Der Gesellschafter
Mittwoch, den 12. Juli 1933
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„Hunger! Wer nie dem Hungertode nahe- gewesen ist und nie gesehen hat, wie seine Freunde und Arbeitskollegen vor Erschöpfung starben, der weiß nicht, welche Schrecken dieses Wort verbirgt!"
So fängt einer der erschütternden Notschreie an, die deutsche Bauern aus dem Wolgagebiet, aus dem Nordkaukasus, dem Ural und der Ukraine an ihre Verwandten und Freunde in Deutschland gesandt haben. In einer kleinen Ausstellung am Belle-Alliance-Platz in Berlin hatten Deutschrussen zahlreiche dieser ergreifenden Dokumente aneinandergereiht. Nur fünfzig oder hundert hatten an den Schaufenstern und auf den Tischen Platz gefunden, aber es find in Wirklichkeit Tausende von Briefen, Tausende von Verzweiflungsschreien, die aus dem „Sowsetparadies" in jüngster Zeit nach Deutschland gelangt sind.
Am Ende des mit so unerhörtem Optimismus begonnenen Fünfjahresplans steht — der Hunger. Vielleicht nicht so in den großen Industriezentren, wo die Sowjetbehörden noch einigermaßen für Arbeiter und insbesondere für die Parteimitglieder gesorgt haben. Aber unter den Bauern breitet sich schon ein Elend aus, das nur wenig hinter der furchtbaren Hungersnot von 1921, die Millionen gemordet hat, zurücksteht.
Behörden stellen Lebensmittel „sicher"
Schon im Herbst haben die Sowjetbehörden damit begonnen, den Bauern alles wegzunehmen, Brotgetreide und Saatkorn, Kartoffeln, Hühner, Schweins und Rinder, um zunächst die Versorgung der zusammengeballten Massen in den Großstädten einigermaßen sicherzustellen. Die Bauern können sich ja am wenigsten wehren. Ihre Ställe und Scheuern sind heute leer, seit Monaten haben sie kein Brot mehr gehabt. Der Tod hält grausame Ernte...
Der Hunger hak den deutschen Bauern die Feder in die Hand gedrückt. In ungelenken, derben Schriftzügen, mit vielen Schreibfehlern durchsetzt, schildern sie ihre himmelschreiende Not. Es ist immer die gleiche Bitte, durch Vermittlung des „Torgsin", der amtlichen Lebensmittelläden, Brot oder Geld in ausländischer Währung zu senden. Denn für den Rubel gibt es so gut wie nichts.
„Teurer und gütiger Bruder! Es nimmt Euch vielleicht wunder, mit einemmal von unbekannten Geschwistern einen Brief zu erhalten. Aber die Not bricht Stahl und Eisen, sagt das Sprichwort. Die himmelschreiende Not treibt uns zu Euch. ES ist nicht zuviel gesagt, wir verhungern, wenn . keine Hilfe kommt. Die Kinder und mein armer, taubstummer Mann sind schon ganz aufgeschwollen. Zwei Monate haben wir nur von Kuhrttben und Zuckerrohrsamen gelebt. Das ist jetzt schon seit Wochen alle. Wir haben gebettelt, aber der Sack bleibt meist ganz leer. Niemand hat etwas übrig. Im Herbst hatten wir noch fleißig geerntet, aber im Januar mutzten wir alles Korn und alle Produkte, auch Gemüse, an die Regierung ausliefern. Wir haben keine Henne und keinen Hahn mehr, kein Schwein und keine Milch. Meines Mannes Eltern sind seit drei Jahren verbannt, meine leiblichen Brüder sogar auf fünf Jahre. Oh, Geschwister, säumt nicht, wenn Ihr noch ein mitleidiges Herz habt. Möge Gott die Herzen bewegen, uns zu helfen!"
Wassersuppe und grobes Welschkornmehl
„Unsere Nahrung besteht gegenwärtig nur aus etwas Wassersuppe aus grobem Welschkornmehl, und das macht nie satt. Bei uns in Nordkaukasien ist überall Hungersnot, so daß täglich Todesfälle wegen Hungers zu verzeichnen sind", lautet ein anderer Brief. Wie das wenige Brot aussieht, das heute in Rußland den Bauern zur Verfügung steht, zeigten einige Brotproben, die in dem Schaufenster auf dem Belle-Alliance-Platz ausgestellt waren. Man würde diese Stücke eher für Torf oder für Rinde, aber niemals für Brot halten.
