Änrts-mrd Arrzeiyeblatt Mr

Mit de» illustrierte« Beilagen »Feierstunden* Unsere Heimat*. »Die Mode vom Tage*.

Bezugspreise: Seim Bezug in der Stadt bezw. Agenten monatl. RM. 1.SV einschl.

13 bezw. 2« pfz. Zustellgebühr, beim Bezug durck die Post monatl.RM.1.40 einschl.ispfg. postzeitungsgeb., zuzügl. 36 pfg. Bestellgeb. Einzelnumm. 10 pfg. Schriftleitg.,Druck und Verlag: G.W.Zais er (Znh. K.Zais er), Nagold

-enGbermntsvczirSMrsolS

Mit der landwirtschaftlichen Wochenveilage: »Hnns-, Garten- und Landwirtschaft*

Anzeigenpreise: i spalklge Borgis-Zeile oder deren Raum 20 ^, Familien-Anzeigen IS L RellamezeileSv L, Gammel-Anzeigen S0»/o Auffchlag » Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Ausgaben und an blonderen Plätzen, wie für telefon. Aufträge und Chiffre» Anzeigen wird kein« Gewähr übernommen

Telegr.-Adresse: Gesellschafter Nagold.

Zn Fällen höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Rückzahlung dtzs Bezugspreises. Postsch.Kto. Stuttgart S11S

Nr. 244

Gegründet 1827

Dienstag, den 18. Oktober 1932

Fernsprecher Nr 29 106. Iahkg tMg

Popen über Wirtschaftsfragen

Paderborn, 17. Oktober.

Im Schützenhof sprach am Sonntag vormittag Reichs­kanzler von Papen vor etwa 6900 maßgebenden Wirt­schaftsführern, Vertretern der Industrie, des Handels, des Handwerks, der freien Berufe aus dem Wirtschaftsgebiet Westfalen, Hessen-Nassau, sowie von zehn westdeutschen Industrie- und Handelskammern. Der Reichskanzler wurde bei seinem Erscheinen im Saal mit stürmischem Beifall emp­fangen. Der Reichskanzler führte aus-

Unser Programm ist keineswegs für dieGroßen" be­stimmt. Gerade die mittleren und kleinen Betriebe werden durch die Maßnahmen der Reichsregierunq gefördert und gestützt werden, denn was wir wollen, ist ausgesprochene Mittelstandspolttik, ist ein wirtschaftlicher Wiederaufbau auf breitester Grundlage. Machen wir uns doch endlich einmal frei von dem Gedanken , klassenmäßiger Bevorzugung", der sinnlos und verderblich ist in einem Augenblick, da es gilt, alle wichtigen Kräfte der Nation in einer letzten Anstrengung zusammenzufassen, um die furchtbare Not unserer Zeit zu überwinden.

Die Arbeiten müssen produktiv sein, sie dürfen Währung und Kredit nicht aufs Spiel setzen. Di» bisherigen Wirt- schaftsmaßnahmen der Reichsregierung sind Aebergangsmaß- nahmen für eine Zeit von zwölf Monaten. Die Ausgabe, das ganze deutsche Wirtschaftsleben wieder flottzumachen, läßt sich auf keine andere Weise lösen als auf diejenige, die wir gewählt haben. Auch die öfftnttiche Hand wird durch die Erteilung von Aufträgen katkräsäg an der Wirtschcrfts- belebung Mitwirken. Diese Auftragserteilung soll sich ins­besondere auch, soweit praktisch durchführbar, auf die mitt­leren und kleinen Betriebe erstrecken, denn das ist Mittel­standspolitik der Tat.

Wir stehen erst am Anfang der von uns erstrebten Be­festigung der Wirtschaft. Dennoch: Goschäftsbelkbung und eine fühlbare Entlastung des Arbeiksmarktes sind schon ein- getrekcn. Seit der Verkündung der wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Reichsregierung ist der Kurs der Wert- papiere an den Börsen um etwa 15 v. H. d. h. um rund 2Z( Milliarden Mark gestiegen. Dabei bandelt es sich nicht um spekulative, sondern um reine Anlagekäufe, zu deren Finanzierung im Kasten verborgene Noten, der Erlös von ausländischen Effekten und dergleichen gedient haben. Namentlich von den notleidenden Finanzen der Städte und der Gemeinden gilt es, daß sie nur von unten herauf durch die natürliche Besserung der Wirtschaft und besonders der Arbeitslage entlastet werden können.

Da diese Besserung nur langsam emkreien kann, hat sich der Reicksfinanzminister schon jetzt entschlossen, die monak- liche Ausschüttung für die Wohlsahrtshilfe an die Gemeinden im Oktober von 50 aus 60 Millionen, im November um weitere 5 Millionen zu erhöhen.

