Leite 3 Nr. 144

Nagolder TagblattDer Gesellschafter*

Donnerstag, den 23. Juni 1932.

Württemberg

Arbeitsmarkt Südwest

Nur geringe Entlastung

In der ersten Hälfte des Juni sind bei den würt t e In­der gischen und badischen Arbeitsämtern nochmals 4252 arbeitsuchende Männer in Abgang ge­kommen, während aus dem Arbeitsmarkt der Frauen 809 neu dazugekommen sind. Der G ef amtb eft and an arbeit­suchenden Personen betrug am 15. Juni 308 587, davon kamen 126041 auf Württemberg und Hohenzollern und 182 546 auf Baden. Von den Arbeitsuchenden waren 294 483 als arbeitslos anzusehen, und zwar 118 231 in Württemberg und 176 252 in Baden.

Die saisonmäßige Besserung der Arbeits Markt­lage im Arbeitsamtsbezirk Stuttgart ist in der ersten Hälfte des Monats Juni zum Stillstand ge­kommen. Die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger ist um 1S7 gesunken. Ihr Stand beträgt 19 449.

Arbeiksmarktlage im Arbeitsamtsbezirk Skuikgart. Die

saisonmäßige Besserung der Arbeitsmarktlage im Arbeits­amtsbezirk Stuttgart ist in der ersten Hälfte des Monats Juni zum Stillstand gekommen. Am Ende der Berichts­zeit waren 44 925 Stellensuchende vorgemerkk. Am 15. Juni standen im Arbeitsamtsbezirk Stuttgart in der Arbeits­losenunterstützung 5537 männliche und 2117 weib­liche, zusammen 7654 Personen gegenüber 7735 am 31. Mai. In der Krisen Unterstützung standen am 15. Juni 9876 männliche und 1919 weibliche, zusammen 11 795 Per­sonen, gegenüber 11 871 am 31. Mai. Insgesamt ergeben sich unter Hinzurechnung der Arbeitslosen- und Krisen­unterstützungsempfänger 19 449 Unterstützungsempfänger. Davon entfallen auf Grosz-Stuttgart 13473 Unter­stützungsempfänger.

Stuttgart. 22. Juni.

Krankheikssl-Miik. In der 23. Jahreswoche vom 5. bis 11. Juni wurden ni Württemberg folgende Fälle von ge­meingefährlichen und sonstigen übertragbaren Krankheiten amtlich gemeldet: Diphtherie 18 (tödlich): Tuberkulose der Lunge und des Kehlkopfs, sowie anderer Organe 19 (32V, Scharlach 40 (): Paraiyphus 16 (1): Fleischvergiftung -- ( 1 ).

Hohe Gefängnisstrafen für die Aeberfälle in Oskheim. Im

Weiteren Verlauf der Sitzung des S chn ell - Schöffen gerichts kamen die schweren Ueberfälle zur Verhandlung, die in der Freitag-nacht von Kommunisten auf heimkehrende National­sozialisten verübt.wurden-, insgesamt wurden acht Ange­klagte beschuldigt, an diesen Ueberfällen beteiligt gewesen zu sein. Zwei der Angeklagten wurden zu se 1 Jahr 3 Mo­naten Gefängnis, einer zu 10 Atonalen und zwei zu je 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Zwei Angeklagte mußten mangels Beweises freigesprochen werden, und gegen einen der Angeklagten wurde das Verfahren abgetrennt.

