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Nr. 86 E-,-»nd-, ls«? Mittwoch, den 8. Nkärz 1933 z-,M-ch-r s« « io?. Jahrgang

Tagesspiegel

Samens -es bayerischen Gesamtministerlnms hak Dr. kseld den Landlagspräsidenllen ersucht, die bereits eingeleite­ten Schritte rur Neubildung der Skanksregieruna befchlew- nigk durchzuführen.

Laut VDZ. wird sich das Reich voraussichtlich, wie im Vorjahr, zunächst mit einem Nokhaushalt für die Monate April, Mai und Juni behelfen, in denen dann die Aus­gaben auf Grund des vorjährigen Haushalts geleistet wer­den. Inzwischen soll der neue Haushaltplan ausgearbeikek werden. Ob er wie im vorigen Jahr durch Notverordnung oder durch ein vom Reichstag m bewilligendes Ermächti­gungsgesetz verabschiedet wird, ist noch nicht bestimmt. !

Reichstag ist bis jetzt nur den .Fraktionen der ! NSDAP, und der Deutschnarionalen die Benutzung ihrer ^ Arbeitszimmer gestattet, in den übrigen Räumen und in j den Pressezimmern kann noch nicht gearbeitet werden.

Der Reichstag und der preußische Landtag werden wie- ! der durch den beiderseitigen Alterspräsidenten, den SZjähri- : gen Abgeordneten General Lihmann eröffnet werden. >

Der kyffhäuserbund erwartet in einer Erklärung, daß die Reichsregierung die alten heiligen Farben Schwarz- Weiß-Rot so schnell wie möglich herauslöse aus dem Par- teikampf und sie wieder einsehe als Fahne des nationalen »vehrwilligen gesamten deutschen Volks.

Vertreter der NSDAP, und des Zentrums verhandelten am Dienstag in Karlsruhe wegen der Bildung einer neuen Regierung in Baden. Die Nationalsozialisten dringen aus baldige Neuwahlen sür den Landtag.

Der sächsische Ministerpräsident Schieck wird am Mitt­woch in Berlin eine Besprechung mit Reichskanzler Hitler und Rekchsinncnminister Dr. Frick haben.

Die Schaumburg-lippische Landesregierung ist mit Rück­sicht auf die veränderten politischen Machtverhäktnisse zu- i rückgekretcn. Der Lrndkag wird sofort über seine Auflösung und die Neuwahlen Beschluß fassen.

Im Berliner Ralhaus erschien am Dienstag mittag eine Gruppe von fünf Jungsiahlhelmern und hißte auf dem hohen Turm des Rathauses die schwarz weiß rote Jahne.

Der stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-nationalen Volkspartei, Abg. Dr. v. Winkerseld, hat in Schreiben an Reichskanzler Hitler und an den Reichskommissar für Preu­ßen, Vizekanzler v. Paper» ersucht, auf Grund des bei den Wahlen zum Ausdruck gekommenen nationalen Volks- willens, unbeschadet der noch zu treffenden formal-recht­lichen Aenderungen bisheriger Verfassungsbestimmungen, für den Dienstbereich im Reich und in Preuße« in der Re­gelung der Flaggenfrage einen Zustand zu schassen, der der Auffassung der Bevölkerungsmehrheit entspricht und der Ehrfurcht aus den geschichtlichen Werten des deutschen Volks, den Farben Schwarz-Weiß-Rot. Rechnung trägt.

Die thüringische Skaaksregierung hat ein Nokgeseh be­schlossen. wodurch das Beflaggen der Dienstgebäude der Gemeinden zur Aufkragsangelegenheiten erklärt wird.

Gegen den Reichskagsbrandstifter Lübbe ist die Vor­untersuchung wegen Hochverrats und schwerer Brand­stiftung eröffnet worden. Untersuchungsrichter ist Reichs- gerichksrat Vogt. Für diese Verbrechen kann nach dem Gesetz lebenslängliches Zucklbaus verhängt werden.

