Oktober 1932.

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Im Klepper - Untersuchungsausschuß des preußischen Landtags wurde einstimmig der nationalsozialistische An­trag angenommen, den Reichskanzler von Papen und andere hohe Funktionäre des Reichs als Zeugen über die Beteili­gung der Preußenkasse an derGermania" und die grund­sätzliche Frage einer Beteiligung der öffentlichen Hand an Zeikungsunternehmungcn zu vernehmen. Wahrscheinlich wird die Vernehmung von Papers am Donnerstag dieser Woche erfolgen.

Der sächsische Landtag hak den nationalsozialistischen Antrag auf Landtagsauslösung gegen die Stimmen der An­tragsteller und der Kommunisten äbgelehnk.

Der Staatsgerichkshof wird das Urteil im Prozeß Preu­ßen Reich voraussichtlich nächsten Dienstag verkündigen.

In der Untersuchung wegen der Sprengstoffanschläge in Schlesien (kreis Nimptsch) sind der SA.-Oberführer v. Ober­nitz und sein Adjutant Graf Spreti verhaftet worden.

Im Hafenviertel von Rotterdam wurde eine große Menge Waffen und Munition beschlagnahmt, die nach Deutschland geschmuggelt werden sollten. Ein Händler wurde verhaftet.

Der englische Botschafter hatte eine Unterredung mit herriot über den Tagungsort der Viermächtekonferenz.

Sie GenjerkWsten zum MrtsWsOn

Berlin. 18. Okt. Der Allgemeine Deutsche Gewerkschaft s» Hund und 'der Allgemein« Freie Angestelltenhund veranstalte­ten heute vormittag «me öffentliche Kundgebung, um zum Wirtschaftsplan der Reichyregierung Stellung zu nehmen. Abg. Leipart erklärte, die dringlichste Aufgabe sei zurzeit eine wirkungsvolle Verminderung der Arbeits­losigkeit. Don 'der Art und Weise, wie die Reichsregie­rung dies« Arbeit durchführe, werde die Stellungnahme der Gewerkschaften zur Regierung abhängen. Reichsteasabgeord- neter Tarnow führte aus, die Gewerkschaften werden sich keiner Maßnahme in den Weg stellen, von der sie hoffen können, daß ste den Arbeitslosen helfe. Wer leidenschaftlich müßten sie gegen den Teil des Plans Einspruch erheben, der .mit unerträglicher Härte in die Lebenshaltung der Arbeiter- ischaft und in ihre sozialen Rechte eingreife. Den guten Glau­ben, den Arbeitslosen zu helfen, billige inan der Regierung -zu, aber di« Tatsache, daß Ue Grundlagen des Plans in der geschonkrveisen und bedingungslosen Verteilung von Milliarden Reichsmark Steuerscheinen an die Unternehmer" bestehe, sei nicht zu bestreiten. Die Notverordnung -übe einen starken AnreizzurVerkürzung der Arbeits­zeit ans. Die Gewerkschaften hätten seit Jahren die gesetz­liche 40-Stundenwoche gefordert und den Arbeitern auch Mgemutet, im Interesse der Arbeitslosen nötigenfalls auch lohne Lohnausgleich dieses Solidaritätsopfer auf sich zu nehmen. Wenn nun aber die. Verordnung zu den 16 v. H. Lohnausfall aus -der Arbeitszeitverkürzung noch weitere 12 vom Hundert Lohnsenkung hinzufüge, dann gehe -das weit über das erträgliche Maß hinaus. Die Regierung habe es -noch in der Hand, ihre Wirtschaftspläne von den offenkundi­gen antisozialen Fehlkonstruktionen zu bereinigen, und die 'Gewerkschaften fordern sie dringend auf, damit nicht länger zu zögern.

lieber den Kampf um die Wiederherstellung des kollektiven Arbeitsrechts und des Tarif­rechts sprach der Leiter der Arbeitsrechtsabteilung, N ö r- p el. Mit ihren Maßnahmen habe die Reichsregierung das heute für den Interessenausgleich zwischen Arbeiterklasse und Arbeitgeber geradezu unerläßliche kollektive Arbeitsrecht gefährdet. Was die Deutfchnationale Volksvartei fordere, seien faszistische Gewerkschaften.