Besonders bezeichnend ist die Lage einer deutschen Lehrerin, einer Witwe mit drei Kindern, die wegen ihres Festhalten- am Glauben 1928 ihre Stelle verloren hat Die Hauptnot ist Hunger. Betteln ist so gut wie zwecklos. Seit dem Winter gibt e nur dünne Wassersuppen, meist gänzlich ohne Fett.
Der Ausstellung am Belle-Alliance-Platz waren auch einige Photographien beigefügt, in denen die Echtheit dieser Notschreie mit entsetzlicher Anschaulichkeit bestätigt wird. Kinder mit aufgedunsenen Bäuchen, ausgemergelte Männer, ein toter Arbeiter mit weit aufgerissenen Augen, der Hungers gestorben ist. Wie Weit das-Sterben schon um sich gegriffen hat, zeigt- ein langer Brief
aus dem Wolgagebiet, dessen zitternde Schriftzüge Tränenspuren zeigen und vielfach nicht restlos zu entziffern sind:
„Gleich am Anfang meines Briefes stelle ich Euch meine Not vor. Ich habe schon drei Briefe an Euch abgesandt, aber keine Nachricht erhalten. Solltet Ihr gestorben sein, so könnten wir doch von Euren Kindern Nachricht erhalten. Wenn auch dieser Brief nicht hilft, sind wir vielleicht verhungert. Die Not ist so groß, daß Hunde und Katzen gegessen werden. Auch das Vieh, das kaputt geht, wird gegessen. Es sterben so viele Leute, daß nicht Leute genug da sind, um die Gräber zu machen. Da werden Löcher gegraben und die Toten zu 20 bis 30 Stück hineingelegt. Es sind schon ganze Häuser leergestorben an Hunger. Ihr lieben Freunde, tut doch Eure Herzen nicht ver- stocken. Legt doch zusammen und schickt uns ein Almosen!"
Brotrationen werden gestrichen
Auch die Lage der Arbeiter ist von denen der Bauern wenig unterschieden. Ein Arbeiter aus dem Kreis Melitopel bekommt 60 Rubel monatlich, aber die Hälfte wird immer abgezogen. Der Lohn wird erst drei Monate nachträglich ausgezahlt. Der Brief ist im Januar geschrieben, als der Arbeiter noch keinen Lohn für November bekommen hatte! Im vorigen Jahr gab es 500 Gramm Brot für zwei Personen, seit dem 10. Januar sind die Brotrationen überhaupt gestrichen worden. In der Speisehalle gib es dreimal täglich Kohlsuppe, ohne Fett und ohne Kartoffeln, so daß es ausgeschlossen ist, dabei zu existieren.
„Meine Kinder laufen herum wie Schatten. Wenn sie betteln gehen, sind sie froh, ein paar Kartoffelschalen zu bekommen. Meine Frau muß Mitarbeiten und läuft sich fast zu Tode, um nur etwas ins Haus zu bringen. Meine und meiner Familie Kraft sinkt von Tag zu Tag!"
Jahrelang hat man die reichen deutschen Bauern, die es durch ihren Fleiß zu einigem
Wohlstand gebracht hatten, verfolgt und entrechtet. Man hat ihren Landbesitz fortgenommen und aus ihren Kirchen Ställe und Garagen gemacht. Aber noch immer hebt sich ihr Glaube über die gigantische Not, Hilst ihr Christentum auch den Hunger tragen.
„Viele unserer Freunde sind an Hunger storben, und wir haben uns seit Monaten nicht sattgegessen. Doch haben wir den Glauben an Gott und das Christentum nicht verloren. Wir Unglücklichen erleben nun schon das zweitemal die Zeit des Hungers. Das erstemal 1921. Damals sagte man, es sei die Folge des Krieges und der Revolution. Aber heute? Es gibt bei uns Dörfer, wo der überwiegende Teil an Hunger gestorben ist. Unsere Familien haben bis zur Revolution nie Not gelitten. Es sind die gegenwärtigen sozialen Verhältnisse, die uns zu Bettlern machen. Aber wir wollen nicht murren und klagen. Es gibt noch Einen, der helfen kann. . .!
