Nr. 236

Mittwoch» 10. Oktober 1934

108. Jahrgang

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Der König von Südslawien in Marseille ermordet

Auch der französische Außenminister Barthou bei diesem Attentat erschossen - Der Attentäter ein Südslawe

Paris, 2. Oktober.

N-f den König Alexander von Süd- ftawien ist bei der Ankunft in Marseille ein Anschlag verübt worden. Der König wl'rde von mehreren Kugeln ge- krossen, lieber seinen Zustand verlautet noch nichts Näheres. Nach Gerüchten hak der König eine schwere Verletzung davcn- gekragen. Der Attentäter, der eine Reihe von Schüssen abgab, soll niedergeschossen worden sein.

DerPetit Parisie-A verbreitet die Meldung, daß der König Alexander von Südslawien, auf den um 17.05 Ahr in Marseille ein Revolverakkentak verübt wArde, kurz nach seiner Einlieferung in die PvliZeiprösekLur seinen Verletzungski erlegen ist.

Außenminister Barthou wurde bei dem Anschlag ebenfalls verletzt.

Die Nachricht, daß sich die Verletzung des Außenministers Barkhous als unbe­deutend erwiesen hak, hak sich nicht be­stätigt. Wie Havas nunmehr aus Mar­seille r.nklssik, ist Außenminister Bar­thou um 17.14 Ahr den bei dem Anschlag erlittenen Verletzungen erlegen.

Nach den Ermittlungen der Polizei müssen an der Durchführung der Bluttat mindestens 10 Personen beteiligt gewesen sein.

Wie verlautet» soll der Attentäter ein Cndslawe sein.

König Alexander, der zu einem Staats­besuch nach Frankreich gekommen war. befand sich mit Außenminister Barthou in einem Kraftwagen auf dem Wege nach der Polizei- Präfektur. Um 4.05 Uhr Westeuropäischer Zeit (17.05 Uhr Mitteleuropäischer Zeit) war König Alexander in Marseille angekommen. Ungefähr 50 Meter vom Hafen ent- scnt krachten Plötzlich 6 bis 8 Schütze. Der König wurde in die Brust und in den Kopf getroffen. Er wurde fofort : /"mächtig.

Außenminister Barthou bemühte sich um den König und öffnete ihm die Kleider. Da­bei sah man Blut auf der Brust des Königs. Die Mobile Garde zerstreute sofort die Menschenmenge, dabei wurden mehrere Per­sonen verletzt. Das Attentat wurde gegen­über der Börse verübt. Der König wurde fofort in ohnmächtigem Zustand in die Poli- zcipriifektur gebracht.

An Mgang -es Marieiller

Paris, 9. Oktober.

r, festliche Empfang, den man dem s-. i;ehcn König zu bereiten gedachte, ist ^ ^"^"Trauerspiel geworden. Das gesam französische Mittelmeergeschwader hatte st aus der Reede von Marseille eingefunde um den südslawischen KreuzerDubrot s!!!,' »er König Alexander nach Frankrei Wrte em,zuholen. Kriegsmarineminist w O '?ar an Bord des Panzerkreuze ..Golbert dem südslawischen Schlachtsch rntgrgengefahren. Er übernahm König Ale ander an Bord einer Admiralsbarkatze, d o«de m dem alten Hafen von Marseille c «and setzte, wo sämtliche Minister unter rung von Außenminister Barthou und ein Reihe anderer iramiMcker und iüdslawisck

KüniA ^lexnncker von ZuZosInnien (links) I» ru insniseliei- Bnikorin, Kronprinz Klieüsel von liunliinien (lüttes unck Koni» dsrol von kkninönien (roeüts) in sußoslaniselikr Iknikorin de! cker keicr üvs ülistiliriz-eu Lestekens lies Lönigsseiliusses l'eiesek in 8in»ia

miiirarlsaser und ziviler Würdenträger die Ankunft erwarteten.

Bei der Einfahrt in den Hafen wurden 21 Salutschüsse abgegeben..Der königliche Gast be­stieg mit seinem Gastgeber einen offenen Wa­gen, der sich an die Spitze eines langen Zuges setzte. Mit dem König zusammen war der süd­slawische Außenminister Jeftitsch gekommen. Dagegen hatte die Königin Marie von Süd- slawien die Reise nach Paris im Zug unter­nommen und wollte in Dijon zu ihrem Gatten stoßen.

