am Rhein oder an den großen Schiff- fahrtskanälen!

Der zähe Wille und Kampfgeist, der Not zu trotzen und sich trotz aller Widerstündi einen ersten Platz auf dem wirtschaftlicher Kampffeld zu erobern, haben den württ Arbeiter und Unternehmer zu höchster Quali­tätsleistung angefeuert. Die Erzeugnisse der württ. Industrie sind geschätzt und gesucht Ist es da ein Wunder, wenn die württ Industrie wie keine andere im Reiche dem Export zugewandt ist? Württemberg isi stärker exportorientiert als irgendein ande­res Wirtschaftsgebiet im Reiche. Der Wärt- temberger ist stolz hieraus.

Mit dem Erzeugnis seiner Arbeit faßt er Fuß aus der ganzen Welt und trägt deutsches Schaffen und Können, deutsche Arbeit und Kultur, deutsche Genauigkeit und Gediegen­heit in aller Herren Länder.

Es ist bedauerlich, daß die Außenhandels­statistik den besonderen Anteil der württ. Industrie am deutschen Gesamtexport nicht ausweist. Ich bin überzeugt, daß sie gerade für die Krisenzeit, in der sich unser Export ja leider noch befindet, die besonders großen Verdienste der württ. Erportindustrie im Geltungskampfe der deutschen Wirtschast aus dem Weltmarkt anzeigen würde.

Devisen zum Rohstofsbezug

Man sagt nicht zu viel, wenn man be­hauptet, daß die württ. Industrie mit ihrer starken Exportorientierung wesentlich dazu beiträgt, dem deutschen Volke die Devisen zu verschaffen, die es zum Kauf der notwendig­sten und unentbehrlichen ausländischen Roh­stoffe benötigt. Ohne Export kein Import, auch kein Import der unentbehrlichsten Roh­stoffe.

Brauchen wir Export, fragen heute noch da und dort ungläubig viele Menschen, die die Wirtschaftszusammenhänge nicht sehen und nicht wissen, wie schwer die Export­industrie und ihre Arbeiter um den Erfolg ihrer Arbeit ringen. Wer aufmerksam durch württembergische Lande fährt, und sich ge­wissenhaft und unvoreingenommen die Frage vorlegt, wovon die Arbeiter zahlreicher würt- tembergischer Gewerbezweige leben, für den ist diese Frage kein Problem mehr. Denn Württemberg ist ohne Export wenigstens so wie sich die Wirtschaftsverhältnisse nun einmal entwickelt haben und wie die harte Wirklichkeit nun einmal ist heute und vorläufig undenkbar.

Die Förderung des Exports ist daher in Württemberg notwendiger- und logischer­weife ein Hauptstück des Arbeitsbeschaffungs- Planes, sie ist eine unerläßliche Kampfmaß­nahme in der großen Arbeitsschlacht.

Es ist nicht leicht, ein anschauliches zah­lenmäßiges Bild von der Größe und Be­deutung der württembergischen Exportindu­strie zu entwerfen, weil eingehendere und ge­nauere statistische Unterlagen fehlen. Es gibt ausgesprochene Exportindustrien, die weit mehr als die Hälfte ihrer Erzeugnisse expor- tieren, und Industriezweige, die nur den kleineren Teil ihrer Produkte im Ausland

absetzen. Die elfteren sind schlechterdings vom Auslandsmarkt abhängig und können nur arbeiten und existieren, wenn sie ex­portieren können. Die letzteren sind mehr binnenmarktorientiert, können aber im Hin­blick ans eine lohnende und bestmögliche Ausnützung ihrer Betriebe auf den Aus­landsmarkt ebenfalls nicht verzichten.

