Nr. 215

Samstag, 15. September 1934

108. Jahrgang

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Das Neueste in Kürze

Bundeskanzler Schuschnigg erklärte in einem Interview, die österreichische Regie­rung lehne jede Einmischung europäischer Mächte in die österreichische Politik ab.

Die ersten Europaslieger sind in Warschau angckommen.

Eine bevorstehende Romreise des ungari­schen Ministerpräsidenten Gömbös wird dementiert.

Aus Neuyork werden Kommunistenauf- stände aus Rhode Island gemeldet.

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Von EarlOverdhck

Bis in das kleinste Dorf sind die Glocken des Reichspartcitages erklungen. Der Bauer ist in Reih und Glied mit dem Bürger und dem Ar­beiter der Stadt an dem Mann vorbeimar­schiert, der das schier unmögliche Werk begon- nen hat, das deutsche Voll aus dem Kampfe aller gegen alle herauszureißen und es zu einer einigen Nation zusammenzuschweißen.

Dre großen Tage von Nürnberg, um die uns eine ganze Welt bewundernd oder schmähend beneidet, sind vorüber. Die letzten Nürnberg­fahrer sind in ihre Städte und Dörfer zurück­gekehrt und bringen ihnen nun selbst die Lehre des Führers, der sie am Lautsprecher gelauscht, die sie in ihrer Zeitung uachgeleseu haben.

Und nur. ist es wieder ganz wach in der Seele des deutschen Volkes, daß dieseP arte i" des Führers nichts zu tun hat mit den Parteien, die uns jahrzehntelang m die Zerrissenheit und Ohnmacht hineindiktiert haben, an der wir schließlich 1918 den äußeren Feinden erlagen und an der wir dann innerlich völlig aufgerie­ben wurden.

Wieder ist es dem deutschen Volk ganz klar geworden, daß diesePartei" kein künstliches Jebilde ist, das irgendein weltfremdes Hirn aus einer Großstadt zusammengebastelt hat, sondern daß diesePa "tei" nichts weniger ist, ils die Auslese der härtesten und entschlossensten Männer, die sich um den geschart haben, der die harte und schwielige Faust des Arbeiters und Ses Bauern wertvoller einschätzt, als den ver­dorbenen und irregeleiteten Verstand manches kleinen und unbedeutenden Gebildeten.

Wieder ist es dem deutschen Volk eindring­lich klar geworden, daß der Reichsparteitag dieser Staat gewordenen Partei nichts mit neuen Theorien, nichts mit den neuen Knif­fen und Listen jener zu tun hat, die an ihren Parteitagen nichts anderes taten, als den nächsten Kuhhandel zu beraten, um für sich irgendeinen Vorteil hcrauszuholen, wenn sie auch ein Stück von ihrer ..Ueberzengung" in solchem Kuhhandel lassen mußten.

Neichsparteitag und Nürnberg sind heute kür jeden Deutschen Begriffe geworden, die jenseits von allem stehen, was einst Partei war.

Wenn der alte PO.-Mann und der junge SA.-Mann, der dort in Nürnberg mitmar­schierte, den Kameraden in Stadt und Land erzählt und berichtet von dem Appell und Marsch vor dem Führer, dann weiß mit ihm jeder Jungbauer und Jungarbeiter und je­der Meister und Bürger, daß in Nürnberg das neue deutsche Volk sich vor aller Welt aus Tod und Leben zu dem Führer bekannte, der nichts anderes, aber auch nichts weniger PE- als daß die Welt diesem deutschen Volk mcht länger die Gerechtigkeit, die Ehre und dre Freiheit versagen darf und kann, die es Zu seinem Leben bitter nötig hat.

Und dieses deutsche Volk, vom kleinsten Bauern und Arbeiter bis zu seinen führenden Ministern, weiß aus den erhebenden und for­dernden Worten, daß alle die Treue und '-rede und Kraft, die es in den letzten 20 Mo­naten dem Führer zu seinem großen Werk dargebracht hat, noch nicht genügt, um dieses begonnene Werk zu vollbringen.

In Nürnberg hat sich der Kämpfer und das Mge Deutschland von dem Führer die Parole für die weitere Zukunft geben lassen, "^.arese Parole heißt: Gehorsam und Treue.

