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DonnerÄas den S. Dezember 1929

94. Jahrgang

Gens Lud die ZnWst des WLttduudes.

Bon Graf Johann Heinrich Bernstorff, Botschafter z. D.

Seit einem halben Monat liegt in Genf die Vöikerbund- »ersanimlung, ein Torso zwar, aber immerhin eine Versamm­lung, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat, in der 41 Staaten vertreten sind. Die deutsche öffentliche Meinung. steht dieser Versammlung im allgemeinen wenig freundlich, gegenüber, weil der Vötkerbundsrat bisher in allen prakti­schen politischen Fragen versagt hat. Dieses Motiv sollte aber für die Beurteilung der Genfer Versammlung nicht ausschlaggebend sein, da der Völkerbund gar nicht in erster Linie eine exekutive Körperschaft ist, sondern vielmehr eine Organisation, welche der öffentlichen Meinung der ganzen Menschheit Ausdruck geben soll. Die Hauptmasse des Völker­bundes ist die Oeffentlichkeit; seine Macht in erster Linie eine moralische.

Meines Erachtens würdigt man bei uns im allgemeinen nicht genügend den Umstand, daß wir in geistiger Beziehung > noch fast völlig vom Auslände abgesperrt find. Wir brauchen ! nur auswärtige Zeitungen zu lesen, um zu erkennen, wie ! unvollkommen und meist sogar entstellt die Reden unserer ^ Minister wiedergegeben werden. Wer hat denn im Ausland ! unsere Versailler Noten gelesen? Wenn Keynes nicht sein ° glänzendes Buch geschrieben hätte, würde die öffentliche Mei- ! nung der Welt noch fast allgemein der Ueberzeugung sein, daß der Versailler Friede der Vernunft und der Gerechtigkeit entspräche. Wir stehen heute noch außerhalb des Völker- - Hundes, und trotzdem haben wir in unserem schweren Kampfe , um Recht und Billigkeit noch niemals unsere Beschwerden in so breiter Oeffentlichkeit zu Gehör bringen können, wie es mit unseren Genfer Noten über die Kolonialmandate und über die Frage von Eugen und Malmedy der Fall gewesen ist. Naturgemäß würden wir noch viel größere Wirkung erzielt haben, wenn ein deutscher Vertreter in der Bölker- bundsversammlung den Kampf ums Recht vor der ganzen Welt hätte ausnehmen können. Die deutsche öffentliche Mei­nung würde es ungern gesehen haben, wenn wir einen An­trag um Aufnahme in den Völkerbund gestellt hätten. Trotz­dem hege ich keinen Zweifel, daß ein solcher Antrag uns große diplomatische Vorteile gebracht haben würde. Vermut­lich wäre die Zweidrittelmehrheit für die Annahme des An­trags vorhanden gewesen, wodurch wir die Waffe der Publi­zität des Völkerbundes gewonnen hätten. Aber selbst wenn der Antrag abgelehnt worden wäre, hätte uns das zum Vor­teil gereicht, weil die Vergewaltigung, unter der wir leiden, aller Welt in die Augen gesprungen wäre. Sicher hätte Frankreich sich eisrigst bemüht, unsere Aufnahme zu verhin­dern, aber wenn wir warten wollen, bis Frankreich uns ein solches Forum der Oeffentlichkeit wie den Völkerbund gönnt, werden wir bis zum jüngsten Gericht warten müssen Frank­reich treibt bewußt die Politik Napoleons I., nur mit andern und weniger genialen Mitteln. Es kommt Frankreich aus­schließlich auf die Zerstückelung Deutschlands an; alles andere ist ihm nebensächlich. Frankreich könnte jeden Tag die Ver­söhnung mit Deutschland nebst hinreichender Entschädigung erlangen, aber es will sie nicht, da sie nur um den Preis der Anerkennung der nationalen Einheit des deutschen Volkes zu haben ist. Deshalb muß Frankreich auch den Völkerbund sabotieren, weil seine Politik zu den Idealen des Völkerbun­des, selbst in dessen heutiger Gestalt, in krassem Gegensätze steht. Das scheint mir aber für uns nur ein Grund mehr zu sein, bewußt und energisch Völkerbundspolitik zu treiben.

