Nr. 282
Dienstag, 4. Dezember 1934
108. Jahrgang
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Die Kundgebung der 30 000
in Rheinhausen und Oberhausen
Sie höheren Beamten sammeln
Essen. 3. Dezember.
Ministerpräsident General Göring begab sich am Sonntag vormittag von Esse n aus mit der Gauleitung zur groben Kundgebung iüi das WHW. in der Maschinenhalle der Friedrich-Alsred-Hütte in R helnhanse ».
Auf dem langen Wege dahin wurde Göring von den Tausenden und aber Tausenden, die die Straßen »mmnmten. herzlich begrüßt. Am Eingang der Friedrich- Alsred-Hütte hieß Krupp von Bohlen mit seinen Direktoren den Gast willkommen und geleitete ihn zur Halle, in der 15 000 Arbeiter und Bauern Aufstellung genommen hatten. Nach Ansprachen Krupp von Böhlens und des Kreisleiters nahm, lebhaft begrüßt, Ministerpräsident Göring das Work zu seiner Rede.
An das Horst-Wessel-Lied und das Deutschland-Lied schloß sich am Schluß der Ansprache das Bergmannslied an.
Ter Ministerpräsident stattete hierauf der Alten Garde in Moers einen Besuch ab. Der frühere Landrat von Moers überreichte dem Ministerpräsidenten als Symbol ewiger Verbundenheit und Zusammengehörigkeit einen Niethammer. Hermann Göring begab sich dann nach Oberhausen, wo er trotz einer- starken Erkältung in der großen Wagenhalle der L-iraßcnbahn vor ebenfalls etwa 15 000 Volksgenossen eine längere Ansprache hielt, die sich etwa im Rahmen der Gedankengänge der Nheinhausener Rede bewegte.
Gegen 20 Uhr erfolgte von Essen aus die Rückfahrt des Ministerpräsidenten nach Berlin.
Ministerpräsident Göring hielt in Rheinhausen eine Rede, in der er zunächst aus das WHW. zu sprechen kam. Dann führte der Ministerpräsident aus: Wir werden unentwegt darnach streben, daß sobald wie möglich die Existenzgrundlage des deutschen Arbeiters eine bessere und damit sein Leben ein glücklicheres wird.
Ministerpräsident Göring behandelte dann die Notwendigkeit einer vollkommenen Umgestaltung der Rechtsauffassung, um wciter auf die Frage der Ehr- und Wehrhaftigkeit des deutschen Volkes einzugehen:
Volksgenossen, denkt doch nur einmal zurück, nur wenige Jahre, da machte man in der Welt Politik, große Politik und Deutschland wurde nicht gefragt. Ueberhaupt wurde nur auf seinem Rücken verhandelt. Heute wissen wir. daß man nicht mehr Weltpolitik machen kann, cs sei denn, man macht sic mit uns, mit Deutschland. lLebh. Beifall.) Volksgenossen. nur ein Polk, das ehrlos und wehrlos ist. ist auch friedlos. Wenn ein englischer «taatsmann vor wenigen Tagen erklärte, nur ein unbewaffnetes, wehrloses Volk reize Zum Unfrieden, dann möge er. bitte, auch begreifen, daß. was für England gilt, auch ür Deutschland seine Geltung hat. Auch wir und der Meinung, daß ein wehr- und ehrloses Volk friedlos werden muß. Nur ein Deutschland der Ehre ist ein Garant des Weltfriedens. (Stürm. Beifall.) Deshalb verlangen wir für uns das gleiche Recht, wie die anderen.
Wir sehen es immer wieder, die Front- wldaten aller Nationen, die in jahrelangem gewaltigen Ringen ihren Mann gestanden haben, sic verstehen- einander. Und warum? Weil fix sich achten gelernt haben. Man kann een französischen Frontsoldaten, der vier sahre gegen Deutsche kämpfen mußte, nicht Mahlen, die „Boches" seien feige Hunde. Der strontkämpfer weiß, mit diesem Volk kann "mn sich verständigen und muß man sich verständigen. Vor wenigen Wochen habe ich Gelegenheit gehabt, den greisen Marschall lwtain zu sprechen. Das ist ein Soldat und deshalb ist er ein Ehrenmann, der auch den Deutschen achtet. Mit solchen Männern kann sich verständigen.