Die Exportzweige

Zu dev ausgesprochenen Exportindustrien Württembergs zählen vor allem die Maschinenindustrie, der Apparatebau, die feinmechanische, Musikinstrumenten- und Spielwarenindustrie. Weiter ist am Export wesentlich interessiert und beteiligt die Mo­toren-, Auto-, Autozubehörteile- und Fahr­radindustrie. die Gold-, Silberwaren- und Metallwarenindnstxie, die elektrotechnische. Textil-, chemische und Lederwarenindustrie, die Nährmittel- und Konservenindustrie und zahlreiche andere Industriezweige. Die württ. Werkzeugmaschinen, die Metall- und Holzbe­arbeitungsspezialmaschinen, Turbinen, Papier- verarbeitungs- und Textilmaschinen, Motoren. Feuerwehr- und landwirtschaftliche Geräte. Musikinstrumente, feinmechanische Apparate und Erzeugnisse wie Uhren. Waffen, chirurgische Instrumente. Werkzeuge. Waa- gen Silber-, Gold- und Metallwaren, chemische Erzeugnisse wie Farben, Lacke. Kunstseide. Pulver. Iagdpatronen. Gelatine und sonstige chemisch-pharmazeutische Er­zeugnisse sind weltbekannt und genießen Weltruf. Die Namen Daimler, Bosch. May­bach. Mauser. Iunghans. Hohner, haben durch ihre Qualitätserzeugnisse im In, und Ausland einen besten Klang. Es gibt kaum ew bochwertiqes Industrieerreuanis. das nicht in Württemberg hergestellt wird und den Weg in die weite Welt findet.

Nur weil in der württ. Industrie die Qualität zur Idee geworden ist. haben sich im Laufe von wenigen Jahr­zehnten Industrien entwickeln können, die nahezu Monopol charakter erlangt haben. Das zeigt die vorstehende Aufzählung die keineswegs erschöpfend sein kann. Es sind nur charakteristische Beispiele, die wahllos herausgegriffen wurden.

Der Export dieser Waren und gerade diese Seite wird oft zu wenig beachtet beschäftigt Tausende von Arbeitskräften und verschafft Tausend°n von Familien Verdienst und Brot. Man wird kaum zu weit gehen, wenn man sagt, daß ein Viertel der städ­tischen Bevölkerung Württembergs vom Ex­port lebt. Es gibt z. B. im Schwarzwald Städte, deren wirtschaftliche Grundlage der Weltmarkt ist. Man braucht nur an Schram- bcrg, Schwennincien und Trossingen zu den­ken.

Zlijamimimrbrit mtt den Völkern

Für den Nationalsozialisten ist es eine Selbst­verständlichkeit, daß sich der Staat dieser Exportindustrie ebenso annimmt wie der Binnenwirtschaft und ihr weitestgehend Förde­rung angedeihen läßt.

Der Nationalsozialismus ist der zur Tat ge­wordene Wille zur Volksgemeinschaft. Zur großen deutschen Völkerfamilie gehören auch die vom Export lebenden deutschen Menschen. Aus dieser Erkenntnis ergibt sich von selbst die Notwendigkeit, den Export zu pflegen und zu fördern.

Nur muß man sich auch der großen Schwie­rigkeiten bewußt fein, die dem Wiederaufbau unserer Exportwirtschaft entgegenstehen. Die ungeheure Exportschrumpfung, vor der wir stehen, ist eingetreten, bevor der Nationalsozia­lismus die Macht ergriff. DerNational- sozialismus hat den Zusammen­bruch der Weltwirtschaft weder verschuldet noch gewollt.

Heute heißt es, unter schwierigsten Verhält­nissen Aufbauarbeit leisten, während man früher allzu gern und gedankenlos getan hat, was man in Neuyork oder Paris für gut befunden hat.

Starke Nationalwirtschaft

Eine jüdisch-marxistisch inspirierte Weltwirt­schaft, die gleichbedeutend mit dem Untergang gesunder selbständiger Völker und Rassen ist, lehnt der Nationalsozialismus ab. Die Weltwirtschaft darf die natio­nale und wirtschaftliche Existenz eines Volkes nicht untergraben. Das hat sie aber nach dem Kriege getan. Sie hat die gesunden Quellen unseres deutschen Volkstums zu verschütten begonnen. Sie hat das Bauern- und damit das Volkstum in ihren Wurzeln angegriffen und hat an Stelle eines organischen völkischen Wirtschaftsaufbaus eine aus tönernen Füßen stehende internationale Weltwirtschaft setzen wollen. Als ob sich der deutsche Bauernhof je mit einer amerikanischen Getreidefabrik auf eine Stufe stellen ließe und als ob je eine Interessengemeinschaft zwischen einem deutschen Arbeiter und einem Neuyorker Finanzmann herznstellen wäre.