In einer Entschließung wurde die Aufhebung der Verordnungen vom 5. 9. und 3. 10.. die Abkehr von überlebten Wirtschaftsformen und die Einleitung einer neuen Organisation der Wirtschaft mit dem Ziel der P l an w i rt s ch a f t oesordert.

Nene Nachrichten

Ern angeblicher Kronprinzenbrief

Bertin, OEt. DieRheinische Zeitung" veröffentlicht Stellen aus einem angeblichen Brief des Kronprinzen vom ^4. April 1932 an den damaligen Reichswehrminister Groner, in dem der Kronprinz bedauert haben soll, daß Groner die nationalsozialistischen SA. und SS. aufgelöst und geholfen habe, das wundervolle Menschenmaterial, das m diesen Verbänden eine wertvolle Erziehung genieße, zu zer,chl-agen. Gröner erklärte darauf, durch <WTB., daß' er niemals einen solchen Brief des Kronprin-- habe. DieRheinische Zeitung" hält aber Behauptung aufrecht, lehnt es aberaus nationolpoli- rischen Gründen ab. den ganzen Brief zu veröffentlichen.

Neue englische Einladung abgelehnt

Berlin, 18. Okt. Der englische Geschäftsträger hat gestern noch einmal den Reichsaußenminister besucht, um die Ein­ladung zur Viermächtekonferenz in Genf zu wiederholen. Der Reichsaußenminister konnte ihm nur wie­der antworten, daß Deutschland aus den bereits ausführlich dargelegten Gründen Genf als Konferenzort ab lehnen müsse. Es wird nunmehr abzuwarten sein, ob von der Ge­genseite ein anderer Tagungsort vorgeschlagen wird, jedoch rechnet man in Berlin kaum noch damit, daß die Konferenz vor Anfang November stattfindsn könne.

Mac Donald verärgert

London, 18. Okt. Aus einem vom Ausschuß der Natio­nalen Arbeiterpartei, die sich nicht von Mac Donald getrennt hat, gegebenen Frühstück, dem fast sämtliche Minister an­wohnten, sagte Mac Donald in einer Rede: Deutschland weiß, daß Großbritannien sich seiner Forderung,als ein Gleicher auf der Abrüstungskonferenz betrachtet" zu werden, nicht widersetzt. Ich bedaure, daß Deutschland, obwohl es seine Bereitwilligkeit erklärt, an einer Konferenz der vier oder fünf Mächte teilzunehmen, es ablehnt, nach Gens zu gehen, und zwar aus Gründen, deren Triftigkeit schwer für mich zu entdecken ist. Ich hoffe, daß Deutschland sein letztes Wort noch nicht gesprochen hat. Die englische Regierung fährt fort, ihr Ziel zu verfolgen, und hofft, in einigen Tagen eine weitere Erklärung ab­geben zu können.

England besteht also mit Herriot auf Genf.

DieMorningpost" berichtet, Mac Donald werde dem Ministerrat einen neuen Vorschlag in der Ab­rüstungsfrage und bezüglich Deutschlands unter­breiten. Am Mittwoch wird Mac Donald eine Abord­nung der kirchlichen Führer empfangen und Er­klärungen über die Abrüstungsfrage entgegennehmen.

Beamkenrakswahlen bei der Reichsbahndirektion Frankfurt am Main

, Frankfurt a. M., 18. Okt. Die Beamtenratswahlen bei der Reichsbahndirektion Frankfurt am Main hatten folgen­des Ergebnis: Liste des Einheitsverbands 830 Stimmen (ein Sitz bisher ebenfalls 1), Gewerkschaft deutscher Eisenbahner 1537 (1 bisher 2), Gemeinschaftsliste umfassend Zentral­gewerkschaft deutscher Reichsbahnbeamten, Gewerkschaft der Lokomotivführer und die Gewerkschaft der technischen Eisen­bahnbeamten 4820 Stimmen (6 bisher 8), nationalsozia­listische Arbeitsgemeinschaft 2781 Stimmen (3 bisher nicht vertreten).

