Lette S - Nr. 83 _ »elekllchester
Bor der Lösung des Rätsels?
Die Aussagen der Polizeibeamtei, im AiaUeeshauseiier Msrdprozetz
Schweinjurt, 9. April.
Auch ain Montag vornntlag umlagerte eine nach Hunderten zahlende Menschenmenge den Eingang zum Gerichtsgebäude. Kurz nach V--9 Uhr eröffnet? Landgerichtsdirektor Geret den fünften Verhandlungstag und riet als ersten Zeugen Kriminalkommissar Joseph Vieh er von der Landespolizei in Nürnberg auf. Ter Zeuge, der am 2. Dezember 1932 im Schloß Waltershausen den Tat- besrand ausgenommen hat, schildert zunächst die Angaben, die Frau Weither der Polizei gegenüber machte und die in vielen Punkten mit dem Befund am Tatort in krassem Widerspruch standen. Der Zeuge gab seiner Ueberzeugung dahin Ausdruck, daß außer der Frau und dem Herrn Werther niemand in dem Zimmer hätte sein können. Es käme noch in Frage, daß jemand im Einvernehmen der Frau Werther gehandelt habe. Da aber Frau Werther mit Liebig gesprochen habe und auch bei Liebig eine Pistole gefunden worden sei. aus der im Zimmer geschossen worden sein sollte, habe der^Zeuge angenommen, daß Liebig die Hand im Spiele haben müsse. Die spätere Untersuchung aber habe nicht im geringsten den Nachweis hiers ü r erbracht.
Unglaubwürdig sei. daß der Hauptmann, als er den tödlichen Schuß erhalten habe, noch zweimal das Bett verlassen habe, wie das Frau Werther behauptete. Die Untersuchung der Geschosse und der Waffen des Hauptmanns und seiner Frau hätte ergeben, daß noch eine dritte Pistole hätte verwendet sein müssen und das müsse der Revolver Liebigs gewesen sein, der nach der Tat weg- geschasst worden sein müsse. Dabei sei aber zu berücksichtigen, daß zwei Zeugen während der Voruntersuchung bekundeten, daß der Hauptmann stets em« zweite Pistole besessen habe. Diese ser aber am Tage nach dem Morde unauffindbar verschwunden.
AlS man später der Frau Werther vorgehalten habe, daß Liebig als Mörder gar nicht in Frage komme, ändert« sie plötzlich ihren früheren Standpunkt und sagte, wenn eS mein Mann war. dann müsse er es in einem Augenblick getan haben, in dem er „ganz verrückt'' gewesen sei. Unter diesen Umständen könne auch sie den Verdacht gegen Liebig nicht aufrecht erhalten. Dem Zeugen erschien es bemerkenswert, daß der junge Baron von Waltershausen gelegentlich seiner Vernehmung die Mitteilung gemacht habe, seine Mutter habe ihm anläßlich einer Besprechung über die Ermordung ihres Mannes versichert: „Ich schwöre dir bei der Leiche meines Mannes: Ich habe ihn nicht erschossen!"
Anschließend beantwortete der Zeuge noch verschiedene Fragen des Vorsitzenden und deS Anklagevertreters, die aber keine Aende- rung seiner Angaben erbrachten.
Anhaltspunkte dafür, daß Liebig die Tat begangen hätte, hat Oberkommissar Mayer nicht.
Er kam dann auf einen Abschiedsbrief zu sprechen, der am 3. Dezember im Schreibtisch der Frau Werther gefunden worden ist. In dresem Brief bringt Frau Werther zum Ausdruck, daß sie sich seit dem Tode ihrer Tochter sehr vernachlässigt fühle. Die Liebe zu ihrem Sohn sei von diesem wenig erwidert
worden. Es falle ihr daher der Abschied nicht schwer. Sie wünsche ein einfaches Be- gräbnls.
Oberkommisfar Mayer gab aus Vorhalt des Staatsanwaltes zu. daß die mit den Tatsachen nicht übereinstimmenden Aussagen der Frau Werther mit ihrer in allen Fällen bestehenden Aufregung entschuldigt werden könnten. Ter Verteidiger Tr. Deeg widersprach dieser Annahme. Auf die Frage des Verteidigers, ob der Täter nicht in die Kofferkammer gesteckt wurde, um abzuwar- ten, was auf den Schuß auf Hauptmann Werther folgen würde, bekundete Oberkommissar Mayer, es müßte in diesem Falle jemand mit Frau Werther zusammenqear» beitet haben.