Die internationale Weltwirt­schaft lehnt der Nationalsozialismus ab. Er lehnt aber ein wirtschaftliches Zusammen­arbeiten mit den andern Völkern auf der Grundlage der nationalen Gleichberechtigung nicht ab.

Gesunde Handelspolitik

Die nationalsozialistische Beweauna Will eine

starke und sich ihrer inneren Kraft bewußte nationale Volkswirtschaft, die nicht betteln aehen muß. wenn Gefabren von nn.ken droben und wenn, wie ivir es leider erleben mußten, die sog. Weltwirtschaft zusammenbricht.

Darüber hinaus wollen wir uns aber nicht in ein enges Schneckenhaus zurückziehen, son­dern wir wollen mit den andern Völkern Zu­sammenarbeiten und von ihnen nehmen, was wir nicht haben, noch selbst Herstellen können. Das ist aber nur möglich, wenn die andern Völker auch ihrerseits uns wieder abkaufen, was wir entbehren können und woran wir Ucberfluß haben. Auf diesem gesunden Ge­danken des gegenseitigen Gehens und Nehmens wird die zukünftige Handels- und Wirtschafts­politik des Nationalsozialismus aufgebaut sein.

Zweifellos ist die gegenwärtige Lage unserer Exportindnstrie noch sehr schwierig, sie ist aber nicht hoffnungslos, wie die nie auszurottenden Schwarzseher es vielfach hinstellen. Ich bin fest überzeugt, daß auch für die Exportindustrie der Tiefpunkt erreicht ist und sich bereits eine merkhare A u s w ä r t s b e w e g u n g an­bahnt. Wir dürfen daher auch in exportpoli­tischer Hinsicht zuversichtlich in die Zukunft schauen und den Export der nationalsozialisti­schen Wirtschaftsführung voll und ganz anver­trauen. Aus der Not sind die neuen national, sozialistischen Erkenntnisse, Ideen und Willens­kräfte erwachsen. Sie haben der Binnenwirt­schaft zu neuem, ungeahntem Leben verholfen, sie werden auch der Exportwirtschaft neue Leb-enskräite zuführen.

_ Samstag, den 3. Mai IM

Humor

Heitere Justiz

Der Richter:Die nächste Person, die di- Verhandlung auch nur mit einem Worte stört wird nach Hause geschickt".

Der Angeklagte:Hurra!"

Es ist schade" sagt der Verteidiger zu seinem Klienten,daß Sie Ihr Alibi nicht überzeugend Nachweisen können. Ist denn gar niemand' de der mit ihnen gesprochen hat. als der Dieb^ stahl verübt wurde?"

Gott sei Dank, nein!"

Jetzt habe ich Sie zum achten Male wegen Landstreichens und Vettelns verurteilen müssen" sagt der Richter,ich hoffe aber bestimmt. an dieser Stelle nicht nochmals zu sehen."

Ach", erwidert der Vagabund,steht denn der Herr Richter vor seiner Versetzung?"

Bei der Kartenlegerin

. und dann rate ich Ihnen noch, sich

von einer schlanken Blondine in acht zu neh­men."

Leider zu spät: besagte Blondine ist schon meine Frau!"

Aus dem besten Wege

Nun. macht Ihre Tochter Fortschritte im Klavierfpielen?"

Aber sicher! Sie kann es gar nicht abwarten, vorwärtszukommen. Gestern sagte die Lehrerin zu ihr: Emma, mein Kind, du bist ganze zehn Takte voraus."

