Leite 7 — Nr. 88
Der Gesellschafter
Sainstag, deu 28. April 1SZ4.
Schwabenland ehrt Friedrich Schiller
Stuttgart wirbt für das Schillerjahr Stuttgart. 26. April. Am DouncrZlag nachmittag fand im grüßen Sitzungssaal des Rathauses eine Ansschnß- iHi'nig des V erke h r svereins S t n t t- a a r t statt, mit der gleichzeitig eine Presse- konierenz verbunden war. StadtraL Tr. Locher begrüßte die Anwesenden mit herzlichen Worten, worauf der Geschäftsführer, Major a. T. Kienzle, über die Tätigkeit und das Programm des Verkehrsvereins bezüglich des S ch i l l e r j a h r e s l 9 3 4 benotete. Er führte u. a. aus, daß unter der Führung des. Kultministerinms unlängst ein Schillerausschuß gebildet wurde.
Tie Generalintendanz der Staatsthcater wird im Laufe der Spielzeit nach und nach bis Mi November s ä m t l i ch e O r i g i n a l- werke Schillers herausgebracht haben, io daß schließlich auf einer Festwoche im November der g a n z e Z y k l u s gespielt werden kann. Ferner ist vorgesehen, daß im Schloß Lndwigsb n r g in dem reizvollen Schloßtheater im Juli gespielt wird, und wir wagen es zu hoffen, daß es auch noch gelingen dürfte, eine Aufführung auf Schloß Soli tu de cinzugliedcrn. Auch der N n n d f u n k hat sich bereits in den Dienst des Schillerjahres gestellt und schon des öfteren Hörfolgen von Zchillerdramcu gesendet.
Auch der S ch i l l c r v e r e i n ist als Bauherr nicht müßig geblieben. Ihm wurde ein sehnlicher Wunsch erfüllt durch die Bewilligung der Mittel, um seine Räume im Schiller-Museum in Marbach zu vergrößern, da sie schon längst nicht mehr ausreichen. Die Arbeiten haben eingesetzt und sollen bis zum 10. November, dem Tage der Reichs-Schillcr-Feier. beendet sein. An diesem Tage sollen durch einen Staatsakt die neuen Nün m e ge w e i h t w e r- d e n, und wie man hoffen darf, in Anwesenheit des Führers selbst und der bedeutendsten lebenden Schillerforscher. Die Fortsetzung dieser Neichsfeier soll in Stuttgart durch einen WeiheaktindenStaats- theatcrn und durch andere im einzelnen noch nicht feststehende Veranstaltungen, wie z. B. in der Liederhalle, am Schillerdenkmal usw. stattfinden. An Anregungen, die fürs Schillerjahr gegeben wurden, soll die Herausgabe einer Schiller-Briefmarke und eines Schiller-Talers, sowie die Verleihung einer Schiller-Denkmünze durch die Reichsregierung anläßlich der Neichsfeier an verdienstvolle Schillcrforscher erwähnt werden.
Deutsche Forscher in Afrika und Asien
Horst Millauer durchquert die Sahara Deutsche Himalaja-Besteigungen beginnen.
London, 26. April.
Tie Expedition des Deutschen Horst Al i l- lauer, die vor einiger Zeit, aus Kamerun kommend, in «sinder eingetroffen war. wird amDonnerstag zur Durchquerung der Sahara aufbrechen. Für die Ueberwindung dieses schwierigsten Teils der ganzen Reise sind 2 Wochen vorgesehen. Von Sinder, dicht an der Grenze zwischen Nigeria und der Niger-Kolonie gelegen, wird die Expedition zunächst zum Hoggar-Hochland ziehen, um dann von dort aus Tunis zu erreichen. Tie militärischen Stellen des Landes haben der Expedition bei der Vorbereitung dieses Neiseabsckmittes hilfreich zur Seite gestan
den. Horst M i l l a u e r. der die Expedition zusammen mit sei ner Frau durchführt, um die in Afrika lebenden Deutschen zu besuchen, war Mitte Februar in Wi n d- h u k. der Hauptstadt der früheren deutschen Kolonie Südwestafrika, eingetroffen. Vorher ! hatte die Expedition tagelang in den Wan- ; derdünen der Kalahari festgelegen, da die i in diesem Jahre ungewöhnlich starke > Negenzeit die Wege ausgeweicht und die Brücken weggespült hatte. Von Windhuk ! aus, wo die Expedition einen mehrwöchigen ! Aufenthalt genommen hatte, erfolgte die ! Weiterreise nach Kamerun.