Die Versammlung von Genf macht den Eindruck eines Wagen, -an dem vorn und hinten gleichzeitig ein Pferd zieht. Das englische Pferd will den Wagen vorwärts bringen, das französische zerrt ihn zurück Im allgemeinen scheint aber doch der englische Einfluß der stärkere zu sein. Lord Robert Eecil, wenn auch nicht als englischer Delegierter anwesend, ist das treibende Element der Versammlung. Was wird bet diesen widerstreitenden Einflüssen die Zukunft des Völkerbun­des sein? Wenn er ein Torso bleibt, ist der große Aufwand vertan, und wird Kants genialer Gedanke wieder auf lange Zeit hinaus nur als Ideal von wenigen weiterleben. Deutsch­land aber wird unrettbar der Zerstückelung anheimfallen; denn wir allein können uns vor diesem Schicksal nicht retten. Selbst bei dem besten Willen sind wir nicht in der Lage, die Bedingungen von Versailles zu erfüllen, und letzten Endes bleibt dann, wenn der französische Shylock auf seinem Scheine besteht, nur die Bezahlung mit deutschem Gebiet und deut­schem Blute. Einstweilen wollen wir aber nicht verzweifeln und den Kampf um die Einheit des deutschen Volkes fort- sühren. Es besteht noch immer die Hoffnung, daß sich Eng­land mit den Vereinigten Staaten über eine Reform des Völkerbundes verständigen wird. Die Reise des Senators Mc. Cormick ist hierfür ein gutes Anzeichen Die Amerika­ner nehmen hauptsächlich Anstoß an dem Artikel lO deS Völkerbnndvertrages. Wenn dieser fällt, ist damit auch uns gedient, denn der Vertrag von Versailles ist dann keinnoli me tangere" mehr, und uns kommt es nicht auf die Formen des Völkerbundes an, sondern nur auf die Anerkennung des Prinzips der Solidarität der Interessen aller Nationen Aus welchem Wegs dieser Gedanke zum Siege gelangt, kann uns gleichgültig sein. Eine Gewißheit befteht -natürlich nicht, daß efn unter englisch amerikanischer Leitung stehender Völker­

bund uns vor der Zerstückelung bewahren würde, aber in diesem Zukunftsbilds liegt wenigstens eine Hoffnung, wäh­rend sonst nirgends eine solche zu sehen ist. Wenn die eng­lisch-amerikanische Verständigung gelingt, dann rechne ich auch bestimmt damit, daß die deutsche öffentliche Meinung sich mit unserem Beitritt zum Völkerbunde einverstanden erkläre» wird.

Tages-Neuigkeite«.

Deutscher Reichstag.

Berlin 7. Dez. Der Reichstag erledigte in seiner heu­tigen Sitzung zunächst wieder einige kleine Anfragen. U. a. wurde eine stozialdemokratische Anfrage regierungsseitig dahin beantwortet, daß ein Gesetzentwurf über die Lehrerbildung nach Klarstellung der Frage der Kostendeckung dem Reichs­tag unverzüglich vorgelegt werde. Weiterhin wurde der Ent­wurf eines Rayonsteuergesetzes dem Steuerausschuß über­wiesen und der Gesetzentwurf betr. die weitere vorläufige Regelung des Reichshaushalls für 1920 dem Reichshaushalts­ausschuß. Alsdann wurde die zweite Lesung des Etats des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft fort­gesetzt. Von den Rednern wurden Wünsche vorgebracht und je nach ihrer Parteistellung Kritik gübt. Einig war man sich, daß unsere landwirtschaftliche Produktion mit allen Mitteln gestärkt werden müsse. Um 6Z0 Uhr wurde di« Wsiterberatung auf Donnerstag, den 9. Dez., nachm. 2 Uhr vertagt. Außerdem steht auch das Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Schweiz auf der Tagesordnung.

Berlin, 7. Dez. Im Hauptausschuß des Reichstags hat bei Weiterbesprechung des sogenannten Kahn-Vertrags für die deutschen Werke Reichsschatzminister von Raumer erklärt, in die sachlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Reichs­schatzministerium und den deutschen Werken seien gegen seinen Willen Härten hineingetragen worden. Wenn er gegen die Reichsbeiriebe gewesen wäre, so würde er sein Amt nicht an­getreten haben. In aller Oeffentlichkeit müsse er aber fest­stellen, wenn ein Minister einmal durchgreift, um Schaden für das Reich abzuhalten, fo fallen ihm ein Teil der Presse und auch einige politische Parteien in den Arm. Zum Schluß erklärte der Minister, er übernehme die volle Verantwortung für den Eingriff, der seine Pflicht gewesen sei.

