D»« SrkSschafk«
Dienstag, ^en V. März 1881
Ich bitte «m Auskunft..
Briefkasten des „Gesellschafters^
lNN>>r dNlcr Rubrik v^iöNcinne,^,, wir dt- au» unserem Leserkreis an die Reduktsoi, oekl»iete» Auliaaen. Den tragen ist jeweils die letzte AbonnementSanittuna beizulegen, ferner Rückvorlo. !als-i brieklirbe AuSkunss gewlinschl wird. Tie Beantwortung der Sln'raaen ersnla' «er^ilS SamStaa.^ iriir die erteilten Rt,?-fnnste nfti-rnittiml die Nedakttan nur die „reKgesetzlicke Berankwortuus.
O»tt, kl — Nr. S« _
Die Abschlußfeier für das Id- Deutsche Turnfest
der Stnttgarter Stadlhalle
Stuttgart, 4. Marz.
Emen glänzenden Verlauf nahm die Abschlußfeier für das 15. Deutsche Turnfest Stuttgart 1933, die am Samstagabend in Gegenwart des Reichsstatt- balters Murr und des Hauptfestausschusses für das Deutsche Turnfest in der überfüllten Stuttgarter Stadthalle veranstaltet wurde. Kam der Schlußfeier schon durch die Teilnahme dieser Persönlichkeiten — der Reichssportführer vonTschammerundOsten war infolge dringender Arbeiten am Kommen verhindert — erhöhte Bedeutung zu, so wurde die Kundgebung durch die Geschlossenheit und Mcht der Veranstaltungsfolge zu einem e r st- llassigen turnsportlichen Ereig.
„ i s, das zudem in eine erhebende Weihestunde ausklang.
Kurz nach 8 Uhr erfolgte der feierliche Ein- ,ug der Groß-Stuttgarter Turn» sestfieger und -Siegerinnen, verbunden mit dem Fahnenaufmarsch sämtlicher öereinsfahnen der 31 Turnvereine von Groß- Stuttgart, allen voran das ehrwürdige Bun- Sesbanner. Darnach begann der Reigen der
Festansprachen.
Zunächst begrüßte der 1. Vorsitzende des Hauptausschnsses, DT.-Gcmführer, Gau 15 Württemberg, Dr. Ooermeher (Stuttgart) die erschienenen Vertreter der Württ. Regierung, den Oberbürgermeister der Feststadt, Dr. Strölin, den Vertreter der Deutschen Tnr» uerschast, Oberturnwart Steding, die Vertreter der Behörden, der Reichswehr, SA., SS., der Bewegung und die Turnbrüder aus dem Reiche. Er erinnerte dabei an die ge - wattigen Eindrüke des Deutschen Turnfestes und seine Höhepunkte. Was dem Feste die Krone aufsetzte, war die hohe Anerkennung der Deutschen Turnerschaft seitens der Reichsregierung und die Eingliederung der DT. in das neue Deutsche Reich. Er habe heute die Pflicht, allen denen zu danken, die mitgeholfen haben, das große Fest zu gründen, der Württ Regierung, der Stadtverwaltung, allen Behörden, der Partei, SA. und SS. Der Redner schloß mit einen begeistert aufgenommenen Sieg-Heil auf das Vaterland und seine Führer Hindenburg und Adolf Hitler Hierauf nahm Oberbürgermeister Dr. Strölin das Wort, der ebenfalls auf die hohe Bedeutung des Deutschen Turnfestes in Stuttgart hinwies, allen, die im besonderen Maße mitgearbeitet haben, daß das 15. Deutsche Turnfest in so schönen und würdigen Formen verlaufen ist, namens der Stadtverwaltung und der Stuttgarter Bevölkerung dankte und als äußeres Zeichen dieses DankeS eine große Anzahl von Ehrungen vornahm. Der Oberbürgermeister verlieh die Plakette der StadtStuttgartinGold dem Führer Adolf Hitler, der durch seine persönliche Anwesenheit dem Fest erst die höchste Weihe gegeben hat. Die Plakette in Silber wurde verliehen an Reichssportführer und Führer der DT., von Tschammer und Oste n, an Reichsstattbalter Murr, Ministerpräsident Mergenthaler, Oberbürgermei- ster a. D. Dr. Lautenschlager, Studienrat Dr. Obermeyer, Oberturnwart Karl Steding, Männerturnwart Martin Schneider, Frauenturnwartin Els S ch r ö- der. Die Plakette in Bronze erhielten ! 12 Fachberater der Deutschen Turnerschaft. Die Plaketten tragen das Bildnis von Friedrich Schiller.
