Leite 3 — Nr. 284

Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"

Donnerstag, den 1. September 1832.

Mb (Reußenstein, Ueberkingen, Tübingen—Lichtenstein), ierner in den Schwarzwald (Wildbad) statt

SkuMark. 31. August

75. Geburkskaa. General der Artillerie a. D. Ludwig Sieger in Degerloch beging seinen 75. Geburtstag. Der Jubilar ist Ritter des Ordens Pour le merite. 1878 trat er in das Fußartillerieregiment 7 ein, war 1906 Kommandeur des Fußartillerie-Regiments 3, 1911 Generalmajor und Präses der Artillerie-Prüfungskommission, 1914 General- leutnant und Chef des Feldmunitionswesens. 1916 Kom­mandeur der 16, Reserve-Division und 1918 Führer des 18. Reserve-Korps.

ZwangseiÄeignungsbefugnlS. Von zuständiger Seiir wird mitgetilt: Das Statsministerium hat eine Verordnung erlassen, in der die Württ. Landes - Elektrizitäts-A.G. in Stuttgart für eine elektrische Hochspannungsleitung auf den Markungen Bieringen OA. Horb und Rottenburg dis Awangsenteignungsbefugnis erhält.

Tagung der deutschen Sportärzte. Der deutsche Aerzte- bund zur Förderung der Leibesübungen hält vom 2. bis 4. September d. I. seine 9. Bundestagung in Stuttgart ab. Bei der Eröffnungs-Sitzung am Samstag vormittag hält Professor Dr. Gaspar-Stuttgart die Festansprache. Die Ta­gung ist durch zahlreiche Vorträge und durch sportliche Wettkämpfe der Aerzte ausgefüllt.

Die Ausstellung „Neuzeitliche Werbung und Bürotechnik*

-gereinigt als Aussteller die Deutsche Reichsbahngesellschaft, Reichspost, Zeitungsverleger, Werbefachleute und Graphiker, Württ. Landestheater, Lufthansa, Verkehrsvereine und viele andere Verbände, Alle erwarten von dieser einzigartigen Schau eine starke Auswirkung für das Gcschäftsleben im ganzen und neue Wege und Möglichkeiten zu geschäftlichem Erfolg.

Landfricdensbruch. Am Sonntag, den 31. Juli wurde auf zwei Nationalsozialisten, als sie auf ihrem Motorrad an einer Wirtschaft in Gaisburg vorbeifuhren, eine Bier­flasche geworfen. Dadurch verlor der Lenker des Motor­rads die Herrschaft über sein Rad, geriet auf den Bürger­steig und fuhr dabei einen Mann und einen Kinderwagen an, ohne daß aber dabei etwas passierte. Die politischen Gegner fielen nun in großer Zahl über die beiden wehr­losen Nationalsozialisten her, rissen sie vom Rad und schlu­gen aus sie ein. Das Schnellschöffengericht verurteilte jetzt zwei der Angeklagten wegen erschwerten LanÄfriedens- bruchs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu je 7 Monaten Gefängnis und einen Angeklagten zu 6 Monaten Gefängnis. Drei Angeklagte wurden mangels Beweises freigesprochen. Gegen lämtliche Verurteilte erging Haft­befehl.

Sechsköpfige Diebes- und Hehlerbande. Vor der Großen Strafkammer standen der 22 Jahre alte ledige Preßvergol- Äer Otto Kraft von Stuttgart und der 25jährige geschie­dene Revolverdreher Wilhelm Otter von Stuttgart. Die beiden, besonders aber Kraft, sind erheblich vorbestraft. Da- Zu kommen noch vier Hehler von Stuttgart, unter ihnen eine 24jährige Kellnerin. — Kraft und Otter haben in den Monaten April und Mai in Stuttgart nicht weniger als 32 Diebstähle verübt, Kraft allein noch sieben weitere, wobei Otter den Hehler machte. Dazu kommen noch ein gemein­schaftlich versuchter Diebstahl und etwa fünf weitere Fälle, die wegen Geringfügigkeit eingestellt worden sind. Bei den Diebstählen handelt es sich zum größten Teil um Beraubun­gen parkender Kraftwagen. Der Angeklagte Kraft wurde zu der Gesamtgefängnisstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten, der Angeklagte Otter zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Aon den Mitangeklagten Hehlern erhielten zwei eine Geld­strafe von 20 und 100 Mark, einer wurde zu einem Monat Gefängnis verurteilt, während der vierte Mitangeklagte Hehler freigesprochen wurde.