Es ist keine Chronik aus dem Dreißigjährigen Kriege, sondern ein Brief aus der heutigen Ukraine, die einst als Kornkammer Rußlands galt. Eine furchtbare Anklage gegen den Kommunismus, der den Menschen das Heil versprach und nicht einmal den Bauern des reichsten russischen Bodens sattzuessen geben konnte. Wenn es noch irgendwo einen Glauben an das „Sowjetparadies" gab -- ein Gang durch die Ausstellung muß ihn restlos zerstören.
Oie ersten Gaben
30ÜV Pakete abgesandt
Wie der Reichsausschutz „Brüder in Not" mitteilt, haben die ersten Tage seiner Volkssammlung so erfreuliche Ergebnisse gezeitigt, daß schon heute mehr als 3000 Pakete mit den allernotwenüigsten Lebensmitteln in die Hun- gergebietc der deutschen Ansiedluugen in Rußland auf den Weg gebracht werden konnten. Es steht zu erwarten, daß die Sammlung am letzten Sonntag die Mittel des Reichsausschusses so weit erhöhen wird, daß auch weitere Sendungen in größerem Maße sofort in die Wege geleitet werden können.
Der Reichsausschuß bittet uns, mitzutetlen, daß die Spender zunächst mit Spezialwünschen zurückhalten möchten, damit die vorhandenen Mittel sofort an diejenigen Stellen geleitet werden können, wo die Not besonders groß ist. Ferner möchten keineNaturalien gespendet werden, sondern nurGeld, das dann in Form von Einheitspaketen den Hungernden unmittelbar zugute kommt.
Es gart Ln Gow/eirußland
Eine Rede des Volkskommissars Kuibyschew
Moskau. In der Sowjetunion wird die Rede des Volkskommissars für die Schwerindustrie Kuibyschew veröffentlicht, die dieser am -6. Juli bei der Zehnjahresfeier der Bundesverfassung gehalten hat. In dieser großen außen- und innenpolitischen Rede hat Kuibyschew die gesamte russische Lage der Sowjetunion erörtert. Stalin habe in der letzten Zeit das Anwachsen gewisser gegenrevolutionärer Elemente fesi- stellen müssen. Diese machten den Versuch, die Industrie und die Landwirtschaft zu zerstören, um wieder ihr kleinkapitalistisches System zu errichten. Besonders handle es sich hier um die Bauern» die jede Gelegenheit benutze«, um die Sowjetunion zu schädigen. Di« Bauern versuchten die neue Ernte dem Staat zu entziehen. Man müsse damit rechnen, daß sich gewisse s!s außenpolitische Vorgänge auf die innere Lage des Landes ansgewirkt hätten.
Dann beschäftigte sich Kuibyschew mit der außenpolitischen Lage. In letzter Zeit sei die Welt in zwei Teile geteilt worden, einen kapitalistischen und einen sozialistischen. Der Kamps zwischen den beiden Weltanschauungen komme jetzt stark zum Ausdruck. Die Sowjetunion gebe sich die größte Mühe, jeden kriegerischen Konflikt zu vermeiden. Trotzdem müsse Rußland für seine Sicherheit alles tun und die Wehrmacht stärken. In Moskauer diplomatischen Kreisen hat die scharfe Rede Kuibyschews über die innenpolitische Lage großes Aufsehen erregt. Man betont, bis jetzt habe niemand so offen über die Innenpolitik gesprochen und schließt daraus, baß die Zahl der gegenrevo- lntionären Elemente besonders unter den Bauern stark zugenommen hat.
Berlin bekommt ein Denkmal der Arbeit
Berlin. Nach dem großartigen Tag der nationalen Arbeit am 1. Mai wurde vow Staatskommissar Engel die Anregung zur Errichtung eines großen Denkmales der deutschen Arbeit gegeben. Es liegt nunmehr ein Entwurf für das Denkmal von dem Künstler M. Bernstorff vor, der — wie es heißt — die Billigung des Reichskanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten gefunden haben soll. Das Denkmal soll auf dem „Großen Stern" im Tiergarten errichtet werden. Es stellt eine etwa 13 Meter hohe Steinpyramide dar, auf deren höchster Stelle eine 3 Meter hohe Bronzegestalt eines jungen deutschen Arbeiters steht. In die Pyramide eingebaut wird eine sogenannte Ehrenhalle des deutschen Arbeiters, deren Eingang durch eine schwere Vronzetür verschlossen wird. Das Innere wird als großes Gewölbe ausgebaut mit einem in die Erde gestoßenen Schwert. Die Ehrenhalle des deutschen Arbeiters soll nur bei feierlichen Anlässen geöffnet werden. Um das Denkmal herum wird eine große, 5 Meter hohe Steinkolonnade gelegt werben.
