Nr. 232

Freitag, 5. Oktober 1934

108. Jahrgang

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Wechsel in der Taklik der WK Außenpolitik!

Daily Telegraph" über den Marschplan Barthous

London, 4. Oktober.

Der diplomatische Berichterstatter des .Daily Telegraph" schreibt: Der französische Außenminister Barthou hat beschlossen, die Besprechungen mit der deutschen und der polnischen Regierung über den Osteuro, plüschen Sicherheitspakt wieder anfzunehmen. In Paris sind die Antworten Deutschlands und Polens sorgfältig geprüft worden, die Schlußfolgerung war. daß sie die Möglichkeit einer Verständigung nicht völlig ansschließen. In Erwartung des Ergebnisses dieser Be- sprechnngen wird kein weiterer Schritt hin- sichtlich des iowjetrussischen Vorschlages für eine engere Vereinbarung mit Frankreich ge- ton werden. Barthou weiß genau, daß jeder Schritt m dieser Richtung Polen unvermew- lich noch inehr in die Arme Deutschlands treiben würde und vielleicht zu einer Knn- dginng des französisch-polnischen Bündnii'es sichren könnte. Gleichzeitig sieht man ein, daß Volen nicht bereit sei. an einem Pakt teilznnehmen. dem Deutschland sernbleibt. Polen ist sehr zufrieden mit der Ernte, die es setz! aus der neuen Verständigung mit Deutschland gewinnt und wird nichts tun. um diese Vereinbarung zu stören. Tie Poli­tik Frankreichs in Osteuropa wird daher gegenwärkig daraus gerichtet sein, bessere Beziehungen mir seinem alte» Freund Polen und infolgedessen auch mit Deutschland vorzustel. l e n. Die Niisficküen auf Erfolg sind nicht besonders glänzend. Aber die so er­zielte Atempause wird B a r t b o u in i n d e st e n s ermöglichen, die Zu­dringlichkeiten Sowjetrnßlands a bzr: wehre n.

Bon der bevorstehenden Romreise Bar- thous erwartet der Berichterstatter keine Ver- ständiaung über dzrs Problem der österreichi­schen llnabhäNgiokeit. Im besten Falle werde Barthon eine Besserung der Beziehungen zwischen Italien und Südslawien erreichen. Hierbei werde ihm zustatten kommen, daß in Paris und Rom die lleberzeugung herrsche, daß die südslawische Feindschaft gegen Ita­lien nicht das Ergebnis eines neuen und engeren Einvernehmens zwischen Südslawien und Deutschland sei. Aber trotzdem werde Mussolini sich kaum zu gemeinsamem Vor­gehen mit der Kleinen Entente oder zu einer llnterordnuna keiner Beschlüsse unter den lancllamen Apparat des Völkerbundes bereit finden.

MMn und ZrrmkrM verhindern Wrmg der Sesterreich-ßmse

Eine polnische Stimme

Warschau, 4. Oktober. ..Gazeta Warszaw- ska" schreibt über die österreichische Frage, ein großer Teil der österreichischen Bevölke­rung. insbesondere die Jugend, spreche sich entschieden für Hitler aus. Daher besitze die Politik des Dritten Reiches an der Donau eine wichtige Unterstützung sowohl in der Gedankenwelt der Oesfentlichkeit. wie in den großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in der n sich Oesterreich befind".

Das einzige Hindernis für den Anschluß lei >m Wesentlichen der Widerspruch der Großmächte, die ein Wachsen der deutschen Macht fürchten. Wenn dieser Umstand nicht wäre. ko wäre die österreichische Frage schon lange gelöst und Oesterreich würde sich in den Grenzen des Reiches befinden; so aber werde infolge der Haltung Italiens ! und Frankreichs die österreichische Frage > noch lange eine Quelle der Beunruhigung und Ueberraschung sein, l

lie mittelbar auch Polen berühren müsse.