Führerkagung. In den Räumen der Gauleitung trafen sich am Dienstag sämtliche nationalsozialistischen Gauleiter des Gaus Württemberg-Hohenzollern zur Besprechung der politischen Lage.

Eßlingen, 31. August. Der neue Forstamtsvob» stand. Der Staatspräsident hat auf das Forstamt Eß­lingen den Forstmeister Bauer in Neuffen in seinem Ein­verständnis versetzt.

Altbach OA. Eßlingen, 31. August. Hagelwetter. Gestern mittag entlud sich über unserm Ort ein furchtbares Hagelwetter, begleitet mit orkanartigem Sturm. Die Schlo­ßen fielen ungefähr eine Viertelstunde lang, so daß man sich in eine Winterlandschaft versetzt glaubte. Sie waren zum Teil bis zu Hühnereigröße und vernichteten alles im Gar­ten und auf dem Feld. Der Sturm riß Zweige und Blätter

von den Bäumen, und die wenigen Aepfel lagen auf dem Boden, so daß auch die Hoffnung auf einen spärlichen Obst­ertrag zunichte geworden ist. An vielen Häusern wurden die Fensterscheiben zertrümmert.

Ludwigsburg. 31. August. Reichswehrminister a. D. Gröner in seiner Vaterstadt. Reichswehr- mm-ster a. D. Generalleutnant Dr. Gröner stattete am Dienstag im Anschluß an einen Erholungsaufenthalt in Freudenstadt seiner Vaterstadt Ludwigsburg, die ihm auch das Ehrenbürgerrecht verliehen hat, einen Besuch ab. Er besuchte hier mit seiner Gattin das Schloß und den Fried­hof, sowie das ehemalige Wohnhaus seiner Eltern in der Kirchstraße. Auch der Schillerstadt Marbach stattete er einen kurzen Besuch ab-

Reutlingen, 31. August. Handelskammer gegen Zollerhöhungen. Die Handelskammer Reutlingen hat dem Deutschen Industrie- und Handelstag nachfolgendes Telegramm zugehen lassen: Im Zusammenhang mit Wirt­schaftsprogramm der Reichsregierung und erkennbaren An­sätzen weltwirtschaftlicher Erholung erwartet bedeutende Ausfuhwirtschaft des Bezirks in Textilien, Maschinen, Leder, Schuhen usw., von deren Wohlergehen mehr als ein Viertel heimischer Bevölkerung unmittelbar abhängt, ausfuhrför­dernde Handelspolitik der Regierung und Vermeidung aller weiteren Handelshemmnisse, wie Zollerhöhungen. Einfuhr­kontingente usw., erbitten vom Dihatcig durchgreifende Ein­flußnahme auf Reichswirtschaftsministerium, da andernfalls weiterer Verfall württembergischer Ausfuhrindustrie und Landeswohlfahrt unvermeidlich. Erbitten namentlich sofor­tiges Einschreiten gegen angeblich beabsichtigte österreichische Grenzsperre für deutsche Kammgarne und gegebenenfalls um entsprechende deutsche Abwehr.

Tübingen, 31. August. Hohes Alter. Am 2. Sep­tember darf Fräulein Emilie Höchst etter hier, Tochter des vor 75 Jahren in Hoheneck bei Ludwigsburg verstor­benen Pfarrers, ihren 90. Geburtstag feiern. Es leben noch eine Schwester und die zwei Brüder: Gotthold Höchstetter, Rektor a. D. der Realanstalt Reutlingen, 83 Jahre alt, und Theodor Höchstetter, Pfarrer a. D, zuletzt in Vissingen OA. Kirchheim, 80 Jahre alt, die beide in Reutlingen wohnen.