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Amtsübernahme durch Dr. Müller

Darmstadt, 7. Marz. Der nationallsozialistische Abgeord­nete Regierungsrat Dr. Müller erschien gestern in Be­gleitung der Abgeordneten Dr. Best und Claß bei dem bisherigen Staatspräsidenten Adelung (Soz.) und teilte ihm mit, Naß er zum R e i ch s k o m m i s s a r in Hessen bestellt sei. Adelung verweigerte seinen Rücktritt, da er von der Reichsregierung noch keine Mitteilung erhalten habe. Inzwischen verkehrte Reichsinnenminister Dr. Frick tele­phonisch mit Dr. Müller, der nun einen zweiten Besuch bei Adelung machte, worauf sich der Uebergang -er Polizei­gewalt rasch und reibungslos vollzog.

In Begleitung des nationalsozialistischen Gauführers Sprenger und einiger engerer Mitarbeiter besetzte Polizeikommissar Dv. Müller unter Mitwirkung der Stan­darte 115, die durch auswärtige SA. aus dem Odenwald und den benachbarten Bezirken verstärkt war, das Innen­ministerium, das sozialdemokratische Gewerkschastshaus, die Wohnung des Staatspräsidenten Adelung und des Innen­ministers Leuschner (Soz.) sowie das Verlagsgebäude des sozialdemokratischenVolksfreund". Innerhalb weniger Stunden war alles durchgesührt. Die zahlreichen Schutz­polizeibeamten im Innenministerium und in einigen anderen Gebäuden übergaben ohne Widerstand ihre Waffen der SA - Führung. Der Polizeikvmmissar des Reichs, Dr. Müller, Hot seine Aufgabe bereits übernommen.

Polnischer Uebergriff in Danzig

Danzig, 7. März. Die Aufregung, die die deutschen Reichstagswahlen in Polen hervorgerufen haben, hat die polnische Regierung zu einer neuen Herausforderung ausgenutzt. Der polnische TruppentransportdampferWilja" fuhr am Montag nachmittag in den Danziger Hafen ein und landete polnische Trupppen, deren Stärke bis jetzt nicht sestgestellt werden konnte, auf der Westerplatte, außerdem 100 Mann zivile Polizei, die als polnische Hafen­polizei bestimmt sein soll. Die Danzgier Regierung ver­langte vom Vertreter Polens Aufklärung, dieser gab aber nur eine ausweichende Antwort. Die Danziger Regierung erhob darauf beim Völkerbundskommissar Rosting Einspruch gegen die polnische Vertragsverletzung und ersuchte ihn, den vertraglichen Zustand auf der Wester- platte wiederherzustellen. Von polnischer Seite war Rosting bereits benachrichtigt worden; die polnische Regierung hatte dabei vorgeschützt, sie befürchte einen deutschen An­schlag aus das polnische Munitionslager auf der Wester- platte, sie sei daher berechtigt, für die Sicherung des Lagers das Erforderliche zu veranlassen.

Der polnische Gewaltstreich ist indessen nur die Einlei­tung zu einem von langer Hand vorbereiteten Vorgehen. Bekanntlich hatte Polen von Anfang an das Bestreben, sich auf der Westerplatte einen militärischen Stütz­punkt zu schaffen. Der Völkerbundsrat hat in seiner Sitzung vom 9. Dezember 1925 diese polnischen Pläne ein­deutig zurückgewiesen und erklärt, daß lediglich zur Erhal­tung der Ruhe und Ordnung auf der Westerplatte Polen eine militärische Wache von nicht mehr als 66 Mann, 20 Unteroffizieren und zwei Offizieren unterhalten dürfe. Der Rat hatte damals außerdem klargestellt, daß jede Vergröße­rung dieser Wache auf der Westerplatte die ganze Frage grundsätzlich neu' auzrollen würde. Auch die polnische Re­gierung hatte der Meinung beigepflichtet, daß eine Ver­stärkung von Fall zu Fall nur mit vorheriger Genehmigung des Völkerbundskommissars möglich sein würde. Polen ist jetzt aber über alle diese Vereinbarungen hinweg­gegangen und hat wieder einmal nicht nur Danzig, sondern auch die Völkerbundsinstanzen vor eine vollendete Tatsache gestellt.