Zu den Teilen des Wirtschaftsprogramms der Reichs- regierung, die am meisten angefeindet, gehört die sogenannte Lohnsenkungsverordnung vom 5. September. Ich habe den Eindruck, als ob die Schwierigkeiten sich heute durch ver­ständnisvolles Zusammenwirken von Unternehmer und Ar­beiterschaft bereits zum größten Teil gelöst haben. Ich glaube allerdings, auch von den Kreisen der Unternehmer sollte dadurch zur Befriedung beigetragen werden, daß die vielfach noch in der Wirtschaft gezahlten überhöhten Gehälter leitender Persönlichkeiten dem heutigen Notstand angepaßt werden. Nur die Aussicht auf eine friedliche Durchführung des Wirtfchafisplans gibt der Reichsregierung auch die Mög­lichkeit, die Arbeitslosenunterstützung für den Winter, sowie soziale Leistungen zu erhöhen. Das Reichskabineft hak vor­gestern die nötigen Beschlüsse gefaßt. Sie werden in den nächsten Tagen veröffentlicht werden.

Darauf kam der Kanzler auf einen offenen Brief der Verbandspräsidien der katholischen Arbeitervereine zu spre­chen, demgegenüber er feststellte, daß es eine völlig falsche Darstellung der Tatsachen sei, wenn in diesem Brief be­hauptet werde, die Reichsrsgierung hätte sich das Ermäch­tigungsgesetz geben lassen, um den in 60 Jahren aufarrich- teten Arbeiterschutz abzubauen:Ich habe oft und wieder­holt erklärt, daß dieses Ermächtigungsgesetz ausschließlich bestimmt ist. den wirtschaftlichen Apparat der sozialen Ein- richtunoen der Armut der heutigen Zeit anzupasfen. Ich muß es deshalb als im höchsten Grad bedenklich bezeichnen, wenn hier von verantwortlichen geistlichen Leitern der katho­lischen Arbeiterschaft der Eindruck erweckt wird, als seien wir daran, auch die Wohlfahrt aus dem Staat überhaupt zu vertreiben. Aus diesem offenen Brief spricht ein so krasses Verkennen der Absichten und Auswirkungen, die der W'.rjschaftsplan der Reichsregierung gerade in sozialer Hin­sicht baden soll und haben wird, daß ich diese Verfälschung der Bestrebungen der Reichsregierunq nicht scharf genug zurückweisen kann.

Dis Einfuhrkontingentiernng erhöht nicht die Vreise» wie

dies jede Zollerhöbung tut. sondern sie soll dazu dienen, den Absatz heimischer Erzeugnisse in den Vordergrund zu stellen. Sie ist also diejenige Form der Einfuhrregelung, welche den Verbraucher am wenigsten trifft und die nationale Pro­duktion stützt. Das trifft um so mehr zu, als die Art d-r Kontingentierung den ieweiliaen Ernte- und Marklverh": --

nissen Rechnung kragen soll. Außerdem' wird für dis Arbeitslosen auch in diesem Winter die bisherige Frifch- fleischverbilliguna Lurchaesübrt werden. Daß unsere Kon- ttngentierungsvläne im Ausland auf Schwierigkeiten stoü-n würden, damit mußten wir rechnen. Auch die deutsche , Wirtschaft hat sich schon mit ausländischen Kontingenten ob- ! finde« müssen. Sie hat es getan, ohne jemals M Boykott- ^ Maßnahmen zu schreiten.

! .. Ausdrücklich muß ich Gerüchten enkgegenkrelen. als

könnte unsere konkingenti--runasvoiftik möglicherweise uncke e Währung gefährden. Eine solche Gefahr liegt nicht vor und sie ist auch von keiner Stelle behauptet worden, die für die Währung die Verankwortunq trag!.

Wenn es auch gelungen ist, binnen kurzer Zeit über fünf Milliarden Mark ausländisches Leihkapital zurückzuzahlen ein Zeichen der ungebrochenen wirtschaftlichen Leistungs­fähigkeit Deutschlands so ist ein abermaliger Abzug fremder Gelder doch gegenwärtig nicht möglich. Es muß daher erwartet werden, daß über das Bestehen des Still­halteabkommens hinaus das Ausland die von ihm nach Deutschland geliehenen Gelder konsolidieren läßt. Wir wer­den ferner vor allem auf der Weltwirkschastskonferenz dar­aus h'inwirken, daß in den Gläubigerlcindern die Erkenntnis immer mehr LurchDringt: der Schuldner kann seine Verbind­lichkeiten nur durch Zählung in Waren erfüllen.