Russische Ostern!
Trotz Gottlosenpropaganda überfüllte Kirchen.
Die Säuberung im Eisenbahnwesen — Ukrainische gegenrevolutionäre Organisation
Reval. 9. April.
Echo» seit Wochen haben die russischen Gott- kosenverbände, wre hiesige Blätter auS Moskau melden, eine nachdrückliche Propa- anda gegen das orthodoxe Osterest entfaltet. Es wurden eine Reihe von Kundgebungen veranstaltet, um die Massen vom Kirchenbesuch abzuhalten. Sogar die fristlose Entlassung aller Arbeiter, die sich am ersten Osterfeiertage — 7. April — nicht zum Dienst melden, wurde gefordert.
Aber schon der erste Osterfetertag hat gezeigt, daß die Anhänglichkeit an die kirchliche Sitte noch stark im Volke verwurzelt ist. Obwohl seit der Revolution viele Gotteshäuser zerstört oder profanen Zwecken zugeführt wurden, waren die Kirchen am OstersamStag und Ostersonntag auch nachts über überfüllt. Ganz auffallend stark soll die Beteilig» ngderJugend gewesen sein, indes die Gottlosenpropagauda der Jungkommunisten sehr lau ausfiel.
Vret Eisenbakkibeamte -um rvör verurteilt
Als Schuldig« an der Eisenbahnkatastroph« beiAlmaAta wurden drei Eisenbahnbeamt« wegen grober Fahrlässigkeit im Dienst zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde sofort voll- jtreckt.
Wegen Bestechung und Sabotage wurden in Odessa, Charkow und anderen südrussischen Städten mehralS 400 Eisenbahn- beamteverhaftet.
JnNowa Ulraina (Ukraine) wurde eine ukrainische gegenrevolutionäre Organisation aufgedeckt, deren Anführer der frühere Offizier der ukrainischen Nationalarmee Dv - kun war.
Unfälle können vermieden werden!
Die meisten Unfälle können vermieden werden, da sie durch leichtsinniges oder unzweckmäßiges Verhalten des Menschen her- vorgerufen werden. Das gilt besonders von zahlreichen Unfällen durch Herabfallen von Leitern. Treppen aus Luken usw. Sie köu». ten vermieden werden, wenn jeder sich die Leiter ansähe, bevor er sie besteigt und nicht überstürzt die Treppe hinunterjagte. Ein falscher Tritt kann dir das Genick brechen. Darum sei achtsam!
Welche MdustrleMlge haben ISZZ dte größte Sörvrrunv erfahren?
kk. Berlin, S. April. Wir alle stehen noch unter dem gewaltigen Eindruck, den uns der Tag der Eröffnung der zweiten Arbeitsschlacht vermittelt hat. Kein deutscher Volks- genösse mehr hat sich seitdem der Erkenntnis verschlossen, daß Deutschland das Land der Welt ist, das die größte Produktiv nsbelebung aufzuweifen hat. Nur hinsichtlich der Zunahme seiner industriellen Erzeugung wird es prozentual von England übertroffen, das seit dem Tiefstand in der Krise 62 Prozent aufgeholt hat. Bei einem Vergleich Deutschlands, daS eine G e - samtsteigerung der industriel- len Produktion in Höhe von 40 Prozent vermerkt, mit England ist jedoch in Rechnung zu stellen, daß die deutsche Wirtschaft von der Krise viel stürker erfaßt war als die englische, und daß der grö- ßere Weg zur Rückbildung zu dem ursprünglichen Zustand ausschließlich den Grund des niedrigeren Prozentsatzes bildet. Der Vollständigkeit halber fügen wir hinzu, daß bei den Vereinigte.» Staaten von Amerika als Vergleichsziffer 30 Prozent, bei Frankreich 27 Prozent zu nennen ist. Deutschlands Wirtschaft hat sich, auf die Weltproduktion umgerechnet, dank seiner Anstrengungen mit 11,6 Proz. Anteil an der industriellen Warenproduktion der Welt wieder den Platz er- obert. den es im Jahre 1928, also zur Zeit der wirschaftlichen Scheinkonjunktur, inne hatte.
