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Druck und «erlay v»n ». W. Naiser (Karl Zager) Nagold, BerantwortNch für die Tchriktlettung: ft. w. Schmidt. Nagold.

Nr. 270

Donnerstag den 18. November 1S2V

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94. Jahrgang

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Stuttgart, 17. Nov. Der Finanzausschuß des Landtags setzte DienStag nachmittag die Einzelberatung des Etats bei Kap. 32. Zentralstelle für die Landwirtschaft, fort. Vor Ein­tritt in die Beratung interpellierte Pflüger (S.) den Ar­beitsminister wegen der Besetzung der Präsidentenstelle bei der Versicherungsanstalt Württemberg: Der Ausschuß der Landesversichsrungsanstalt habe unrerm 6. Juni in einer Eingabe ein Vorschlagsrecht erbeten, die Regierung habe die Eingabe bis jetzt aber nicht beantwortet; jetzt sei der Präsi­dent bereits ernannt; eine solche Behandlung könne sich der Ausschuß nicht gefallen lassen. Der Arbeitsminister Dr. Schall wies demgegenüber auf das geltende Recht hin. Nach den einschlägigen Bestimmungen der Reichsoersicherungsordnung stehe dem Ausschuß ein Votschlagsrecht nicht zu, und die württ. Regierung könne ihrerseits die klaren Bestimmungen der R. V. O. nicht umgehen. In einer längeren Debatte brachte ein Zentrumsredner zum Ausdruck, daß der Ausschuß, der das Kontrollorgan der beamteten Angestellten der Versicherungsanstalt sei, nicht gleichzeitig auch den Präsi­denten wählen oder Vorschlägen könne. Es liege im Interesse aller Versicherten, die Politik aus der Versicherungsanstalt möglichst sernzuhalten. Die Versicherungsanstalt sei eine reine Verwaltungsbehörde, die nach sozialen Gesichtspunkten zu arbeiten habe. Ein sozialdem. Redner betonte, daß nach den Ausführungen des Zentrumsredners der de­mokratische Gedanke nicht zum Zuge käme. Die Selbstver­waltungskörper müssen ausgebeutet werden. Demgegenüber vertrat ein Zentrumsredner die Auffassung, daß wahre De­mokratie mir der Politisierung derartiger Verwaltungsträger nichts zu tun habe; es handle sich um die Verwaltungslätig- keit einer Landesbehörde, und die obersten Beamten müssen noch allen Seiten hin unabhängig sein; sie dürfen nicht auf Wohlverhalten angestellt werden. Die Redner der BB. und der D. D. P. schlossen sich im wesentlichen diesen Aus­führungen an, während ein Vertreter der U. S. P. sich für das Vorschlagsrecht des Ausschusses aussprach. Der Ar­beitsminister seinerseits hielt an seinem Standpunkt fest. Bei der Zentralstelle für die Landwirtschaft wurde die Frage aufgeworfen, inwieweit ihre Selbständigmachung in Frage komme oder ob die Regierung beabsichtige, die Stelle einem anderen Ministerium anzugliedern. Der Minister erwiderte, der Aufgabenkreis der Zentralstelle habe sich durch Abgabe verschiedener kleinerer Geschäfte an die Landwirtschaftskammer verringert ; eine völlige Klärung über die künftige Gestaltung der Zentralstelle sei aber noch nicht gegeben und man werde daher mit der Entscheidung über diese Frage zweckmäßiger­weise solange zuwarten müssen, bis das Abgrenzungsgesetz über die Befugnisse der einzelnen Ministerien dem Landtag vorliege. Auf Anfrage eines Zen trums redn ers, warum bei den Geschäften der Feldbereinigung nicht mehr arbeitslose Personen verwendet werden, wurde von der Re­gierung dahin beantwortet, daß es sich hier vielfach nicht nur um die Ausführung von staatlichen Aufträgen handle, son­dern auch um Arbeiten von Privaifirmen u. Genossenschaften, auf welche die Regierung nur in beschränktem Umfang ein­wirken könne. Auf eine Anfrage aus den Reihen der B. B., ob und in welchem Umfang sich bei den Leistungen der Arbeitslosen eine Steigerung feststellen lasse, erklärte der Minister, daß eine erfreuliche Steigerung nahezu bis zur Normalleistung eingetreten sei. Von den bürgerlichen Par­teien wurde dann auch noch verlangt, daß die landwirtschaftl. Wtnterschulen vermehrt werden, angesichts des außerordentlich großen Andrangs von Schülern. Die Regierung teilte mit, daß zur Zeit 16 Winterschulen bestehen, je 8 Ein- u. Zwei- klassige. Ein weiterer Ausbau wurde seitens der Regierung zugesagt und dann auch noch die Anstellung weiterer Oeko- nomieräte für diese Winterschulen erörtert. Sowohl von Seiten der Regierung, wie auch von Abgeordneten wurde übereinstimmend betont, daß das eine der wichtigsten Auf­gaben sei, die landwirtschaftliche Produktion mit allen Mitteln zu steigern.