Bachmger nicht aus der Haft entlassen

! , Die Mittwoch abend verbreitete, auch von Einern Teil der Wiener Morgenpresse ver- ! ofsentlichte Nachricht, daß der ehemalige Mi­nister und Landbundführer Bachinger aus freien Fuß gesetzt worden sei. wird von amt- ncher Seite als unrichtig bezeichnet. Bachin. -er befindet sich nach wie vor rn der Hast «es Landgerichts Wien.

Nn Rom-Besuch verschoben

Paris, 4. Oktober.

Wie aus zuverlässiger Quelle verlautet, ist die ursprünglich für Mitte dieses Monats vorgesehene Reise Barthous nach Rom auf Ende des Monats oder Anfang November verschoben worden. In gut unterrichteten Politischen Kreisen er­klärt man dazu, daß dieser Aufschub in engem Zusammenhang mit der bedur­ft : h e n d e n Pariser Reise des süd­slawischen Königs ftehe.

EckreirMs «»recht im «rmrllM

Englische Stimme

über den Schritt der Signatarmächte London, 4. Oktober.

Der diplomatische Berichterstatter des News Chronicle" schreibt:

Großbritannien, Frankreich, und in ge­ringem Grade auch Italien haben aus Deutschlands Ersuchen in einem Streit wegen der Verwaltung des Memelgcbietes Stellung genommen. Zum mindesten haben sie ihre rechtskundigen Berater aufgefordert. die rechtliche Seite der Lage zu prüfen und haben die litauische Regierung auf diese Tat­sache hingewiefen. Memel ist fast völlig von Deutschen bewohnt.

Als es Litauen übergeben wurde, garan­tierten die Hauptmächte, -atz es seine ei­gene Negierung und sein eigenes Par­lament haben solle. Natürlich waren bei­nahe alle von den 29 Parlamentsmit­gliedern Deutsche. Anfang dieses Jahres hat die litauische Regierung die meisten von ihnen verhaften lassen unter dem Vorwand, sie seien Nationalsozialisten gewor­den, sie hat die deutschen Politischen Parteien unterdrückt und den Präsidenten von Memel, Dr. Schreiber, entlassen.

Auch in vielen anderen Beziehungen soll Litauen das Memelstatut verletzt haben und im Juli hat die deutsche Regierung die Mächte zum Eingreifen aufgefordert. Groß- , britannien und Frankreich werden vielleicht j energische Vorstellungen bei ! Litauen erheben, wenn ihre Rechts­sachverständigen finden, daß diedeutschen i Anschuldigungen Wohl begrün- ! detsind. j

München, 4. Oktober.

Am Donnerstag ivarcu in München die In­tendanten sämtlicher deutschen Rundfnnksendei oder ihre Vertreter mit Reichssendeleiter Hada- inovsty versammelt, inn das große künstlerische Programm der künftigen Rundfunkarbeit zr erörtern.

In einer Besprechung mit der Presse brachte Reichssendeleiter Hadamovsly znm Ausdruck, daß der Rundfunk auch bei der gebotenen ein­heitlichen politischen Führung und einheit­lichen Verwaltung weiterhin auf der Basis s e l b st ä n d i g e r und verantworl - sicher Leitung durch die Inten­danten der einzelnen Länder eine wirklich verwurzelte und bodenständige Kulturarbeit zu leisten hat. Ten Ausgangspunkt der Pro­grammgestaltung bildet der Ausbau des Unterhaltungsteils. Dafür werden künftig die großen Rundfunkorchester und die besten außerhalb des Rundfunks stehenden Un­terhaltungsorchester herangezogen werden. Hauptziel ist eine Steigerung des Niveaus in orm und Ausführung. Dabei wird ein reger rogram maustausch zwischen den Ländern erfolgen, und der Rundfunk wird weiter zur Wiederholung guter Pro­gramme übergehen.

In der Wrnterardeit werden die groß»» l

«lam gegen Memeler WrteMrer erhoben

Kowno, 4. Oktober.

