Nr. 259

Dienstag, 6. November 1934

1V8. Jahrgang

er OeseUschakter

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Lkilieotlliel:

Aalieris Außenpolitik im zwölften Salm des Faschismus !

Von unserem römischen I. M. W.-Vertreter

Es ist in den letzten Jahren immer mehr zu einem faschistischen Brauch geworden, am 28. Oktober, dem Jahrestag des Marsches auf Rom, einen Rückblick auf das vergangene Jahr r« halten und in einem langen Rechen­schaftsbericht das Geleistete aufzuzählen. ! Fast alle Zeitungen geben dann Fest- und Son- ! dernummern heraus, in denen in langen . Schlagseiten die einzelnen Werke, Taten, Er- j rungenschaften und Neueinrichtungen des Fa­schismus des letzten Jahres entsprechend ge­würdigt werden. Zur leichteren Ueberzeugung und zum besseren Verständnis bemüht man sich in Bildern das Geschaffene den Italienern nahe zu bringen. Bekanntlich beginnt das faschistische Jahr am Tage des Marsches auf Rom, d. i. der 28. Oktober und die neue Zeitrechnung im l Jahre 1922, so daß man vom 12. Jahre der faschistischen Aera spricht, wenn man das ver­flossene Jahr meint.

Aus der fast unübersehbaren Fülle dessen, was der Faschismus im 12. Jahre seiner Zeit­rechnung geleistet hat, greifen wir einiges In- ! terefsante aus derFaschistischen Außenpolitik", wie sie der römischeM essaggero" chrono­logisch lufführt, heraus. Das Blatt schreibt: § . .. die italienische Außenpolitik hat während ! des ganzen Jahres zu jeder Stunde Ruhe und l Besonnenheit gezeigt und aufrichtig dem Frie- : den gedient . . und erklärt zu einem der z ersten Probleme der Abrüstung, mit denen der ! Duce sich zu Beginn des 12. faschistischen Jah­res befaßte, übergehend, daß Italien sofort nach dem Verlassen der Abrüstungskonferenz seitens Deutschlands unzweideutig seine Mei­nung, die sich in den drei Punkten ausdrückte:

1. Zwecklosigkeit einer Fortsetzung der Verhand­lungen ohne Deutschland, 2. Leidenschaftslose Prüfung der Lage, evtl, nochmalige Gesamtprü- sung des Problems, 3. Verständigungsmöglich­keit durch direkte Verhandlungen, äußerte, lieber das österreichische Problem schreibt die römische Morgenzeitung das Folgende:. . . der internationale Hori­zont verdunkelte sich Anfani :934 durch die Schwierigkeiten, die der österreichischen Regie­rung durch die Tätigkeit L"' österreichischen Nationalsozialistei und jener jenseits der Grenzen bereitet wurden.-.." Von Jugosla­wien sagt sie, oaß Mussolini in seiner Rede vor der Fünfjahresversammlung erklärte, daß die italienischen Beziehungen zu diesem Nach­barn normal feie» und verbessert werden kön- > nen, auch weil sich die beiden 'ander Wirtschaft- ! lich ergänzen können, während in der gleichen ! Rede als von Frankreich die Rede war, f der Duce ausführte, daß obwohl die beidersei­tigen Beziehungen sich gebessert haben, doch noch keines der kleinen und großen Probleme, die seit 15 Jahre:: einer Lösung harren, einer solchen näher gebracht seien, es sei nur ein gün­stiges Element, das eine Weiterentwicklung er­hoffen laste und eine Annäherung in einigen weittragenden europäischen Problemen vor­handen sei.