Wir wollen keinen Krieg, aber wollen unsere Ehre, und über diskutieren wir mit niemandem in der Welt, die steht fest, denn sie ist die Grund» M für den Aufbau der gesamten Nation. Aur mer ein scharfes Schwert an seiner Seite hak. hat Ruhe, hat Frieden. Es ist nicht so, ws ob das zum Kriege reize. Nein, wenn ^üer wehrlos ist. dann mag das Anreiz sein.
> lgn anzngreuen. Wenn er pai aoer zu wey- ! ren vermag, dann wird der Friede auch bei ! ihm gesichert sein und damit zugleich der
Friede in der ganzen Welt.
Kvn Ribbentrop bei Laval
^ Paris, 2. Dezember.
> Die halbamtliche Agentur HavaS gibt be- ! kannt, daß der Sondervertreter des Führers ! und Reichskanzlers, von Ribbentrop, j um Sonntag von Außenminister Laval
empfangen wurde.
NvItzrünivMvr Bonn« verkästet
Paris, 3. Dezember
Der Pariser Polizeiinspektor Bonny, dessen Name im Zusammenhang mit der Mo r d a n g e l e g e n h e i t Prince häufig genannt wurde nnd Du erst am Freitag vom Schwurgericht mit einer Klage gegen eine Pariser Zeitung abgewiesen worden ist. ist am Samstag vormittag verhaftet worden. Gegen Bounp schwebten verschiedene Verfahren wegen Beambm- bestechung, Unterschlagung nsw. Im Verlause des Prozesses gegen die Pariser Zeitung. die Bonnh wegen Berlenmdimg verklagt haue, hatte eine Zeugin ausgeiagt. Bonny sei Mitgli e d eine r E r p r c s- serbande gewesen, die von ihr drei Millionen Franken erpreßt hätte. Das seinerzeit eingestellt Verfahren wurde sofort wieder aufgenommen. Damit ist der „Fall Bonnh". der seit einem Jahre die ganze französische Oeffentlichkeit beherrscht und Anlaß zu sehr- heftigen Auseinandersetzungen in der Presse gegeben hatte, in eine neue Phase eingetreten.
j am Tag der nationalen Solidarität j Berlin, 3. Dezember.
! Wie der Wuchs- und preußische Minister j des Innern Lr. Fr ick dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Dr. Goebbels mitteilt, hat er den höheren Beamten seines Dienstbereichs gegenüber die Erwartung ausgesprochen, daß sie sich an der Sammelaktion des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda am „Tag der nationalen Solidarität" beteiligen. Ebenso hat Neichsminister Dr. Frick die übrigen obersten Reichsbehörden und Länderregierungen gebeten, ähnliche Erlasse an ihre höheren Beamten ergehen zu lassen.
Die Staatssekretäre der Präsidialkanzlei und der Reichskanzlei haben dem Reichs- Minister für Volksaufklärung und Propaganda bereits mitgeteilt, daß die bei ihren Behörden tätigen höheren Beamten sowie die persönlichen Begleiter des Führers sich für die Sammelaktion zur Verfügung stellen-
HolaWrr Mmisterbesuck in Budapest
Budapest, 3. Dezember.
Ter Polnische Ministerpräsident Kos- kowski wird in Begleitung des Außenministers B eck im Laufe des Dezember in Erwiderung des Warschauer. Besuches des Ministerpräsidenten Gömbös der ungarischen Regierung einen Besuch abstatten.
Der für den 5. Dezember geplante Besuch des österreichischen Bundeskanzlers Schuschnigg und des Außenministers Berger-Wal- denegg ist wegen der Eröffnung des österreichischen Bundestages auf die Zeit zwischen dem 10. und 15. Dezember verlegt worden.
„Man muß mit Hitler sprechen!"
> 3n Frankreich dauert die Debatte über die deutsch-französische Berstän- § digung fort - Der Besuch von Ribbentrops bei Laval Reichsaußen- j minister Frhr. von Neurath über die Rückkehr in den Völkerbund
I kü. Berlin. 3. Dezember.