Sodann feierte der Schirmherr des 15. Deut- schen Turnfestes, Reichs st atthalter
Murr, zunächst die mustergültige Organisation, die das Fest zu einem solch gewaltigen Erlebnis werden ließ Dieses Stuttgarter Turnfest hat deshalb seine oesondere Bedeutung, weil es zum erstenmal unter der Regierung des neuen Staates und in Anwesenheit des Reichskanzlers und der übrigen Reichsminifter gefeiert wurde. Er wünschte, daß der Geist des 15. Deutschen Turnfestes auch über künftigen Turnfesten strahlen rnöge, zum Wohle unseres deutschen Volkes und Vaterlandes.
Endlich überbrachte der stellv. Führer der DT., Oberturnwart Steding, die Grüße des Reichssportführers von Tschammer und Osten. Oberturnwart Steding dankte hierauf dem Stuttgarter Oberbürgermeister für die ihm und den anderen Ausgezeichneten verliehenen Ehrungen und übergab seinerseits die Ehrennadel der Deutschen Turne r s ch a f t, die nur in den seltensten Fällen verliehen wird, dem Reichsstatthalter Murr, dein Ministerpräsidenten Mergenthaler, Oberbürgermeister Dr. Strölin, Oberbürgermeister a. D. Dr. Lautenschlager und Bürgermeister Dr. Sigloch.
Im Mittelpunkt des Abends standen
herrliche Darbietungen
der besten unter den Siegern des Deutschen Turnfestes. Bei dem Schönheitskürturnen am Pferd und am Barren, an den Ringen und am Reck, wo fabelhafte, z. T. in Stuttgart noch nie gesehene Leistungen gezeigt wurden, nahm u. a. auch der bekannte Schweizer Kunstturner Steinemann aus St. Gallen mit bestem Erfolg teil. Ferner sah man hervorragende Fechtwett« kämpfe in Florett, Säbel und Degen, Federsprünge von 48 Turnern zugleich über Bockpferd.
Das Ganze wurde gekrönt durch die Schluß- apotheose der Turnerinnen, die mit einem feierlichen Chorfesttanz unter Vorantritt von Fah- neuschwingern dem neuen Deutschland und seinen Führern huldigten und den Schlußakt einleiteten, in dem das Deutsche Turnfest ausklang. Tie Lichter erloschen und im Lichte von 4 lodernden Pylonen erstrahlte das Bundesbanner, während Staatsschauspieler Junker feierliche Worte sprach, die in dem gemeinsamen Gesang des Deutschland- und des Horst-Wessel- Liedes ansmündeten.
Der Weiheakt schloß mit einem begeistert aiifgenommenen Sieg-Heil auf das nächste Deutsche Turnfest im bedrängten deutschen Oste n.
Zeitfckrittenschau
Liebe Freundin! Ich rate Ihnen,
zur Pflege ihres Teints jeden Morgen Wechsel- tomprcssen zu machen. Ich habe jedesmal ein solches Gefühl der Frische hinterher, daß ich die Wirkung sozusagen augenblicklich spüre. Ich habe mir dazu ein paar entsprechend große Tücher aus Frottierstoff zugeschnitten. Diesen und unzählige andere Ratschläge auf allen mögl.Gebieten entnehmen wir dem neusten Heft von Lyon's illustrierter Frauenzeitschrift „Modenschau", die auch diesnial mit ihrem vielseitigen Inhalt der ! Frauenwelt ein treuer Berater ist und mit vcr- § schiedenen fesselnden Aufsätzen für Unterhaltung > sorgt. Der zum Teil farbige Modenteil des Märzheftes der „Modenschau" ist von erstaun- : licher Reichhaltigkeit. 150 neue Frühjahrsmodelle für jedes Alter und für jede Gelegenheit, kargen dafür, daß auch die verwöhnteste Frau gerüstet ist, wenn die ersten schönen Tage mit ihrer Helligkeit alles kritisch beleuchten. Hinweisen wollen wir noch auf einige andere immer wie- dertehrende Rubriken: „Die Küche im Monat". „Iugendschau". „Eine Stunde Denksport" und s „Für Rätselfreunde". Dieses Heft ist für 70 F ^ vorrätig in der Buchhandlung Z a i s e r. Nagolv.