Die Macht im Staate war nicht das Ziel, °as üch Adolf Hitler gesetzt hatte. Die Macht

war die Vorbedingung dafür, daß der Natio­nalsozialismus sein schweres Werk beginnen konnte. Was er auch schon Großes in den wenigen 20 Monaten geleistet hat, noch ist nicht die Rettung. Noch steht uns eine ganze Welt unversöhnlicher Gegner gegenüber, die es noch nicht wahr haben will, daß wir nicht untergingen, eine Welt, die uns haßt, weil wir uns unsere Ehre und Freiheit wieder er­ringen wollen. Noch müssen zwei Millionen deutscher Menschen auf ihren Tag der Arbeit warten. Noch stehen vier Millionen deutsche Menschen in Verblendung und Unverstand egen diesen neuen Staat, der auch ihnen elfen will und helfen wird.

So wird es jedem, der guten Willens ist, klar, daß der Führer von allen, die den An­spruch machen, Kämpfer'und Deutsche zu heißen, weiterhin Treue und Opfer verlangt und immer verlangen wird. So wird es jedem klar, wenn der Führer von seinen Par-

s teigenofsen verlangt, daß sie die Besten sein ! müssen im Opfern und im Kämpfen, in der § Treue, im Gehorsam, in der Leistung, j Den Schwächling mag dieses immer neue Fordern stören. Den Starken und die Ju­gend macht es stolz, daß sie mehr geben und leisten dürfen als der, der nur an sich denkt. , In Nürnberg marschierte in den Kolonnen der SA. und SS-, der PO. und HI., mar­schierte in den Kolonnen des Arbeitsdienstes das treue und gehorsame Deutschland, und als es den Führer grüßte, gab es ihm das Versprechen, nicht müde zu werden und j weiterzukämpfen, bis das ganze deutsche Volk glücklich geworden ist in Arbeit, Frei- ! heit und Ehre.

! So leben in uns allen die Tage von Nürn- I berg weiter als das große Erlebnis, daß wir i als treue Parteigenossen des Führers mit- ! wirken an der glücklichen Zukunft unseres ^ Volkes.

sich aber durch die gestrige Erklärung des pol­nischen Außenministers Beck verpflichtet gese­hen, nun doch einige Feststellungen zu machen. Beck habe sich mit zwei Fragen beschäftigt: 1. Mit der Verallgemeinerung des Minderhei­tenschutzes und 2. mit der besonderen. Lage Po­lens im Hinblick auf seine eigenen Minderheits- schuhverpflichtnngcn. Hier handle es sich aber in Wirklichkeit um zwei völlig verschiedene Fragen, die auch vertraglich ganz verschieden gelagert seien. Es sei seine Pflicht, hier festzu­stellen, daß die beiden Fragen völlig unabhän­gig voneinander seien. Ter Artikel 93 des Vertrages von Versailles könne nicht ein­fach außer acht gelassen werden. Polen habe außerdem auch noch eine gewisse Bersahrens- ordnung über die Art. wie die Garantien aus­geführt werden sollen, unterschrieben. Kein Staat aber könne sich selbst von Verpflichtun­gen dieser Art lösen. Auf jeden Fall sei dies - ine Angelegenheit von größter Bedeutung für den Völkerbund. Er habe es für seine Pflicht gehalten, das festzustellen: denn Stillschweigen würde die Mißverständnisse nur noch vergrö­ßert haben.

Unmittelbar nach oem englischen Außen­minister gab auch der französische Außenmini­ster Barthou eine kurze Erklärung ab, die sich ebenso wie diejenige Simons lediglich aus sie gestrige Rede des polnischen Außenministers' bezog. Die Ausführungen bewegten sich auf derselben Linie, wie die des britischen Außen­ministers. Es war ernchtüch, daß sich die bei­den Minister vorher verständigt hatten.

Der französische Außenminister Barthou schloß sich dem Urteil des britischen Außen­ministers über den Schritt Polens in allen wesentlichen Punkten an. Barthou wies dar­auf hin, daß Polens Beispiel die Autorität der Friedensverträge erschüttere und andere Staaten veranlassen könnte, ebenso zu han­deln. Kein Staat könne sich einseitig von die­sen Verpflichtungen lossagen, ohne das für Aendernngen vorgesehene Verfahren zu be­achten und mit anderen Staaten vorher zu verhandeln.

