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Der lüeicNiäiastrr
Donnerstag, den 15. November izz^
Lte Sajümtg /
M »« iws dem BammIMn » In!du
- ausheiraten
Bon Lorenz Strobl
Die Drischeln hängen verstaubt am Dachbalken der Tenne. Der Dampf und Zylinder lLokomobil und Dreschwagen) haben sie verdrängt. Der Elektromotor summt in den Bauernhöfen. Verklungen ist für allemal das lustige Tickl-tackl-tackl im Sechser-, Neuner- und Zwölfertakt, das alljährlich noch vor dem Kriege vom Herbst bis tief in den Winter hinein, vom frühen Morgen bis späten Abend durch die altbayerischen und durch alle anderen deutschen Dörfer gehallt ist und die Spatzen ans den Nestern in die Scheunen gelockt hatte. Verschwunden ist das pfundsame Dreschermahl mit Nudeln, Kraut, Gselchtem und Knööln und nur mehr daZ Bauernsprüchl: ..Der haut ein wie ein Drescher" erinnert noch an diese Zeiten.
Erhalten geblieben ist dagegen in manchen Gegenden des Oberlandes bis auf den heutigen Tag die Feier der Drischlleg, mit der die Arbeit des Ausdreschens von Getreide beendet wird. (Drischlleg — die Drischeln werden weggelegt; Drischelhäng — die Drischeln werden aufgehängt. Flegelhenke oder Pflegelhenke heißt es im Schwäbischen.
Damit der Ausdrusch schneller von statten geht, helfen immer mehrere Höfe zusammen und leihen sich gegenseitig die Dienstboten aus. Dort, wo die Bäuerin nach dem Schaffen die besten Mahlzeiten anfträgt, kommen auch die Drescher ungerusen und unangemeldet zur Drischlleg.
Der Bauer fieselt an dem beinernen Pippi seiner Pfeifen umeinander. Er blast dicke Wolken zur Weißdecken. Das Zusammenzählen geht mit Müh und Not auch ohne die Bäuerin. Aber das Vermehren und Divi . . . „Kreuzholler- staudn. . ."
Der Bauer fährt in die Höh.
Im Hof draußen hebt ein Spektakeln an, ein Jauchzen, Singen, Schreien, daß der Hofhund wütig an der Ketten kaust. Die Ziehharmonika dudlt den Töizer Schützenmarsch.
„Die Drischler kömma ... die Drischler . ."
Die Kinder feuern den Schulranzen mit der halbfertigen Aufgab unter die Ofenanricht. Stürmen auf den Flötz (Gang) hinaus.
„Juchuchuchu . . .!"
Der Bauer spuckt auf den Tisch. Wischt mit dem Hemdärmel die ganze Rechnerei unter die Platten und da rumpelt schon die ganze Bande maskieri in die Stube. Tanzt um den Bauern, daß Rock und Fetzen fliegen, gröhlt wie das wilde Gjaid, bis der Drischknecht nach einem Zeitl bremst.
,Bäuriu . . . Bäurin ... an Fuchzgerban- zen vom Wirt. . . und a Schacht! Zigarrn und Zigarettl beim Kramer . . Der Bauer schreit in die Kuchl hinaus.
„Freut mi . . . freut mi . . .," begrüßt er die Ankömmlinge nach der Reihe.
Die Drischlleg ist eine Bauernehrung, die hinwiederum eine handsame Anerkennung fordert. Und da kommt auch schon die Asenbäuerin mit einer hochgeladenen Schüssel pfannwarmer Nudeln, die von Schmalz und Gutsein nur so tropfen.
„Glangts alle zu ... is euch Wohl ver- gunnt. . ."
Der erste Teil der Drischlleg wird mit einem Narrenspiel eingeleitet. Irgendein örtliches oder sonstiges Ereignis wird in den Mittelpunkt der Handlung gestellt: Wie der Kneißl Hiasl selig verurteilt und um einen Kopf kürzer gemacht worden ist — wie sie vor einem Fahr den Seppenbauern mit seinem „Duliöh" (Rausch) in einer Sausteigen vom Markt heimgefahren haben — wie der Moarbauer in seiner Jagdleidenschaft dem Sternecker seine Pudl- hauben auf der Trockenstang kür einen Habicht ptsammenpulvert und sauber zerlöchert hat — wie der junge Strixner mit seiner Hochzeiterin n einem Schäferkarren zwölf Meter tief in die Sandgruben grumpelt ist.
Der Schlegel hallt. Der Banzen klingt. Die erste Drischlermaß schäumt für den Bauern in die Krugl.