In Frankreich ist die Debatte über die Möglichkeiten einer deutsch-französischen Verständigung, deren Voraussetzungen der Führer und Reichskanzler bereits vor mehr als einem Jahr eindeutig umschrieben hat, erneut in Fluß gekommen durch den Besuch der französischen Frontkämpfer in Berlin. All- l mählich erkennen immer weitere Kreise, daß ! das „Ceterum censeo" der Poincar«, Cle- ! menceau und Barthou: „Germanium esse ! delendam" nicht das Deutsche Reich, wohl ! aber Frankreich selbst in die größten Schwierigkeiten bringt. Wenn auch die Erkenntnisse Goys und Monniers in ihrer Bedeutung für die weitere Gestaltung der französischen Politik nicht überschätzt werden dürfen — die Rede Lavals beweist deutlich, daß die französische Negierung nach wie vor auf der Stelle tritt —. so kann man doch feststellen, daß wenigstens im Volk selbst Vernunftserwägungen allmählich Raum gewinnen. So tritt jetzt auch der neusozialistische Abgeordnete Montpagnon in einem Aufsatz im „Petit Journal" für deutsch-französische Verhandlungen ein. Die deutsch-französische Entspannung, so heißt es in diesem Aufsatz, sei augenblicklich die wichtigste Aufgabe. Da sich die Pariser und die Berliner Diplomaten nicht verstünden, sei das Eingreifen der ehemaligen Frontkämpfer vollkommen berechtigt. Die Nationalsozialisten wünschten den Frieden, um das politische, wirtschaftliche und soziale Regime weiter ausbauen zu kön- neu. Es sei keine Zeit mehr zu verlieren. Man müsse mit Hitler sprechen.
Diese Derständigungsdebatte erhält natürlich Nahrung durch die Vermutungen der Presse über
die Aussprache des Abrüstungsbevollmäch- tigken des Führers, von Ribbentrop, mit dem französischen Außenminister Laval.
So meldet der französische Berichterstatter des „Daily Telegraph" aus Paris, es bestehe Grund für die Annahme, daß Herr von Ribbentrop bei seiner Unterredung mit Laval keine bestimmten Vorschläge gemacht habe. Während des größten Teiles der Zusammenkunft habe Laval gesprochen. Er habe seinem Besucher einige Punkte seiner Kammerrede vom Freitag erläutert, besonders hinsichtlich des Ostpaktes. Hauptsächlich sei die Zusammenkunft aus dem Grunde wichtig, weil Laval in den nächsten Tagen einen formellen Schritt zum Abschluß einer Verständigung mit Sowjetrußland im Rahmen des Ostpaktes tun müsse. Litwrnow werde deshalb in der nächsten Woche nach Gens zurückkehren. Es würde eine große Ueberraschung sein, wenn die Unterredung mit Herrn von Ribbentrop den französischen Außenminister veranlaßen würde, seinen Kurs zu ändern.
Der politische Korrespondent der „Daily Mail" sagt, es seien erneute Bemühungen im Gange, um Deutschland wieder in den Völkerbund und Abrüstungskonferenz zurück- zubringen. Zwischen London. Paris und Berlin herrsche rege diplomatische Tätigkeit. In der nächsten Zeit werden sich jedoch noch nichts Greifbares ergeben. Man begreife in London, daß Deutschland nur nach Gens zurückgebracht werden könne, wenn eine Formel über seine Rüstungsgleichheit zustande komme und diese Frage werde binnen kurzem mit der französischen Regierung erörtert werden.
„News Chronicle" sagt in einem Leitaufsatz, der Empfang Ribbentrops durch Laval bedeute, daß der französische Außenminister direkte Verhandlungen mit Deutschland aus- genommen habe. Während die Deputierten- kammer vielleicht noch mißtrauisch sei. werde die große Menge des französischen Volkes, die leidenschaftlich den Frieden wünsche, bei
jeder Maßnahme, die geeignet sei, den Frieden zu sichern, hinter dem Minister stehen.