Zwei Dachkanunyrmarder unschädlich gemacht. Vor eini­gen Tagen wurde hier ein Dachkammermarder zur Strecke gebracht. Cs handelt sich um einen verh., 47 I. a. Büro­diener von hier, der auf seinen Borengängen in der Stadt jede Gelegenheit zum Diebstahl aus Dachkammern und Man- sardenWohnungen wahrnahm. Neben Bargeld entwendete er auch Kleidungs- und Wäschestücke, Schmuck- und Nipp- fachen, sowie Radio- und Photoapparate. SeineFälle" überschreiten schon setzt die Zahl 100. Die gestohlenen Sachen stapelte diese diebische Elster zu Haus aus, so daß es möglich ist, einem großen Teil der Bestohlenen sein Eigentum zu­rückzugehen. Auf dem gleichen Gebiet betätigte sich auch «in polizsibekannter, 37 I. a., geschiedener Packer, der erst vor einigen Wochen aus der Strafanstalt Hall entlassen wor­den war. Kaum auf freiem Fuß, hat dieserUnverbesser­liche" sofort sein altes Handwerk wieder ausgenommen. Diesem Täter fallen sieben Stuttgarter Einbrüche zur Last.

Aus dem Lande

Böblingen, 22. Juni. Schalterschließung einer Bank. Wie demBöblinger Bolen" mitgeteilt wird, ist das Bankgeschäft Keßler u. Gaugler hier durch die wirt­schaftlichen Schwierigkeiten der Zeit in Mitleidenschaft ge­zogen worden. Während Einlagen fortgesetzt zurückgezogen wurden, konnten die Außenstände nicht m gleichem Maße flüssig gemacht werden. Die Firma versucht, eine Anleh­nung an andere Banken zu gewinnen und hat, um diePer- handlungen in Ruhe durchführen zu können, ihre Schalter geschlossen.

Schwenningen, 22. Juni. Gegen Typhus-Urteil Berufung eingelegt. Wie derNeckarquelle" mit­geteilt wird, wurde in der Typhusangelegenheit vom Pro- zehbevollbemächtigten der Klägerin gegen das von der Zivil­kammer des Landgerichts Rottweil ergangene. Urteil Be­rufung eingelegt. Damit hat also das Urteil noch keine Rechtskraft erlangt; vielmehr wird die Schwen-ninger Typhusangelegeinheit nochmals das Gericht und zwar nunmehr das Oberlandesgericht Stuttgart beschäftigen.

Lanlgau. 22. Juni. 21 Prozent Umlage. Der städtische Etat für 1932 schließt ab mit 419 966 Mark Aus­gaben und 196 ^ '3 Mark Einnahmen. Der Abmangel von 223 923 Mark soll durch eine Umlage von 21 Prozent, wie im Vorjahr, und durch Heranziehung sämtlicher Nestmittel gedeckt werden. Trotzdem bleibt noch ein ungedeckter Ab- mangel von 42 613 Mark übrig, zu dessen Deckung Mittel aus dem Ausgleichstock erbeten werden.

^ Friedrichshafen, 22. Juni. Hafenpolizei. Laut Schreiben vom 15. Juni des Hauptzollamts an den Kgl. Württ. Pacht-Club hat jedes Boot, das die Schweiz oder Oesterreich anzulaufen beabsichtigt, den Dampferhafen an­zulaufen und auf dem Hauptzollamt oder bei dem nächsten Zollbeamten sich zu melden, um sich der Zollkontrolle zu unterwerfen.

Neu-lllm. 22. Juni. Uniformoerbotin Neu- Ulm. Das Unrformverbot besteht in Neu-Ulm fort. Nach­dem am Samstag und Sonntag die Nationalsozialisten sich noch zahlreich in ihren Parteiuniformen auf den Straßen zeigten, wird seit Montag die Uebertretung bestraft. Dies­seits der Donaubrücke, in Ulm, dürfen Uniformen getragen werden.