Der Finanzausschuß erneuerte dann gestern auch noch den Beschluß, daß Eingaben von Beamten zu einzelnen Etatkapiteln, soweit sie sich auf die Besoldungsordnung und auf eine höhere Einstufung im Etat beziehen, zunächst zu­rückgestellt werden sollen, bis ein Unterausschuß und auch die Fraktionen zu den vorliegenden Anträgen Stellung genom­men haben werden. Das KapitelLandgestüt" und die Auf­wendungen für verschiedene landw. Vereine und Genossenschaft ten, Molkereiwesen usw. wurden genehmigt.

Tages-Neuigkeiten.

Reichsnotopfer und Vermögensabgabe.

Berlin, 17. Nov. Die dem Reichstag zugegangene Vor­lage, betreffend eine beschleunigte Erhebung des Reichsnot- opserS und der Kriegsabgabe vom Vermögenszuwachs, will einen erheblichen Teil der Abgabe schon in den ersten Monaten des nächsten Jahres einziehen. Der einzuziehende Betrag soll mindestens 10 Prozent der abgabepflichtigen Vermögen er reichen, andererseits aber mindestens ein Drittel der Abgabe betragen. Die sofortige Einziehung der Abgabe soll in zwei Raten erfolgen: Am 1. Febr. und am 1. Aug. 1921. Für den Rest bleibt die Form langjähriger Tilgungsraten, deren

Beginn auf den 1. Okt. 1922 hinausgeschoben wird. Ein­tretende Härten sollen ausgeglichen werden.

Die Beschwerde Kaisers verworfen.

Berlin, 17. Nov. Die Beschwerde, die der Dramatiker Georg Kaiser gegen seine Verhaftung eingelegt hatte, ist, wie dieMünchn. Neues ten Nachrichten" melden, verworfen worden.

Sonderzüge nach Oberschlefien.

Berlin, 17. Nov. Der Deutsche Schutzbund teilt mit: Die Sonderzüge, die die stimmberechtigten Öberschlesier aus dem Reich in das Abstimmungsgebiet bringen, werden geheizt sein. Um eine gute Beheizung unter allen Umständen sicher­zustellen, werden die Sonderzüge mit Heizwagen versehen. Die Sonderzüge fahren mit einer Geschwindigkeit von. 60 Kilometern in der Stunde, also annähernd mit O-Zug-Ge- schwindigkeit. Für alte, kränkliche oder kriegsbeschädigte Stimmberechtigte stehen Wagen 2. Klasse zur Verfügung. Alle Vorbereitungen für die Reise und die Unterbringung der Stimmberechtigten sind so getroffen, daß niemand von der Teilnahme an der Volksabstimmung zurückzustehen braucht, selbst wenn der Termin in die kältesten Wintertage fällt.

Demokratischer Parteitag.

Saarbrücken, 17. Nov. Die Demokratische Partei deS Saargebiets hielt im Saargebiet einen außerordentlichen Parteitag ab. Zum ersten Vorsitzenden der Partei wurde Direktor Kohl, zum zweiten Vorsitzenden Psarrer Becker- Neunkirchen gewählt. An einer Verständigung mit den Koalitionsparteien wurde rege gearbeitet. Mit Bedauern wurde festgestellt, daß die politischen Parteien im Saargebiet keine Macht besitzen. Die Regierungskommisston bediene sich fast ausschließlich der Gewerkschaften, sodaß die Gefahr bestehe, daß die politischen Parteien immer mehr zur Bedeutungs­losigkeit herabsinken. Betont wurde in den Verhandlungen noch die Notwendigkeit, das bestehende Wahlsystem abzuändern. An die Saarregierung wurde das Ersuchen gerichtet, die Rück­kehr der seinerzeit Busgewiesenen zu gestatten.

Eine neue Straßbürger Zeitung.

Straßburg, 17. Nov. Mit dem heutigen Tage erscheint in Straßburg eine neue Zeitung in französischer Sprache: b.s Oöpecke tte Strasbourg". Vom parteipolitischen Stand­punkt aus betrachtet, wird ihre Politik ungefähr die radikal­soziale Richtung sein. Der Gemeinderat von Straßburg hat eine Entschließung der radikalen Gemeindefraktion ange­nommen, in der die Einführung der freien weltlichen Schule verlangt wird. Auf Anordnung des Generaikommissars Alapetite erhielt der ehemalige Kaiserpalast den Namen Palais du Rhin.