Am Mittwoch trafen zwanzig europäische Bergsteiger in Bombay ein. Einige bildeten die zweite Abteilung der Expedition des Herrn Merkt nach dem Nanga-Partat, die anderen sind Mitglieder der Internationalen ^ Himalaja-Expedition unter Führung des ! deutschen Professors Tyhrenfurth. Das I Hanptlager wird am Fuß des Nakiot-Glet- ! schers errichtet werden, den man im Mai zu erreichen hofft. Ter Angriff auf den Nanga- Partat wird etwa 2 Monate in Anspruch nehmen und die Expedition wird etwa Ende August Indien wieder verlassen. Frau T y h r e n f u r t h, die Gattin des Professors, erklärte, daß die Internationale Himalaja- Expedition. die im Jahre 1930 einen c r» folglosen Angriff auf den Kangzen- chönga unternahm, in diesem Jahr nach Srinagar aus den Baltoro-Gletscher gehen werde, wo wissenschaftliche Beobachtungen angestellt und Filmaufnahmen gemacht werden sollen. Es soll nicht versucht werden, den sog. „k. II" zu ersteigen, doch werde man andere Bergspitzen in der Nachbarschaft erklettern.
Das Deutsche Bauernsparbuch
Das Erbhofgesetz bildet die Krönung jener Maßnahmen der Regierung unseres Führers Adolf Hitler, mit denen die Festigung eines breiten, gegen alle Stürme gesicherten Bauernstandes. die dauerhafte Verwurzelung Millionen deutscher Menschen im deutschen Boden bewirkt wird. Jeder Volksgenosse muß sich mit vollem Herzen zu diesem großen Werk des Reichsbauernführer W. Darre bekennen, Anä, die deutschen Sparkassen, als bodenständige Einrichtungen begründet wirkend, stehen seit 150 Jahren im Dienst der deutschen Landwirtschaft, des deutschen Bauern. Heute verwalten sie rund 114 Milliarden Reichsmark landwirtschaftlicher Kredite, die als kleine Hypotheken- und Personalkredite gerade den bäuerlichen Schichten zugeflossen sind, denen die Fürsorge der nationalsozialistischen Agrarpolitik besonders gilt.
Als berufene Förderer des Spargedankens haben sich die Sparkassen das große Ziel gesetzt, das Werk der Stärkung des Bauernstandes zu ergänzen. Sie wollen mit dahin wirken, daß nicht nur der Anerbe, der den Hof erhält, gesichert dasteht, sondern daß die Bestrebungen der Reichsregiernng auf Sicherstellung auch für die nachgeborenen Kinder des Bauern Aufstieg. Berufsausbildung. Ausstatung usw. gewährleistet sind. Gestärkt werden müssen auch die landwirtschaftlichen Bevölkerungsschichten, die von den Segnungen des Reichserbhofgesetzes nicht
erfaßt werden, also besonders die kleineren Landwirte, bei ihnen gilt es, den Weg zum Ausbau und zur Stärkung des Betriebs zu weisen. Den angedeuteten Zielen dient eine Schöpfung der deutschen öffentlichen Sparkassen, nämlich das Deutsche Bauer nsparbuch.
Jeder Bauer und Landwirt kann für sich oder feine Angehörigen bei jeder deutschen Sparkajfe ein solches Bauernsparbuch einrichten lassen bei einer Mindesteinlage von 1 Mark. Entsprechend dem Zweck der Einlagen auf Bauernsparbuch istir Berufsausbildung, Schaffung neuer Bau- ernstellen oder einer sonstigen Existenz. Ausstattung der Töchter usw.j sind die Kundigungs- und Rückzahlungsbestimmungen gehalten. In Verbindung mit langfristiger Anlage kann ein gewisser Zinsvorteil gewährt werden. Der Zinsfuß für Spareinlagen auf Bauernsparbücher beträgt «4 Prozent über dem Zinssatz für normale Spareinlagen. Die Spareinlagen auf Vauernsparbüchern sind wie alle Einlagen bei den öffentlichen Sparkassen mündelficher. Durch das deutsche Bauernsparbuch wird andererseits den Volksgenossen aus der Landwirtschaft keine vngebührlichea Bevorzugung eingeräumt. Denn jeder andere Sparer, kann gleichfalls durch Vereinbarung entsprechender Kündigungsfristen einen günstigeren Zinssatz eriav- geu. als bei normalen Spareinlagen, Nur in den Rückzahlungsbedingungen unterscheidet sich das Bauernsparbuch von dem normalen Sparbuch, das heute in einer Anzahl von 22 Millionen Stück verbreitet ist. Der große Vorteil besteht darin, daß die längere Kündigungsfrist den Bauern stets an seine großen Sparziele erinnert und ihm die allmähliche Sicherstellung der Zukunft seiner Kinder wesentlich erleichtern
M Assen Eie bestimmt noch nicht!
