Ehristkindlein weint.

Eine Weihnachtslegende von Paula Gura-Ewald (München-.

Eben war das Christkind von einem Erdenausflug zurückgekrhrt. Die Weihnachtseügkei» hüpften vergnügt um die silberne Kurs che herum, hqlfen dein Christkind aus dem weißen Pelzmäntelchen Und freuten sich schon daraus, was für fthörie Dinge sie nachher beim Nbendessen 'erzählt bekommen würden. Von den Kindern in ihrer erwartungsvollen Seligkeit und den Erwachsenen, die zueinander voll guten Willens sind. Aber das Christkindlein sprach heute kein Wort. Es ließ da- Abendessen kalt werden und machte ein trau­rige- Gesicht. Und plötzlich löste sich aus seinen Augen ein Heller Tropfen und rann langsam und schwer die blassen Wrangen herab.

Christkilidchtn weint . . .

Die Engelein traf's wie ein Schlag. Sie umdrinrgten das ge liebte Christkind und bestürmten es mit Fragen,dich, meine Englein", seufzte es,es ist eine so schwere Zeit jetzt! Ich habe nur auf der ganzen Fahrt herauf schon die Augen rotgeweint vor Schmerz, weil dieses Jahr mein uralter Spruch:Friede auf Erden" so gar nicht passen will. Aber das Schlimmste, was ich heute gesehen . . ."

Was denn, was denn?" fragte es durcheinander.

Meine Lieblinge, die Kinder, die werden es diese Weihnachten nicht alle gut haben. Auch die Allerbravsten unter ihnen iverden in vielen Fällen keine Spielsachen bekommen."

Ja, aber warum denn nicht?"

Christkindchen schluckte ein paar mal, als ob es an den folgen­den Worten würgen müsse, und sagte dann:Nun ,weil die Menschen mich Heuer nicht Unterstützen können. Ich aber bin auch nicht reich genug, diese teuren Spielsachen und warmen Höschen und Kleider zu kaufen."

Die Engelchen ließen die Flügel hängen und machten ganz betrübte Gesichter. Und schließlich fragte das kleinste weinerlich:

Ja, Kinder, was machen wir denn da?"

Das ist ja dann gar kein richtiges Weihnachtsfest für die kleinen?" meinte ein anderes Engelchen.

Das sag' ich eben auch," jammerte das Christkind. Dann entnahm es einer goldenen Mappe einen großen Pack Christkindl­briefe. Der Hans wünschte sich e ne warme Hose, aber wenn es nicht langte, dann sollte die Gretel erst die langersehnte Puppe haben, denn sie war ja noch so klein. Und der Peter schrieb:Unser Gstvand is so viel zerfetzt. Die Mutter aber kann nit mehr. Die hat so viel Strümpfe zu stopfen. Gel, Christkindle, wann d' jetzt koa Geld hast zu ma neue G'wand, dann flickst uns halt das alte schö z'samm. I leg's morgen vor unsere Tür . . ." Und der Hans konnte es nicht glauben, was der Weiß Ander! gesagt hatte, daß dieses Jahr keine Bescherungen stattfinden konnten, weil die Eltern eben dem Christkind nichts beisteuern könnten und weil alle Menschen jetzt arm seien.Gel, liebs Christkind," schloß dieser Brief,so was läßt Du net zu? Mir könne doch nix dafür, daß alles in der Welt so traurig ist! Gelt, Christkind, i verlaß mi auf Di. Du richtst es schö." Träne auf Träne rann nun dem Christkind über die Wangen und seine Stimme zitterte vor Rührung beim Vorlesen. Die Englein waren alle sehr betroffen und hatten nur den einen Gedanken, wie sie ihr liebes Christkind aus seinen Nöten erretten und ihm damit die größte Weihnachtssreude machen könnten. Sie betteten es sanft auf sein Lager, und während die Schlafenglein das Wiegenlied sangen, hielten die Weihnachtsengel eilig Rat und flogen blitzschnell zur Erde'herab. Dort sangen sie mit ihren lieblichen Stimmen vor jeder Tür ein wundersames Lied, darin die Tränen des Christkindleins mitschwangen wie zarte Geigcn- töne, weich und klagend und bittend zugleich. Die legten sich auf di« Herzen der Schlummernden, daß sie aufhorchten und der Melodie lauschen mußten, die den immer wiederkehrenden Endreim hatte:

Vergesset der Kindlein nicht, der armen,

O. habet Erbarmen!

Wir bitten vereint,

Es hat das Christkindlein ihrer geweint!"