1km die Kontingentierung

Lübeck, 18. Okt. I« einer Wahlversammlung erklärte Dr. Hugenberg, der bekanntlich früher Generaldirektor der Krupp-Werke war, zu dem Steit über die Einfuhrkcn- tingentierung: Ich sehe es deutlich vor Augen, wie gerade Handel und Industrie bald die Einführung eines beschränk­ten und elastisch gehandhabten Kontinqentsystems als Teilmaßnahme irgendeines Systems der Autarkie dis nur ablehnen, sondern als Uebergangszustand zur Wieder­herstellung eines gesunden inneren Marktes und einer nationalwirtschaftlichen Bewegungsfreiheit Deutschlands ebenso segnen werden wie seinerzeit den anfangs so viel be- kämpften Uebergang Bismarcks zum Schutzzollsystem. Aller­dings waren die Formen der Einführung des Kontingent­systems durch die jetzige Reichsreaieruna nicht sehr glücklich.

Berlin, 18. Okt. Die öffentliche Sitzung des Klepper- Untersuchungsausschusses des preußischen Landtags, in der Ne ersten Zeugenvernehmungen über -die Beschul­digungen gegen den früheren Finanzminister Dr. Klepper erfolgen sollen, hatte ein zahlreiches Publikum augelockt. Dis Staatsanwaltschaft hatte in der Person des Staatsanwa-li- schastsrates Dr. Kreismann einen Vertreter entsandt. Da­gegen war die kommissarische preußische Regierung nicht vertreten. Die Zeugenvernehmungen sollen sich zunächst aus den FallKölnische V o lk s z e i t u n a" erstrecken, die 2 Millionen Mark erhalten haben soll. Insgesamt sind 16 Zeugen geladen. Nach dem Vorschlag des Vorsitzenden sollen zunächst Ministerpräsident Braun und -dann dis Minister Hirtsiefer und Klepper vernommen wer­den. Minister a. D. Höpker und der Aachener Bischof Vogt haben sich entschuldigt.

Zu Beginn der Sitzung beantragte der Berichterstatter, Abg. Steuer (Dnatl.), sämtliche Zeugen vor ihrer Aus­sage zu vereidigen. Abg. Metzin ger (Ztr.) wies daraus hin, daß ein solches Perfahren noch nie in den Untersuchungsausschüssen üblich gewesen sei. worauf der Vorsitzende erwiderte, daß diese Unterlassung auch wieder­holt zu Unzuträglichkeiten geführt habe. Szillat (Saz.) fragte, ob die Akten erst dem Reich-skom-missar zugcleitet

So etwas macht man aus einen Schlag, ohne jemanden zu fragen. Das Kontingent ist dem fremden Land gegen­über eine Gegenleistung für di« Aufnahme deutscher Jn- dustrieerzeugnisse. Es ist klar, daß man neue Methoden nicht durch Mitarbeiter in die Praxis der Wirtschaftspolitik einführen kann, die diese neuen Methoden jahrelang be­kämpft haben und mit dem längst überlebten System der Meistbegünstigung" rettungslos verfilzt sind. Wer ein Jahrzehnt oder länger der Ansicht war,es geht nicht" mit dem geht es wirklich nicht. Es war ein Fehler, daß man solche Leute mit der Durchführung des an sich rich­tigen und notwendigen Kontingentsystems betraute. Dazu kommt, daß die jetzige Leitung der Reichsbank, die noch dazu mit ihren finanziellen Einflüssen weit über ihr eigent­liches Geschäft hinausgreift, mit ihrer Politik wie ein schwerer Alp auf der ganzen deutschen Wirtschaft lastet und immer wieder die Maßnahmen verhindert, die uns und die ganze Molt zur Gesundung führen können und die das sei gegenüber den dunklen Andeutungen der Presseberichte nochmals gesagt mit Inflation oder dergleichen nicht das Mindeste zu tun haben.