Von oen militärischen Maßnahmen an der österreichischen Grenze nach dem 28. Juli be­hauptet das Blatt das Folgende:... das ener­gische Verhalten Juliens, das übrigens voll and ganz die Billigung Frankreichs und Eng- ands gefunden hatte, hat bester wie 'eder an- )nc diplomatische Schritt überzeugt und ge­tagt, daß jeder Versuch, aus Oesterreich eine rchte Provinz des Deutschen Rei- b - s zu machen, wenn notwendig, auch mit Waffengewalt verhindert werden wird. . . Be­merkenswert ist auch, was das Blatt über Parthous Ost paktpläne weiß:. . dre Londoner Unterredungen zwischen Barthou und Simon haben eine vollständige Abände­rung der ursprünglichen Paktpläne gebracht Anfänglich vielleicht deulsccheir^ nb gedacht, ist Mi neuer. Entwurf diese Gefahr beseitigt, weil ste Deutschs d und Frankreich auf der westlichen Front die Gegenseitigkeit emräumt und im Orient dagegen Deutsch- l a n h u n d Rußland auf die gleiche Stufe stellt. Dadurch wurden ar 13. Juli die von Italien ursprünglich gemachten Reserven hin- lallig. ... in der Folge haben dann die Ereig- Mfse von Wien viele Situationen umgestoßen und neue Seelenzuständ: geschaffen. . .

Den Schluß dieser langen Betrachtung bttvel Mussolinis Mailänder Rede vom 6. Oktober, die keines Kommentar-' bedarf. Das Blatt schließt dann seine Ausführungen wie folgt: Der Faschismus verbreitet sich von selbst ' der Welt. Es genügt ihm, wenn er überall in seiner Wahrheit und hohen Sittlichkeit erkannt wird."

Rom, 5. November.

Der Saarbevollmächtigte des Reichskanz­lers, Bürckel, und der Vortragende Lega­tionsrat im Auswärtigen Amt, Dr. Voigt, sind hier eingetroffen, um gelegentlich der gegenwärtigen Tagung des Dreierkomitees des Rates, das sich mit der Vorbereitung der Saarabstimmung und mit anderen das Saargebiet betreffenden Fragen besaßt, die­sem den deutschen Standpunkt in den zur Erörterung gestellten Fragen darzulegen.

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SsarLaMunistell Wetzen ans AarMzei

Mißglückter Anschlag auf Landesleiter Pirro Chef der Saarpolizei überfallen

nk. Saarbrücken, 5. November.

Wenn Herr Knox wirklich noch nicht ge­wußt hätte, von wem im Saargebiet eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Ord­nung droht, so kann er sich jetzt vom ober­sten Inspektor der Saarpolizei, dem Eng­länder Hemsley, genauestens darüber unterrichten lassen. Inspektor Hemsley wurde : nämlich am Samstag abend Von einer

> Horde von Kommunisten, die vor dem Ein­gang zum Orte Landsweiler auf den Lan-

! desleiter der Deutschen Front, Pirro, lauer- i ten, überfallen. Als Polizei mit dem Gummi- ! knüppel eingriff, eröffncten die Kommunisten i ein Schnellfeuer auf die vorgehenden Poli- ! zisten, und nur dem Umstande, daß es be- ! reits stockfinster war, ist es zu danken, daß ! kein Beamter getroffen wurde.

; Der Vorfall, der im ganzen Saargebiet i größte Empörung ausgelöst hat. spielte sich ! folgendermaßen ab:

! Samstag abend kam es zwischen der kom- ! munistischen Gemeinderätin Frau Fuchs in Landsweiler und ihren ebenfalls dem kommunistischen Lager angehörenden Lieb­habern zu einem Eifersuchtsstreit, wobei Frau Fuchs derart verprügelt wurde, daß ne in das Krankenhaus gebracht werden mußte. In der vor der Machtergreifung auch im Reiche geübten Weise griffen die Kom­munisten diese Privatangelegenheit einer ! ihrer Vertreterinnen propagandistisch auf. i um von der üblen Angelegenheit abzulenken, i Da am gleichen Abend Landesleiter Pirro ^ von der Deutschen Front in einer Versamm- , lung in Landsweiler sprechen sollte, verbrei­teten sie Flugblätter, in denen sie in ganz schamloser Werfe zur Sprengung der Ver­sammlung Pirros, den sie einenfaschisti­schen Mörder" nannten, aufforderten.