Als dritter Redner zu dem Antrag des polnischen Außenministers stellte sich der Vertreter Italiens, Baron Aloist, ans den Standpunkt, daß die Verträge so lange in Kraft bleiben müßten, bis sie etwa durch eine Revision abgeändert werden könnten.

Das Eingreifen der drei Großmächte in die Minderheitenfrage infolge der gestrigen Erklärung des polnischen Außenministers wirkt in der Form, in der sie zum Ausdruck kam, doch einigermaßen überraschend. Die Mißbilligung des polnischen Schrittes, aller­dings mehr aus moralischen, als aus prak­tischen und politischen Gesichtspunkten, war ganz offenkundig. Gleichzeitig war deutlich zu erkennen, daß man durch diese Erklärung den Polen eine Brücke bauen wollte, von der formellen Kündigung ihrer Mitarbeit beim Internationalen Minderheitenschutz wieder zurückzutretcn, und sich hier' mit einer in­formellen praktischen Lösung begnügen. Of­fenbar besteht die Hoffnung, daß Polen in der politischen Kommission diese Brücke be­treten wird. Viel bemerkt wird hier die in der Erklärung Barthous deutlich zum Aus­druck kommende Furcht, daß di? selbständige Kündigung eines Vertrages durch Vo: n: ge­fährliche Rückwirkungen auf das ga.i.e Ver- tragesgebäude haben könne.

Zweifellos wird ein starker Druck auf die Polen ausgeübt werden, diese formelle Kün­digung zu widerrufen, um dieser Gefahr zu begegnen. Von polnischer Seite erklärt man, daß Polen keinen Grund habe, seine Stellung zu ändern. Aber erst die Verhandlungen mit der Kommission werden endgültig zeigen, wlche Regelung diese Streitfrage findet und vb Polen tatsächlich dnrchhält.

Mitte nächster Woche Aufnahme der Sowjetunion?

In Sotvjetrutzland weiß man nichts von den Genfer Verhandlungen

Genf, 14. September.

Es galt am Freitag morgen in politischen Kreisen in Genf als ausgemacht, daß Sow- jetrußland spätestens Mitte nächster Woche fernen Einzug in den Völkerbund halten wird. Die Verhandlungen mit der Sowjet,

Ser Eindruck der Erklöruug Vecks in Sens

Simon und Barthou gegen Beck / Druck auf Polen?

Genf, 14. Sepiember.

Die Erklärungen des polnischen Außenmini­sters Beck über die Beseitigung der praktischen Wirksamkeit der internationalen Minderheiten­schutzverpflichtungen für Polen haben in den interessierten Genfer Kreisen große Bewegung und zum Teil starke Erregung ansgelösü In neutralen Kreisen weist man "daraus hin, daß noch niemals vor dem Völkerbund in dieser Form ein internationaler Vertrag offen als unwirksam erklärt wurde. Man glaubt, daß da­mit der ganzen Völkerbundsidee ein schwerer Schlag zugefügt wor­den ist. In neutralen Kreisen wird gleichfalls betont, daß Polens Erklärung mit einer prak­tischen Revision der Friedensverträge gleichzu­setzen sei, da der Minderheitenschutzvertrag ein wesentliches Ergänzungsstück zu den Bestim­mungen des Versailler Vertrages über die territorialen Fragen im Osten sei, was nicht nur aus dem Vertrag selbst und der Präambel des Minderheitenschutzvertrages, sondern auch ans der Vorgeschichte des letzteren, insbesondere der Note ClemenceauZ an den damaligen Pol­nischen Ministerpräsidenten Paderewski vom 24. Juni 1919 hervorgehe. Die Erklärungen Becks waren um so eindrucksvoller, als er als einziger Redner sprach und die Völkerbunds- Versammlung daraufhin vertagt wurde.

lieber die Hintergründe der polnischen Er­klärung werden natürlich die verschiedensten Vermutungen laut. Man fragt sich, warum Polen nicht bis zur Entscheidung über seinen Antrag auf Verallgemeinerung des Minderhei­tenschutzes gewartet hat. Die Polnische Erklä­rung wird dabei dahin ausgelegt, daß Polen nach seinen bisherigen Sondierungen die An­nahme seines Antrags ans Verallgemeinerung des Minderheitenschutzes für völlig ausge­schlossen hielt und deshalb schon jetzt die vor- anszusehende Folgerung gezogen hat. Man nimmt auch an, daß dieser polnischen Erklärung Verhandlungen zwischen dem polnischen Außenminister und den Vertretern der wich­tigsten Mächte vorausgegangen sind, wobei auch die Russenfrage ausgehandelt wurde.

