Seite S Nr. 188

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Zer Vormarsch wird fortgesetzt

Nur 23. August vormittags dichtem Frühnebel folgte ein außergewöhnlich heißer Augusttag hatte das Regiment zunächst eine .Bereitschaftsstellung bei Burs la Ville einzunehmen, nachdem kurz hinter St. Nem.y die französische Grenze über­schritten war. Etwas Besonderes ereignete sich nicht, und in aller Ruhe konnten nach Eintreffen weiterer Versprengter wieder drei Bataillone formiert werden, womit auch äußerlich die Schlagkraft des Regiments wieder voll in die Augen trat. Mittags wurde dann der Vormarsch fortge­setzt und über Pancrs. wo die 6. Kom­panie znm Transport von Gefangenen auf eine Woche abgegeben wurde. Tellan- court erreicht, von wo aus man franzö­sische Infanterie in dichten Hansen zurück­sluten sah. Die 54. Brigade, welche die Ver­folgung hatte, stieß aber trotzdem auf sol­chen Widerstand, daß das Grenadierregi­ment zum Schutz der rechten Flanke bis an die Villancy Fe. vorgeschoben wurde. Wobei versteckte Franzosen mehrfach aus dem Wald heraus ihre heimtückischen Grüße sandten. Zn einem Eingreifen kam es aber nicht mehr und in den Abendstunden wurde das Regiment nach Tellancourt in Ortsbiwak zurückgenvmmen. wo es von Stä­ben und Truppen wimmelte. Aus dem Marsch hatte man heute mehrfach Zeichen der über­hasteten Flucht der Franzosen in der Gestalt weggeworfener Waffen und Tornister ange- trosfen und in Abständen sah man auch im­mer wieder eilig ausgehobene Schützen­gräben. zwischen denen tote Soldaten und Zivilisten lagen, die unserem Verfolgungs­feuer znm Opfer gefallen waren. Weithin brennende Ortschaften zeigten in der Nacht die Marschstraßen der deutschen Heeressäu­len an. die auf breitester Front in Frank­reich eindrangen.

Das Grenadierregiment kam vorläufig nicht mehr zum Einsatz und lag auch am 24.. nach einem infolge einer Falschnachricht erfolgten Alarmbesehl. lediglich in einer Be­reitschaftsstellung bei hem Walde Burs d'O rval, von wo aus es den ganzen Nach­mittag dem Kanonendonner des amChiers- Abschnitt sich entwickelnden Kampfes, selbst völlig untätig, zuhören konnte. Am Abend rückte es dann weiter südlich vor und schlug nördlich des tief eingeschnittenen Bachtales in einer Mulde bei Flabeu- vilIeein idyllisch gelegenes Biwak auf. das aber bei den äußerst frostigen Nächten im­mer unangenehmer wurde. Das III. Batail­lon lag weiter östlich und hatte bei Col­in e y Vorpostendienst sür ein vorübergeheno gebildetes besonderes Detachement Moser. Seine vorgeschobensten Teile lagen hier be­reits drüben über der Chiers und hatten den Gegner ziemlich dicht vor der Nase, was auch aus den Aussagen der Einwohner her­vorging. Soweit diese zurückgeblieben waren, machten sie nicht ganz den feindlichen Ein­druck. wie die Grenzbevölkerung im Löthrin- gischen oder Belgischen. Sie waren vielmehr durch die rasch übers Land flutenden Deut- sehen verschüchtert und verhielten sich den deutschen Soldaten gegenüber nicht abwei­send; diese andererseits gingen in ihrer Gut­mütigkeit bald dazu über, von ihrer an sich sehr kärglichen Mahlzeit und ihrem Kom­mißbrot auch noch an bettelnde Landesein­wohner abzugeben. Wo sie andererseits Wein ergattern konnten, griffen unsere Soldaten herzhaft zu.