Ein Engländer znr deutschen Sozialfierungsfrage.

Ueber die Sozialisierungsfrage in Deutschland schreibt ein engl. Korrespondent lt.Kölner Ztg.": Der Streit um die Sozialisierung erzeuge eine für die Wiederaufnahme eines normalen Wirtschaftsbetriebes außerordentlich schädliche At­mosphäre von Unsicherheit. Die Forderung der Sozialisierung sei in ihrer jetzigen Form ein Ergebnis des Generalausstandes, der dem Kapp-Putsch folgte. Die damalige Regierung habe den Gewerkschaften ein bestimmtes Maß von Sozialisierung gestehen müssen, daß sei als unerfüllbares Vermächtnis auf die gegenwärtige Regierung übergegangen. Es stelle eine Schwierigkeit für das Kabinett und ein ständiges Hemmnis für das Wirtschaftsleben dar; solange es über dem Lande laste, hemme es die Unternehmungslust und erzwinge Vor­sicht, wo eine kühne Wirtschaftspolitik angebracht wäre.

Die Kohlenförderung im Ruhrgebiet.

Essen, 17. Nov. Die Gefamtförderung der Ruhrkohlen­zechen betrug nach den endgültigen Feststellungen im Oktober 8117 178 Tonnen gegenüber 7 801086 To. im Sept. 1920. Arbeitstäglich (bei 26 Arbeitstagen im Okt. und 27 im Sept.) stellt sich die Förderung auf 312 199 To. im Oktober (gegen 300042 im Sept.). Die Haldenbestände betrugen Ende Okt. 122 547 To. gegen 71042 Ende Sept. Die Zahl der Berg­arbeiter hat sich von Ende Sept. bis Ende Okt. um 8411 vermehrt. Ende Okt. waren 519 685 Bergarbeiter beschäftigt.

Oberschlefien.

Beuthen, 17. Nov. DieOberschlesische Landeszeitung" meldet: Nach zuverlässiger Meldung sind bei Czenstochau sieben polnische Divisionen aufmarschiert. Auch bet Sosno- wice und um Krakau sind starke polnische Truppen verteilt. Hiedurch ist plötzlich auch das Geheimnis der polnischen Eisen­bahnsperre für den Personenverkehr gelöst, die bald mit der Notwendigkeit von Kartoffeltransporten, bald mit den schlech­ten Zuständen der Eisenbahnen in Polen begründet wurde. Die Sperre, die am 12. November aufgehoben werden sollte, ist bis zum 19. November verlängert worden.

Polnische Truppenznsammenziehungen.

Berlin, 17. Nov. An hiesiger amtlicher Stelle vorlie­gende Nachrichten bestätigen die Zusammenziehung polnischer Truppen an der oberschlesischen Grenze. Die Regierung hat die Botschafter in London, Paris und Rom angewiesen, die Aufmerksamkeit der Regierungen auf diese Tatsache zu len­ken Und üm eine Nachprüfung der Angaben zu bitten.

Polnische Räuberbanden.

Allenstein, 17. Nov. Wie dieAllensteiner Ztg." authen­tisch erfährt, wurden in der Nacht vom 13. auf den 14. Nov. der deutsche Besitzer Friedet und seine Frau in Vierlawken bei Soldau das Opfer eines räuberischen Uebersalles polni­scher regulärer Soldaten. Friedel wurde erschaffen, die Frau erstochen, die Wohnung ausgeräumt. Die polnischen Be­hörden haben bisher keinen Schritt zur Ermittlung der Räu­ber unternommen.

Allgemeine Bestürzung in Griechenland.

Paris, 17. Nov. Zu der Wahlniederlage Veniselos' schreibt der Matin:. Die bis jetzt bekannt gewordenen Er­gebnisse der griechischen Kammerwahlen haben in Paris Be­stürzung hervorgerufen. Alle Diplomaten in Aihen ohne Ausnahme halten eine Niederlage Veniselos' für sehr peinlich. Nur ein Mitglied de§ Kabinetts sei wiedergewählt worden. Das Blatt glaubt bestätigen zu können, daß die alliierten Mächte, selbst wenn die Niederlage sich bestätigen sollte, eine Rückkehr des Königs Konstantin nicht dulden würde. Wei­ter bestätigt das Blatt die Absicht des griechischen Minister­präsidenten, zurückzutreten, wenn die Wahlen gegen ihn aus­gefallen sein sollten.