Seit der notwendig gewordenen Einsetzung eines Reichs­kommissars für Preußen ist die Erkenntnis von der Not­wendigkeit einer Reichsreform auf dem Marsch. Schon im gegenwärtigen Uebergangsstadium haben sich die Vorzüge einer engen Zusammenarbeit zwischen Reich und Preußen handgreiflich erwiesen. Selbstverständlich beabsichtigt die Reichsregierung, da sie auf föderalistischem Boden steht, keine Reichsreform ohne die Erhaltung der Selbständigkeit der preußischen Willensbildung durchzuführen, auf welche auch die anderen Länder mit Recht Wert legen. Es ist nötig, daß wir uns rasch für eine neue bessere Form der Skaaksführung entschließen.

Der Zentrumsabgeordnete Prälat Dr. Schreiber hat in einem Brief an den Reichskanzler klar ausgesprochen, der Staat müsse wissen, daß er auch jenseits der parlamen­tarischen Regierungsform Existenzrechke in sich krage, wenn parlamentarische Lösungen bei Gewaltregungen des poli­tischen Radikalismus sich als äußerst schwierig erweisen. Dies entspricht auch dem Standpunkt der Regierung.

DieAnonymität der politischen Verantwortung", ebenso aber auch dieAnonymität der wirtschaftlichen Verantwor­tung" müssen beseitigt werden. Die Reichsregierung ist es dem Volk schuldig, daß die heimlichen und unsichtbaren wirt­schaftlichen Machteinflüsse durch sichtbare persönliche Ver­antwortlichkeiten erseht werden. Hier sehe ich eine wichtige Aufgabe für die Zukunft, von deren Lösung es letzten Endes abhängen werde, wo die Grenze zwischen der Staatssührung und der Privatwirtschaft zu ziehen ist.

Der Kanzler schloß seine mit stürmischem Beifall aufge­nommene Rede mit den Worten: In dieser Notzeit ist nur eine politische Weltanschauung berechtigt: der Glaube an das deutsche Volk, der Glaube an unser deutsches Recht. Ihm gelten in dieser Stunde alle unsere Kräfte, unser Denken, Handeln und unser Gebet: »Mit Hindenbura für ein neues Deutschland!"

CM

Leipzig, 17. Okt. Nach zweitägiger Unterbrechung wurde heute die Verhandlung in dem Verfassungsstreit Preußen gegen das Reich wieder ausgenommen. Ministerialdirektor Dr. Brecht führte in seinem Schlußbericht aus, Artikel 48 Absatz 1 (Plichtverletzung Preußens) sei Lei der Einsetzung des Reichskommissars nicht anwendbar gewesen. Absatz 2 fei Mvar anwendbar, aber nicht so, wie es geschehen sei. Bei allen Vorwürfen des Reichs gegen Preußen hätten sich die Tatsachen anders dargestellt. Es hätten nur Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung getroffen werden dürfen. Die Ehre Preußens müsse von dem Vor­wurf der Pflichtverletzung gegen das Reich befreit werden.

Ministerialdirektor Dr. Gottbeiner, der für das Reich das Wort ergriff, erklärte u. a.: Die Reichsregierung nehme für sich und für den Herrn Reichspräsidenten in uneinge­schränktem Maße in Anspruch, daß sie sich bei den Maß­nahmen vom 20. Juli von dem Willen Hobe leiten lassen, dem Wohl des deutschen Volks zu dienen, Schaden von ihm abzuwenden, und zwar im Rahmen der verfassungsmäßigen Grenzen und mit verfassungsmäßigen Mitteln. Die Zu­stände in Preußen seien so schlimm geworden in Altona allein gab es an jenem Sonntag 16 Tote, daß der Reichs­präsident und die Reichsregierung ohne Zögern die Sicher­heit dafür schaffen mußten, daß Preußen in den Stand ge­setzt werde, seinen Pflichten gerecht zu werden. Die größte der preußischen Regierungsparteien, die Sozialdemokratie, habe immer wieder die lebhaftesten Versuche gemacht, mit den Kommunisten eine Einheitsfront nicht nur gegen die Nationalsozialisten, sondern auch gegendie Reichsregierung zu bilden. Wenn der Reichsvräst-

Die in Umlauf gesetzten Behauptungen, die Reichsregie­rung und die preußische Regierung beabsichtigen, das Pen- sionsdiensialker herabzusehen, werden amtlich als plumpe Wahlmache bezeichnet.

Der frühere Reichskagspräsident Lobe veröffentlichte im Vorwärts" einenOffenen Brief" an den Reichspräsiden, ten. in dem er gegen die Versassungsreformpläne der Reichs- regierung Widerspruch erhob. Nach amtlicher Mitteilung wird Reichspräsident v. Hindenburg den Brief nicht beant­worten. Es sei möglich, daß der Reichskanzler in einer feiner nächsten Reden auf den Offenen Brief Löbes ein- gehen werde.