Der 25. August

Am 25. August wurde in aller Frühe bei Flabeuville die Chiers überschritten und das Regiment zuerst aus Höhe 280 in Reserve bereitgestellt. Vor dem Regiment waren 127er gegen im Nebel gemeldeten Gegner bereits im Vorgehen. Unmittelbar südlich bei Pe­tit Zlivry ertönte heftiges Jnfanterieseuer, und auf die Nachricht, daß die Unseren dort in ziemlich verlustreichem Kampf stehen, wurde zunächst das II. Bataillon in Marsch gesetzt, das mit einem lichten Schützen­schleier über die Höhe Arbre isols in südlicher Richtung vorging, wo Grand Failly lag. Gegen dieses hatte sich bereits das III. Bataillon, das auf der Straße von Colmey her anrückte, entwickelt, wurde aber durch schweres Feuer aus Flachbahn­geschützen. das unter unserer, aus der Nordhöhe des Othain-Abschnitts stehenden Artillerie erhebliche Verluste anrichtete, auf­gehalten und hatte einige nervenaufregende Stunden zu überwinden. Grand Failly, das malerisch im Grunde lag und noch von schwachen feindlichen Kräften besetzt war, lag dagegen unter unserem Artillerieseuer; auch überm Tal drüben und auf den jenseitigen Höhen an den Waldrändern wurden franzö­sische Schützengräben erkannt. Die Entfer­nung für eine infanteristische Bekämpfung war jedoch zu weit. Dagegen tobte ein Ar- trlleriekampf von außerordentlicher Heftig­keit und malerische Schlachtenbilder zeichnen der Kriegsgott in das fruchtbare Hüaelland.

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Die Franzosen weichen

Nun sollte auch der Jnfanterieangriff ein- setzen, und die Kampanien machten sich zum Angriff fertig. Aber noch einmal schwoll das feindliche Feuer an. und das III. Ba­taillon mußte erneut in Deckung gehen. Erst als man Plötzlich Franzosen ihre Stellungen an verschiedenen Punkten im Schritt und durch das hohe Getreide kriechend verlassen sah. war kein Zweifel, daß sie auch den Othain-Abschnitt preisgeben wollten. Rasch entschlossen drangen die Ba­taillone in das Tal nach. III. nach Grand Failly hinein, rechts davon I. und da­hinter. rechts um den Ort herumgreisend, das II. Nur noch ein ganz kurzes Ge­plänkel mit versprengten Franzosen hatte im Ort selbst die eindringende 10. Kompanie zu bestehen, dann war auch dieser wichtige Gelündeabschnitt unser, dessen Sicherung das rasch auf die südlichen Höhen aussteigende Regiment selbsttätig in die Hand nahm. Ueberall wurden auch da wieder Reste der rasch fliehenden Franzosen vorgefunden, die auf den Besitz ihrer Waffen anscheinend keinen sehr großen Wert legten; hauptsäch­lich die Südhänge des Othaingrundes waren übersät mit solchen Ueberbleibseln eines wenig auf seine Ehre haltenden Truppen­teils und man kann sich die gehobene Stim­mung der deutschen Truppen denken, die nun schon den vierten Tag in unaufhaltsamem Dorwärtsschreiten waren. Die Verluste wa­ren seit Bleid leicht geblieben und die furchtbaren Bilder jenes Tages traten in der Erinnerung langsam zurück. Südlich Grand Failly. zum Teil in alten Franzosen­gräben. wurde unter Ausscheidung einer genügenden Vorpostensicherung biwakiert, während ein seit Wochen ersehnter Regen zum erstenmal die Fluren erquickte; nur die 12. Kompanie, die mit dem Aufräumen des Schlachtfeldes beauftragt war. konnte sich in den völlig verwahrlosten Häusern von Grand Failly einquartieren.

Wieder auf Vorhut

Am Morgen des 26. wurde das Regiment auf der Höhe südwestlich Grand Failly zu­sammengezogen. lag aber bis 3 Uhr mittags am gleichen Fleck, bis endlich der Abmarsch­befehl einging, nach welchem das Regiment wieder in der Vorhut marschierte. Der Marsch währte nur kurz, gewährte aber in dem südlich Grand Failly gelegenen, weit ausgedehnten Wald manch interessanten Blick in die tags zuvor von den Franzosen innegehabten Lagerplätze, welche wieder in aller Hast geräumt sein mußten. Sie waren vielfach aus Laubhütten gebaut. Kochlöcher, Konservenbüchsen. Ueberreste kleiner Holz- seuer waren noch überall zu sehen, mit be­sonderer Befriedigung aber wurden die Einschläge unserer Artillerie -mitten in den Biwaks der Franzosen sestgestellt. Nach 4 Kilometer, die bei dem niedergehenden Platz­regen genügten, die Truppen bis auf die Haut aaß zu machen, wurde gehalten und in und bei Dombras zur Ruhe übergegangen. Dann gab rs einen allen hochwillkommenen Ruhetag, der nur durch das fortdauernde Regenwetter un­angenehme Störung erlitt.