Iekkenburg OA. Tübingen, 31. August. Großer W ä f ch e die b st a h l. In der Nacht auf Dienstag wurde hier dem Jakob Bader auf der hinter dem Haus gelegenen BauM'wiese die gesamte, dort zum Trocknen aufgehängte Wäsche gestohlen. Die Diebe zogen die Wäsche nicht Stück für Stück ab, sondern schnitten einfach das Wäscheseil je­weils von Baum zu Baum Lurch.

Balingen, 31. August. Landwirtschaftliches Be­zirks fest. Am 24. und 25. September d. I. findet in Tailfingen das landwirtschaftliche Bezirksfest des Bezirks Balingen statt.

Aus Stadt und Land

Nagold, den 1. September 1932.

Zur Liebe sind wir verurteilt, Freundschaft aber

ist freiwillig. Schaeffer.

*

Temperaturen im Schwimmbad

Wasferwärme: 2l Grad; Luft: 20 Grad Celsius, Besucher­zahl: 86.

Schulbeginn

Die Realschule mit Lateinabteilung nimmt morgen Freitag den Unterricht wieder auf, während das Seminar am Montag 5. September seine Pforten öffnet.

Belebte Natur im September

Er ist in unserem Klima der schönste Herbstmonat. Noch warm, heiter und freundlich ist die Atmosphäre; erst gegen Ende stellen sich die Stürme ein. Die Temperatur ist um 4 Grad im Mittel niedriger als im vorigen Monat. Der September vergilt des Sommers Arbeit mit reifen Früchten aller Art. — Die blühenden Pflanzen vermindern sich, die Herbstblumen allein bleiben in Garten und Feld: Georgien, Ältheen, und Astern aller Art, die giftige Herbstzeitlose, das Heidekraut und der Efeu. Im Walde gedeihen die Pilze. Birnen und Aepfel, Quitten und Tomaten sind reif; im Weinberg die Trauben. Es ist der Herbst mit seinem gefüllten Fruchthorn ein Born der Freude und des Dankes. — Die insektenfressenden Vögel sind fortge­zogen: die letzten Schwalben, Grasmücken, Bachstelzen, der Wiedehopf, die Stare und Wachteln; die kleineren Schnepfen streichen. Die Hasen bekommen den letzten Wurf; Rehbock und Hirsche kommen in Brunst. Die Kriechtiere haben sich in ihre

Schlupfwinkel zurückgezogen und liegen in erstarrtem Zustand beisammen; die Insekten sterben oder erwarten in geschützter Puppenhülle für den kommenden Frühling ihre Auferstehung. — Ist das Ende dieses Monats kalt, so folgt nach hundert­jähriger Aufzeichnung 6l mal ein kalter Winter.

Landwirtschaftliche Verrichtungen im September

In diesem Monat bestellt man seine Äcker durch Umpflügen und läßt den Saatfurchen einige Wochen Zeit sich zu setzen, um dann das Wintergetreide einzusäen. Der Roggen erfordert die früheste Saat, damit er sich noch vor dem Eintritt des Winters ordentlich bestocken kann. — Er will einen lockeren, trockenen, sandigen Boden. Auch die Wintergerste verlangt eine frühe Aussaat. Ein mäßig feuchter, kräftiger Lehmboden sagt ihr gut zu. Während der Roggen sehr wohl aus sich selbst folgen kann, gedeiht die Gerste nicht gut auf andere Halmfrüchte. Der Spelz ist nach dem Weizen eine vorzügliche Halmfrucht. Er verträgt auch ein rauheres Klima in Gebirgs­gegenden und ist ziemlich unabhängig vom Boden. Die Aus­saat des Weizens kann auch im nächsten Monat und bis in den November erfolgen; doch geraten frühe Saaten besser als späte; Kalkböden mit Ton gemischt liebt er am meisten. Frischer Dünger zum Getreide ist wenig geeignet, da er gern brandig wird. Die Wiesen setzt man in gehörigen Stand durch Ab­rechen und etwaige Neuansäung an nötige Stellen. Jetzt ist auch Zeit zur Tomatenernte in den Gärten. Das Spätobst wird abgenommen und sorgsam aufbewahrt an luftigen Orten. Gegen Ende des Monats bis Mitte November können die Widder unter die Herde gelassen werden. Die Mastschweine werden jetzt besonders getrieben. Beim Füttern des Rindviehs sei man vorsichtig mit neuem Stroh und Heu. An den Bienenstöcken verkleinere man die Fluglöcher und sonstigen Oeffnungen wegen der Raubbienen.