Kein Haus j
ohne den „Gesellschafter" ^
R. N. Der Atimentelipflichtige ist verpflichtet. den Alimentenbetrag bis zum vollendeten 16. Lebensjahr des Kindes zu bezahlen. Tie Kindsmntter kann ihn von dieser Verpflichtung nicht entbinden, ebensowenig der gesetzliche Vormund des Kindes. Sie kann ihm höchstens den Betrag wieder persönlich zurückgeben. Wenn das Jugendamt nun. wie in Ihrem Fall, der Mutter die Auszahlung des Alimentenbetrags verweigert, da das Kind aus der Schule kommt, so geschieht das deshalb, um dem Kind eine bestimmte Summe iür seine Ausbildungszeit sicherzustellen. Gegen diese Maßnahme können Sie nichts unternehmen. Falls Sie. der Sie das Kind legitimiert haben, es in Ihre Lehre nehmen wollen, so steht dem natürlich nichts im Wege. Nur müssen Sie mit dem Jugendamt einen Lehrvertrag abschließen. Daß Sie dem Kind Ihren Namen aeaebcn haben, tut in diesem Fall nichts zur Sache.
A. R. Wie Sie richtig vermutet haben, ist das Wort „Thina" ein altes deutsches Wort, Es hieß im Althochdeutschen dinc, nordgermanisch thina, und bedeutete Versammlung. später auch Volks- oder Gerickstsver- sammlung. Eine Thinastätte ist alw ein Gerichts- oder Vertammlunatzort. Aus diesen Plätzen Pfleoten sich die Germanen reael- mäßjg ,i, versammeln, um Gericht zu halten und wichtige Besvrechunaen varzunelunen. Noch baute bab-m dm skandinavischen Völker dieüm Ausdruck im Gebrauch, so bezeichnen die Dänen z. V. ibre Kammern im Parlament l-'ndtztma u»d fnrr->isim. ^Oenn wir also ietzt wieder in Deutschland Tbingvlätze bekommen, so arejs-m wir damit auf eine uralte germanische Sitte zurück.
A. K. Die Auskunst, die Ibnen vom Konsumverein geg°h<m wurde, dürste wohl kaum richtia sein. Die Kündigungsbestimnumaen unterliegen zwar nach dem augenblicklichen Stand der V->rhästnisse der örtlichen Leitung der Kons"mv°''-'ine. iedoch kann der Kmistimvermn mne K>"mdianna nicht einfach abseluian. Im atGemeinen ist es seist so. daß die Kündipupa ana-wommen wird, iedoch erst nacki Algaist von 2 Iabren iemeils aus Ende des Geschäftsjahres rechtskräftig wird.
Seefahrer. Wenn Sie einer entspreckien- dm Organisation beitreten wollen, io melden Sie sich beim Frontkämvierbund. Stuttgart, Ellailott-mstraße 8. Autnabme in diesem Bund finden solche ehemalige Soldaten, gleich ivelckwr Formation, die an irgendeiner Kanipfbmidluna teila-moiumen haben. Für Ausnahme müssen Sie Ihren Militärvaß ciusendeu. Ein offizielles Frontkämister- alueichen oder eine bestimmte Krieasdenk- müuze gibt es noch nicht. Einzelne Verbände, Ww B. der Kvffbänserbnnd, haben Abzeichen ausgegeb°n. Wir raten Ihnen, sich an die Firma Pfeifer. Stuttgart, Keplerstraße 18. zu wenden und um Mbersendung von Listen, Prospekten betreffs Abzeichen zu bitten.
