Der Gesellschafter
Donnerstag, den 85. Oktober 133t
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Seite 5 — Nr. 249
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50 junge Wiirttemberger gingen nach Ostpreußen Der Arbeitsdank schafft Arbeit in der Wirtschaft und Siedlerstellen
Bor kurzem rft zwischen dem Ne:chsarbeits- l führer, Staatssekretär Hier! und dem Stabs- le'ter der PO., Reichsleiter Dr. kL e y, eine bedeutende Vereinbarung getroffen worden. Sie betraf zunächst den Führernachwuchs der PO., der in Zukunft durch die Schule des Arbeitsdienstes gehen wird. Weiterhin gingen Abmachungen dahin, daß die Arbeitsfront Anordnungen zu treffen hat, daß Sie nach beendigter Arbeitsdienstzeit ausgeschiedencu Führer und Arbeitsmänner des Arbeitsdienstes
möglichst sofort Arbeitsplätze in der Wirtschaft erhalte:-
sollen. Hierdurch wird die Gewähr geschaffen werden, daß alle Arbeit an: jungen Menschen während seiner Dienstzeit in: Arbeitsdienst, seine gesamte Erzieh::::., znn: vollwertigen Volksgenossen, nicht vergeblich gewesen sein soll.
Diejenige Stelle iin Arbeitsdienst, der die Aufgabe obliegt, die ans den: Arbeitsdienst ausscheidenden Angehörigen des Arbeitsdienstes in das Berufs- und Erwerbsleben wieder cinzugliedern, ist der A r b e: t s d a n k. TaS enge Zusammenarbeiten zwischen ArbcitSdank und Deutscher Arbeitsfront findet seinen Ausdruck darin, daß auf Grund einer weiteren Vereinbarung mit dem Stabsleiter der PO., Dr. Ley, und dem Reichsarbeitsführer Hier! dcr Arbeitsdank unter voller Gewährung seiner Selbständigkeit im Rahmen dcS Arbeitsdienstes in die Arbeitsfront eingegliedert worden ist.
Die Unterbringung dcr ans dem Arbeil?- dienst ausscheidenden ArbeitZmanner »ns Führer erfordert in unserem Gau W ü r r - temberq eine umfangreiche Organisation der Dienststelle des bei der Arbeitsgaulcitnng befindlichen Gauobmanncs des Arbeitsdanlcs. Selbstverständlich wird die Bernssvnmitt- lung der hierfür beauftragten Slellcn. wie Arbeitsämter und Deutsche Angestelltenscha't in keiner Weise in ihrem Aingabenkreis beeinträchtigt, indem etwa der ArbcitZSank als besondere Vermittlungsstelle anftritt. Ganz im Gegenteil. Kein Ärbeitsmann und kein Führer wird in seinem Berns vermittelt, ohne daß die eigentliche Vermittln::-: nicht da? zuständige Arbeitsamt oder die Deutsche Anne- stelltenschaft, sowett es sich um Angestellte handelt, vornimmt. Aber alle vorbereitenden Arbeiten, die erforderlich sind, um dem Arbeitsamt ein richtiges Bild über den Bewerber zu geben, indem die notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden und alle sonstige
Interessenvertretung, die der Arbeitsmann i braucht. j
um rechtzeitig, namentlich bei feinem Ans- j scheiden, zur Vermittlung zu gelangen, alles das übernimmt mit sorgender Hand der Arbeitsdank.
Hierzu befinden sich bei jeder Abteilung und bei jeder Gruppe Vertrauensmänner. die die unmittelbare Verbindung zwischen dem Arbeitsamt und den Stellensuchenden vornehmen und die in dauernder Fühlung mit den zuständigen Arbeitsämtern stehen, um sich einen Ueberblick zu verschaffen, ob und wie die Arbeitsvermittlung in den betreffenden Arbeitsamtsbezirken für ihre Kameraden möglich sein wird. Denn man muß sich ja schließl:ch auch klar werden darüber. daß nicht jeder in dem betreffenden Arbeitsamtsbereich, dem der betreffende Arbeitsmann zugehört und wofür der Standort seiner Abteilung maßgebend ist, vermittelt werden kann, weil eben nicht genügend freie Arbeitsplätze trotz Austauschverfahren
und anderer Maßnahmen verfügbar sind.