Wildberg, 31. Aug. Segelsport. Am Sonntag hatte die Flug- und Arbeitsgruppe des Württ. Luftfahrtoerbandes die Ehre, die FAG Böblingen in Wildberg zu begrüßen. Zweck dieses Besuches war, das Wildberger Fluggelände auf Eignung zu prüfen. Schon morgens um 5 Uhr wurde die Maschine aufs Fluggelände .Wächtersberg* befördert. Schon der erste Start brachte die Maschine für eine beträchtliche Zeit in die luftigen Höhen. Bis zum Nachmittag dauerten die Versuche, die unter der kundigen Leitung des FAG-Leiters Reiniger- Böblingen ohne Unfall verliefen und den Beweis für Be­währtheit des Geländes erbrachten. Noch öfter werden sicb die Böblinger bei uns einstellen, da ihnen ein solches Gelände schon lange fehlt. Ein Zeichen, daß sich unser Nagoldtal für solchen Sport eignet wie keines in der Umgebung. Nur schade, daß unsere Jugend dies nicht schon länger erkannt hat. Aber kommt Zeit kommt Rat und trotz der jetzigen Notlage wird in Bälde die selbstgebaute Maschine der Wildberger durch die Lüste schweifen.

Wart, 1. Sept. Badmarder. Einem Rohrdorfer Kur­gast wurde aus dessen Motorradgepäcktatche im Bad die Brief­tasche geklaut. Diese enthielt zwar kein Geld, aber sonst wichtige Papiere.

Schwann OA. Neuenbürg, 31. August. Brandstif- rung. Zu dem Brand in der Wirtschaft und Metzgerei zum Adler, durch den 30 Stuttgarter Ferienkinder in so große Gefahr kamen, ist noch nachzutragen, daß zwei Wan­derburschen, die vorübergehend bei dem Brand geschädigten beschäftigt waren und wenige Tage vor dem Brand entlassen worden sind, bei der Sagemühle in Rotenbach verhaftet und sofort nach Neuenbürg gebracht wurden. Sie stehen im Verdacht der Brandstiftung. Da der Eisenbahn-Fahrkarten­schein der Ferienkinder mitverbrannt ist, wurde von Stutt­gart aus vereinbart, die Kinder mit Kraftwagen zurückzu­befördern, was inzwischen auch geschehen ist.

Aelldorf, OA. Horb, 31. August. Ein Hopfengar­ten niedergerissen. Vor einigen Tagen wurde bei einem nächtlichen Gewitter, das mit Sturm begleitet war, ein schön stehender Hopfengarten mit mehreren hundert Stär­ken und einer Anzahl langer Reihen von Drahtabteilungen vollständig niedergerissen. Sämtliche Pfähle, Drahtlagen, Verankerungen liegen im wirresten Durcheinander unter den erst halbentwickelten, jedoch gesunden Hopfenpflanzen. ,

Neusten OA.Herrenbg.,1. Sept. Abschied. PfarrcrJakober in Neusten und in Altingen verließ mit seiner Familie nach elf­jähriger segensreicher Arbeit sein bisheriges Tätigkeitsgebiet, um nach Weilderstadt zu übersiedeln. Aus diesem Anlaß versam­melte sich im Gasth. z. .Löwen* in Neusten ein großer Teil der hiesigen Einwohnerschaft, um noch einmal einige Stunden mit der Pfarrfamilie zu verbringen.

Freudenstadt, 1. Sept. Autounfall. Wie wir heute erst erfahren, ereignete sich in der Nacht vom Sonntag zum Montag in der Nähe des Lindenhofs beim Bahnübergang wieder ein Autounfall. Em Stuttgarter Auto geriet auf bis setzt un-

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