Und noch am nächsten Tag lag den Menschen die Sphärenmusik auf Herz und Gemüt, daß sie umhergingen, als müßten sie heute etwas besonderes tun, denn es war ihnen, als hätte das Christkind ihnen nachts einen Wunsch ins Ohr geraunt-

Emsige, mitfühlende Frauen, ein Teil jener, die in so vielen Herzen Verwundeter Weihnachtsbäume angcziindet und wohltuende Wärme in ihnen verbreitet batten, machten sich ans Werk, durch- ftöberten jeden Winkel bis zum Speicher hinauf, nähten, flickten, klebten, pinselten, banden neu ein, zogen Puppen und Püppchen an und machten alte, vergessene Dinge- wieder neu, daß eS eine Lust war. Sie bettelten den Gatten, Brüdern und Vettern das Geld ab, das diese für s i e, die Frauen, zu Weihnachtsgeschenken bestimmt hatten. Sie wollten auf alles verzichten, alles anwenden, um die Kinder des Mittelstandes, denen es Heuer so schlecht ging, beschenken und auch alten Leuten, die nicht mehr auf bessere Weihnachten warten konnten, eine Freude machen zu können. Im Beschenken anderer aber würden sie selbst ihr höchstes Weihnachtsglück finden.

Und so blühten aus Christkindleins Tränen die herrlichsten Blumen auf, jene Blumen des Mitleids und der Güte, der Selbst- «ntaußerung und der Nächstenliebe, die die köstlichsten Zierden sind an unseren deutschen Frauen.

schöne, graue Männeraugen auf das liebliche, weiße Mädchen-! antlitz, aus die schimmernde Haarpracht den Hut hatte; Renale bei dem rasenden Ritt schon längst verloren. Das! Gefühl der Kraftlosigkeit und Schwäche, das sie angesichts! -er Rettung überkommen hatte, war nur von kurzer Dauer.! Schon hoben sich die langen, seidigen, dunkeln Wimpern von- den braunen Augen. Halb errötend machte sie sich aus dem sie umfaßt haltenden Arm frei.

Verzeihen Sie, gnädiges Fräulein," fagte der Mann mit einer tiefen, wohlklingenden Stimme, die Renate außerordent­lich sympathisch war.

Ich konnte Sie nur auf diese Weise vom Herabfallen bewahren."

Da streckte ihm Renate ihre beiden Hände entgegen und sagte mit warmer Herzlichkeit:

Sie haben mir das Leben gerettet, ohne Ihr Dazwischen­treten läge ich jetzt schon zerschmettert irgendwo hier."

Wie ein leichter Schleier legte es sich über die großen, braunen Mädchenaugen, doch im nächsten Augenblick schüt­telte Renate das Gefühl des Erschauerns von sich ab und Jugend und strahlender Glanz leuchtete wieder auf ihrem zarten Gesicht. Mit einem leisen Zögern fragte sie:

Darf ich nicht wissen, wem ich die Rettung meines Le­bens verdanke?"

Graf Eberhard von Hollwangen," antwortete der Mann und verbeugte sich.

Erstaunt blickte Renate in das edelgeschnittene Rassege­sicht, das als hervorragenden Zug einen Ausdruck von Stolz trug, der auch aus den grauen Äugen leuchtete.

Wie seltsam," rief sie,ich wußte gar nicht, daß es noch Grafen von Hollwangen gibt."

Jetzt war die Reihe des Erstaunens an ihm. Ein wenig amüsier: sah er sie an, im Stillen entzückt von der süßen Lieblichkeit dieses holden Mädchengesichtes.

Oho, mein gnädiges Fräulein," erwiderte er lächelnd,

Ausgrabungen am fränkische» Köuigshof in Nagold.

Bon G. Weise, Tübingen.