„Prost Manna und Weiba... an warma ltzeltsgod (Vergeltsgott) für euer Arbat beim Ausdrusch und für die heutige Ehr ..."
„Hoch soll er leben . . . hoch soll er leben . . dreimal. .
Dreistimmig, sechsstimmig, im Durcheinander, wenig schön, dafür aber um so lauter braust der Hochgesang durch die Bauernstube,
daß der Lurteltauber in der Steigen überm Kanapee ganz erschrocken die Federl plustert.
Und nun folgen die Drischllegspiele, die Uneingeweihten vielleicht albern, derb oder gar roh dünken mögen, in Wirklichkeit aber am allerbesten das kraftvolle Bauerntum zeichne»
und charakterisieren. Ans Bauernarbeit, Bau-! Roß- und Hütbuam sind am meisten den der- ernsagen und Bauernglauben sind die Spiele, ben Späßen der Knechtsleut und Dirnen aus- herausgewachsen. Der Fremde mag sie auch > gesetzt. Die Mirzl wird angeschwärzt wie ein anstößig finden. Der naturverwachsene Sinn > Rauchfangkehrer. Der Mich! begossen, daß ihm der Bauern kann darüber nur Herzhaft lachen, ! das Wasser ans den Hosenbeinen läuft. Da gibt
., Felixen (Teller drehen) . .", das sind die üblichen Spiele im Jnntal und Chiemgau. Dazu kommen noch im Salzburgischen und der Salzacb entlang „Am Teufl seine Hörnl schneiden . . ., Totengräberhiasl . . ., Lumpengiggerl..., der Kaiser vom Unters- berg . . ., das Hochzeitlader. . . ."
Das puige Dienstvolk, das Kuchlmadl, die
Brechen. Lchwinacn. «Vinnen
Alfred Bollmar
daß die Stube dröhnt, wenn beim „Kälberzic-, es Püffe und Stöße, daß das Jungvolk über- hen" die Drischler mit rnßgeschwärzten Hau- > und untereinander auf der Erden kugelt, daß den die Dirnen unterm verdeckten Tisch fangen l die Bretterläden dröhnen, der Kachelofen wollen, wenn beim „Backofen einstoßen" nach! wackelt.
langeui Raufen mit der Stoßstange der irdene Hafen als Backofen in tausend Scherben geht, beim ..Vvgerlfangen" ein Moidl von zwei Burschen, die den Vogelkäfig darstellen, mal richtig vernndlt und zerbaukt (zerrauft) wirb.
Oder gar erst, wann die „Habergeiß" mit wüstem Gemecker in die Stube rennt. Die Ha- bcrgeiß ist ein Teufelsdämon, der Kinder stiehlt und mit dem Nikolaus durch die Winterdörfer zieht. Sechs Burschen sind unter einer großen Plandecke. Ein Strohbauschen mit langen Hörnern ist der Geißenkopf, ein Strohwisch am End der Geißenschwanz. Und nun stürzen sich alle Dirnen auf das Untier, um es zu häuten, den Burschen die Decken abzureißen. Die Mannsleut wehren sich natürlich ihrer Haut und ein richtig Bauerndirndl läßt sich niemals unterkriegen, nimmt ss oftmals mit zwei Burschen s lacht. Er auf. j brauch.
Da tollt nach harter Sommerarbeit der Bauernübermut sich richtig aus und der Bier- Hahn kommt selten zur Ruh, um den Durst der Dreschersleut zu löschen.
„Aus is . . . gar is . . ."
Mitternacht ist lang vorbei! Der Asen- bauernknecht schickt noch einen Jucherzer zum sternklaren Nachthimmel hinauf. Legt den Balken vor das Hoftor. Knurrend verkriecht sich der Hund in der Hüttenstren. Von der Straße herüber hallt noch der Sang der heimkehrenden Treschersleut:
Und mit der Trifchl und mit der Drescht Und mit am herzhaften Sang Pack ina morgn glei an Jrber,
Die Zeit werd nica z'lang.
Der Mond schüttelt sein Köpfl. schmunzelt und kennt ja Bauernvolk und Bauern-
m der BreWatt /
Von Hans Rcyhii g
Nun war man im Brechhölzle. Zwischen hochragenden Buchen lagen die drei Brechlöcher. längliche Gruben, auf drei Seiten eingemauert, auf der vierten offen. Die Ummauerung ragte noch über den Boden heraus. Man lud den Wagen ab. Jaköble sprang mit einem kecken Satz herunter aus den weichen Boden, dem eine federnde Decke aus den Hanfüberresten auflag. die hier die Jahre hindurch abgefallen waren.