Die Grüne Front hat in einem Telegramm an den Reichskanzler die sofortige Einstellung der konkingenkis- rungsverhandlungen gefordert. Zur Begründung führen die Unterzeichner Brandes, Graf Salckreukh, Hermes und Fehr u. a. aus, daß eine weitere Verzögerung der Durchführung der Kontingentierung das Vertrauen der Landwirtschaft in die Entschlossenheit der Reichsregierung, gerade dex bäuer­lichen Landwirtschaft zu helfen, zerstören müßte.

Gegenüber einer Zeilungsmeldung, daß gegen den Ober­bürgermeister und Reichstagsabgeordneten Dr. Adenauer- Köln ein Dienststrafverfahren eingeleitel sei, weil er mit parteipolitischer Hilfe durch Dr. Klepper ein Gefälligkeits­darlehen von 12 Millionen Mark für die Stadt Köln er­wirken wollte, während die Gelder der Preußenkasse als Zenlralgenossenschaskskasse nur für landwirtschaftliche Zwecke zur Verfügung stünden, wird von seiten der preußischen Regierung mitgeteilt, daß von der Absicht eines Verfahrens gegen Adenauer nichts bekannt sei.

Der Vorstand des Amtsgerichts Roltalmünster (Nieder­bayern) hat Selbstmord verübt, nachdem in der Amts­gerichtskasse Unregelmäßigkeiten entdeck! worden waren.

Der Franzose Avenol ist am Montag vom Völkerbunds­rat in geheimer Sitzung zum Generalsekretär gewählt wor­den. Die Wahl muß durch die Völkerbundsversammlung im November bestätigt werden.

Die Völkerbundsversammlung in Genf hielt am Montag vormittag ihre Schlußsitzung ab.

Der LondonerStar" glaubt zu wissen, die deutsche Reichsregierung habe einen durch Einfachheit sich auszeich­nenden Abrüslungspkan ausgearbeitet, nach dem alle An­griffswaffen abgcschaffi und die Mächte ausgefordert werden sollen, einer Gleichheit der Verteidigungswaffen zuzustim­men. Die Entscheidung, welche Waffen Angriffs- und welche Verteidigungswaffen seien, würde Deutschland den Be­schlüssen der anderen Mächte überlassen.

Das rumänische Kabinett Vajda ist zurückgetreten.

denk deshalb am 20. Juli die in Preußen führenden Män­ner vorläufig durch andere Persönlichkeiten ersetzte und ihnen die notwendigen Machtmittel übertrug, so entspreche dies in einem Fall so außergewöhnlicher Not unbedingt dem Willen und Wortlaut der Verfassung. Der Reichskanzler war grundsätzlich bereit, mit den anderen sechs Ministern zusammenzuarbeiterr, das sei ihm aber von diesen unmöglich gemacht worden.

Prof. Heller, Vertreter der SPD., erklärte, nach sei­ner Auffassung lassen sich die Maßnahmen der Reichsregie­rung sachlich nicht rechtfertigen. Prof. Peters, Vertreter der Zentrumsfraktion, erklärt, von den Vorwürfen gegen die sechs Minister sei nur noch die Verweigerung der Mit­arbeit übrig geblieben.

Der Vorsitzende warf die Frage auf. weshalb die Frak­tionen die Klagebefugnis gegen das Reich in Anspruch neb- Professor Heller antwortete, weil die Fraktionen Bestandteile des Landesparlaments seien.

Neue Nachrichten

Kein neuer englischer Schritt

Berlin, 17. Okt. Gegenüber von irrigen Zeitungsmeldnn- gen wird amtlich festgestellt, daß von der englischen Regie­rung in betreff der Viermächtekonserenz keine erneute Anfrage seit dem deutschen Bescheid in der vergangenen Woche erfolgt ist. Es sind seitdem auch keinerlei Verhand­lungen mehr geführt worden. Wenn in der Presse der Ge­danke erwogen wir-, daß Mac Donald an eine Zu­sammenkunft zu zweien mit dem Reichskanzler oder dem Reichsaußenminister denke, so halte man eine derartige Zusammenkunft für sehrunwahrscheinlich. Es scheine, daß eine endgültige Klärung der Frage nicht vor Mitte November zu erwarten ist.

Milderung von Härten für Kriegs­beschädigte

Berlin» 17. Okt. Der Herr Reichspräsident empfing heul» den Vorstand des Reichsausschusses der Kriegsbeschädigten-