Wir entnehmen diese interessanten Ausführungen aus dem eben erschienenen reichhaltig mit Beiträgen und Illustrationen versehenen Sept./Okt.-Hest der Blätter des Württ. Schwärzwaldoereins.

Malerisch zwischen Bäumen versteckt erhebt sich südlich des Städt­chens Nagold das altersgmue Gemäuer der Friedhofs- oder oberen Kirche. Teile des bestehenden Baues mußten, ivie schon eine ober­flächliche Prüfung lehren konnte, noch in sehr frühe Zeiten des Mit­telalters zurückgehcn. Auffällig erschienen besonders zwei niedrige, halbsäulenbesetzte Pseilerstückc, die sich rechts und links als unterste Teile des Triumphbogengewändes verwendet fanden. In das früheste Mittelalter führen uns die sich an die Nagolder Friedhofskirche knüp­fenden historischen Ueberlieserungen zurück. Patron des Gotteshauses ist der Frankenheilige Remigius: der Ort, an dem sich die Kirche erhebt, heißt noch heute im Bolksmund derFrankenbiihel". Als Urpfarrkirchc von Nagold und der benachbarten Gemeinden Isels- hausen, Mindersbach, Emmingen, Nohrdors, usw. laßt sich die Re­migiuskirche im Mittelalter Nachweisen. Mit einem fränkischen Kö­nigshof werden ivir die jetzige Obere Kirche mit höchster Wahrschein­lichkeit in Verbindung bringen dürfen. 1007 gab Heinrich II. durch besondere Schenkungsurkunde den Ort Nagold mit allem Zubehör an sein neu gegründetes Bistum Bamberg. Leber 200 Jahre früher, ani 3. Mai 786, hatte der Graf Gerold, Bruder der Hildegard und Schwager Karls des Großen, ini Beisein zahlreicher Getreuer und des Abtes von St. Gallen über ein« reiche Schenkung an das Kloster im fernen Thurgau geurkundet. Daß der Ort schon damals Königs­gut war und als solches sich in Händen des kaiserlichen Schwagers befand, werden wir aus der Flurbezeichnung Frankenbiihel und aus dem Remigiuspatrocinium der Kirche, vor allein aber auch aus der

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SeHrr sucht.

Von O. Jul. Bi erb cm m.

Wie eine leise Glocke klingt die Sehnsucht in mir an;, weiß nicht, woher, wohin sie singt, weil ich nicht lauschen kanA.

Es treibt das Leben wich wild um, dröhnt um mich mit Gebraus, und mählich wird die Glocke stumm, und leise klingt sie aus.

Sie ist nur für den Feiertag gemacht und viel zu sein, als daß ihr bebelanger Schlag dräng' in die Lärmluft ein.

Sie ist ein Ton von dorten her, wo alles Feier ist; ich wollte, daß ich dorten war', wo man den Lärm vergißt.

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Tatsache, daß der Ort später unter Heinrich II. als Königsgut er­scheint, folgern dürfen. Gelegenheit zu einer eingehenden Untersuchung der Kirche und der an ihr auffallenden altertümlichen Reste gab im Frühjahr die Absicht der Gemeinde, den Bau in eine Gedächtnisstätte für die im Kriege Gefallenen umzuwandeln und ihn einer gründlichen Restaurierung zu unterziehen. In vierzehntägiger Arbeit wurde zu­nächst die Kirche und das an sie anschließende Friedhofsgclände un- tersucht. Die Kosten der Grabung trug die Württembergische Gesell­schaft zur Förderung der Wissenschaften in Tübingen. Der heutige Bau der Ragolder Friedhofskirche zeigt ein einschiffiges Lang» Haus von im wesentlichen spätgotischen Formen und einen etwas schmäleren, dreiseitig geschlossenen Chor, neben dem sich im Norden der quadratische Turm erhebt. In einem abwechselnd aus roten und weißen Keilsteinen gefügten offenen Rundbogen öffnet sich sein Erd­geschoß nach Westen. Ohne irgendwelche horizontale Gliederung an­steigend läßt der Turm in seinen -beiden oberen Stockwerken noch vermauerte bezw. zerstörte zwei- und dreiteilige frühromanische Schall­löcher erkennen. Allen Einzelheiten der Formsvrache nach werden wir den Turm als einheitliche Schöpfung des frühen II. Jahrhunderts ansprechen dürfen. Im Innern der Kirche nahm die Untersuchung von den am Triumphbogen wahrnehmbaren beiden merkwürdigen Säulen­pfeilern ihren Ausgang. Beide wurden als ursprünglicher Bestandteil des Triumphdogengewändes der frühesten an dev heutigen Stelle nach­weisbaren kirchlichen Anlage sestgestellt. Letztere besaß einen quadrati­schen, gerade geschloffenen Chor, dessen Südwand sich noch in Testen der heutigen südlichen Chormauer erhalten hat. Wichtig für die Da­tierung des ursprünglichen Baues erwiesen sich die Beobachtungen auf der Nordseite des Chores. Der, wie wir sahen» srühromanische Turm zeigte sich hier als in selbständiger Mauerung, nachträglich neben die