Berlin, 7. Dez. Im Steuerausschuß des Reichstags hat Reichsfinanzminister Dr. Wirth erklärt, die Vorbereitungen für die Konferenz in Brüssel seien getroffen Die Regte- rmig müsse an der Vorlage über baldige Zahlung eines wesentlichen Teils des Reichsnotopfers festhalten und habe inzwischen auch die Frage einer Zwangsanleihe sehr begrüßt. Ministerialdirektor Simons macht Mitteilung über den Schritt des Auswärtigen Amts bei der Entente zwecks Verringerung der hohen Besatzungskosten.

Berlin, 7. Dez.' Der Rechtsausschuß des Reichstags Hot von dem Gesetzentwurf über die Verschärfung der Strafen gegen den Schleichhandel den § l, der besonders schwere Fälle mit Zuchthaus bis zu 15 Jahren und mit Geldstrafe von mindestens 20 000 bedroht, und den 8 2 angenommen, der Schleichhandel und Preistreibereien aus Habsucht, Aus­beutung wirtschaftlicher Notlage und Verschiebung ins Aus­land als besonders schwere Fälle bezeichnet.

Die rein solzialistische Regierung in Sachsen.

Berlin, 8. Dez. Wie dieFreiheit" aus Dresden meldet, wurde das Abkommen zwischen den beiden sozialistischen Par­teien über die Regierungsbildung abgeschlossen. Danach werden die Unabhängigen das Ministerium des Innern, das Kultus- und das Ärbeitsministerium besetzen. Die Sozial­demokraten stellen den Ministerpräsidenten und die übrigen Minister.

Wiederaufnahme der Elbeschiffahrl.

Magdeburg, 8. Dez. Die Elbschiffahrt wurde nach acht­tägiger Unterbrechung und Aufhören des Treibeises berg­wärts und talswärts wieder ausgenommen.

Die Deutschen auf Haiti.

Berlin, 8. Dez. Aus Port-au-Prince ist an amtlicher Stelle die Nachricht eingelaufen, daß die hailianische Regie­rung die rein persönlichen Beschränkungen der Deutschen aufgehoben hat.

Eine geheimnisvolle Seuche.

Berlin, 8. Dez. Im französischen Senat wurde eine Anfrage über eine geheimnisvolle aus dem Osten stammende Krankheit eingebracht. Medizinische Kreise vermuten, daß es sich um eine Art Pest handle. In die Krankenhäuser sind bereits 300 Kranke dieser Art eingeliefert worden. Bis jetzt ist rnch kein Fall tödlich verlaufen. Die Krankheit tritt be­sonders in Gegenden auf, die von Flüchtlingen aus dem Osten überschwemmt sind.

Die Swinemünder Schtetzaffäre.

Berlin, 8. Dez. Von zuständiger Stelle erfahren wir über das Ergebnis der bisherigen Untersuchung über die Schießerei in Swinemünde, bei der mehrere Miliiärpersonen schwer ver­letzt worden find: In der Nacht vom 3. zum 4. Dezember befanden sich mehrere Soldaten der Küstenwehrabteilung auf dem Heimwege, als in ihrer Nähe 5 bis 6 Schüsse fielen, die, wie nachträglich festgestellt werden konnte, von einem Wachmann ohne besonderen Anlaß abgeieuert worden sind.

Die Soldaien nahmen an, einer ihrer Kameraden, den sie vermißten, sei überfallen, eilten ihm zu Hilfe und gerieten, durch die Dunkelheit irregelührt, an einen in Zivil gekleide­ten Seeoffizier, der unglücklicherweise durch einen Stich sehr schwer verletzt wurde und in der Notwehr einen der Solda­ten mit seiner Schußwaffe lebensgefährlich verwundete. In der letzten Zeit haben mehrere Ueberfälle halbwüchsiger Bur­schen und einzelner Militärpersonen stattgefunden. Damit ist das bedauerliche Mißverständnis zu erklären.

Ausnützung der Wasserkräfte des Oberrheins durch die Franzosen.

Wie die Telegraphenunion meldet, fand im Generalrat des Departements Haut Rhin in Straßburg ror kurzem eine Diskussion über das Projekt der Verwendung der Wasser­kräfte des Oberrheins statt. Geplant ist die Herstellung eines Seitenkanals mit insgesaint acht Kraftstalionen, wovon vier im Departement Haut Rhin liegen würden. Man will vorerst einen Teil des Kanals von Hüningen bis Kembs ausfüh­ren, wo der Kanal auch wieder in den Rhein zurückfließen soll. Er soll eine Breite von 24 Metern und eine Tiefe von 7 Metern erhalten. Als erste von den Kraftstationen ist die in Kembs projektiert mit zunächst 85000 Pferdekräften; im gan­zen hofft man bei vollständigem Ausbau der acht Kraftstationen 800000 Pferdekräfte zu gewinnen. Die Kosten der oben er­wähnten ersten Bauetappe schätzt man auf 150000 bis 200000 französische Franken.