Dankgottesdienst

Für das 1. Bataillon ging der Rasttag, der durch die Bekanntgabe der Wegnahme von Sedan eine festliche Note erhielt, schon am 27. abends zu Ende, indem es nach dem nahen Dslut vorgezogen wurde. Das Re­giment folgte am 28. früh dorthin nach und hatte sich eben in dieser ganz besonders schmutzigen Ortschaft notdürftig eingerichtet, als der Befehl zun: Weitermarsch eintraf, der durch einen ungewöhnlich fruchtbare!' Landstrich führte, in dem sich eine Menge Vieh, Rinder und Pferde auf den Weiden tummelten. General von Moser hatte nördlich von Vitarville den Marsch unter­brechen lassen und hielt selbst, in Ermang­lung der verhinderten Geistlichen, einen kur­zen Dankgottesdienst ab. sür den reichen Zuspruch und stundenlang wurde infolge neuer großer Siege (Longwy und Namur gefallen, Engländer geschlagen) ganz besondere Veranlassung vorlag. Im Tal der Loison wurde zur Ruhe übergegan­gen; am Fuße des auf gigantischen Qua­dern aufgebauten Schlosses von Louppy, dessen massige Formen in der Dunkelheit ins Riesenhaste zu wachsen schienen, lag die 12. Kompanie, die am Nachmittag einen Sonderauftrag (Absuchen der nahen Wälder nach Versprengten von Montmsdy) anszu- führen hatte. Tie übrigen Kompanien dieses Bataillons mit 2 Kompanien des I. waren teils in Alarmquartieren, teils auf Vorposten um Louppy herum, die andere Hälfte des Regi­ments init einer Vorvostenkomvanie auf de^- virage gegen Montmsdy nördlich Jametz. Höchste Vorsicht war geboten; man näherte sich dem Maasufer, das allerlei lleberraschungen bringen konnte, und anßer- vem lag die Festung Montmsdy. deren Schicksal nach unbekannt war, gerade in der nördlichen Flanke.

Heilntülkischer Widerstand vor Montmedy

Wie wichtig deren Beachtung war. bewies der Vormittag des 29. Augusts, der einen nuerwarteten Zusammenstoß mit dem Geg­ner brachte und, wenn auch nicht dem Regi­ment, so doch den vor ihm gegen die Maas vorfühlenden Aufklärungsschwadrons. bei welchen sich eine württembergische Pionier­kompanie befand, schwere Verluste kostete. Das auf der Straße nach Dun als Vortrupp des Korps marschierende III. Ba­taillon erhielt, als es an der Wegegabel nordöstlich Brandeville angekommen war. Kenntnis von überraschendem Auf­treten gegnerischer Kräfte, hörte auch un- mittelbar vor sich, also aus Richtung Mur- vaux- und Brandvillewald Gewehrfeuer, konnte sich aber infolge des bergigen Wald­geländes keinen Ueberblick über die Gesechts- lage verschaffen. Der Bataillonskommandeur setzte daher mit lichten Schützen zu beiden Seiten der Straße seine Kompanien an. die an und in den Waldrändern nach kurzer Zeit in ein Feuergefecht gegen einen unsichtbaren Gegner verwickelt wurden. Ein übereiltes Vorgehen war ausgeschlossen, da bald bekannt wurde, daß kurz vorher die vor uns gewesenen Dragoner. Husaren und Pio­niere in Plötzlichem Uebersall schwere Ver­luste erleiden mußten, nachdem die Fran­zosen. anscheinend zur Uebergabe bereit, urplötzlich wieder zum Gewehr griffen und ein furchtbares Blutbad angerichtet hatten. Die Wut der Deut­schen kann man sich denken und zu Hilfe eilende Pioniere hatten grimme Rache an den heimtückischen Gegnern geübt. Jetzt lag noch ein größerer Trupp von ihnen sie gehörten zur Festungsbesatzung von Mont­msdy, die nach Verdun entwischen wollte unserem III. Bataillon gegenüber und hauptsächlich die 10. und 12. Kompanie, die rechts der Straße lagen, konnten dem über die Straße. Waldwege und Schneusen fliehenden Gegner schwere Verluste beibrin- gen. Zu Hunderten wurden nachher die an der Straße gefallenen Fran­zosen gezählt, in deren Nähe auch die 40 während ihrer Rast überfallenen Pioniere bestattet wurden. Jetzt sah sich der Franzose einem völlig kampfkräftigen Gegner gegen­über. der mit Hörnerklang und Trommel­schlag gegen ihn vorging, und so mochte ihm. der seit 2 Tagen in den Wäldern süd­lich Montmsdys herumgeirrt war. die Lust zu weiterem Widerstand vergangen sein.