Für die Freie Stadt Danzig ist dieser polnische Plan völlig unerträglich. Bereits vor Jahren hatte die polnische Regierung versucht, die Danziger Polizeihoheit zu durch­löchern, indem sie den Vorschlag machte, dem Völkerbunds­kommissar eine internationale Polizei zu unterstellen, die für Ruhe und Ordnung in Danzig, dem Zugang Polens zur See, verantwortlich sein sollte. Dieser, polnische Plan, der darauf hinauslief, polnische Polizei unter fal­scher Flagge nach Danzig hineinzuschmug­geln, wurde von den Völkerbundsinstanzen abgelehnt. Darauf ist Polen neuerdings auf seinen alten Plan wieder zurückgekommen, indem es jetzt versucht, dem Hafenaus- schuß, in dem zur Hälfte Polen sitzen, polizeiliche Voll­

machten zuzuschanzen, mit der Begründung, daß die Dan­ziger Polizei nicht die Gewähr für Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Danziger Hafen gebe. Die pol­nische Regierung hat dem Hafenausschußpräsidenten ange- boten, ihm eine Abteilung polnische Polizei zur Verfügung zu stellen. Auch gegen diesen Plan hat die Danziger Re­gierung vor etwa 14 Tagen Front gemacht. Wenn im Danziger Hafengebiet und in der Stadt Danzig polnische und Danziger Polizei nebeneinander tätig sein würden, so wären Zusammenstöße einfach unvermeidlich

Es muß daher verlangt werden, daß die Genfer In­stanzen allen solchen polnischen Versuchen im Interesse des Friedens sofort einen Riegel vorschieben. Leider hat der Völkerbundsrat in seiner jetzigen Sitzung es versäumt, die Vorschläge seines Ausschusses zur Neuregelung des Ver­fahrens im Fall einer bestimmten Tatsache zum Beschluß zu erheben. Diese Langmut, die der Rat den polnischen Wünschen gegenüber gezeigt hat, ist wieder einmal von polnischer Seite schlecht belohnt worden, und der Rat steht wieder vor einer vollzogenen Tatsache, die geeignet ist, u tr­üb er sehbare Folgen heraufzubeschwören, wenn es zu einem Zusammenstoß kommen sollte. Völkerbundskom­missar Rosting ist bemüht, Polen zur Zurückziehung dieser Verstärkung zu veranlassen, es ist aber sehr fraglich, ob diese Bemühungen Erfolg haben werden.

Ausruf des Danziger Senats

Danzig, 7. März. Der Senat erließ nachstehenden Aus­ruf:An die Bevölkerung der Freien Stadt Danzig! Die polnische Regierung hat einen schweren Rechtsbruch gegen die Freie Stadt Danzig unternommen und ohne Ge­nehmigung des Hohen Kommissars und unter Verletzung der bestehenden Verträge auf der Westerplatte eine Truppen­abteilung mit schweren Waffen gelandet. Sowohl der Senat wie der Hohe Kommissar haben sofort alle erforderlichen Schritte unternommen, um diesem schweren Rechtsbruch ent­gegenzutreten. Wir erwarten von der Besonnenheit der Danziger Bevölkerung, daß sie wie bisher in ähnlichen Fällen unbedingte Ruhe und Ordnung in dieser ernsten Lage bewahrt und Ausschreitungen vermeidet, die lediglich geeignet wären, der gerechten Sache Danzigs Abbruch zu tun.

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Der Danziger Heimatdienst hat eine Protesterklä­rung veröffentlicht, in der er die Aufmerksamkeit der im Völkerbund vertretenen Regierungen und der gesamten internationalen Oeffentlichkeit auf das gefährliche Spiel lenkt, das Polen seit Jahr und Tag mit der Freien Stadt Danzig treibe und das vor der Anwendung äußerster Machtmittel zur ' Führung politischer Ziele nicht mehr haltzumachen sch

Dr. Müller hat gegen Mitternacht folgende Bekannt­machung an die Bevölkerung erlassen:

Der Reichsminister des Innern hat die Polizeigewalt des Volksstaaks Hessen auf mich übertragen. Ich habe heule, den 6. März 1933, um 11.30 Uhr nachks. die gesamte Polizei- gemalt in Hesse« übernommen. Zur Durchführung meiner Aufgabe habe ich den Landkagsabgeordneten Dr. Werner Best zum Sonderkomniissar für das hessische Polizeiwesen mit der Befugnis, mich zu verkreken, und > > Polizeioberst- leuknanl Fendel-Satorius (bisher Führer der Bereit- schasks-Polizei in Mainz) zum Führer der gesamten unifor­mieren Polizei sowie der Gendarmerie Hessen ernannt. Zur Unterstützung der staatlichen Polizei bestelle ich gemäß r?ch ergehender Anordnungen Hilfspolizei, die aus den hinter der Reichsregierung stehenden Verbänden ent­nommen werden soll. Ich ermahne die gesamte Bevölkerung» in diesen Tagen des Uebergangs strengste Disziplin und höchste Besonnenheit zu wahren, um den Organen des Skaais, bei denen ausschließlich -ie Ausübung -er öffent­lichen Gewalt liegt, ihre Aufgabe, -ie Sicherheit und Ord­nung oufrechlzuerhalten, nicht zu erschweren.

Staatspräsident Adelung hat in einem Telegramm dem Reichsinnenministerium von der vollzogenen Uebergabe der Polizeigewalt an Dr. Miller Kenntnis gegeben und gleich­zeitig gegen die Maßnahme Einspruch erhoben.

Das Mißverständnis bei der Unterredung Müller- Adelung ist darauf zurückzuführen, daß SWelrmg. als er am Dienstag morgen von Berlin aus telephonisch ange­rufen wurde, nicht erreichbar und auch nicht aufzufinden war.

Vor dem Ministerium des Innern stehen Doppelposten der SA., di« mit Stahlhelm und Karabinern ausgerüstet sind. Aus dem Bahnhof ist ein starker Verkehr von SA.- Leuten Das Verlagsgebäude des sozialdemokratischen Volksfreund" wurde um 7 Uhr morgens geräumt.

Papen Ministerpräsident?

Berlin, 7. März. Nachdem durch die Wahlen vom 5. März arm- jm preußischen Landtag die Rechte die absolute Mehr­heit erlangt hat, wird in politischen Kreisen vor allem die Frage erörtert, wer der künftige Ministerpräsident in Preußen sein werde. Eine Aenderung des bisherigen Füh­rers der nationalsozialistischen Preußenfraktion, Kube, wonach Hitler den preußischen Ministerpräsidenten bestim­men werde, hat zu der Annahme geführt, daß der Reichs­kanzler seinen Parteifreund Göring, der zur Zeit das preußisck-e Innenministerium verwaltet, als Ministerpräsi­denten vorschlagen werde. Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob Göring geneigt ist, seinen jetzigen Posten, mit dem die Verfügung über die Polizei verbunden ist, aufzugeben. Man glaubt daher, daß Reichskommissar von Papen für den Posten vorgeschlagen werde, was ohne Zweifel auch im Sinn des Reichspräsidenten gelegen wäre. Man nimmt an, daß die Frage des preußischen Ministerpräsidenten zwischen den jetzigen Mehrheitsparteien des Landtags vor seiner Wahl endgültig geklärt wird. Der neue Ministerpräsident wird dann nach der preußischen Verfassung seine Minister selbst zu bestimmen haben, und man glaubt, daß der be­kannte Rechtsanwalt Dr. Lütgebrüne, der zur Zeit ehrenamtlich im Reichsjustizministeriuim tätig ist, die Lei­tung des preußischen Justizministerums erhalten wer". Auf jeden Fall wird die Einheitlichkeit der Poli­tik im Reich und in Preußen sichergestellt werden.

Folgerungen ans -er Reichstagswahl

Regierungsumbildungen in Süddeutschland Ermächti­gungsgesetz Verhandlungen mit Zentrum und Bayeri­scher Volksparkei

Berlin, 7. März. Von den Kreisen, die der Reichs­regierung nahestehen, wird verlangt, daß nach der Relchs- laaswabl nun aucki in den Ländern, namentlich in Süd-