Auf den Stand vom 30. Januar 1933, dem Tag der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus umgerechnet, ergibt die Entwicklung der industriellen Erzeugung im abgelaufenen Jahr eine Zunahme in Höhe von 23 Prozent. Gliedern wir diese Steigerung einmal auf, so kommen wir zu dem interessanten Ergebnis, daß die ein- zelnen Industriezweige ganz verschiedenartig an dieser Steigerung teilhaben. Sr> beläuft sich die Zunahme bei der F u n k i n d u str i e auf 280 Prozent, bei der Kraftfahr - zeugindustrie aus 150 Prozent, bei der Bauwirtschaft auf 76 Prozent, bei der Hausratindusirie auf 41 Prozent, bei der G r o ß ei se n r n d u st r i e auf 52 Pro- zent und bei der Industrie der Nicht- eisenmetalle auf 35 Prozent. ES ergibt sich daraus die eindeutige Tatsache, daß die von der Reichsregierung am stärksten geförderten Industrien auch in der Umsatzsteige- rung den größten Raum einnehmen.
Ist Kräftigung dämm Wintersaaten
Von Oberlandw.-Rat a. D. Zeeb
In erster Linie handelt es sich darum, zu dünn gewordene Saaten durch Aufeggen des Bodens bei feuchtwarmem Wetter zu kräftiger Bestockung anzuregen. Dabei braucht man gar nicht ängstlich zu sein, die ohnehin schon schwache Saat würde durch Herausreißen der zarten Pflänzchen noch mehr notleiden. Ich erinnere mich lebhaft eines Falles auS der Praxis, in dem ich ein stark ausgewintertes Roggenfeld, das zudem noch verunkrautet war, kräftig eggen ließ. Wenige Tage später besah ich das Feld und stellte fest, daß es der Bauer mit dem Eggen fast zu arg gemacht hatte. Schwarz lag das Roggenfeld da. Nach einiger Zeit wurde jedoch eine rasch wirkende Düngung auf den inzwischen wieder grün gewordenen Roggen gegeben und siehe da, das End-
_ Mittwoch, den lt. April
ergebn!s, die Ernte, war ein voller Erfolg Man darf also nnt einer eisernen Egge ruhrg gut dnrcheggen. Selbstverständlich spielt das Gewicht derselben dabei eine Rolle. Doch das braucht man unseren überlegenden Bauern eigentlich nicht zn sagen. Durch das Eggen werden nicht nur aufgezogene Pflänzchen wieder angehäufelt, sondern es finden auch Luft und Wärme Eingang in den harlein kalten Boden. Und diese beerbenden Faktoren sind zur Anregung des Wachstums dringend not- wendig.
Bei leichteren Böden möchte ich allerdings raten, der Egge nach irriger Zeit, wenn der Boden gut abgetrocknet ist, die Ringel- Walze folgen zu lassen. Durch diese Arbeit werden Wurzeln und Boden wieder fester miteinander verbunden.
Und wenn der Erfolg von Eggen und Wal- zen deutlich sichtbar ist, dann empfiehlt sich für den Enderfolg gewissermaßen noch eine Kopf, düngung. Dazu eignet sich ganz besonders die Jauche. Sie ist möglichst bei feuchtem, warmem, aber dunklem Wetter aufzubringen. Ihre Wirkung, die in anderen Fällen oft zweifelhaft ist, überrascht hier manchmal geradezu. Wer die Jauche anderwärts benötigr, der kann rasch wirkenden Stickstoff auch in Form eines künstlichen Düngers, z. B. Natronsalpeter oder Kalisalpeter I. G., geben. Auch diese sind in der Lage, dünne Wintersaaten schnell zu kräfti- gen. Man verabreicht 60 Pfund und mehr je Morgen als Kopfdünger bei trockenem Wetter. Die Stärke der Gabe hat sich nach der Vor- frucht und nach der im Herbst erfolgte, Düngung zu richten.
Mancher, dem stine Winterfrucht zu schwach ist, will den Fehler durch Zwischensaat oo» Sommerfrucht wieder ausgleichen. Dieser Weg empfiehlt sich aber im allgemeinen nicht, da die beiden Fruchtarten zu verschiedener Zeit reife». Bester ist der vorher beschriebene Versuch durch Eggen, Walzen und rasch wirkende Düngu»g Wer damit nicht glaubt, zum Ziel zu komme», der muß den Umbruch und «« Re*- ansaatin Erwägung ziehen.
De* cias
Inmitten einer männlich-herben Welt.
Die ganz auf Kampf und Trommeltakt
^stellt.