Auch gibt es Berufe, deren Betätigung in dem betreffenden Bezirk nur schwach oder gar nicht ausgeübt wird und wo es dann gar nicht anders möglich ist, als daß dcr Arbeitsmann dann in einem anderen Bezirk vermittelt werden muß. Für diesen zwischen b e z i r k l i ch e n Ausgleich hal natürlich auch das zuständige Arbeitsamt in Verbindung mit dem Heimalarbeitsaun und dem Landesarbeitsamt z» ivrgen. Aber auch der Nrbeitsdank ist bei diesem zwischenbezirk- liebei: Ausgleich wieder eingeschattet.
Jetzt befindet sich eine Geschäftsstelle in S : n t! a a r i, Weimarstr. 39. wo alle diejenigen Bewerbungen »ns Gesuche von solchen Arbeitsinännern uns Führern bearbeitet werden, bei denen da? zuständige Arbeitsamt nicht in der Lage gewesen ist. sie in ihrem Bezirk zu vermitteln. TiBe Geschäftsstelle steht nun mit dem Landesarbeitsaint und anderen Arbeitsämtern in Verbindung und hilft auf diese Weise wieder dn:eh Geben der notwendigen Unterlagen den Aibeitniebenden einen Arbeitsplatz zu besinnen. Auch ist es notwendig, dem einen oder anderen eine Schulungs- Möglichkeit zu versthaisin. wen,, er in seinem Berns keine Arbeit mehr nude: oder durch lange A:beilslosigkeil seinem Berufe so entwöhnt ist, daß er ibn nicht wehr voll aus- snlleii kann. Tieie Schulung wird von einzelnen Arbeitsämtern übernommen. Auch die
Der LlvySkapitan Ncmcr gehört zu den deutschen Seefahrern, die eines dcr bewegte- sie» Leben hinter sich haben. Zuerst Schiffs- junge ans Segelschiffen, hat er dann alle i Meere der Welt befahren: hervorragenden f Anteil nahm er an der Erschließung dcr deutschen Südsee-Kolonien. Er hat sich in der Südsee auch eine Pflanzung erworben, nach dem Kriege war er zuerst Bergbauer in: All- gün. Heute führt er den Lloyd-Dampfer ..Sierra Nevada". — Diese Stelle ist seinem Lebenshuch ..Anker aus! Wie der Allgäuer Baiiernsprosi Karl Naner Seefahrer, Südsee- pivnier und Llohdkapitün wurde" entnommen, das jetzt in: Drei-Ouellen-Berkag, Königsbrück (Bez. Dresden) erscheint.
Es war Anfang August ISlt, und ich war mit einer großen Ladung Dynamit nach Ost- asiei: unterwegs. Nichts Böses ahnend, war ich in den Hafen der englischen Mittelmeer- insrl Malta eingelaufon. um Kohlen zu nehmen. Der Lots? kam an Bord und brachte uns zunächst an den Untersuchuugsplatz.
Es fiel mir auf, daß in Malta allerhand ernste Vorbereitungen getroffen wurden, aber ich glaubte, daß es Rüstungen gegen Ruß- land seien. Auf dem Schiff war keine draht- lose Telegraphie, aber das Verbrechen m Sarajewo ließ mich allerhand Befürchtungen hegen, allerdings ohne an irgendeine Möglichkeit eines Konfliktes mit England zu glauben. Wir wurden anstandslos im Kohlenhasen zugelasseri? und begannen mit möglichster Beschleunigung d:e Üebernahme.
Als ich dann an Land ging, um den deutschen Konsul aufzusuchen, merkte :ch, daß überall eine fieberhafte Erregung herrschte.
! Auf den englischen Kriegsschiffen schienen ! mir die Mannschaften begeistert zu sein. Es f wurde mit Hochdruck gekohlt und es wurden i Kisten an Bord geschleppt. Mir war sofort klar: Es aina los! Aber aeaen wen?
Deutsche Arbeitsfront besitzt ein Schulungslager in der NähevonSt nt t- g a r t, wo dann die Arbeitsmünner nach ihrem Ausscheiden vorgebildet werden.
