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Der Gesellschafter

Samstag, den SV. September 1933.

Roben in der MreM Menbuch

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Droben auf Stuttgarts Höhen liegt ein ehemaliges Kommumsten-Waldheim; die Jungnazis" haben es jetzt zu einer Führer­schule gemacht. Schon an der Straßenhalte­stelle .Silberwald" zeigt ein großer Schild dem Besucher den Weg.

Der Morgen dämmert herauf; noch ist's still. Da ertönt ein Hornsignal. Im Schlas- saal des Heimes wird's lebendig: ein Strecken und Gähnen; dann wird Blut gefaßt: Eins, zwei, drei, heraus aus der Falle. Es ist auch allerhöchste Zeit; denn schon erscheint der Mann vom Tagesdienst, der die Säumigen nach bewährten Kommißmitteln rasch aus dem Kahn bringt. Nach 5 Minuten ist alles am Fahnenmast angetreten. Der Schulleiter erscheint:Heil Kameraden!" ..Heil Hitler" lluit's zurück. Der Mann vom Tagesdienst

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meldet, daß alle Kameraden angetreten sind. Dann kommt das Kommando: Stillgestan» den! Zum Fahnenhissen Augen rechts! Die Fahne wird ausgezogen; alle grüßen sie mit erhobener Hund. Ein Leitwort für den heutigen Tag und ein frisches Kampflied dann beginnt der Dienst. Nachdem man sich gewaschen und die Fallen gebaut hat (wehe, wenn sie nicht tadellos daliegen!), geht's mit mehr oder weniger Begeisterung an den Ta­gesdienst: Stuben-, Flur- und Hosdienst mit dem vielbegehrtenAbortschrobben" msw. sind solcheEhrenämter". Unterdessen haben die Küchenmichel das Frühstück ausgetragen, das man meist, wie auch die andern Mahlzeiten im Freien einnimmt. Jeder setzt sich an ir­gend einen Tisch; ein kurzes Wort, und dann wird gemeinsam mit dem Morgenessen be­gonnen. Es schmeckt allen vortrefflich; man

merkt dies schon an der ausfallenden Ruhe; jeder hat mit sich zu tun".

Geräuschlos sausen dieKellner" mit den Kaffeekannen umher und bedienen so ge­wandt, als ob sie nie einen andern Berus gehabt hätten. Das Frühstück ist beendet, die Kameraden reichen sich die Hände, mit einem Heil Hitler" ist die Tafel aufgehoben.

Nach kurzer Zeit ertönt das Zeichen zum Autreten; der Mann vom Tagesdienst erstat­tet wieder die Stärkemeldung, dann beginnt der Unterricht.

Heute erzähltVater Kroll" vom Werden unserer Bewegung. Alle folgen gespannt den ernsten Worten dieses Mannes, der uns Jurten so viel zu sagen hat. Klar und ein­deutig stellt er die Fehler des vergangenen liberalistisch-marxistischen Zeitalters heraus. Schon vor der Jahrhundertwende beginnen Strömungen vor allem auch gegen den jü­disch, materialistischen Zeitgeist. Dann kom­men die Zeiten schwersten Kampfes und schwerster Entbehrung in den Nachkriegsjah­ren. Aber Adolf Hitler führt die Bewegung zum Siege. Dieser Sieg gibt uns keine Be­rechtigung zum Rasten.Kampf ist der Sinn unseres Lebens und der Hitlerjugend", io schließt der alte Vorkämpfer des Nationalso­zialismus. Der Beifall der Zuhörer zeigt, wie Vater Kroll" uns aus dem Herzen gespro­chen hat.

Bei gemeinsamem Vesper setzt dann noch eine lebhafte Aussprache ein, der erst durch den Beginn des Sports ein Ende gesetzt wird.

Onkel Fritz", der bekannte, erfolgreiche ehemalige Kickersmann hat jetzt das Worr. Er spricht nicht viel; aber trotzdem verstellt er es meisterhaft, ohne viel Kasernenton Dis­ziplin beizubringen. Wir beginnen mit einem kurzen, aber anstrengenden Lauf, dann fol­gen Gymnastik ohne Gerät, Kugelgymnastik, Medizinballübungen, Steinstoßen. Baum­stammwersen uff. Es sind dies alles Hebun­gen, die recht harmlos aussehen, deren wohltuende" Wirkungen aber meist erst abends oder am folgenden Tag verspürt werden.