Der Außenpolitiker des Pariser ..Excel- fior", der seine Informationen aus erster Quelle zu schöpfen Pflegt, erklärt im Zusammenhang mit der Unterredung von Rib- bentroP-Laval.. daß weder von Verhandlungen. noch von der Ein- leitung von Verhandlungen die Rede sein könne. Die gegenseitige Aussprache habe rein informatorischen Charakter getragen und sei für beide Teile sehr nützlich gewesen. Ob es sich um die Rüstungen, um die Ostpaktfrage, wirtschaftliche oder juristische Fragen handele, oder ob von der Saafrage oder dem österreichischen Anschluß die Rede sei, das Dritte Reich for- dere in erster Linie, daß man ihm Vertrauen schenke.
„Politik ohne Deutschland unmöglich!"
Die Turin er „Stampa" betont in einem Leitartikel, es bestehe kein Zweifel, daß Deutschland besonders nach seinem Rückzug aus der Abrüstungskonferenz seine militärischen Vorbereitungen beschleunigt habe, wenn auch die von Zeit zu Zeit erfolgenden Enthüllungen nicht zuverlässig seien. Man stehe vor einem Tatbestand, den nicht einmal die Diplomatie übersehen dürfe und es wäre bester gewesen, wenn man sich schon früher damit beschäftigt hätte.
Das italienische Memorandum über die Abrüstungsfrage sei auch heute noch aktuell wie je. Wenn man sich ernsthaft verständigen wolle, werde man sich an die darin enthaltenen Richtlinien über eine allmähliche Verwirklichung der deutschen Gleichberechtigung halten müssen. Italien habe kein Vorurteil gegen den Ostpakt. Aber heute bilde er eine zu weitläufige und vielleicht ungang, bare Ablenkung, um zu dringenderen Zielen zu gelangen, nämlich der Erreichung eines Mindestmaßes der Zusammenarbeit zwischen den Großmächten Europas einschl. Deutsch, lands. Die deutschen Rüstungen seien ein? Tatsache, der man nur mit der Anwendung von Sanktionen begegnen könnte, die aber Krieg bedeuten würden. So gelange mau immer wieder zu der Feststellung, daß in Europa zwar eine Politik gegen Deutschland möglich sei, aber nicht eine Politik ohne Deutschland.
Reichsaußenmimffer
wiederholt die deutsche Grundforderung
Reichsaußenminister Freiherr von Neurath gab am Samstag dem Chefkorrespcni- denten deS Berliner Reuterbüros auf Anfrage eine Erklärung über Deutschlands Be- reitwilligkeit ab, jeden allgemeinen Vorschlag für die Befriedung Europas wohlwollend in Erwägung zu ziehen.
Freiherr von Neurath sagte: „Natürlich ist Deutschland ebenso darauf bedacht, wie jede andere Nation, die Wolken von Furcht und Mißtrauen, die augenblicklich über Europa zu hängen scheinen, zu zerstreuen. Jeder Plan, der tatsächlich dieses Ziel hat. wird bestimmt die wohlwollende Aufmerksamkeit der Wilhelmstraße finden. Aber leider lieaen die Entscheidungen über solche Dinge nicht bei Deutschland allein."
„Man hat im Ausland erklärt. Herr Minister, daß die Aussprache im britischen Unterhaus als ein neuer Schritt in der Ab- rüstüngsfrage betrachtet werden kann. Sehen Sie sie nicht auch in diesem Licht?"
„Man muß abwarten, was für Folge« diese Aussprache haben wird."
..Halten Sie es für möglich, daß die Zeit herannaht, wo Deutschland seinen Entschluß des Austritts aus dem Völkerbund überprüfen wird?"
Unser Standpunkt in dieser Angelegenheit scheint mir so leicht verständlich, daß es mich wundert, daß da noch irgend ein Zweifel sein kann. Sicherlich läßt einen der bloße Name „Völkerbund" an eine Versammlung von Teilnehmern in Europa denken, die durch Verhandlungen untereinander auf der Grundlage der Gleichberechtigung Fortschritte erzielen können. Deutschland hat immer deutlich erklärt, daß es zur Mitarbeit bereit sei. wenn feine berechtigten Ansprüche nach den kürzlich en Worten Ihres Generals Smuts „frei und offen" anerkannt würden. Sicherlich wird es jedoch nicht nach Gent uirückkebren. lolanae es nicht vollkommen