Athen, 17. Nov. Rhallis, dem die Bildung des Kabi­netts angeboten wurde, hat abgelehnt. Wahrscheinlich wird Gunaris das Kabinett bilden.

Athen, 17. Nov. Die Börse ist wegen des Rücktritts der Regierung geschloffen.

Droh-Noten Tschitscherins.

Parts, 17. Nov. Die Drohnote Tschitscherins an Eng­land trägt ihre Früchte. Man erwartet in dieser Woche die Entscheidung in der Frage der Wiederaufnahme der Wirt­schaftsbeziehungen zwischen London und Moskau. Es soll im englischen Kabinett zu einer Szene gekommen sein. In der gleichen Weise, mit einer Drohnote, hat Tschitscherin die ungarische Regierung informiert, daß für den Fall, daß das Gericht ein grausames Urteil gegen die früheren Volkskom­missare fällen werde, die ungarischen Geiseln in den russischen Konzentrationslagern dasselbe Schicksal erleiden würden.

Die fragwürdige Persönlichkeit Danderlips.

Stockholm, 17. Nov.Aftonbladet" hat sich über den Vertreter des russisch amerikanischen Syndikats, Vanderlip, bei dem amerikanischen Gesandten in Stockholm erkundigt, der erklärte, daß Vanderlip ihm persönlich und der Gesandt­schaft unbekannt sei. Eine weitere Erklärung in dieser Sache wollte der Gesandte nicht geben. Das Blatt hat sich auch an die japanische Gesandtschaft gewandt, wo man die Verein­barung des Syndikats als äußerst phantastisch bezeichnet. Vanderlip sei in diesem Jahre in geschäftlichen Angelegen­heiten in Japan gewesen, aber näheres über ihn sei nicht bekannt.

Die internattonale Donankonferenz.

Paris, 17. Nsv. Die internattonale Donaukonserenz hat die erste Lesung des internationalen Abkommens der Donau­akte gestern beendet. Die Konferenz wird Ende März wie­derum in Paris zusammentreten, um die zweite Lesung zu beginnen. Zu Ehren der internationalen Donankonferenz, gab die französische Regierung gestern ein Frühstück, zu dem alle Delegierten geladen waren. Die deutsche Delegation wurde in Abwesenheit des verhinderten ersten deutschen Be­vollmächtigten, Gesandten Seliger, von dem Gesandten Dr. v. Lucius, Vorsitzender der deutschen Friedensdelegation, ge­führt. Im Auftrag der französischen Regierung begrüßte der Unterstaatssekretär im Ministerium Reidel den Entwurf der Donauakte als einen Fortschritt der wirtschaftlichen An­näherung der beteiligten Völker. Er dankte den Delegattonen die an diesem Friedenswerk mitgearbeitet haben.

Die Präsidentenwahl in Enba.

New Port, 17. Nov. Die Wahl in Cuba ist recht ruhig verlaufen; es wurden nur 8 Tote und 20 bis 30 Verletzte gemeldet. Das ist für einen latino amerikanischen Staat, wo Lebensverstcherungsgesellschasten die Ausübung des aktiven Wahlrechtes durch ihre Police-Inhaber mit ziemlicher Be­unruhigung betrachten, recht wenig, besonders auch deswegen weil dem unterlegenen Kandidaten, Miguel Gomez, große Geldmittel zur Verfügung standen, sodaß er in der Lage war, daß Rowdy Element an seine Fahne zu ketten. Der neu­gewählte Präsident, Dr. Alfredo ZayaS, ist ein Vertreter der intellektuellen Richtung, der auch sein jetzt abtretender Vor­gänger Menocal angebörle. Dieser hat dem Lande eine recht gute Verwaltung gegeben, und man erwartet von Dr. Zayos das gleiche. Jedenfalls scheint man großes Vertrauen auf ihn zu haben, denn er hat in fünf von den sechs Provinzen eine Mehrheit erzielt.

Die Hangersnot in China.

Der Times wird ans Peking geschrieben, im ganzen Lande sind 352 Distrikte von der Hungersnot betroffen. Um diese vom Hungertode zu retten, sind sofort 2 Millionen Dollar angefordert worden und 5 Millionen zum Einkauf von billigen Lebensmitteln. Um das internationale Hilfs­werk durchdringend gestalten zu können, sind mehr als 100 Millionen Dollar erforderlich, wenn nicht gar 200 Millionen Dollar. Verschiedene chinesische und fremde Organisationen