S. R. i. M. Zur Einreise ins Saargebiet brauchen Sie einen sogenannten Personenausweis. der mit Lichtbild versehen ist und der von der zuständigen Polizeibehörde ausgestellt wird. Zur Ausstellung dieses Per- sonenausweises benötigen Sie, falls Sie
minderjährig sind, die Zustimmung Ihre? Vormundes. Wenn Sie sich zur Ausübung eines Berufes im Saargebiet niederlassen wollen, so bedürfen Sie zurzeit noch eine besondere Genehmigung der Regiernngs- koinmission (Abteilung des Innern) in Saarbrücken. Die Regierungskommission Prüft den Antrag sehr eingehend, insbesondere dahin, ob mit Rücksicht auf den Arbeitsmarkt im Saargebiet ein Bedürfnis für die berufliche Tätigkeit vorhanden ist. Auf Ihre weitere Anfragen teilen wir Ihnen mit, daß zurzeit 1 Franken 16 Pfg, gilt. Was die Verzollung von Reisegepäck anbelangt, so bleiben Persön- ! liche Gebrauchsaegenstände von der Ver- i zollung befreit. Von Stuttgart nach Saarbrücken sind es mit der Bahn 243 Kilometer.
Farrenhaltung. Die Anfrage gibt nicht klar zu erkennen, ob und inwieweit die Beeinträchtigung der Nutzungsfähigkeit und des Gesundheitszustandes der Kuh in einem etwaigen unmittelbaren Zusammenhang mit einer Ansteckung durch den Farren steht. Zunächst erhebt sich die Frage, was Sie, nachdem Sie die Ansteckung der Kuh erkannt haben, hiergegen getan haben, d. h. ob Sie das Tier etwa selbst behandelt haben oder durch einen Tierarzt haben behandeln lassen. Airs jeden Fall müßte durch einen Tierarzt sestgestellt werden, auf welche Ursachen die obengenannten Beeinträchtigungen mindestens mit Wahrscheinlichkeit mrückzuführen sind. Ob ein Schadenersatzanspruch an den Eigentümer des Farren mit Aussicht aus Erfolg gestellt werden kann, ist zum mindesten davon abhänaiq, inwieweit dem Farren- balter ein fahrlässiges und widerrechtliche? Verhalten nachgewiesen.werden kann. Wir emvsehlen Ihnen, sofern Sie die ernste Absicht haben, einen Schadenersakanivruch geltend zu machen, die genauen Umstände, die zu den schon mal erwähnten Bseinträchti- gunaen der Kuh geführt haben, durch ein tierärztliches Zeugnis festleqen zu lasten und ebenso dafür besorgt zu sein, daß eine Feststellung berbemestlbrt wird, darüber, ob weitere ähnliche Schädiamwen in der Gemeinde vorlieam und ob der Farrenbalker bei der Pflege der Farren die erforderliche Sorgfalt ! auigswendei bat. Auf jeden Fall ist zu saaen,
^ daß die Verfolgung von Schudenerfatz- : anfprnchen aus Noraänaen, wie sie hier in Frage stoben, äußerst schwierig ist.
F. E. Als Berufsorganisation kommt für Sie nur die Deutsche Arbeitsfront in Frage, jedoch können Sie sich auaenblicklich dazu nicht mehr melden, da die DAF. vorläufig gesperrt ist. Ob und wann diese Sperre aufgehoben wird, vermögen wir Ihnen nicht zu sagen. ES waren in letzter Zeit darüber gelegentlich Meldungen in größeren Zeitungen zu finden, die aber sämtlich falsch waren. Der Termin kann ! nur von der Reichsleitung der DAF. bekannt- > gegeben werden.
Ch. L. Sie müssen sich wegen einer Patent« berakung an das Reichserfinderamt in Berlin wenden. (Leiter Direktor Jebens.) Dieses Ami ist der Deutschen Arbeitsfront ange« schlossen. Es handelt sich jedoch dabei nicht um die Stelle, bei der die Patente offiziell angemeldet werden können, sondern nur um eine l Beratungsstelle, die den Erfindern bei der ! Auswertung Ihrer Ideen an die Hand geht.