wer hat Ihnen gegenüber unser ganzes Geschlecht totgesagl? Außer der allerdings weit von hier lebenden Hauptlinie exi­stieren noch meine Wenigkeit und dann ein jüngere: Binder von mir, Graf Benno, der als Osfizier im nahen D. bei den Dragonern stehl."

Da begreife ich nicht, daß nur auf Schloß Hollwangen wohnen," sagte das junge Mädchen, wobei sie den Kopf schüttelte, als sei ihr dieser Gedanke unfaßlich.

Bei diesen Worten Renates war in dem Gesicht des Grafen eine große Veränderung vorgegangen. Es war plötz­lich von einer fahlen Biässe überzogen. Wie in heftiger Ab­wehr erhob er seine Hand.

Sie wohnen auf Schloß Hollwangen?"

Er fragte es mit seltsam rauher Stimme.

Betroffen hatte das junge Mädchen sein so verändertes Wesen wahrgenommen. Der Klang seiner Stimme hatte ihr eben direkt weh getan. Aber sie war sich keines Unrechts be­wußt. Und so richtete sie sich stolz auf und antwortete:

Ja, ich wohne aus Schloß Hollwangen, das meiner Großmutter, Frau von Nehrtng, gehört. Ich bin Renate von Ullmer."

Abermals hatte er ihren Worten zugehört. Wie ein Ausdruck von Qual lag es einen Augenblick auf seinem Ge­sicht, doch gleich darauf hatte er sich schon wieder völlig in der Gewalt. Er verneigte sich tief vor Renate, die sich sein gegen vorhin so ganz anderes Benehmen gar nicht erklären konnte.

Etwas beklommen fragte sie:Ist Großmutters Besitz­tum das Stammschloß Ihrer Ahnen?"

Unnahbar stolz sah Graf Eberhard von Hollwangen aus, als er diese Frage Renate von Ullmers beantwortete.

Mein gnädiges Fräulein, Sie scheinen nichts von der Geschichte des Schlosses zu wissen und auch nichts davon, wie es aus dem Besitze unseres Geschlechts an Ihre Groß­mutter kam. Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen keine näheren