Kaum waren die Flugblätter ausgegeben, sammelten sich auch schon kommunistische Werbetrupps", die mit Stahlruten und Eisenrohren bewaffnet waren, vor dem Ver-

> sammlungsraum. Sie erhielten bald Zuzug von lichtscheuem Gesindel aus Neunkirchen und belästigten nun die Versammlungsbe- sucher in der bekannt rohen Weise. Nur der eisernen Disziplin der Mitglieder der Deut­schen Front ist es zuzuschreiben, daß es nicht schon da zu Zusammenstößen kam.

Vor dem Ortseingang legte sich eine orde Kommuni st en auf die auer. um den Kraftwagen Pir­ros aufzuhalten. Mehrere Kommu­nisten legten sich quer über die Straße, um sie zu sperren. Tatsächlich kam auch ein Wagen herangebraust und konnte knapp vor den auf der Straße liegenden Kommunisten zum Stehen gebracht werden. Sofort fielen die Banditen über den Wagen her, mutzten aber zu ihrer Ueberraschung feststellen, daß im Wagen nicht Landesleiter Pirro, sondern der oberste Fnsvektor der Saarpolizei Hems-

tey mit einigen Polizisten saß. Die Polizisten Vertrieben die Kommunisten mit dem Gummiknüppel. Darauf eröffneten die Kommunisten das Feuer auk die P o l i z e i b e a m t e n, auf die gleichzei­tig ein Steinhagel niederging. Die Polizei ging nun energisch vor und zerstreute die Banditen, die ihr Heil in der Flucht suchten. Mehrere Beamte wurden durch Steinwürfe verletzt.

Die Versaiiuutung der Deutschen Fronl ging dann in vollster Ruhe und Ordnung vor sich. Die Empörung über diese nieder­trächtige Herausforderung der Kommunisten war allgemein. Ebenso allgemein wurde aber auch betont, daß sich die Mitglieder der Deutschen Front durch nichts und niemals von der Linie der unbedingten Disziplin abbrin- gen lassen werden.

Englische Zeitung widerlegt diePukschlüge

Zu den in der letzten Woche von französi­scher Seite in Umlauf gebrachten Meldungen über die Bereithaltung französischer Trup­pen in der Nähe des Saargcbietcs bemerkt der diplomatische Korrespondent desNews Chronicle", in britischen Negierungskreisen sei man sich nicht darüber klar, ob für eine Entsendung von Truppen ins Saargebiet ein Ersuchen des Präsidenten der Saarkom­mission, Knox, genügen oder ob ein Beschluß des Völkerbundsrates notwendig sein würde. Im ersten Falle würde in einer Zeit nervöser Spannung eine sehr große Verantwortung in die Hände eines einzigen Mannes gelegt werden. Uebrigens schenkten die meisten Be­obachter den französischen Gerüchten über die Möglichkeit eines nationalsozialistischen Put- sches vor dem 13. Januar wenig Glau­ben. Man sage, wenn ein Bauer eine Kuh gekauft habe, dann stehle er sie nicht einen Tag vor ihrer Ablieferung. Nur die Ueber­zeugung, daß die Franzosen den Völkerbund zu überreden suchten, das Abstimmungs­ergebnis nicht zu beachten, könnte für die Deutschen eine Herausforderung bilden.

In deutschen, wie in französischen Kreisen glaube man, daß viel von der britischen Politik abhängen werde. Esscheine nicht", daß die britische Regierung dem Vorschläge günstig gegenüberstehe, für den Fall einer Entscheidung zugunsten der Fortdauer der Völkerbundskontrolle eine zweite Abstim­mung in fünf oder zehn Jahren vvrzusehen. Ein solcher Schritt sei nicht im Versailler Vertrag vorgesehen und würde nur einen gefährlichen deutsch-französischen Streit ver­längern. Zum Schluß spricht der Korre- spondent die Hoffnung aus, daß der bri- tische Vertreter bei der Sitzung des Völker­bundsrates am 2l. November deutlich machen werde, daß feine Regierung eine

faire Abstimmung und die Durchführung ihres Ergebnisses wünsche. Dies würde auch die Gefahr militärischer Abenteuer vermin­dern.