DeekuMHeAer
Ei» Volksroman aus Schwaben Von Zdenko von Kraft Nachdruck verboten
Sj
Namentlich in der jüngste» Vergangenheit, ^ seit ein gewisser, auch beim Kurfürstlichen Hof in Stuttgart angesehener Kammerrat von Ayaß auf einer Spazierfahrt bei ihm emgekehrt und, wie man allgemein bemerkt hatte, in ein überaus eifriges Gespräch geraten war. Das war viel. Noch mehr aber war es, daß der nämliche hochvermögende Herr, der in der unmittelbaren Umgebung des Städtchens sein Landschlvß und seine Jagd besaß, dann noch ein zweites und drittes Mal wiedergekomme» war, wobei es immer wieder zu anscheinend recht bewegten Unterhaltungen kam, über deren Inhalt jedoch nichts bekannt wurde.
Manche meinten, es handle sich nur tun eine leutselige Geste des vornehmen Herrn, und fühlten sich dadurch geehrt. Andere munkelten von nicht ganz saubere» Geschäften, von denen die Sefsentlichkeil nichts zu wissen brauche, lind wieder andere steckten die Köpfe zusammen, nannten Bärbeles Namen, schätzten das ungefähre Atter des Herrn Kammerrats und fuhren sich dann kratzend hinter die Ohren, als ob ein Unglück, daS sie noch kaum angedeutet hätten, auch schon geschehen wäre ....
Alles in allem gab es, neben vielen braven Nachbarn, auch manch einen, der dem Dchwanenwirt nicht wohlwvllte. Sein großer, abgerundeter Besitz an Wiesen und Aek- kern, sein stattliches Haus, das ein Mittelding zwischen Gastwirtschaft und kleinem vvfgut war, und nicht zuletzt sein zäher, an
geborener Geiz, dem er freilich sein Empor- kominen am allermeisten verdankte, reizten sie. Und so war es verständlich, daß man es sich seit einiger Zeit mit einer gewissen Schadenfreude zuflüsterte: Beim Schwanemvirt ist etwas nicht in Ordnung! Er hat einen Kummer - eine heimliche Sorge . . . Ja, die Leute ans der unmittelbaren Nachbarschaft wußten es sogar ganz genau: Im Hause des Christian Kühnle spukte es!
Tatsache: Sv sehr sich auch kluge und aufgeklärte Menschen bemühten, die Unsinnig- keit dieser Behauptung klarznlegen, — es spickte! Ueble Nachrede oder böswillige Erfindung - : Bei Christian Kühnle, dem Besitzer der Wirtschaft „Zinn Schwanen", spukte es! Und er leugnete es sogar selber nicht. So kräftig er war und so wenig er sich von irdischen Dingen einschüchtern ließ — das Gespenst hatte ihn rasch mürbe gemacht. Erscheinungen ans dem Jenseits traute er ganz und gar nicht. Was er nicht fassen konnte, war chm verdächtig.
Und so kam es denn, daß er auch in dieser Nacht »ur mit einer kräftigen Gänsehaut auf dem Rücken die Pferde in den dunklen Stall brachte und sich dann so schnell wie möglich in die geräumige Stube begab, anS der das warme ockergelbe Licht seiner stadtberühmten Sellampe beruhigend in den Hof fiel.
Als er die Tür öffnete, schrie drinnen jemand auf: eine Frauenstimme in höchster Tonlage. Die Beschwörungsformel, die sich in denk atemlosen Nachluftschnappen verlor, konnte er zwar nicht verstehen, lim so deutlicher aber verstand er den Nachsatz: „Herr Jesses —- da ist es schon wieder!" ^
Er trat ein. Verblüfft schaute er Jnlle, die, Großmagd, an, die sich auf dem äußersten! Rand der Ofenbank zusammengednckt hatte, und ihn aus aufgerissenen Tieraugen ge-: änstigt und schreckensbleich anftarrte. i
Neben ihr, einen Laib Brot in die Unke Hüfte gestützt, während sie in der Rechten das Messer wie eine Waffe schwang, stand Elsbeth, seine Frau. Als sie ihn erkannte, ließ sie das Messer zu Boden fallen und drückte den Laib erleichtert gegen ihren fülligen Busen. „Gott sei Dank, Christian! Ich Hab schon gedacht, daß ich schicken müßt' uw dich."