Ter älteste Frontsoldat des Weltkriegs ist der in Neugersdorf in Sachsen lebende Julius Ha lang, der jetzt 90 Jahre alt ist und bei Ausbruch des Weltkriegs mit 70 Jahren sich freiwillig zum Heeresdienst meldete, er hat auch die Kriege von 1866 und 1870 mitgemacht. — 50 bis 60 Millionen Schafe müßten in Deutschland gehalten werden, wenn wir unseren Wollbedarf selbst decken wollten. — Der erste regelmäßige Antobusdienst in Deutschland wurde 1903 zwischen Kehl und Linx in Baden eingerichtet. — Von den 700 Millionen Unzen Silber der Welt befinden sich 300 Millionen in China. — Australien zählt 6 623 734 Einwohner, d. h. nur 2,21 Einwohner auf den Quadratkilometer. — Die Bevölkerung von Britisch-Jndien mit mehr als 352 Millionen Einwohnern überragt diejenige von China mit 342 Millionen um lO Millionen.
Kein Land Hai so viele Läden im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl wie Japan; in Tokio rechnet man, daß ans jeden vierten Menschen ein Laden kommt; und die Mehrzahl dieser Läden ist Tag und Nacht geöffnet. — Die Gesamtlänge verdeutschen Grenzen beträgt 6066 Kilometer; davon sind 4578 Kilometer Land- und nur 1488 Kilometer Seegrenzen; die Grenzen Frankreichs betragen 3624 Kilometer: die Länge der deutschen Seegrenzen beträgt
nur die Halste der sranzopichen. — Aus rund 125 Millionen Einwohner kommen in de» Vereinigten Staaten über 24 Millionen Kraftwagen, unter Annahme ähnlicher Verhältnisse würde dies in Deutschland eine Zahl von mehr als l2 Millionen Wagen bedeuten; tatsächlich lausen zur Zeit nt Deutschland aber nur etwas über 500 000 Wagen. — Die Tatsache, daß zwei Vollmonde auf einen Monat fallen, wiederholt sich im Durchschnitt alle zwei Jahre. — Eine Biene muß durchschnittlich 120 000 Kilometer stiegen, um 2 Pfund Honig zu sammeln.
Was viele nicht wissen
Kalifornien prägte eine zeitlang achteckige Goldstücke zu 50 Dollar.
In Norwegen ist seit 1821 der Adel abge- ichafft.
Die größten Diamanten der Welt sind der Kohinor mit 1061/16. der „Regent" oder „Pitts" mit 136 7/8 und der „Orlow" mit 194 3/4 Karat.
In den weiten Ebenen Chinas ist es eine ganz gewöhnliche Erscheinung, daß die Kulis sich die Arbeit mit ihren Lastkarren durch Aufsetzen eines Segels erleichtern.
Das erste Institut für Mietdroschken wurde um das Jahr 1650 in Paris durch den Bürger Nikolaus Sauvage gegründet.
Ein D-Zug. welcher stündlich 100 Kilometer fährt, würde die Strecke Erde Mond in 160 Tagen und die Strecke Erde Sonne in etwa 50 Jahren bewältigen.
Die Boa constrictor, die im Gebiete des Amazonenstroms lebt, bringt es hier aus eine Länge von 20 bis 25 Metern.
Im Amazonenstrom lebt ein Fisch Boto genannt, der außerordentlich stark atmet und im Schlaf sogar schnarcht.
Der Bodensee dürfte durch die Ablagerungen des Rheins in etwa 12 000 Jahren ausgefüllt sein.
Ein kleiner Käfer, der Haltiva atropae, nährt sich ausschließlich von der sehr giftigen Tollkirsche.
Ein einziger Kolben der Oelpflanze hat etwa 200 000 Blüten.
Humor
Der Kenner
„Was jagen Sie zu dieser Gemeinheit: Ein Kunde, dem ich Wein lieferte, schickte ihn mir zurück und schreibt dazu, ich solle das Zeug selber sausen: Ganz krank bin ich!"
„Ja, haben Sie den Wein denn getrunken?"