Unter dieser Rubrik, die wir alle 14 Tage veröiieuUichen. werden sämtliche beins etnaebeüSea Ecln ilvrvbe» einer genauen gravhologiichen Priliung unierzogen und »war gcaen die geringe Geblllir von Pfennig in Briekmarke». Die Schriiwrobe» müden immerhin wAI Keilen um­fassen und ungezwungen, möglichst mil Tinte, geschrieben sein. sAlso keine Abichrikle» von Ge­dichten usw.i Den Kuschrisien ist ein irankiertcr Brieiumschlaa kür die Rückantwort beizulügen. Da nur einzelne Beurtetlungen hier zum Abdruck kommen können, erfolgt last durchgehend die Be­antwortung der Anträge» unmittelbar an die Einsender. Strengste Diskretion ist selbstverständ­lich zuaesimert. Die Erledigung eriolgt tn der Reibe der Eingänge, meist in etwa l4 Tagen. Aür «machend gewünschte Erledigungen erhöben sich die Bedingungen deS Unkostenbettrages von.7S auk das Doppelte. Etlauiträge dieser Art sind mil dem Vermerkdringend" zu verleben. Die Einsendungen, die die genaue Adresse des Absenders enthalte» müssen, sind zu rtchle» an: NS- Pretze Württemberg. Abteil««» GravboloaiiÄer Briefkasten. Stuttaart. Hricdrlchstrobc IS-

R. L. 11- Trotz nicht alltäglicher Anlagen kommen Sie in der Zerfahrenheit Ihrer Kräfte nicht zu einem starken und lebendigen Leben. Ueberall sühlen Sie sich wie in der Fremde, haben mir ihrer allumfassenden Feinfühligkeit nicht die Kraft, die schweren Hindernisse des Lebens zn überwinden, auch nicht die glatte Begabung, darum herum zu gehen, sondern bewegen sich stets etwas scheu an den augenblicklichen Forderungen des Tages vorbei. Immer ziehen unbe­stimmte Hoffnungen vor Ihnen her, fremde und unbekannte Empfindungen steigen auf, suchen in zielloser Ferne das Wunderbare, verlieren den Boden, und leben die Gegen­wart nicht voll aus. So stehen Sie mitten

in einein unfruchtbaren Kampf zwischen einem idealistischen Menschentum und der erdgefesselten Wirklichkeit, und können sich einfach nicht von sich selbst befreien. Sie brauchen sehr nötig jemand, der in Ihrem Leben die Führung übernimmt und der gut und herzlich dafür sorgt, daß Sie nicht so ganz wurzellos Ihr Dasein verbringen müs­sen. Tenn, es sind seltsame, feine Kräfte da, die leben wollen, und auch leben sollten. Aber diese schwingen sich nicht empor. Grüb­lerische, müde und lebensschwache Gedanken mischen sich immer wieder ein, ringen dauernd nach Klarheit, und eine nervös wachsende Geistigkeit stört die gesunde Ent­wicklung der Empfindungen. In der Ein­fachheit Ihres Wesens und in der seelischen Feinfühligkeit zeigt sich Größe und Wert, im Mangel an Widerstandskraft, sinnlicher Wärme und kraftvoller Durchsetzung liegt das Unerfüllte Ihrer Lebensform.

Leo K. Es ist sehr gefährlich, so in der Weltgeschichte hernmzulaufen, wie Sie es tun. Ueberall stoßen Sie an, und sehen vor lauter Menschen, mit denen Sie herumstrei­ten, den Himmel nicht. Ehe man den Mund so in Bewegung setzt, muß man doch erst einmal die Augen ausmachen, das heißt: wenn man zn den Erscheinungen Wer Umwelt Stellung nehmen will, muß man sie doch vor allem einmal recht erschaut haben. Wirk­lich und wahrhaftig, so ganz mit dem Her­zen, nicht gleich mit kritischer Einstellung, und noch dazu mit der hastigen Kritik des Jchs, welche ja mit der sinnvollen Urteils­fähigkeit gereiften Denkens gar nichts zu tun hat. Es ist also keine sehr erfreuliche und erholsame Angelegenheit, wenn man mit Ihnen spricht, weil dasmit Ihnen sprechen" eine allzu gehobene Form ist, für ein durch­aus einseitiges Wortgefecht. Sie finden Ihr Gegenüber immer rinr dann unterhaltend und nett, wenn es eigentlich gar nichts sagt, sondern nur ergeben znhört, wie Sie mit außergewöhnlicher Begabung oft recht un­angenehme Dinge darlegen. Was bleibt mir nun noch, um Ihnen gegenüber zn einem