Stand engelgleich ein zarteS, blonde»
Kind,
In schmaler Hand ein Blumenangebind.
Da schritt der Führer durch die braune
Schar,
Und sah das Kind und strich chm über«
Haar,
Und streichelte die Wangen chm so facht.
Als hätte seiner Mutter er gedacht.
Ein Lächeln blühte ihm um Blick und
Mund,
Das Güte war aus tiefstem Herzensgrund.
Und alle sahn dies sonnige Geleucht,
Und manchem ward das Auge schimmernd
feucht.
Der kampfgestählt sein Fühlen sonst
bezähmt —
Doch keiner hat der Träne sich geschämt!
Heinrich A n a ck e r.
DerkalMHeAer
Stn VolkSroma» au» Schwaben von Zdenko von Kraft
r61
„Ich denk: so am Zweiten Advent, Pfeffer. Keine vierzehn Tag vorm Christfest.'
„Und wann hat'S ang'sangen bei Euch mit der Seel', der abg'schiedenen?"
„Das weiß ich nit so genau. Aber ich menst, 's wird so Täg sechs oder sieben vorm Heiligen Abend gewesen sein. Wenn ich nit irrst so wär's grad der Thomastag g'wesen."
„Ter Thomastag? So? Muh ein recht frommes G'fpenst sein!"
„Meinst?"
„Versteht sich! Aber wie ist eigentlich das. Hat sich der Schwanenwirt nie nit an jemand g'wendet oder Hilft «'sucht? Beim Herrn Amtmann zum Beispiel?"
„G'wiß Pfeffer! Aber so ein studierter Herr . . . Nix wissen hat er wollen davon. Das sei Aberglauben, hat er gesagt, und das geh' ihn nix an, und damit Hab' doch er nix zu tun. Und bat ihm bann g'sagt: Wenn er schon eine Hilft brauchst so nröcht' er sich an den Herrn Pfarrer »venoen ... Du weißt ja: Ist ein bitzle scharf, der Herr Amtmann, und glaubt halt nit, daß es Geisterte gibt. Wenn dem einmal eins begegnen tat' — ich wünsch' niemand nix Böses, Pfeffer — aber da täft ich sagen: Grad recht g'schieht ihm!"
Just, als David entgegnen wollte — und es muhte etwas ganz Lustiges sein, denn seine Augen funkelten dabei höchst vergnüglich —, trat Bärbel ein. Sie trug einen großen Einkausskorb über dem Arm und kam vou draußeii, wo sie offenbar sehr viel ein- zukausen gehabt hatte, denn der Korb schien ick,wer tu i eip» Sie atmete hoch und bekam
rote Backen, so daß die Mutter sie erstaunt anschaute. Auch die Hast, mit der sie sofort nach der Küche wollte, war auffallend.
„Bist narret, Mädle? Was ist denn? Wo willst hin?"
Bärbel setzte den Korb auf den Tisch. „Nirgendhin, Mutter. Ich Hab' nur gemeint . . Sie machte sich etwas an feinem Inhalt zu schassen. „. . Weiß die Mutter schon, daß die Leut' sagen, der Napoleon känst gar vielleicht schon morgen?"
„Wo hast jetzet wieder das her?"
„Beim Guthäsle im Laden haben's die Leut' erzählt. Und der Lichterzieher aus Waiblingen sagt's auch. Uebermoraen abends soll schon das große Freitheater sein. Der Herr Amtmann Ruoff wär' schon abgereist, meint die Schieferdeckerin."
Frau Elsbeth fühlte sich noch zu sehr in ihren eigenen Kummer hineingedrückt, als daß sie ihr Interesse hätte außerhalb ihrer Sphäre spazierengehen lassen können. «Was die Leut' schwätzen, ist nur halb wahr. Und waS gar die Schieserdeckerin ist, so gilt der ihr G'wäsch keinen halben Groschen. Laß brr doch nix weismachen, Mädle! Der Herr Ruoss hat sein Amt und kann nit so mir nix, dir nix in die Komödi — bloß, weil ihn der Kaiser Napoleon möcht' gern fingen hören."
„Ist aber g'wiß wahr, Mutter! Auch der Amtsdiener hat's g'sagt. Gestern abends mit dem Dunkelwerden war' er aus Stuttgart.