Die Staatsanwaltschaft des Kriegsgerichts in Kowno hat veranlaßt, daß den Angeklag­ten im Prozeß wegen der verbotenen memel­ländischen Parteien unter Führung von Nenmann und Saß die Anklageschrift am 5. Oktober zugestellt wird. Nach der litauischen Prozeßordnung wird den Angeklagten gleich, zeitig eine Frist von 7 Tagen für die Be­nennung der Verteidiger und Zeugen einge­räumt. Erst dann wird der Termin des Prozesses anberaumt. Insgesamt sollen 126 Personen vor Gericht kommen. Davon be. finden sich 86 in Hast, 40 stehen unter Po­lizeiaufsicht. Gegen 15 Angeklagte ist daS Verfahren abgetrennt, da sie nicht auffind­bar sind. Von Seiten der Anklagevertretung sind 296 Zeugen und 15 Sachverständige ge­laden. Da sich unter den Angeklagten eine Anzahl ehemaliger Offiziere befindet, w wird das Kriegsgericht nach seinen Statuten nur aus Offizieren gebildet. Mit dem Beginn des Prozesses ist nicht vor Ende November zu rechnen. Die Anklageschrift umfaßt über 500 Seiten. Das Untersuchungsmaterial ist in 33 Bänden zusammengeschlossen.

Wunschträume Unentwegter

Wien, 4. Oktober.

Die mehrmalig abgegebene Erklärung der österreichischen Regierung, daß die Habs­burger-Frage zur Zeit nicht aktuell sei, er­fährt, wenn man etwas hinter die Kulissen blickt, eine seltsame Beleuchtung. Mehr und mehr gewinnt der aufmerksame Beobachter der politischen Strömungen in den Regie­rungskreisen den Eindruck, daß die Erklä­rungen nach außen beruhigen sollen, man aber in Wirklichkeit alle Hebel in Bewegung setzt, um die Voraussetzungen für die Rückkehr der Habsburger zu schassen. Gewiß weiß man um Schuschnigg herum sehr gut. welche außenpolitischen Schwierig­keiten zur Zeit dem Plane der Monarchisten entgegenstehen. Btzan empfindet es auch als besonders unbehaglich, daß Ungarn keine Gelegenheit vorübergehen läßt, seine Distanz zu den habsburgischen Plänen deutlich zu be­kunden. Nichtsdestoweniger ist in den Orga­nisationen, die hinter der Regierung Schuschnigg stehen, mehr denn je von dem Bekenntnis zur Habsburger Monarchie die Rede. Herr Kimme! von den österreichische«

Musiksendungen, die rm Frühjahr mit U e b er­trag nag der Beethove n-Sy nr p ho- nie» begonnen wurden, ihre Fortsetzung fin­den. Vom 21. Oktober bis zum 10. Februar werden an jedem Sonntagabend, 21.30 Uhr, zusammen 15 Meisterkonzerte veran­staltet, die jeweils den Höhepunkt des Wochen» Programms bilden werden. In diesen Konzer­ten werden die populärsten und beliebtesten musikalischen Schöpfungen unserer größten Meister unter Mitwirkung der hervorra­gend st enInterpreten, die Deutschland ausznweiscn hat, übertragen.

Dieser Plan stellt eine Kulturlorstung aller­ersten Ranges dar, nie vorbildlich für die ganze Welt sein wird. Das Jahr 1935 wird als Bach-Händel-Jahr anläßlich der 25V. Wieder­kehr des Geburtstages der beiden großen Ton- setzcr auch im Rundfunk begangen werden. Von der dritten Februar-Woche an werden bis zum Sommer in je 5 Reichssendungen 5 große Werke beider Meister übertragen. Außerdem werden die einzelnen Reichssendcr je eine Bach- oder Händcl-Sendung einfiigen.

Leitgedanke der großzügigen künstlerischen i Rundfunkarbcit der kommenden Monate ist: j ein glanzvolles musikalisches l W i n t e r P r o a " a m m, das die Zustimmung ^ der Hörerschaft finden wird. >

Sas Neueste in Süm

Reichskanzler Adolf Hitler hat dem Gustav- Adolf-Verein, dem Internationalen Hotel­besitzerverein, sowie der Technischen Nothilse Glückwunschtelegramme zugesandt.