Endlich besitzt der Arbeitsdank noch drei kleine landwirtschaftliche Ausbildungshöfe, in denen solche ehemalige Angehörige des Arbeitsdienstes eine landwirtschaftliche Schulung erhalten können, die durch ihre Tätigkeit im Arbeitsdienst den Wunsch haben, wieder aufs Land zu gehen. Diese Höfe werden geleitet von tüchtigen Landwirten. Die Leute werden untergebracht ii: ähnlicher Weise, wie in Arbeitsdienstlagern und auch der Aufenthalt beschränkt sich nicht allein auf landwirtschaftliche Schulung, sondern die nationalsozialistische Erziehung wird auch weiter fortgesetzt.
Der Arbeitsdank in Württemberg hat mit dieser landwirtschaftlichen Schulung bereits sehr schöne Erfolge gehabt. Es sind bereits
50 junge Leute im Laufe des Sommers nach Ostpreußen gegangen,
nachdem sie ihre Ausbildung auf den Arbeitsdankhöfe:: vollendet hatten. Sie werden dort dem Siedlerberufe zugesübrt. Die Urteile, die wir aus Ostpreußen über sie erhalten haben, vom Landesarbeitsamt in Km.igsberc, und vom dortigen Siedlungsdienst der NSDAP, find ganz hervorragend. Es wird in diesen Urteilen darauf hiugewiesen, daß die auf den Ausbil- ! dungshöfen des Arbeitsdankes ausgebildeten i jungen Leute erheblich über dem Durchschnitt i ! der anderen Siedleranwärter in Ostpreußen ! ! stehen und daß man in Ostpreußen immer be- ! i reit ist, junge Menschen, die Siedler werden j > wollen nnd die die Schule der AnSbildungshöfe '
Ich eilte in das Konsulat, fand aver vor: ! nur den Sekretär.
„lim Gottes willen, was geht hier vor?"'
Der Alaun zuckte die Achseln.
„Wissen Sie nicht, daß Rußland und Frankreich Deutschland den Krieg erklärt haben?"
„Haben Sie irgendwelche Anweisungen für mich?"
„Keine, es müßte denn sein, daß solche im Geheimfach des Tresors liegen."
Tie Gleichgültigkeit des Mannes empörte mich.
„Dann öffnen Sie doch das Geheimfach."
„Ich habe keinen Schlüssel dazu."
„Wo ist der Konsul?"
„Zu einer Vergnügungsfahrt nach Pompeji gefahren, ich weiß selbst nicht, wann er zurückkehrt."
„Dann lassen Sie das Geheimfach aufsprengen."
„Das darf ich unter keinen Umständen."
„Herr, es handelt sich um ein deutsches Schiff."
„Ich bedaure wirklich und kann Ihnen weder einen Befehl, noch auch nur einen guten Rat geben. Tun Sie, was Sie selbst für das Richtige halten." Wütend ging ich hinaus und überlegte. Draußen in den Straßen lag die Gewitterschwüle, die wichtigen Dingen voranzugehen Pflegt.
Im Kriegshasen sah ich sehr viele englische Offiziere, darunter einen Admiral, die mit sehr ernsten Mienen von ihren Angehörigen Abschied nahmen. Soldaten wurden aus den Kriegsfahrzeugen eingeschifst. Die Zurückbleibenden hatten gedrückte Mienen. Es war ganz klar, daß England im Begriff stand, in den eben erwachten Krieg einzugreifen. wenn ich auch nicht ergründen konnte, auf welche Seite es treten würde.
des Arbe.tZsankcs :n Württemberg durchgelau- sc:: sind, zu übernehmen.
Wie die „Sigmaringen" entkam
Bei Kriegsausbruch im englischen Hafen von Malta
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Im Kohlenhasen war inzwischen die Arbeit mit Aufbietung aller Kräfte gefördert. Ich hatte selbstverständlich noch lange nicht das notwendige Quantum für meine Ostasienreise an Bord, aber ich ließ abbrechen und teilte dem Hafenkommandanten mit, daß ich auszufahren beabsichtige.
Eigentlich wunderte es mich, daß man es mir überhaupt erlaubte, und ich beeilte mich so sehr als möglich.
Plötzlich kam eine Kriegsschiffpinaffe längs- seits, und ein junges Leutnantchen schrie durch das Megaphon:
„Wohin fahren Sie?"
„Nach Port Said und von da auS nach Hongkong."
„All right! Glückliche Fahrt!"
Die Regierungspinasse drehte im kühnen Bogen ab und ich nahm Kurs auf Port Said.