DurtWuchlmsuch -er Franzosen

Nur eine durch einen Offizier, welcher die Fahne des IV. Bataillons des Infanterie- Regiments 145 vorantrug, geführte Abtei­lung, machte noch einen letzten Durchbruchs­versuch. Doch auch dieser scheiterte. Teile der 12. Kompanie stürzten ihr mit aufgepflanz­ten Seitengewehren entgegen und der Ge­freite Fischer mit seinen Kameraden Strei­cher und Wackler entrissen dem Offizier Fahne und Revolver, womit die Kapitula­tion dieses versprengten Trupps besiegelt war. Mit besonderem Stolz brachte Leut­nant d. R. H a uq den Gouverneur der Fe­

stung, einen 60jlährigen General, aus dem Gefecht als Siegespreis zurück; mit ihm wur­den 535 Mann in die Gefangenschaft ab­geführt.

An der Maas

Unmittelbar nach dieser dramatischen Szene eines Begegnungsgefechtes wurde der Marsch fortgesetzt und über Murvaux das Bois de Dun erreicht. II. Bataillon hatte den Vormarsch in der rechten Flanke zu decken gehabt; es durchquerte nördlich der Hauptstraße von Woevre-Forst, zog sich am Ostrand der steilabfallenden Cote St. Germain entlang und erreichte west­lich von Murvaux wieder das Regiment, bei dem gegen Abend auch das I. Bataillon eintraf, das nördlich Rsmoiville den Abmarsch des Korps gedeckt hatte. Mitten im Walde, knapp 2 Kilometer von der Maas entfernt, wurde, von Artillerieseuer ver­schont. biwakiert; der Artilleriekampf von Maasufer zu Maasufer war aber in vollem Gang und ließ erkennen, daß ent­scheidungsvolle Stunden, die Ueberwindung des Maastales, heranreiften. Mit starkem Widerstand wurde gerechnet; da aber be­kannt war. daß die rechts von uns kämp­fende 4. Armee bereits auf dem jenseitigen Ufer in siegreichem Fortschreiten sich befand, wurde auch hier in Zuversicht an die Auf­gabe eines Flußübergangs in feindlichem Feuer herangegangen. Noch am Abend des 29. stiegen zwei Kompanien des II. Ba­taillons mit ihrem Kommandeur ins alte Dun am Ostufer der Maas hinunter, die es völlig geräumt vorfanden und ungehin­dert sich in Gärten und Häusern, hinter Hecken und Mauern einschanzen konnten. Gleichzeitig wurde noch in der Nacht die Maasbrücke, von der ein Pfeiler der fran­zösischen Sprengung guten Widerstand ge­leistet hatte, von den beiden Kompanien mit Leitern. Brettern und Türen so weit wieder hergestellt, daß auch ein wenig gewandter Turner das jenseitige User erreichen konnte.

Übergang über bte Maas

Der Hauptübergang war sür die Frühe des 30. bei Sassey durch die 26. Divi­sion vorgesehen, während bei Dun nur ein Demonstrieren des Grenadierregiments ge­plant war. Nachdem aber der Gegner sich völlig ruhig verhielt und dichter Nebel jede Bewegung unsichtbar machte, entschloß sich der Brigadekommandeur. 6 Uhr früh unver­züglich mit dem ganzen Regiment die Maas zu überschreiten und die Hand auf das jen­seitig gelegene Doulcon zu legen, um den Brückenübergang sür das nachfolgende VI. Reservekorps freizuhalten. Die 4. und 10. Kompanie blieben als Brücken- und Bahnschutz in Dun zurück, das Regi­ment selbst erreichte nach 7 Uhr das kleine Doulcon, das, in einer freien halbkreis­artig von Höhen umsäumten Ebene gelegen, nicht gerade günstige Aussichten sür eine Verteidigung bot. Noch immer herrschte un­durchdringlicher Nebel und schon rief eine französische Radfahrerpatrouille von fünf Mann, die urplötzlich vor unseren Posten am Ostausgang des Ortes auftauchte, eine Schießerei hervor, die das ganze Regiment in Alarm brachte. Ein Verwundeter ' on ihnen sagte aus. daß ein Infanterieregiment im Anmarsch auf Dun sei. Nachdem auch südwestlich von Doulcon Jnfanterieschüsse gewechselt wurden und gegnerische Artillerie auf den Höhen westlich des Ortes festgestellt wurde, entschloß sich der Brigadekomman­deur, weitere Angrifssgedanken vorerst zu­rückzustellen und das Regiment aus Doulcon herauszunehmen, wo es mit dem Rücken nach der Maas hätte fechten müssen.

Fortsetzung folgt.

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