Als der Wagen auf den Börsenplatz einbog, fielen die Schüsse, die denk König und dem französischen Außenminister Barthou das Leben kosteten.

Der Führer des Kraftwagens des Königs schilderte einem Vertreter der Agentur Havas den Hergang wie folgt:Als der Wagen auf den Börsenplatz einbog, sprang ein Mann aus das Trittbrett des Kraftwagens und gab vier oder fünf Schütze auf den Herrscher ab. Ich habe den Verbrecher sofort am Hals gefaßt, während ein Oberst, der sich neben dem König befand, mit seinem Säbel auf den Attentäter einschlug."

' Der Attentäter hat, wie ergänzend gemel­det wird, versucht, sich zunächst eine Kugel durch den Mund zu schießen, aber die aus ihn eindringenden Polizisten haben ihm dazu keine Zeit gelassen. Er soll auf dem Platz der Präfektur niedergeschlagen worden sein. Der Anschlag hat einen tiefen Eindruck auf die zahlreiche Menge hinierlassen, die sich zum Empfang des Königs versammelt hatte. Ueberall herrscht tiefes Schweigen. Die Fahnen sind auf Halbmast gesetzt.

Der Mörder ein Kroate

Havas meldet aus Marseille:

König Alexander, der seinen Verletzungen erlegen ist, war von zwei Kugeln getroffen worden, von der einen in den Unterleib, von der anderen in die Herzgegend. Inmitten der allgemeinen Erregung wurde nach dem An­schlag der Wagen des Königs mit dem ster­benden Herrscher zur Präfektur geleitet, wo König Alexander in den Privaträumcn des Präfekten aus einem Ruhebett niedergeiegt wurde. Alle ärztliche Fürsorge war jedoch vergeblich.

General Georges ist in das nächstgelegene Krankenhaus eingeliefert worden. Auch zwei Polizisten und drei weitere Personen, dar­unter zwei Frauen, trugen Verletzungen da­von.

Der Attentäter, der. wie bereits gemeldet, nie­dergeschossen worden ist. heißt Petrus Kalemen. Er ist am 20. Dezember 1899 in Agram geboren und betrieb in dieser Stadt ein Kaufmannsgeschäft. Man fand bei ihm einen am 30. Mai 1934 aus­gestellten Paß. Kalemen war am 28. September nach Frankreich gekommen.

Der deutsche Geschäftsträger, Botschaftsrat För­ster, hat sich sofort nach Bekanntwerdcn der ersten

Nachrichten über den tödlichen Verlauf des An­schlags aus die südslawische Gesandtschaft begebe», mn sein Beileid zum Ausdruck zu bringen. In Vertretung des beurlaubten deutschen Generalkon­suls hat Vizekonsul Zimmermann in Marseille dem südslawischen Konsul einen Beileidsbesuch abge­stattet.

Drei weitere Todesopfer

Paris, 9. Oktober.

Der französische General Georges sowie ein französischer Admiral, dessen Name je­doch noch nicht bekannt ist es handelt sich wahrscheinlich um den Admiral Berthelot und ein südslawischer General sind ebenfalls den Verletzungen, die sie bei dem Anschlag erhalten hatten, erlegen.

Rationaler Trauertag in Frankreich

Paris, 9. Oktober.

Staatspräsident Lebrun wird am Diens­tag abend um 21.50 Uhr nach Marseille ab- reisen, um der sterblichen Hülle des Königs der Südslawen und des französischen Außen­ministers die letzte Ehre zu erweisen.

Der französische Mini st er rat wird einen nationalen Trauertag beschließen.

Der Nachfolger König Alexanders

Belgrad, 9. Oktober.

Der Nachfolger des in Marseille einem Mordanschlag zum Opfer gefallenen König Alexander von Siidslawien, Prinz Peter, be. findet sich zurzeit in einem College in Eng- " ind. Er ist 11 Jahre alt.

Beileidstelegramme des Führers

an die Königin von Südslawien und an d«r Präsidenten der französischen Republik

Berlin, 9. Oktober.