Auch nichtarische Attangeftellte und Alt« arbeite« bleiben im Dienst
Berlin. Wie verlautet, haben der Reichsinnenminister und der Reichsfinanzminister eine neue Ergänzungsverordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums erlassen, die sich mit den Arbeitern und Angestellten befaßt. Für nichtarische Arbeiter und Angestellte des Reiches, der Ländern und Gemeinden, sowie der öffentlichen Unternehmungen wird jetzt ebenso wie für die Beamte der Grundsatz eingeführt, daß sie im Dienst bleiben, wenn sie feit dem 1. August 1S14 ohne Unterbrechung bei einem oder mehreren Dienstberechtigten oder ihren Rechtsvorgän- gern im Beamten-, Angestellten- oder Arbei- tervcrhältnis beschäftigt waren. Es ist dabei unerheblich, seit wann die Voraussetzungen für die Gleichschaltung von Einrichtungen und Unternehmungen mit Körperschaften des öffentlichen Rechtes gegeben sind. Nach den bisherigen Bestimmungen waren im Gegensatz zu der Beamtenregelung nichtarische Angestellte und Arbeiter nur von der Entlassung verschont, wenn sie Frontkämpfer waren oder Väter bzw. Söhne im Weltkriege verloren hatten. Ferner wird durch die neue Verordnung bestimmt, daß Angestellten mit längeren Verträgen nicht nur zur Vereinfachung der Verwaltung und der Betriebsführung, sondern auch im Interesse des Dienstes gekündigt werden kann. Das in einer der letzten Verordnungen ausgesprochene Verbot Ser Wie- derbesetzung solcher Stellen wird aufgehoben. Für Streitigkeiten über die Zulässigkeit von Entlassungen oder Kündigungen sowie über die Bezüge können die zuständigen obersten Reichs- oder Landesbehörden, für Einrichtungen und Unternehmungen die Körperschaften des öffentlichen Rechtes entscheiden. Beauftragte zur Durchführung der Verordnung können die Entlassungen und Kündigungen rechtswirksam selbst aussprechen.
Deutsches Blut im flämischen Meer
Die Geschichte der deutschen Siedlung in Rußland
Von Sen Hunderttausenöen von deutschen Auswanderern, die sich im letzten Jahrhundert jenseits des Ozeans eine neue Heimat suchten, sind manche viel zu schnell dem Deutschtum verlorengegangen und haben ihr Glück in der völligen Hingabe an die neue Heimat gesucht. Wir wollen darüber nicht rechten. Aber es verdient auch, im Ehrenbuche deutschen Volkstums zu stehen, daß kein deutscher Blutstropfen, der je nach Osten versprengt wurde, unserem Volke verlorenging.
Die Siebenbürger Sachsen, die Banaler Schwaben, haben viele Jahrhunderte lang deutsche Zunge und — deutsche Art bewahrt, obwohl unzählige Völkerstürme über sie dahingebraust sind. Nicht weniger groß ist das Verdienst der Wolgadeutschen, die ohne jegliche Verbindung mit der alten Heimat, inmitten eines slawischen Meeres, 170 Jahre ihrem Deutschtum treu geblieben sind.
Einst waren es wenige Tausende, die durch ein Manifest Katharinas II. im Jahre 1763 ins Land gerufen wurden, um ein Bollwerk gegen die Unkultur, gegen Kirgisen, Kalmücken und Tartaren zu bilden. Heute sind es Hunöerttausende, unter denen immer noch dasselbe Gemeinschaftsgefühl lebt und die auch die Walze der roten Revolution bis heute nicht restlos in das fremde System zu pressen vermochte.