Der Hutmacher Müller hat einen faulen Kunden, den er neulich auf der Straße traf. Der Kunde ging aber auf die andere Straßenseite hinüber. Da schimpft Müller: „Der Kerl könnte auch wenigstens meinen Hut vor mir ziehen!"
Vereinsnachrichten
Gattin (in der Zeitung blätternd): „Komisch, daß ich die Geburtsanzeige von Hubers Drillingen nicht finden kann!"
Gatte: „Wo suchst du denn?"
„Unter Familiennachrichten natürlich, wo denn sonst?"
„Schau doch einmal nach unter Vereinsnachrichten!"
Unbestreitbar
Professor: „Was meinen Sie, wäre geschehen, wenn Julius Cäsar nicht ermordet worden wäre?"
Schüler: „Ich glaube, er wäre später doch gestorben".
Vertagt
Fräulein Lilli, glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick?"
„Nein!"
„Könnten wir uns dann morgen wieder treffen !"
3 Mimten Isnss gskkoän- so sckwwckr Latdremer
noätvielkesser
IrrkangrTstsser
Ein Volksroman aus Schwaben ,
Von Zdenko von Kraft 4Lj
Der Amtmann fuhr vvn seinem Stuhl empor. machte wütende Augen. „Was du doch für einen Lohkäst zusammenschwätzst. Frau! Einen Pantoffel von mir? Das ist doch gar nit mein Pantoffel! Was geht mich der Pantoffel an? Solche Pantoffel Hab' ich doch nie mt getragen! Die meinen sind ähnlich g'we- sen — 's ist wahr . . . Aber so wie der da? Nein!" Geringschätzig warf er den Schuh hin, wandte sich ab.
Aber das war die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Frau Lydia schwur die schwersten Eide, daß es just die Pantoffel wären, die sie gestickt habe.
Christian Kühule. dem es in seinem ver- schatteten Gehirn merkwürdig licht zu werden begann, erhob sich und trat zwischen die ^ür und den Amtmann, wobei er schwere Hände bekam, die ihm in zwei dicken Fäu- !ten rechts und links vom Körper herabhin- gm.
, Der Pfarrer hielt eines seiner Augen fest enigeluisfen, während er mit dem andern Abwechselnd den Amtmann und David Pfef- str betrachtete.
Frau Eisbeil) aber fand ans magische Art des Orakels wirkliche Lösung: Sie forderte Herrn Riioff auf. den Pantoffel doch einfach mziiprvbiereii, worauf cs sich weisen müsse, oo er für ihn bestimmt sei oder nicht.
.'.Unverschämtheit!" grollte Herr Nnosf. .Was geht mich der dreckige Schul) an, den Gott weiß welcher Fetz an den Füßen g'habt Rüi Ich trag' die Schnhgröß', die mir Paßt,
, U"d küiinnre mich nit darum, wie Gespenster hrnnnlansen!"
„Mit Verlaub, Herr Amtmann!" sagte Herr Frasch eindringlich, wobei auch er sich erhob und dicht an Herrn Rnoff herantrat, so daß der sich fortan zwischen dein Wirt und dem Pfarrer eingekeilt fühlte. ..Und wemr's der Zufall wollt', daß Sie und der Geist die nämliche Schnhgröß' Hütten?"
„Geht mich nix an! Geht mich nix an! Ich Hab' viel kleinere Füß'! Das seist ich schon mit dem bloßen Aug'!"
Da erhob der Schwanenwirt seine Stimme. Und sie klang durchaus nicht sehr friedliebend. obgleich sich Frau Elsbeth alle Mühe gab, ihn mit gehenden Angen zur Vorsicht zu mahnen: ..Herunter mit dem Stiefel — Heilandsackcrmcnt! Wer ein gnts G'wissen hat, braucht sich nit zu weigern! In Ihrer Kanzlei. Herr Amtmann, können Sie uns Bürger im Namen des Königs kuranzen, soviel Sie wvllen. In meinem Hans aber—"
„Wir sind nit in Ihrem Hans!"
„Aber der Schuh ist in meinem Hans g wesen!"
„Es ist nit mein Schulst"
„Den Stiefel herunter! Dann wird sich's weisen!"
„Nein!"
Christian Kühnle verlor allen Humor. Ganz plötzlich hatte er den Amtmann am Kragen fest und drückte ihn in einen Stuhl. Er erzwang die Schuhprobe mit einem solchen Nachdruck, daß an Widerstand nicht zu deuten war. Obgleich Herr Bernhard Rnoff die Zehen znsainnienkrampftc und alles tat. den Pantoffel nicht passen zu lassen —: Der saß ihm wie angegossen.