Mittlerweile ist es 12 Uhr geworden, es bleibt noch kurze Zeit, um uns zu waschen oder abzutuschen; da meldet auch schon das Horn:Kartosselsupp, KartofselsuPP". Dies wird wesentlich freudiger begrüßt als das Wecksignal am Morgen, besonders deshalb, weil man weiß, daß die hervorragende Koch­kunst unserer H e i m b e r g s, alter Parter- aenvssen, unseren Geschmack und Appetit voll­ständig befriedigen wird.

Inzwischen ist derPostillon" eingetrof- sen, dessen Gaben auch für das geistig-see­lische Wohl, wenigstens für einen Teil der Kameraden sorgen.

Nach zweistündiger Pause geht's mitOn­kel Fritz" ins Gelände. Dort wird die Ent­faltung der Gruppe geübt. Eine kurze Erklä­rung genügt; wer nicht begriffen hat, darf irgend eine Hebung machen, wie z. B. das

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>,beliebte" Kriechen; so lernt jeder rasch be- greifen. Nach einiger Uebung klappt die Sache, und nun beginnt der gemütlichere Teil. Wir sitzen im Halbkreis uni den Führer herum in's Gras und lernen das Gelände beschreiben, Entfernungen schätzen. Karten lesen, usw. Nur zu rasch geht die Zeit herum. Mit frischem Marschgesaug ziehen wir wieder ins Lager zurück. Die Zeit bis zum Nachtessen wird noch mit Vorträgen ausgesüllt.

Nach dem Abendessen tragen mir Holz zu­sammen zu einem Lagerfeuer. Wir alle freuen uns daraus; wissen wir doch, daß un­ser Gebietsführer Wacha und noch andere alte Kämpfer der HI heute abend zu uns herauskommen. Schnell werden noch unter Gesang die Stiefel und Kleider geputzt, da fährt auch schon dasGebietsaulo" herein; die Insassen werden freudig begrüßt.

Es ist dunkel geworden. Der Holzstoß wird augezündet . . . Wir setzen uns im engen Kreis um's Feuer. Ruhig und klar ertönt em Lied. Dann ist's stille. Wir fühlen, daß wirkliches Erleben in uns allen entsteht, das

Erleben der Gemeinschaft, der Kameradschaft. Nun erzählt einer aus den Tagen schwersten Kampfes, eines Kampfes, der nur geführt werden konnte, weil seine Träger das Be­wußtsein hatten, daß der Zweck deS Ringens ein eyrlicher und das Ziel das richtige war.

Wieder herrscht Schweigen; man erlebt das Erzählte nach. Langsam erlischt das Feuer. Das Horst-Wessel-Lied klingt in die Nacht hinaus ein Gelöbnis der Treue für dre toten Kämpfer, für den Führer und sür's Vaterland. Dann reicht der Gebietssührer fe­dern die Hand und sieht ,edem fest ins Auge; wir alle haben es wie eine neue Verpflichtung für unsere Jugendarbeit empfunden.

Der Zapfenstreich findet uns schon in den Fallen, und das Erlebnis des Abends ist io stark, daß sogar der sonst so beliebte und gefürchteteKasernengeist der Nacht", der sonst Betten verschwinden, nasse Leintücher und dgl. entstehen ließ, in seinem Treiben gebannt war. Vereinzelte Schnarchtöne ver- raten dem Lauscher, daß der Tag die nötige Ermüdung gebracht hat. Ein Teilnehmer

liniere erste Zahne

Stuttgart, Ende September.