Wie im Ausland gefälscht wird

Brüssel, 18. Okt. Auf einer Versammlung der Vater­ländischen Verbände wurde u. a. erklärt:Wir rufen alle, die den nationalen Willen haben, unter der Führung der Regierung zu kämpfen, auf, so lange auszuharren, bis wir die Freiheit der Aufrüstung erlangt und das Diktat von Versailles mit dem Schandparagraphen zerbrochen haben. Die Regierung hat die Unterstützung aller natio­nalen Kräfte notwendig, um das Werk der Verfassung und der Reichsresorm gut zu Ende zu führen, dessen Krönung die Wiederherstellung des Kaiserreichs der Hohenzollern sein muß."

Der BrüsselerSoir", das meistverbreitete Blatt in Brüssel, veröffentlichte nun die Rede des Reichs­kanzlers von Papen in Paderborn, sie schiebt aber mitten in den Bericht die vorstehenden Auslassungen der Vaterländischen Verbände ein. Das Blatt fälscht also die Rede des Reichskanzlers, di« ihm wohl zu friedlich erschienen sein mag, in der gedachten Weise, um gegen Deutschland und die Reichsregierung in gewohnter Weise Hetzen zu können.

Französisch-spanische Freundschaft

Paris, 18. Okt. Von dem amtlichen Besuch Her- riots in Madrid, der als Einleitung einerneuen und wirklichen Entente" zwischen Frankreich und Spanien angeseben wird, erwartet man vor allem auch eine Stärkung der Stellung Frankreichs auf der Ab­rüstungskonferenz und die Unterstützung des fran­zösischen Abrüstungs- und S dch e r he i ts p l a n s durch Spanien. Die enge diplomatische Zusammenarbeit soll sich nicht nur auf Marokko, sondern auch auf Genf und die fran­zösische Sicherheit im Mittelländischen Meer erstrecken. Die vor einigen Jahren von dem spanischen Diktator Primo de Rivera eingeleitete italienisch -spanische Zusammen­arbeit, die in Frankreich seinerzeit eine starke Mißstimmung hervorrief, gilt als endgültig abgetan.

*

Der LondonerDaily Telegraph" erinnert daran, daß die französische Regierung aus der Abrüstungskonferenz vorgeschlagen hat, in Spanien ein Lager von schwerem Kiegs material zu errichten, dos demVölkerbund" in Ernstfällen zur Verfügung stehen und zur Unterstützung eines angegriffenen Staats dienen sollte. In Spanien würde ein derartiges Waffenlagerganz außerhalb der ReichwrU» Deutschlands" liegen. Aber in

worden seien. Der Vorsitzende, Abg. Stubke (Dirü.) er> widerte, er Hobe den Dienstweg über den Reichskommissar gewählt, weil er die Akten auch über den Reichs-kommissen: vom Finanzministerium cmgesordert ha-be. Bei So«iül- dem»traten und Zentrum erhob sich Widerspruch.

Zunächst wurde Dr. Klepper vernommen. Klepper verweigerte zunächst die Antworten an den Berichterstatter Abg. Steuer. Es wurde sodann beschlossen, daß -die Fragen Steuers durch Len Vorsitzenden Abg. Dr. Zubke (Dnat> und den Mitherichterstatter Abg. Dr. Muhs (Nat.-Soz.« an Klepper gestellt werden sollen. Aus den Vorhalt des Vorsitzenden, daß die Geldhergäbe für dieKöln. Volkse- Zeitung" (Ztr.) doch nicht zu den ordnungsmäßigen Geschäft ten der Preußenkasse gehöre, gibt Klepper an, es sei im-' me r so gehalten worden, daß Geschäfte, die nicht un­mittelbar mit den Aufgaben der Preußenkasse Zusammen­hängen, die aber im Interesse des Staats durchgeführr wer­den sollten, gemacht wurden, wenn die preußische Re­gierung ihre Zustimmung gab. Es sei allgemein scz baß die Regierung Zuwendungen an die Presse st ren- vertraulich behandle.

Die Staatsanwaltschaft hat heute in die Akten der Preußenkasse und des Finanzministeriums in Sachen Klepper Einsicht genommen.

Nr. 245 Gegründet 1827 Mittwoch, den 19. Oktober 1932 Fernsprecher Nr 29 106. Jahrgang

Der Klepperuntersuchungsausschuß tagt