Um 8 Uhr etwa hatten wir den Hafen verlassen, zwei Stunden später sah ich hinter mir Raketen aufsteigen. Die Kriegserklärung Englands an Deutschland war erfolgt.
Es war ein sehr trüber Abend und es wurde früh dunkel. Sobald das Wetter ganz unsichtig geworden war. ließ ich alle Lichter abblenden, änderte den Kurs und hielt auf die italienische Küste zu.
Es war eine furchtbare Nacht. Da stand ich mit den Offizieren auf der Brücke, und wir hatten verbissene, finstere Gesichter. Vom Top wurde scharf Ausguck gehalten. Wir fuhren mit aller Kraft neuerer Maschine und ohne mit den Kohlen zu sparen. Jeden Augenblick konnte es geschehen, daß irgendwo dicht vor uns ein Kriegsschiff auftauchte. Das Mittelmeer wimmelte von englischen Kriegsschiffen, und Scheinwerfer leuchteten an allen Ecken und Enden.
Gegen Morgen atmete ich auf. Wir hatten, als die Sonne aufging, die italienische Hoheitszone erreicht und lagen vor Cantania auf Sizilien. Solange Italien neutral blieb, und daran konnten wir doch angesichts des immer so betonten Dreibundes nicht zweifeln, war die „Sigmaringen" wenigstens vor eng- lischen Zugriffen gesichert.
Wieder kam ein Regierungsdampfer läng- seits und bestätigte, daß zwer Stunden, nachdem ich den Hafen von Malta verlassen, die Kriegserklärung Englands an Deutschland erfolgt war.
Ich besprach alles Notwendige mit dem Vertreter der Hafenbehörde.
„Was haben Sie an Bord?"
„Neben vielen anderen schonen Sache« einige Tonnen Dynamit."
„Damit können Sie natürlich nicht in den Hafen. Sie sprengen uns ja unter Umständen die ganze Stadt in die Luft."
Das mußte ich einsehen, aber eS war ein trauriges Geschäft, das jetzt verrichtet werden mußte.
Ich, der Kapitän, mutzte meine eigene wert- volle Ladung über Bord werfen lassen. Es konnte nichts anderes geschehen, also gingen wir sofort an die Arbeit.
Kiste nach Kiste versank in den Fluten des Meeres. Wir machten uns Borwürfe über den Verlust, den unsere Reederei erlitt, und es war doch nur ein ganz winziges Atomchen im Vergleich zu den Milliardenwerten, die noch in den Wellen versinken sollten.
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^Urheberschutz durch C. Ackermann, Romanzentrale Stuttgart)
Bei der Tante, mit der sie dann sprach, konnte sie auch nichts erreichen.
„Heiraten mußt du sowieso einmal. Mir wäre ein anderer auch lieber gewesen wie dieser Luftikus, trotz seines Namens. Aber dein Vater will es nun einmal so, also sei du es zufrieden."
„Tante, hilf mir doch," ächzte Christa. „Ich kann ihn nicht heiraten. Er und ich. es ist unmöglich."
Etwas wie Mitleid kam in das starre Gesicht der Tante. Sie strich über Christas tiefgesenkten Kopf, die ganz still hielt unter der ungewohnten Liebkosung.
„Sei vernünftig, Kind. Die ohne Liebe geschlossenen Ehen sind manchmal besser als die andern. Dein Vater wird wissen, warum er es so will. Frauen sind nun einmal da, Opfer zu bringen."
Christa umklammerte die Hand der Tante. „Ich fürchte mich so," stöhnte sie.
Die Tante hatte wieder ihren gewohnten harten Ton, als sie sagte: „Er wird dir nicht zu nahe treten. Ihr lebt anständig nebeneinander hin, oder-"
„Was. Tante?" fragte Christa angstvoll.
„Oder ihr findet euch zusammen, wie es sich für Eheleute geziemt."
„Das wird nie geschehen. Tante — Dietz von Rosen heiratet Vaters Geld."
„Das haben andere auch schon getan, das Geld des Schwiegervaters geheiratet, und es ist hernach eine ganz gute Ehe geworden," sagte Tante Anna.
Cbrista leate ihre Landarbeit still rur Seite und
trat an den Käfig ihres Papageis. Lora steckte den Schna- bei zwischen den Gitterstäben hindurch und sah sie fra- gend an. Christa reichte ihrem Liebling mechanisch ein Stück Schokolade.