Die Signatarmächte haben sich nun endlich doch zu einem Schritt in Sachen Memelsand entschlossen.

Der Besuch Barthous in Rom ist noch­mals verschoben worden.

In Spanien ist die Regierungskrise immer noch nicht behoben worden. Bei der Bil­dung des neuen Kabinetts sind wiederum Schwierigkeiten aufgetreten.

Stuttgart meldet als ersten Erfolg in der Aktion kür Arbeitsbeschaffung für 2 Millio­nen Aufträge.

Sturmscharen sprach in öffentlicher Ver­sammlung aus, daß Oesterreich eine Monarchie gewesen sei und auch bleibe. Auch bei den Heimwehren dsS Fürsten Starhemberg kann man von alle» möglichen maßgeblichen und unmaßgebliche» Führern erfahren, daß der Zukunstsweg unter dem Leitgedanken stehe:Unabhängi­ges Lcj,?.'., :ch. das ist nicht tuet. Monar­chismus ist unser Ziel." Trotz dieser bemer­kenswerten Strömungen ist klar ersichtlich, daß eben nur ein kleiner Führerklüngel an diesem Strange zieht und die große Mehr­heit der Bevölkerung nach wie vor gegen diese volksfremden Machenschaften eingestellt ist. Immerhin wird die geschäftige Tätigkeit der Legitimistenkreife einige Beachtung wert sein.

KonzentrativnskabjneLt in Spanien

Madrid, 4. Oktober.

, Der mit der Regierungsumbildung beauf­tragte Führer der Radikalen Partei, Lerroux, wird Donnerstag vormittag dem Staatspräsi­denten eine Ministerliste vorlegen. In maß­gebenden Kreisen verlautet, daß sie inoffi­ziell bereits erfolgt Ii, die Liste aber nicht vor Donnerstag mittag veröffentlicht würde.

Für diese Liste ergibt sich, daß man es mit einer Koalitionsregierung m tun hat, die alle staaterhaltenden und auf- ban willigen republikanischen Gruppen umfaßt. Der Ideologie nach kann sie alsantimarxistis ch angesprochen werden.

Das neue Kabinett hat infolge des Ein­tritt der Ceda in die Regierung eine ent­scheidende Mehrheit im Landtag er­halten. Die neue Regierung ist entschlossen, den Grundsatz der Staatsautori­tät mit allen Mitteln aufrecht zu erhalte« und den Zustand der Unsicherheit und den revolutionären Zustand in Spa­nien sowie den Uebergriffen des Separatismus ein Ende zu be­reiten.

Bemerkenswert ist, daß diese Ministerliste acht Mitglieder der znrückgetretenen Regie­rung enthält, darunter Sa mp er, den von allen Seiten immer wieder sehr stark ange­griffenen Präsidenten des zurückgvtretene» Kabinetts.

FMDWer Mock in Frankreich?

Paris, 4. Oktober.

Der frühere Ministerpräsident Daladier veröffentlicht i« dem in Marseille erschei­nendenPetit Provencale" einen Artikel, der die innenpolitische Lage grell beleuchtet. Daladier schreibt u. a.: Tie Kantonalwahlen stehen vor der Tür. Tie Tribünen der ge­meinsamen Front, aus der Sozialisten und Kommunisten miteinander ausgesöhnt die Lehre vom Klasscnkampf und der Diktatur des Proletariats verteidigen, Hallen von den Angriffen gegen die Radikalsozialisten wi­der. In Paris verfügt der faschistische Block über wenigstens 30000 bewaff­nete Mitglieder, die sich auf den Bür­gerkrieg vorbereiten, obwohl sie behaupten, daß sie einzig und allein bezwecken, Frank­reich vor der kommenden Revolution zu schützen. Inzwischen verschärft sich die Wirt­schaftskrise. Der Winter verspricht gefährlich

HWiauWe: ' . nach -er Weit

Eugen Hadamovsky über das kommende Rundfunkprogramm