Mer S«lW m Saiitttt JomnM

Wachsende Krisenstimmuug in Paris Angst vor neuem Blutvergießen

zt. Paris, 5. November.

Die Absicht Doumergues, bereits am Mitt­woch in der Kammer eine Entscheidung herbei­zuführen, wird in der Pariser Oeffentlichkeil immer skeptischer beurteilt. Krisengerüchte be­herrschen wieder einmal die politischen Unter­haltungen in der französischen Hauptstadt. So spricht derOeuvre" bereits von der Möglich­keit einer Kabinettskrise, die sich schon am Dienstag ergeben könnte, weil Finanzminister Germain Martin aus Gründen der Finanzgebarung mit der Einbringung eines Haushaltsplanes nur für drei Monate nicht einverstanden ist und bereits mit seinem Rück­tritt gedroht habe. Andere Kreise nennen be­reits die Namen von vermutlichen Nachfolgern Doumergues: Laval, Flandin, Kammer­präsident Bouisson und selbst Marschall Petain. Die Anhänger des Burgfriedenskabi­netts sind ihrerseits auch nicht untätig. Mit allem Eifer wird die Werbetrommel für die Pläne Doumeraues aerübrt. wobei man nicht vergißt, diebeorohliche außenpolitische Lage" ins Treffen zu führen. Der offiziösePetit Parisien" bezeichnet die Auslösung einer Re­gierungskrise im gegenwärtigen Augenblick als den verhängnisvollsten Fehler, den das Parla­ment begehen könnte:Der geschlossenen Front der Beherrscher Deutschlands muß Frankreich eine starke Regierung entgegenstellen können. Diese Regierung aber ist das Burgfriedens­kabinett Doumergue. Der Völkerbundrat soll am 21. November seine Saarverhandlungen aufnehmen. Die Persönlichkeiten, die uns da- bei vertreten werden, müssen ihre Vorberei­tungen in Ruhe vollenden können."

Auf jeden Fall wird der Mittwoch eine in­teressante Kammersitzung bringen. Leon Blum, der Führer der Marxisten, hat in einer am Sonntag gehaltenen Rede Doumergue den schärfsten Kampf ungesagt und den Ministerpräsidenten der offenkundigen Verlet­zungen der republikanischen Einrichtungen be­zichtigt. Noch besorgter hat sich der Führer der Neusozialisten Reuaudel ausgesprochen, der in Toulon erklärte, daß Doumergue trotz des Widerstandes der Kammer seine Pläne durch­bringen werde und daß man dann sehr bald mit außerordentlich ernsten Ereignissen rechnen müsse. Blut werde fließen und der Aufruhr durch die Straßen toben.

Neuer Mstnskandal in Frankreich

Paris, s. November.

Das rechtsstehende Abendblatt,La Presse" tveiß zu berichten, daß eine gerichtliche Unter» suchnng über eine größereUnterschla- gung im Departement Nord im Gange sei. Es handle sich um eine Finan­zierungsgesellschaft, die sich ursprünglich nur mit der Zuckerindustrie und dem Zuckerhan­del befassen sollte, sich aber später in größere Grundstücksangelegenheiten eingelaffen habe. Die Leitung dieser Gesellschaft hatte ein ek e- m al i ger Admiral. Stellvertretender Vorsitzender und die eigentliche Seele des Unternehmens sei ein gewisser Charles L e v y, der Paris kürzlich unter besonderen Umstän­den verlassen und die Gesellschaft mit einem Fehlbetrag von etwa 2VV Millionen Franken sestgefahren habe.

Die Gesellschaft stehe im Verdacht, sich ihr« Mittel durch Ausgabe von falschen Abschnit­ten der Bonds für diebefreiten Gebiete" verschafft zu haben. Es handelt sich um den­selben Charles Levh, der zusammen mit dem früheren Kabinettschef von Chautemps, Du, bois, eine Gesellschaft zur Finanzierung der nationalen Ausrüstung" gegründet habe, die im Zusammenhang mit den während des Staviskykrachs erhobenen Angriffen aufgelöst worden sei.