„Siehst es!" bekräftigte Frau Lydia, ahnungslos triumphierend. „Was Hab' ich g'sagt? Es ist dein Pantoffel! Ich erkenn' doch noch jeden Stich! Wann wir hcimkom- meii. holst du den andern von der Mistgrub' und hast wieder deine guten Schichte, da
mit du nachts nit mit bloßen Füßen über den Gang gehen mußt — besonders, wenn du zuviel getrunken hast. Mannte!" Sie ahnte noch immer nicht, wie erbarmungslos sie ihren Mann m sein Unglück hineinredete.
Uni so deutlicher fühlten es die anderen: Herr Bernhard Rnoff war nicht mehr zu retten.
Erschöpft, ein geschlagener Mann, hing er in dem Lehnstuhl, in den Kühnles grobe Hände ihn hineingezwängt hatten, und gab auf alle Fragen, die ans ihn eindrangen, keine Antwort mehr. Seine Füße, die er grotesk Vvn sich streckte, beschuldigten ihn eindeutig: rechts der feine Lederschuh, den er noch in allen Ehren als Hofrat zu tragen gedachte, links der blau gesternte Pantoffel.« mit dein er in sein Verhängnis hincingctappt war . . .
David Pfeffer trat vor. „Jetzet. Frau Amtmännin. wenn ich in allem schuldigen Respekt fragen dürft': Wie steht's mit den zwei Schöpple?"
Sie wußte nicht gleich, was er meinte.
Er aber ließ sie nicht lange im Zweifel. „Ja no, Frau Amtmännin: Wer den fehlenden Pantoffel beibrächt', sollt' zwei Schöpple bekommen ... Sv war doch die Abrcd', denk' ich? Und da ich vvn dem vielen Reden durstig g'worden bin und auch der Schuh zur Stell' ist. so mein' ich. daß ich eigentlich die Bedingung erfüllt hält'!"
Christian Kühnle stand vor dem geschlagenen Amtmann, wie vor einem Schlachttier, das zu metzgen war, hielt die Fäuste in die Hüften gestemmt, die Augen starr auf die gesenkte Stirn der hohen Obrigkeit gerichtet, und überlegte unsicher, aber erbittert, in welcher Weise sich gerechte Entrüstung mii lenem Respekt vereinigen ließe, den der unbescholtene Untertan den Beamten seines Königs nnn einmal unter allen Umständen
schuldig ist. Er mußte zu einem Ergebnis gekommen sein, das die Ehre des Landesherr» nicht übermäßig hoch einschätzte, denn er näherte sich Herrn Bernhard Rnoff in einer Art. die mit Ehrerbietung nicht das mindeste zu tun hatte: sich m den breiten Hüften wiegend, den Nacken gesenkt, das hochrote Spießergesicht umhüllt vvn einer Wolke urtümlichen Zorns.
Bei Psefsers letzten Worten hielt er einen Augenblick inne. „Pfeffer", sagte er, „ich Hab' hier eine Rechnung, die ich nit mit Kreide an die Tür schreib'! Aber was deinen Durst betrifft: Bis ich hier einkassiert Hab', kannst zu mir kommen und trinken, soviel du willst! Ich bin gar nie nit geizig g'wesen. Heut aber sollst es bei mir haben, wie wenn ich dein Vater ivär' — und ivcnn's nit iinr zwci, sondern gar drei Schöpple werden sollten!"
„Gilt schon. Christian! Und du sollst sehn, daß du an mir einen guten Sohn hast!" —
Am Nachmittag desselben Tages erzählte Frau Lydia Euphrosyne einem jeden, der es hören wollte, daß sich ihr lieber Gatte, der Herr Amtmann, gestern in Ausübung seiner Kunst vor dem Kaiser Napoleon erkältet habe nnd zu Bett bleiben müsse.
Die Bürger nahmen die Nachricht mit unbedingter Gläubigkeit, ja, sogar mit einer gewissen gehobenen Achtung ans nnd wünschten baldige Besserung.
Einzig den Herrn'Kammerrat von Ahaß verstimmte sie über die Maßen. Er war noch vor der Dämmerung aus Stuttgart heraus- gekoimneii. nm sein Schäfchen endgültig ins irvckne zu bringen. Schon, daß auch er. wenngleich unter allerlei krausen Entschuldigungen nnd Bücklingen der Frau Amtmännin. nicht vvrgelasseii wurde, kostete ihn ein Kopfschütteln von ungewöhnlicher Ausdauer.
Fortsetzung folgt.