ursprüngliche Chormauer gesetzt, die dann zur Zeit der Crr'chtuug der spätromanischen Apside ihrerseits beseitigt worden war. Der Turm und der 'anfänglich quadratische Chormum müssen verschiedenen Zeiten angehören. Für den ältesten Bau ergibt sich damit ein beträchtlicher zeitlicher Rücksprung, der die Ansetzung in karolingischer Zeit recht­fertigt. Anlaß zu ähnlichen Feststellungen bot auch ein schon durch seine merkwürdige Gestalt auffallendes, großes rundbogiges Fenster in der noch dem ursprünglichen Bau angehörigen Südwand des Chores. Nachträglich erwies sich dieses Fenster durch Einsetzung des Gewändes einer wesentlich kleineren frllhromanischen Fensteröffnung zugesetzt, wobei der gleiche Mörtel wie am Turm zur Verwendung gekommen war. Erwähnt dann werden, daß an jenem größeren karolingischen Fenster sich der ursprüngliche Perputz samt Resten der dekorativen Bemalung erhalten zeigte. Di« weitere Untersuchung der Kirche er­wies, daß auch das heutige Langhaus im wesentlichen sich noch auf den karolingischen Fundamenten erhebt und daß der ganze Bau als selbständige Anlage ringsum fteigestanden hatte. Das Hauptwohn- gebäude des Königshoses Kanu sich hier nicht unmittelbar an die Kirche angeschlossen haben. Aussicht, den Königshof zu finden, scheint dagegen in einigen der sich an den Friedhof anschließenden Grund­stücken zu bestehen. Das Innere der Kirche muß noch einen Augen­blick unsere Aufmerksamkeit fesseln. Bekannt war aus älteren Nach­richten. daß an den Wänden des Langhauses Spuren von Wand­gemälde» noch im 19. Jahrhundert vor der letzten Restaurierung der Kirche festgestellt worden waren. Auch diesem ehemaligen Freskeu­schmuck konnte bei Gelegenheit der jetzt vorgenommcncn Arbeiten nachgespürt werden: das Resultat hat die Erwartungen llbertroffen vor allem durch die hohe Qualität der ausgefundenen Reste der ehemaligen Bemalung. Leider zerstört durch die spätere bauliche Veränderungen zeigte sich die große Darstellung des Jüngsten Gerichtes, die die ganze Triumphbogenmand geschmückt haben muß. Freilegen lassen'wird sich von ihr nur noch die lebensgroße Gestalt eines Erzengels Michael mit der Seelenwaqe, die ihrem stilistischen Charakter nach aus die Spätzeit des 13. Jahrhunderts zu weisen scheint. Etwas jünger viel­leicht, doch auch noch dem ausgehenden 13. Jahrhundert angehörig, sind die Szenen der Kindheitsgeschichte und der Passion des Heilan­des, die in zwei durch ein ornamentales Band geschiedenen Streifen die ganze Südwand des Langhauses bedecken. Hervorragend schön sind im einzelnen die ganz aus lineare Wirkung gestellten Darstellun­gen dieser Fresken, die den ersten keuschen Hauch der Frühgotik at­men. Schon jetzt wird man ohne Uebertreibung sagen dürfen, daß. sie zum allerbesten gehören, was uns in Schwaben die beginnend«' Frühgotik on Malereien hiiiterlaffen hat. Ihre Freilegung schreitet noch fort. Wenn einmal der ganze Freskenschmuck der Kirche auf­gedeckt sein- wird, gibt sich vielleicht Gelegenheit, ausführ­licher auf diese Schöpfungen aus einer großen Zeit einheimi­schen Kunstschaffens zurllckzukommen. Nur von karolingischen und mittelalterlichen Mauern war bisher über die a« der Friedhofskirche zu Nagold oorgerrommenen Arbeiten die Rede. Die Grabung im Innern der Kirche hat aber noch-zu weiteren Feststellungen geführt, die für das ganze Bild von Wichtigkeit werden dürsten, das wir uns von der Geschichte des Königsgutes Nagold zu machen haben. Unter dem Triumphbogen sich hinziehend trat bis zu einer Höhe von 0.90 m unter dem heutigen Fußboden erhalten eine römische Mauer zutage, aus die das fränkische Fundament der Triumphbogenpfeilsr nachträg­lich aufgesetzt worden war. 1,10 m betrug der Unterschied des römi­schen vom fränkischen Niveau. Zahlreiche Fragmente römischer Falz­ziegel wurden in der unmittelbaren Umgebung der Mauer gefunden: dagegen fehlte» Brandspuren und Scherbenrestc. Die dem Chor der Kirche gugekehrtc Maucrfläche erwies sich als Außenseite der römischen Mauer. Ohne irgendwelche seitliche Abzweigungen zog die römische Mauerung unter ü-m heutigen Triumphbogen druch und konnte süd­lich des Chores der Kirche auch in einem angrenzenden Schuppen ver­folgt werden, bis sie sich jenseits desselben im Friedhofsgelände verlor. Aehnlich standen die Verhältnisse im Norden. Hier sprang die römische Mauer unter dem Nvrdosteck des Langhauses in- bündig gemauertem nach Westen um und zeigte sich noch 3,80 in weit in einer durch­schnittlichen Höhe von I. w unter der heutigen Langhausmauer er­halten, um dann in einer plötzlichen Ausbrnchstelle, von der ab sich das Mauerwerk der. Kirche von Grund auf in spätromanischer Zeit erneuert erwies, ihr Ende zu finden. Nirgends mehr war es weiter nach Westen hin möglich, eine Spur der völlig beseitigten römischen Mauer zu finden. Änßen wir innen längs der heutigen Seitenmau;r der Kirche geführte Schnitte brachten aber wenigstens die Gewißheit, daß auch nicht mit einem seitlichen Umbiegen des römischen Mauer­zuges, soweit sich die Kirche erstreckt, zu rechnen ist.