Inzwischen rückten auch die Brecherinnen an. meist ältere Weiber, die noch Hanf bauten und einander beim Brechen aushalsen. Es gab ihrer nicht mehr viel im Orte, und von den drei Brechlöchern, die einmal alle uisammengeraucht hatten, waren zwei längst zalb verschüttet.
Die Weiber stellten ihre Brechen, die sie teils auf dem Kopf, teils auf der Schulter getragen hatten, ab und setzten sich auf ihnen un Halbkreis um das Brechloch herum. Jaköble brachte den Mund nicht mehr zu.
Er hatte einen mächtigen Stolz, daß der merkwürdige Tag so viele Leute bei ihnen s zusammenbrachte. Und die Ahne hatte es an! ( ihrem Feuer, das sie eben angezündet hatte, ^ Machend ab u vrastcl so wichtig wie nie. Da durfte er nichts !e7zu Bod^ Immer
rinnen eine Handvoll nehmen ließ. Und nun schlugen sie los. Mit der Rechten packten sie den Griff und rissen den Mund der Breche weit auseinander. Der Oberkiefer hatte zwei, der Unterkiefer drei lange Holzmesser. Die Linke faßte den Hanf
an den Köpfen und _
schwang ihn, weit nach vorn und rechts ausholend, in den geöffneten Mund herein.
Nun ließen sie die Breche zubeißen, einmal ums andere. Erst war's nur ein dumpfes Geklopfe, aber ganz im Takt, eins zwei, eins zwei. Die Arme mußten ordentlich herhalten; denn der Hanf leistete den ersten Angriffen hartnäckigen Widerstand.
Dann aber knackte es laut. Die spröden ' tengelteile splitterten
jcharsem Flüsterton die Söhnerin au: ..Siechst denn net. daß dort Hans fehlt? Stand doch net na' wie halbfei'fe!"
Da blickte Bine bös herüber und zischte der Schwieger zu: „I bi' sei' konfirmiert!"
Das Gespräch der Brecherinnen war gr- schwind verstummt. Sie hatten die beiden wohl verstanden. Schweigend klopften sie aber weiter.
Jaköble, den der Ton der kurzen Auseinandersetzung erschreckt hatte, setzte sich em Weilchen still neben das Brechloch. Dann fragte er die Großmutter: „Darf i au e'mvl e Holz ins Fuier nei'g'heia?" Sie erlaubte es ihm. und er warf lustig, ohne daß sie es recht bemerkte, gleich drei dicke Scheite ins Feuer, das begehrlich nach ihnen leckte.
Zischend flackerte es auf und wuchs mehr und mehr. Noch ein Scheit! Nun züngelte das Feuer nach dein ausgebreiteten, prasseldürren Hanf. Die Großmutter sah es nicht. Ihre Freude an dem schönen Brechtag, der immer wie eine Art Fest in ihrem Kalender gestanden war. hatte ein großes Loch bekommen, und sie blickte immer unzufriedener und fast feindselig der Söhnerin nach, die auch jetzt keinen Zug tun wollte.
Da schoß die Flamme plötzlich durch den ausgebreiteteu Hanf hinaus. Er brannte lichterloh zusammen. Jaköble sprang erschrocken zur Seite, die Brechen standen mit einmal still; die Weiber blickten besorgt, und einige richteten sich ängstlich auf. Bine erschrak auch, doch rührte sie keine Hand. Aber Margret packte mit raschen Griff das Darrgatter. warf es mit dem brennenden Hanf blitzschnell auf die Seite und schlug mit dem Löschbesen einigemal darauf los. Da war das Feuer schon erstickt. Dann aber tunkte sie kräftig in die Wassergelte ein und begoß das übermütige Feuer so ausgiebig, daß es armselig zusammensank. Daraufhin legten sie das Darrgitter wieder über.
„Jaköble, du host mir z'viel Holz nei'g'heit, wart!" sagte sie ablenkend mit erhobenem Zeigefinger. Das Männlein erholte sich wieder von seinein Schrecken, blieb aber in gebührender Entfernung. Bine triumphierte. Sie blickte schadenfroh zur Schwieger hinüber, und ihr Blick sollte zweifellos sagen: „To hosch, du Siebemolg'scheite und G'schickte!"
Die Weiber setzten ihre Brechen wieder in Bewegung, und die Evam'rei erzählte, wie beim Brechen einnial der Wald angegangen iei und die Feuerwehr habe ausrücken müssen. Es sei allerdings schon lange her. Ihr Vater, der Spritzenmeister gewesen sei. habe es ihr erzählt.
„Jetzt goht nix maih a'!" warf die Fuchsen- bäuriu ein. „Wege dene Paarmol. wo man's Brechloch no' ausfuiret."