Die Gründung der Wolgakolonien fällt in die Periode der zweiten Europäisie- rung Rußlands. Während noch Peter der Große in erster Linie die Einwanderung deutscher Handwerker, Kaufleute und Gelehrten gefördert hatte, rief Katharina ii. ausschließlich deutsche Bauern herbei, die in den unzivilisierten und unkultivierten Gegenden der Wolgasteppe als Knltnrbringer dienen sollten.
Das Ergebnis dieser Werbung wird auf etwa 25 000 Personen angegeben. Diese reisten geschlossen meist zu Schiff nach Petersburg und schlugen dann den Landweg nach der mittleren und unteren Wolga ein. wo ihnen in der Gegend von Samara und Saratow große Landstrecken zugeteilt wurden.
Der Fleiß der deutschen Bauern brachte es in wenigen Jahrzehnten zuwege, aus der Steppe ein blühendes Kulturland zu schaffen und sogar die Darlehen zurückzuzahlen, die man ihnen für den Aufbau der Gebäude zu- gcbilligt hatte.
Der Zusammenhalt der Dorfgemeinden wurde besonders dadurch gestärkt, daß die einzelnen Landsleute znsammengeblieben waren. Noch heute kann man Dörfer mit überwiegend schwäbischem, bayerischem oder hessischem Dialekt unter den Wolgakolonien finden. Einen weiteren ^niannnenbalt aab die Kirche und die geistige^ und kulturelle
Ueberlegenheit über die umwohnenden Slawen, mit denen nur selten Mischehen eiu- gegangen wurden.
Von den Bolschewisten wurde das deutsche Kulturleben zunächst nicht angetastet. Es wurde die Republik der Wolgadeutschen geschaffen, in der die deutschen Kolonien im Rahmen des Sowjetsystems zunächst eine völlige Autonomie besaßen. Doch schon nach wenigen Jahren setzten der wirtschaftliche Druck und der Terror der kommunistischen Doktrinen ein, die in anderthalb Jahrzehnten den in 170 Jahren erarbeiteten Wohlstand restlos vernichtet haben.
Während vor dem Kriege das Einkommen der immer noch durchweg bäuerlichen Wolgadeutschen auf 1310 Golürubel errechnet wurde, wird dieser Betrag heute noch auf höchstens 96 Rubel geschätzt, ein Betrag, der auch nicht entfernt zur Befriedigung der einfachsten Lebensbedürfnisse ausreichen kann.
Der Bolschewismus hat die Kulturarbeit, die von den deutschen Bauern in den Wolgasteppen geleistet ist, schlecht gelohnt. Nach einer vorübergehenden wirtschaftlichen Erholung in den Jahren 1924 bis 1928 setzte der Fünfjahresplan ein, der eigens dazu geschaffen schien, die Lebensgrundlagen des kraftvollen deutschen Bauernstammes restlos zu vernichten. Wo man deutsche Art nicht durch Verfolgung und Verbannung der einzelnen vernichten konnte, zog man russische Dörfer in die deutschen Kollektiven ein, um die nationale Einheit in ihrem Kern zu treffen. Der größte Teil der Vauernkirchen wurde geschlossen, wenn Deutsch gelehrt wird, dann ist es nicht mehr das Glaubensbekenntnis der Väter, sondern die Drachensaat der kommunistischen Ideen, denen der deutsche Kolonist immer fremd gcgenüberstehen wird.
1 Million deutsche Kolonisten
Nur wenig jünger als die deutschen Kolonien im Wolgagebiet sind die Siedlungen am Schwarzen Meer, die unter Alexander i. in den Jahren 1804 bis 1809 angelegt wurden und deren Bevölkerung wie die der Wolgakolonieu auf ebenfalls rund 600 000 geschätzt wurde. Von diesen Kolonien sind die Zweigsiedlungen im Kaukasus angelegt worden. Auch bei ihnen herrscht dieselbe Not, dieselbe Entrechtung, derselbe Hunger, mit denen die hervorragende Pionierarbeit deutscher Bauern durch das Slawentum und den Bolschewismus belohnt wurde.
Um so mehr verdienen es diese prächtigen deutschen Stammesgenossen, daß sie jetzt in ihrer bittersten Not nicht vergessen werden, nachdem sie anderthalb Jahrhunderte lang trotz schwerster Numsuchungen ihrem Blute treu geblieben sind.