Zu wes für einer Anlage jene römische Mauer gehört bat, ließ sich vorläufig noch nicht ergründen. Soviel nur dürste feft- stehen, daß wir kernen Rest einer uumirrelbaren Wohnzwecken die­nenden Baulichkeit vor uns haben. Eher scheint an eine Hotum­grenzung oder an. Teste eines größeren ichuppenartigen Gebäudes zu denken zu sein.. Weitere Aufklärung wird eine Fortsetzung der Grabungsarbeiten bringen. Schon heute läßt sich aus die Tatsachs­hinweisen, daß die ringsum an den bestehenden Friedhof angren­zenden Grundstücks zahlreiche Fundanrentreste enthalten sollen nnd- daß schon ein flüchtiges Abstichen der Erdoberfläche an einigen Stellen des bezeichnten Geländes hinreichende Anhaltspunkte zun Annahme einer größeren römischen Sisdelnng brachte.

Historisches Interesse wird dis Grabung an der Remiginskirchr zu Nagold beanspruchen dürfen.

Erklärungen gebe, aber das ist ein Thema, bei dem ich leicht meine sonstige Ruhe verliere."

Renate sah ihn mit ihren schönen, strahlenden Augen voll an. Sie glaubte alles zu verstehen. Die Hollwangens waren wohl in Armut geraten und hatten ihr Stammschloß verkaufen muffen, und dieser stolze Mann, dessen edler Sinn sich in jeder Miene, in jeder Bewegung verriet, litt furchtbar unter dem Verlust.

Es sprach eine so warme und herzliche Teilnahme aus ihrem Blick, daß der Graf, obwohl er sich in seinem Stolz verletzt fühlte, durch ihr Mitleid, dennoch eine Weile wie festgevannt in die leuchtenden Sonnenaugen sah, in deren braunen Tiefen goldene Lichter strahlten. Er fühlle. daß sie alles falsch auffaßte, daß sie von dem wahren Sachverhalt, von jener häßlichen Angelegenheit keine Ahnung halte. Sie war jedenfalls schuldlos an allem, daraus hätte er geschworen nicht einmal das geringste Wissen jener Tat hatte je ihren reinen, lieblichen Mädchensinn besudelt, doch sie war dis Enkelin jener Frau, der die letzten noch lebenden Grafen der Seitenlinie von Hollwangen es zu verdanken hatten, daß sie nichts besaßen als ihren alten, stolzen Namen, den nie ein Unrecht befleckt hatte.

Höher reckte er seine schlanke und doch kräftig wirkende Gestalt bei diesem Gedanken. Nein, er wollte kein Mitleid, auch nicht von diesem schönen, blonden Mädchen, das ihm vorhin, als er sie in seinem Arm gehalten, wie die Verkör­perung eines süßen, holden Traumes erschienen war. Eines Traumes, gewoben aus Frühlingssehnsucht und märchen­reinem Glücksverlangen.

Aufatmend strich er sich über die hohe Stirn. Es war, als ob Renate seine Gedanken ahnte. Sie fragte mit keinem Wort weiter nach den früheren Besitzern von Schloß Holl­wangen. sondern wandte sich jetzt um und meinle:

Ob ich eS wohl wagen kann, meinen Rappen zur Heim­kehr zu besteigen? Er sieht setzt aus, als ob er sicb ganz beruhigt hätte." (Fortsetzung folgst.