„Io. jo, 's Spinne und 's Webe kommt voll ganz aus dr Mode." sagte die Evam'rei; „wer überhaupt uo' 'en Hanf baut, lot in dr Spinnerei und Weberei schaffa. Und 's Hansa selber kommt au voll a."
..No' kauft ma' bloß no' des bomwollene Fabriklumpezuig. wo in drei Tag d'
Kauer» im Wirisbans
Vnucrcs einer alten Bauernstube
jinauslassen.
Der Vater war mit dem Vieh heimgefahren. Margret legte das Darrgatter über das Feuer des Brechlochs und breitete Hanf darüber aus. um ihn vollends zu „darren".
Auf den Wiesen vor dem Gehölz lag indes noch der Reif wie Schnee, und die Wärme, die aus dem Brechloch ausstieg. vermochte die Brecherinnen noch nicht recht aufzutauen. Da hieß Margret ihre Söhnerin ein Schnäpslein herumreichen. Darauf hatte sie immer etwas gehalten. Gleich stellte sie auch den großen „Sutterkrug" in die Nähe des Brechlochs, damit der Mast bis zum Vesper ein wenig angewärmt sei. Bine ging mit dem Schnapsgläslein in der Runde herum. Jaköble hielt das Fläschlein. Mit einem „Großbank!" nahmen die Brecherinnen einen Schluck. Nun hauchten sie noch einmal in die Hände, rieben sie aneinander und setzten sich auf dem bankartigen Sitz der Breche zurecht. Margret nahm einen Arm voll bans, der rösch genug war, vom Darrgatter herunter und reichte :hn Bine. die jede der Breche-
ktranksurr, Eacnvtt IS8!
und immer wieder ließen die Weiber ihre Brechen auf- und zuklappen, iinmer tiefer bissen die Kiefer ineinander, bis alles Holzige zusammengebrochen war und die Hanffasern, das Werg, sich geschmeidig zwischen den Messern durchziehen ließen.
Bine hatte die Ausgabe, das Werg den Brecherinnen abzunehmen und sie wieder mit Hanf zu versehen. Indessen waltete Margret wie eine Priesterin ihres Amtes am Feuer. Wenn der seitlich und vorn angelehnte Hanf vorgewürmt war. legte sie ihn mit kundiger Hand auf die Darre. Ab und zu warf sie wieder ein Scheit ins Feuer, es wach zu halten. Es war eine heikle Geschichte, dem Feuer seine richtige Stärke zu geben.
Bine besorgte ihr Geschäft mit Unlust. Sie ichnitt ein hochmütiges Gesicht, und man sah es ihr an, daß sie nicht bei der Sache war. Das gefiel den Brecherinnen übel, und es kam nicht zu jener heimeligen Stimmung, die immer aus der Brechstatt geherrscht hatte.
Am meisten mißfiel es Margret. Sie sah immer unmutiger dem gleichgültigen Tun zu. Auch die Wergstücke legte Bine nicht mit jener Sorgfalt zusammen, die man dem kostbaren Gewächs schuldig war. und eben sah die Fuchsenbäuerin. deren Breche schon eine Weile stillstand, ungeduldig nach Hanf herum. Da inbr die entrüstete Margret in
Nach einem Anasbnraer Holzschnitt 1S37
vom Leib rahauget." sagte Margret grimmig und gab dem Feuer, das schon wieder keck werden wollte, einen kräftigen Dämpfer. Dabei blickte sie nach Bine und ihren Kleidern.
Diese wollte nun ihrem Unmut Lust machen und gedachte, den alten Weibern einmal eines auszuwischen, sonderlich der Schwieger. „Des ist gar net so schlecht. Und mei' Lebtag ins gleiche Häs nei'staoh, düs möcht i fei' net." warf sie ein.
RovemberstimmWg
Der Wind fährt übers Stoppelfeld, Sein Brausen will mich mahnen.
Daß auch für mich ein End bestellt.
Ein neues tiefes Ahnen
Zieht schauervoll durch mein Gemüt:
Der Mensch verblüht! —
Es rauscht im dürren Laube,
Staub kehrt zum Staube.
Maria Lutz-Weitmann.
DaS Jahr tritt in die Düsternis;
Der Mensch tut einen schmacken Biß- Rund um ein Jungfraugänsebein. Probiert sich auch den neuen Wein. Denn Trübnis naht und Nebelzeit;
Das Sonnen liegt erschrecklich weit.
Fritz Butz-
Heraussegebe» un Anflrag der NS.-Presse Wprl- tembero von Hans Reyhin- (Mm a. L? *