Eine Unterredung mit König jKonftantin.

Paris, 8. Dez. Ein Berichterstatter desMatin" ist nach Luzern gereist und hat dort den König Konstantin interviewt, was er bis vor kurzer Zeit nicht hätte wagen dürfen, bevor das Ergebnis der griechischen Volksabstimmung bekannt war. Der König hat interessante Erklärungen abgegeben im Sinne einer ausführlichen Rechtfertigung, Erwiderung und Wider­legung gegenüber den Ententestaaten.

Zur Volksabstimmung in Griechenland.

Athen, 8. Dez. Die Volksabstimmung in Athen ergab 99 Prozent für und nur 1 Prozent gegen die Rückkehr des Königs Konstantin. Die Zahl der Stimmenthaltungen ist unbedeutend. Die Straßen der Stadt sind beflaggt. Es herrscht eine festliche Stimmung.

Die Beilegung des Fiume-Konflikts.

Rom. 8. Dez. Der Fiume-Konflikt ist gelöst. Die Le­gionäre räumen die Inseln Veglia und Arb-, wogegen Ita­lien die von d'Annunzio entworfene Verfassung des Carna- rostaats anerkennt und mit Bezug auf die praktische Begren­zung deS Hafengebiets von Fiume gegenüber Südslawien für d'Annunzios Linie eintritt, welche einige umstrittene Bezirke einschließt.

Moskaus Drohungen mit Bergeltungsmatzregeln.

Moskau. 8. Dez. Der Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten hat die chinesische Regierung dahin benach­richtigt, daß die russische Republik den militärischen Vormarsch in der Mongolei einstellt und ihre Truppen zurückzieht, da die chinesischen Truppen durch die Einnahme Urga bewiesen hätten, daß sie imstande seien, mit den Ueberresten der Se­men ow-Truppen fertig zu werden. Die Sowjetregierung er­klärt gleichzeitig, daß sie jederzeit bereit sei, Hilfe gegen et­waige gegenreoolutionäre Banden zu gewähren.

Der Staatshaushaltsplan der Der. Staaten.

Newyork, 8. Dez. Das Finanzministerium hat dem Kon­greß den Staatshaushaltsplan für l921 zugehen lassen. Dar­nach sind die Gesamtausgaben veranschlagt mit 4653856769 Dollar, das sind l Milliarde mehr als 1920, aber 21 l Mg. lionen Dollar weniger als 1919. Für das Kriegsministerium sind 699575 502 Dollar und für das Marineministerium 658 522 231 Dollar vorgesehen. Die Budzelkommisston wird in den nächsten Tagen mit der Prüfung des HaushaltplanS beginnen.

Eine drohende Moskauer Note an Rumänien.

Paris, 8. Dez. Nach einem Moskauer Funkspruch hat die Sowjetregierung auf die Nachricht, daß Generat Wrangel beabsichtige, mit seiner Armee auf rumänisches Gebiet über­zutreten. durch Tschitscherin eine Note nach Bukarest übermit­teln lassen, in der die rumänische Regierung benachrichtigt wird, daß Sowjetrußland die Zulassung des Uebertritts alS eine Verletzung der Neutralität betrachten müsse. Zum Schluß formuliert der Volkskommissar für Auswärtiges in seiner Note Drohungen an die Adresse Rumäniens für den Fall, daß dieses die gegenrevolutionären Pläne WranaelS unter­stützen sollte.

Entente-Protest gegen die Ministerreden im besetzten Gebiet.

Zürich 8 Dez Aus Genf wird gemeldet: Der franzö­sische und englische Boischafter sowie der belgische Gesandte erschienen gestern in Berlin beim Reichsminister deS Aeußern Dr. Simons und überreichten ihm eine Note ihrer Regie­rungen, in der gegen die unlängst im besctzten Gebiet von den deutschen Reich?Ministern gehaltenen Reden scharfer Protest erhöhen wird In der Note wird nachdrücklich da­rauf Htngewiesen. daß in Zukunft von solchen Reden Abstand