„Schicken?" Er schüttelte den viereckigen Schädel. „Warum?"
„'Ach, Christian: Gestern nacht — du bisl grad erst svrtg'wesen — das wars wieder hier! Tie Jnlle hat es g'sehen. Auf der Trepp. Sie hat nit anders g'memt, als sie müßt sterben."
„Wer?"
„Die Julie, Christian! Die Jnlle!"
Er fuhr mit der Hand durch die Luft. „Wer da g'weseu ist, frag ich!"
Frau Elsbeth winkte ihm ängstlich zu. zu schweigen.
Während die Magd mit dem rechten Zeigefinger eigensinnig auf einen bestimmten Punkt in der Luft deutete und schlotternd erklärte: „Der Geist, Schwanenwirt! Ter Geist! Aus der Trepp'! Unter dem Dach droben! Ich Hab' ihn g'sehen . .
„Blödsinn!" Christian warf ihr einen strafenden Blick zu. Doch er fühlte gleichzeitig, wie cs ihm abkühlend den Rücken hin- unterrann, indes ihm die Stirn feucht wurde. „Einen Most!" befahl er kurz.
Die Magd strecktö abwehrend beide Hände von sich. Die Mostsässer standen im Keller, und sie wäre uni nichts in der Welt zu bewegen gewesen, mit dem Talglicht hinabzugehen. Erst, als die Wirtin mit dem Daumen nach dem Fenster zeigte, wo ein großer irdener Krug stand, erhob sie sich und brachte ihn zaghaft herbei. Ein Glas war schon ans dem Tisch.
: Der Schwanenwirt trank so hastig, daß ihm das Naß von den Bartspitzen troff.
: Die Jnlle aber kauerte schon wieder am i Ofen. „Ich geh', Schwanenwrrt! Ich geh'! ! Ich bleib keinen Tag länger! Ich will fort!" ! „Herkulannm!" knurrte Christian Kühnle in einen gewichtigen Faustschlag hinein, der den groben Tisch erschütterte. „Reiß nit dem Maul ans, als ob du allein zu bestimmen hältst! Du gehst? Sv? Und was ich da- zu sag, das gehl dich wohl einen Dreck an? Ist das nicht mein Hans? Hast du nit deine zwei Gulden zum voraus? Kann die Arbeit liegen bleiben? Braucht das Vieh kein Futter? Himmelherrgott, Mädle — schwätz nit so dumm 'raus! Sonst sperr ich ! dich in deine Stub und sorg dafür, daß du : drei Tag mx zu essen kriegst!"
Frau Elsbeth tätschelte ihip in fruchtloser riedensbemühung den Arm. „Sie hat sich v arg verschreckt, Christian . . . Sie weiß ' nit, was sie schwätzt . . . Laß dir erst erzählen!"
„Soll sie doch chre Sach sagen! Statt zu herilen wie ein Schloßhnnd, wo ihr doch nie- ^ mand nix znleid getan hat ..."
„Niemand nix Meid g'tan?" Die Jnlle wischte sich mit der zusainmengeknüllten Schürze ihre Augen ab. wie man einen Steinboden anstrocknet. „Nlx znleid g'tan, Schwanemvirt? In einem Haus, wo die Gespenster nur so aus den Gängen 'rumwuseln, wie die Asseln im Keller, bleib ich nit! Und wenn ich zwanzig Gulden ans den Monat kriegte!"
Christian stierte sie grimmig an, wobei ihm jedoch durchaus nicht wohl war. „Heiliger Bimbam. Jnlle — jetzet ist es aber g'nug! Tu sollst nit schreien, sondern erzählen! Verstehst?"
Fortsetzung folgt.
k