Der Führer und Reichskanzler hat an die Königin von Südslawien folgendes Beileids» telegramm gesandt:

Ties erschüttert durch die Nachricht von dem fluchwürdigen Attentat, dem Seine Majestät der König zum Opfer gefallen ist, bitte ich Ew. Majestät, den Ausdruck meines aufrichtigen Beileids entgegenzunehmen und der Anteilnahme des ganzen deutschen Vol­kes versichert zu sein.

Das Telegramm an den Präsidenten der französischen Republik lautete:

Soeben erreicht mich die Nachricht, daß der französische Minister des Auswärtigen, Herr Barthou, den Verletzungen erlegen ist. die er bei dem fluchwürdigen Verbrechen in Marseille erlitten hatte. Eurer Exzellenz spreche ich, zugleich im Namen des deutschen Volkes, die aufrrchtigst empfundene Anteil­nahme aus.

Adolf Hitler. Deutscher Reickbs-anrle».'

Staatssekretär Dr. Meißner bei Botschafter ArnmoisDonret

Berlin, 9. Oktober.

Sobald die Nachricht hier eingetroffen war, daß der französische Minister des Aus­wärtigen, Herr Barthou, ebenfalls dem fluchwürdigen Attentat in Marseille zum Opfer gefallen ist, begab sich der Chef der Präsidialkanzlei, Staatssekretär Dr. Meißner, zu dem französischen Botschafter Francois-Poncet, um ihm im Auf­träge des Führers und Reichskanzlers dessen aufrichtiges Beileid zum Ausdruck zu bringen.

Barthous Lebenslauf

Louis Barthou wurde am 25. Aug. 1862 rn Oloron (Nieder-Pyrenäen) geboren, stu- dierte Jura und wurde Rechtsanwalt. Ne­benbei- tpar er in ausgedehntem Maße jour­nalistisch tätig. Im Jahre 1889 wurde er in seinem Heimatbezirk in die Kammer gewählt. Er gehörte zur Radikalen Partei, näherte sich aber bei manchen Gelegenheiten der Rechten.

Im Kabinett Dupuy, dem gleichzeitig Poincars als Finanzminister angehörte, be­kleidete er mit 32 Jahren zum erstenmal einen Ministerposten, und zwar den der öffentlichen Arbeiten (18941895). Im Kabi­nett Meline war er Minister des Innern (1896), im Kabinett Sarrien wieder Mini- ster der öffentlichen Arbeiten (1903), unter

Der französische Außenminister BarHM.

Clsmenceau (19061909) als Ministerpräsi­dent Minister der Posten und Telegraphen und schließlich unter dem Ministerpräsident Briand Justizminister. 4?

Der Sturz des 3. Kabinetts Briand erfolgt» am 18. März 1913. Präsident Poincare über­trug nun die Bildung des neuen Kabinetts Barthou, der darin das Ministerium des öffent­lichen Unterrichts bekleidete.

In einer Abstimmung über die geplante 1300-Millionen-Anleihe blieb das Kabinett BarHou am 2. 12. 1913 in der Minderheit und trat daraufhin zurück.

Im Kabinett Painlevs war Barthou wäh- rend des Krieges vom Oktober bis Novem­ber 1917 Minister des Auswärtige«. Nach dem Krieg wurde er im 6. Kabinett Briand Kriegsminister und 1922 Justizminister im 2. Kabinett Poincars. Am 4. 10. 1922 wurde er zum Präsidenten der Reparationskommis, sion ernannt. Dieses Amt hat er bis zum Juli 1926 inne gehabt. Außerdem führte er während des Feldzuges gegen Abd el Krim im Jahre 1925 die Generalresidentschaft über Marokko.

Barthou trat dann am 23. 7. 1926 aber­mals in das Kabinett Poincars ein und be- hielt dieses Portefeuille bis zum Rücktritt des 11. Kabinetts Briand am 22. 10. 1929. Nach dem Sturz des 2. Kabinetts Tardieu am 5. 12. 1930 und B.s vergeblichen Bemü- Hungen der Kabinettsbildung gehörte er dann als Kriegsminister dem vom 13. 12. 1930 bis 22. 1. 1931 regierenden Kabinett Steca an.