guten Abschluß zu kommen? Nur ein auf­rechter Händedruck, mit dem herzlichen Wunsch, daß Sie die Schönheit und den heilsamen Nutzen desschweigen- und war- tenkönnens" bald einmal kennen lind lieben lernen.

A 7893. Mit einer rechten Beschaulichkeit betrachten Sie die Welt, und Hoffnung und Wohlbefinden sind immer mit Ihnen. Him- melstnrmende Regungen darf man ja von Ihnen nicht zn reichlich verlangen. Sie haben keine sehnsuchtsvollen Fliegerwünsche, aber dafür ein angenehm gewärmtes und dnrchsonntes Gemüt, und mit Begabung leben Sie immer mehr vom Glück als vom Verdienst. Leute Ihrer Art sind so rech! be­hagliche Lebensgenossen, die sich wohl etwas breit machen, aber nicht durch unruhvolles Wesen Verwirrung bringen. Allerdings brauchen Sie zur Zufriedenheit einen ganz bequemen Weg und einen gewissen Wohl­stand, doch eine recht magere Daseinssorm wäre zwischenhinein auch einmal ganz lehr­reich für Sie. Es würde dann alles etwas luftiger werden, Gedanken. Empfindungen und Gefühle könnten besser anfwärtssteigen. Gegenwärtig ist jede geistige Arbeit für Sie noch recht mit Anstrengung verbunden. Ihre Gedanken erheben sich einfach nicht und sind schwer wie bleigefaßtes Mittelalter. Für eiile solche Einstellung sind Die an Jahren doch noch nicht gewichtig genug. Das be­schauliche Element hat sich eben sehr zeitig gelassen ausgebreitet, Die erfreuen dann wohl durch einen beruhigenden Gesamtein- druck, wuchern aber mehr in die Breite, als daß Sie mutvoll emporwachsen.

B- M. Sie haben ein immer wohlbeschcst- tigtrs Herz, mein gnädiges Fräulein, und nehmen sich sehr reizend aus, so wie Sir sind. Qft kennen Sie sich natürlich in Ihren vielstimmigen Regungen selbst nicht aus, und suchen vergebens nach einem tragfähigen und wirkungsvollen Leitmotiv in Ihrem melodienreichen Leben. Doch ein solches sollte man begabt finden; wenn man es erst mühsam suchen muß. dann klingt es schon unecht lind reizlos. Aber schließlich kom­men Sie auch noch eine ganze Weile so aus. denn Sie bewegen sich in äußerst geschickten Wendungen fort, und die Zärtlichkeit Ihres Lächelns verklärt mit einem großen Reiz die Dürftigkeit Ihres Eigenlebens. Also haben

Sie vor allen Dingen die Ausgabe unent­wegt anmutsvoll und liebenswert zn sein- und bei dem wechselnden Austausch von Blicken und Gedanken anfznpassen. daß die letzteren eine nicht gar zu bescheidene Rolle spielen. Man kann natürlich sein Leben schon ganz gut ausfüllen allein mit dem Streben nach sinnlichem Genuß und mit einer ausdauernden Bejahung der Annehm­lichkeiten des Daseins. Aber dazu muß man als Frau sehr zuverlässig hübsch, und un­entwegt jung sein. Nun, nehmen wir an: es ist so. Aber was dann später? S>e sollten doch schon jetzt damit beginnen, siä! ein Bild zu machen, von dem. was Sie ein­mal werden wollen, auch wenn Ihnen Im Angesicht im Spiegel gegenwärtig noch voll­kommen ausreichend gefällt.

Peter Schlich.