Zuerst hatten wir bloß einen Wimpel, und auch den hatten wir uns in der HI. nicht einmal selber gemacht. Er war einmal der Schilljugend vorangeflattert, der Vorläufe­rin der HI., wenigstens in Württemberg. Es war ein gutes rotes Wolltuch, mit einem Weißen Kreisfeld in der Mitte und darin vier gotischeH", wie die vier Speichen eines Rades so angeordnet, daß es sich wie ein Hakenkreuz ansah. Das waren die Anfangs­buchstaben des Wahlspruches dieser Gruppe

war schwarz das Hammer- und Schwertkreuz aufgenäht und auf der anderen das Haken­kreuz mit kreisenden Greifern.

Als dann in den Hundstagen des Jahres 1930 der Fall Otto Straßer auch einen kurzen, schmerzvollen und doch so notwendigen Schal- ten auch über unsere Stuttgarter HI. warf, da war dann diese Fahne nicht mehr in den Händen der HI. Vor Gericht wollten wir nicht vor ein Gericht der Republik, um unserere Fahne willen, und um eine Fahne rechtet man auch nicht vor dem Kadi.

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gewesen:Haus Herd Hof Heimat!"; wir hatten das Tuch zu treuen Händen über­kommen; kaum einer von uns kannte noch den einen oder andern von denen, die es an­fänglich getragen hatten. Sie waren in der Zwischenzeit durch die mannigfaltigsten Schicksalsschläge in alle Welt zerstreut wor­den. Aber wir trugen den Wimpel, wie wenn er von Anfang an uns gehörte. Er ist heute noch erhalten und wird bald ein­mal einen Ehrenplatz finden.

Solange wir ein kleines Häuflein waren > es gab damals im ganzen Ländle nicht mehr als drei oder vier Grup- pen HI., genügte er unseren Bedürf­nissen. Wir konnten uns ja noch nirgends sehen lassen nur die wenigsten von uns hatten es bis zu einem Braunhemd gebracht! Aber als dann einmal an einem lachenden Maimorgen des Jahres 1929 das Dutzend sauber ausgerüsteter Braunhemden voll- geworden war einer war darunter, der hatte sich die Kluft vom Mund abgespart, aber sein Vater, ein bissiger Sozi, hatte sie ihm zerschnitten und verbrannt vor Wut, da weihten wir auch unseren eigenen Wim­pel: Ein einfaches rotes Tuch mit dem har- ten Hakenkreuz im viereckigen Feld.

'Nie dann wiederum der Frühling kam, und unsere Stuttgarter HI. bereits drei Scharen hoch antrat und sich sehen lassen konnte, da hatten wir auch einmal unsere Fahne. Die Mutter eines der ältesten Kame­raden hatte sie genäht und der HI. gestiftet; rot war das große Tuch, auf der einen >L-eite

Sie gehört heute noch uns, und wir haben sie nicht vergessen.

Da kam dann die Fahne zu uns, die jetzt die älteste Fahne der HI. in Württemberg ist, die schwarze Fahne mit dem großen, rechteckigen roten Hakenkreuz über die ganze Fahne und wiederum rotem Hammer und Schwert auf der anderen Seite. Am Abend des 13. September 1930 empfing sie in der Stadthalle ihre Weihe, als Gregor Straßer dort seine wundervolle, denkwürdige Rede hielt, und seitdem hat sie uns nicht mehr ver­lassen. Treu ist sie uns den Weg voraus­gegangen; sie ging voraus, als wir Ernst Weinstein das letzte Geleit gaben; sie führte uns auf zackigen Nachtmärschen aus vereisten Wegen, und keiner blieb zurück. Und sie zog uns trotzig und lustig voraus, als wir nach der Sommersonnenwende zur Zeit der Notverordnung und des Aufmarsch- Verbotes durch das Städtlein marschierten, durch das eine Viertelstunde vorher die grü­nen Bananen gezogen waren, ohne daß die Polizei sich regte; was dann für uns nach­her drei Monate ergab, während bei den Bananenselbstverständlich ganz andere Verhältnisse Vorlagen". Aber wir litten das gern und stolz um unserer Fahne willen. Und so hat sie uns auch in den Sieg geführt, die Fahne, der wir einfach folgen mußten.

Haltet sie in treuen Händen rein und un­befleckt und lieb, so wird sie noch größer« Siege sehen! N i e g r a s.