„Wir sind so verlassen," flüsterte Christa leise. Der Papagei ließ die Schokolade fallen und kreischte: „Verlassen, wir verlassen."
Ein scheuer Blick Christas flog zur Tante hinüber, doch diese tat. als habe sie nichts gehört.
Nach einer Weile drehte sie sich nach Christa um und sagte:
„Ich überlege mir gerade, was du morgen anziehen wirst. Ich denke, dein Blauseidenes wird es noch tun, denn für irgendwelche Neuanschaffung ist die Zeit zu kurz. Schuhe sind in Ordnung, also brauchen wir uns deswegen nicht den Kopf zerbrechen. Und morgen werden wir ja auch ganz allein sein. Gegen zwölf, denke ich, wird Herr von Rosen kommen. Also richte dich darauf ein. Ich habe natürlich nun noch verschiedenes anzuordnen für morgen. Ich dispensiere dich von jeder Arbeit, denn ich kann mir denken, daß deine Gemütsverfassung etwas außer Fasson geraten ist. Auf Wiedersehen beim Abendbrot."
Christa nickte kaum merklich mit dem Kopf.
Als die Tante das Zimmer verlassen hatte, trat das junge Mädchen ans Fenster und sah mit starren Augen hinunter auf die Straße. Arm in Arm gingen glückliche Menschen vorbei. Mit finster zusammengezogenen Brauen sah ihnen Christa nach. Sie wußte, welches Schicksal ihrer wartete. Sie würde immer allein zu Hause sitzen, während Dietz mitten im Leben, im Genuß stand. Sie wußte auch noch mehr, die kleine Christa.
Als Margarete Söns. die Tochter eines schwedischen Großindustriellen, der sich zur Ruhe gesetzt und nun als Konsul in hiesiger Stadt weilte, neulich ihren Geburtstag feierte, hatte Kläre Crusius ein Geheimnis zum Besten gegeben. Ein offenes Geheimnis allerdings.
„Wißt ihr," flüsterte sic, „wen der schöne Rosen erko
ren hat? Die neue Diva vom Operettentheater, Fräulein Rita Fels. Was sagt ihr nun?"
Die jungen Damen sahen einander atemlos an. Die Sensation war da.
„So ein Ungeheuer!" sagte Else von Lossow.
„Wer, dein angeschwärmter Dietz ein Ungeheuer? Bist du nicht gescheit?"
„Ach, wie werde ich?" sagte die lustige Else. „Ich meine doch die olle Rita, die nach hier kommt und uns so- gleich mit größtem Erfolg unfern allgemeinen Schwarm wegangelt. Ich hin ja garnicht so, ich spreche ihr große Künstlerschaft gewiß nicht ab. sie kann was. Aber'mutz sie denn ihre Erfolge gleich auf unsere Herren ausdehnen? Und gerade Dietz Rosen muß auf sie hereinfallen. Es ist zum Haare ausziehen."
„Ach, vielleicht ist es auch nur Gerede." meinte das Geburtstagskind. „Theaterdamen kann man sich nun einmal nicht ohne galante Abenteuer denken."
„Natürlich, du Weise aus dem Morgenlande, manchmal hast du sogar recht, aber heute leider nicht," sagte Else von Lossow. „Ich sah nämlich das Pärchen selbst Arm in Arm; fragt Kläre, sie war dabei. Ich sage euch, wir haben uns nicht schlecht erbost. Aber elegant ging die Fels, einfach todschick. So was gefällt natürlich den Herren." Sie schrie plötzlich erschrocken ans. Jemand war ihr unsanft auf den Fuß getreten. Ein Blick und sie wußte Bescheid.
„Ach was," meinte sie dann resolut, „meine Mama sagt immer, die Männer heiraten doch am liebsten ein einfaches Mädel."
Christa hatte das kleine Manöver wohl bemerkt, und die Liebe der Freundinnen tat ihr wohl, wenngleich sie es gar nicht interessierte, was die jungen Damen von Dietrich von Rosen erzählten. Heute nun erinnerte sie sich dieses Gesprächs und heute bekam es eine ganz andere Bedeutung für sie. Was würden die Freundinnen sagen, wenn sie ihre, Christas Verlobung erfuhren?