Frau Elsbeth war verärgert. „Na, denn in Gotts dreieinigem Namen! Geht doch uns nit an, was die drüben machen bei Ruosfs; kümmern sie sich doch auch nit um uns, wenn wir ihre Hilf' brauchen. Von mir aus soll sie der Kuckuck holen alle miteinander!"
Es war. kein geformtes Wort, mit dem Bärbel entgegnete. Nur ein kleiner, unbestimmter Laut, der ihr ganz ohne Willen
entschlüpfte und der doch ihr ganzes geäng- tiates Herz preisgab.
Die Wirtin hörte ihn und — was mehr war — verstand ihn auch. Gutmütig tätschelte sie dem Mädchen die ohnehin von Eifer und kalter Luft hold geröteten Wangen. „Na, na, na, Mädle — heul nur nit gleich heraus! Du weißt, wie ich's mein'! Daß der Herr Amtmann nit grad mein Freund ist, das weißt. Aber wenn du an den Eberhard gedacht hast, so will ich nix g'sagt haben. Ist ein ganz ordentlicher Kerle! Ich mag ihn leiden. Nur der Vater hat's immer mit ihm — ich weiß nit recht, warum. Er will halt nit. Und wenn der Vater
nit will-" Sie vollendete nicht, fuhr sich
verlegen an den Scheitel, den sie mit flachen Händen überaus sauber ausglättete.
„Aber wenn's auf die Mutter ankäm'?" fragte Bärbel zaghaft.
„Ach, Mädle — da wirst schon eine ganze Weil' ein eigenes Kindle haben müssen, ms du's begreifst, daß es aus uns WeibSleut' leider gar nrt ankommt!"
«Mutter —
„Nix, nix, Mädle! Da halt du nur deinen Schnabel! Ich weiß, was du gern sagen tätst: Daß der junge Eberhard ganz anders wär' und eine b'sondere Ausnahm' und daß er dir an den Augen abgucken wollt', waS du gern möchtst, und solche Sachen . . . Kenn' nh, Mädle, kenn' ich! Weißt: Die große AuS- nahm' ist immer alles und jedes vor der Hochzeit; nach der Hochzeit aber geht's dann ganz nach der Regel. Und die Regel ist für die Mannsleut' das Räsonieren und für uns Weiber das Maulhalten."
Bärbel stand ganz reglos und stumm. Nur ihre Brust hob und senkte sich in nach innen gedrückter Erregung.
Die Mutter blinzelte sie au. «Na, Mädle > — glaubst «S vielleicht mtZ" i
Ein Kopfschütteln war die Antwort. Aber es war herzhaft und fest.
Die Schwanemvirtin nahm es gelassen zur Kenntnis. „No m — ist vielleicht ganz rechi so! Am End' ist's euer Glück, daß ihr und nit glaubt. Vom Glauben lebt fich's nit immer am besten." Sie nahm den Einkausskorb, den Bärbel auf den Tisch gestellt hatte, und ging damit in die Küche. Aber schon in einer Minute war sie wieder zurück. „Du. Mädle —: Wie ist das jetzet g'wesen heut nacht?"
Das Mädchen hantierte Plötzlich sehr heftig hinterm Schanktisch, wo noch die unausgewaschenen Gläser vom vergangenen Abend standen, die sie in aller Eile zu spülen be- gann. „Ich — ich weiß nit, Mutter . .
„Hast wirklich nix g'sehen von chm?"
Bärbel erschrak, wurde blaß. „Von wein?"
„Ha no, du Hambale: vom G'spenst?"
„Ach, so —? Nein, Mutter, nix!"
„Aber wach mußt g'wesen sein, Mädle. Denn du hast Licht g'habt im Stühle..."
„So?"
„Ja. Und der Vater schwört, daß er dich hat schwätzen hören!"
Klirrend siel ein Glas in den Zuber, so daß der Henkel abbrach. „Schwätzen — ? Mrch —? Ja, mit wem soll ich denn —?"
Mit jähem Klapp schlug David Pfeffer die flachen Hände auf den Tisch. Seine Augen blickten dumm und harmlos. „Aber, Schwa- nenwirtin, das ist doch klar wie Spützles- brüh'I Das Mädle hat sich verschreckt, wie der Christian die Trepp' hinauf ist. Sie wird ihn für das Gespenst genommen haben. Und da ... No ja, was soll's denn tun, so ein armes Mädle? Gebetet wird sie halt haben, denk' ich mir in ihrer Herzensangst . . Ist's nit so, Bärbele?"
Fortsetzung folgt.