Die Ausführungen des polnischen Außen­ministers Beck über die Minderheitenfrage und die gleichzeitig aus London eintreffende Nach­richt, daß Oberst Beck durch Vermittlung Edens der englischen Regierung einen abschlägigen Bescheid in der Ostfrage gegeben habe, haben in Paris außerordentlich ver­stimmt.

Die Kleine Enkenke

schließt sich dem Standpunkt Becks an

lieber die Konferenz der Kleinen Entente in Genf erfährt man nachträglich, daß die Vertreter der drei Staaten den Stand­punkt Polens zur Minderheits- frage, wie er durch den polnischen Außen­minister Beck dargelegt worden ist, sich im Prinzip zu eigen gemacht haben und daß sie sich ausdrücklich gegen jede Dis­kriminierung eines Staates durch einseitige Minderheite'nschutzverpflichtungen ausgespro­chen haben.

Die Außenminister der Kleinen Entente haben dann verschiedene Vorschläge durch­

gesprochen, die hauptsächlich von italienischer Seite im Hinblick auf die österreichische Frage angeregt worden sind. So hat man über das bereits bekannte Projekt einesNicht-Jnter- ventions-Paktes" gesprochen, zu dessen Unter- Zeichnung auch Deutschland ausgefordert werden soll. Dann wurde angeblich der Plan eines Garantiepaktes mit Sanktionen erwo-- aen für den Fall, daß Deutschland den erst- genannten Pakt ablehnen sollte. Bei alledem aber hat es sich, wie betont wird, nur um Anregungen und vorbereitende Besprechun­gen gehandelt. Parallel mit dieser Bespre- chung der Außenminister der Kleinen Entente unter sich gehen^ bekanntlich Verhandlungen, die von den Großmächten mit dem österreichi­schen Bundeskanzler Schuschnigg geführt werden. Ueber die Ergebnisse wird strengstes Stillschweigen gewahrt. Man weiß aber, daß die italienische Diplomatie besonders rege ist und in der österreichischen Frage auch in Genf einen maßgebenden Einfluß 'auszuüben sucht.

Polnische Ergänzung zu -en Erklärungen Berks

Warschau, 14. September.

Zn der Genfer Erklärung des Außenmini­sters Beck schreibt die halbamtliche Jskra- Agentur u. a.: Die Rede Becks ist ein ent­schlossener Schritt, der sich nicht nur aus den Vollmachten der Regierung ergibt, sondern auch dem tiefsten Empfinden des polnischen Volkes entspricht. Die polnische Negierung wird ihre Verpflichtungen gegenüber den Minderheiten aus eigenem Willen weiterhin erfüllen.

Um Mißverständnissen vorzubeugen, muß darauf hingewiesen werden, daß sich die Er­klärung Becks auf eine Reihe zwei­seitiger Verträge über den Min­derheitenschutz sich bezieht, die, wie z. B. die Genfer Konvention, weder der Souveränität noch dem nationalen Empfin­den der Partner widersprechen.

Anläßlich der in Gens abgegebenen Erklä­rung des Außenministers Beck findet am Freitag auf dem Pilsudski-Platz in Warschau eine große Kundgebung der sozialen und Mi­litärverbände statt, der sich ein Umzug durch die Hauptstraßen anschließen wird.

Genf, 14. September.

Zu Beginn der Vollversammlung des Völ­kerbundes am Freitag begründete der Vertreter Chinas den Anspruch seines Landes auf die Wiederwahl in den Bölkcrbundsrat und befür­wortete den Eintritt Sowjetrußlands. Dann sprach als zweiter Redner der englische Außen­minister Simon unter großer Aufmerksam­keit der Zuhörer.

Simon erwähnte, daß er ursprünglich nicht die Absicht gehabt habe, zu sprechen und er überhaupt der Ueberzengung sei, daß esge­rade bei der gegenwärtigen ernsten Lage des Völkerbundes" viel wichtiger sei, hier praktische Politik zu machen und sich mit den vielen un­gelösten Fragen und den tatsächlichen Aufgaben dieser Völkerbnndstagung zu befassen. Er habe