Vom bayr. Allgäu, 22. Juni. Schwere Strafen für Tabakschmuggel. Die Brüder Joses und Alois Wörz von Oberkirch wurden im November v. I. bei dem Versuch, Rauchtabak und 1700 Virginier von Tirol über die Grenze nach Bayern zu schmuggeln, abgefaßt und zu Geld­strafen von 9800 bzw. 4400 Mark verurteilt. Vierzehn Tage später wollten die beiden abermals 2000 Virginier über die

Grenze bringen; sie wurden wieder erwischt und hatten sich neuerdings vor dem Gericht in Füssen zu verantworten, das den Joses Wörz zum achtfachen Betrag der binterzogenen Steuer, nämlich zu 10 200 Mark, sowie zu 3 Monaten Ge­fängnis verurteilte, Alois Wörz muß den fechskgchen Betrag der hinterzogenen Steuer, also 7500 Mark, bezahlen und außerdem 1?4 Monate Gefängnis absitzen.

Konstanz, 22. Juni. Mysteriöser Vorfall. Der 37 I. a. Bäckermeister Josef Traubenkraut aus Mayen (Rheinland), zuletzt in Leinen (bei Heidelberg) wohnhaft, unternahm am Montag abend mit seiner sechs Jahre älteren Ehefrau eine Kahnfahrt. Dienstag nacht gegen drei Uhr erschien Traubenkraut vollständig durchnäßt bei der Schwei­zer Zollstelle und gab ziemlich verworrene Auskunft über den Verbleib seiner Frau. Man vermutet, daß die beiden wegen zerrütteter Vermögensverhältnisse gemeinsam den Tod in den Wellen suchen wallten. Traubenkraut wurde zunächst unter dem Verdacht der Tötung aus Verlangen in Unter­suchungshaft genommen.

Aus Stadt und Land

Nagold, den 23. Juni 1932.

Dis Wirklichkeit hört nicht an dem Punkte auf, wo unser Wissen von ihr aufhört. Jäger.

Dienstnachrichten.

Uebertragen wurde die Pfarrei Breitenberg, Dek. Calw, dem Pfarrverweser Georg Krämer daselbst.

Gefaßter Betrüger

Nach der Unwetterkatastrophe am Pfingstmontag hat sich in Zavelstein und wohl auch sonstwo ein Mann als Hochwasser­geschädigter ausgegeben und in verschiedenen Fällen Gaben ent­gegengenommen. Da die Glaubwürdigkeit des Mannes da und dort angezweifelt wurde, ist der Fall zur Anzeige gekommen. Der Verdacht, der sich nunmehr bestätigt hat, richtete sich auf den von seiner Frau getrennt lebenden Lhr. Walz von Kuppingen, der gestern in Wildberg, wo er bettelte, festgenommen wurde. Falls Walz auch anderen Orts aufgetreten ist, wolle dies den betreffenden Bürgermeisterämtern oder Landjägerstellen ange­zeigt werden.

Der Salzpreis verdoppelt sich

Die bevorstehende Erhöhung der Salzsteuer hat zu einer sehr starken Nachfrage nach Salz im Kleinhandel geführt. Kochsalz kostet bisher im Kleinhandel 7)48 Pfg. das Pfund. Dazu tritt künftig eine Steuer von 6 Pfg. für das Pfund. Da außerdem von dem Preis und der Steuer noch eine zweipro­zentige Umsatzsteuer gezahlt werden mutz, so dürfte nach Ein­tritt der neuen Steuer das Pfund Salz nicht unter 15 Pfg. zu kaufen sein. Der Preis für Salz verdoppelt sich also.

Vorträge der Deutschen Welle über das Handwerk

Die Handwerkskammer Reutlingen teilt dazu folgen­des mit:Erfreulicherweise wird nun auch die Deutsche Welle in ihrer Vortragsreihe das Handwerk stärker berücksichtigen. Das Programm sieht für den Monat Juli vier Vorträge Über handwerkliche Fragen vor, sie werden sämtlich in der Zeit von 18.30 bis 18.55 Uhr stattfinden und zwar am 4. Juli über das ThemaHandwerk und Staat"; am 11. Juli über das Thema Handwerk und Siedlung"; am 18. Juli über das Thema Handwerk und Volkskunst" am 25. Juli die Frage des Hand­werks im Kunstwerk. Wir verfehlen nicht, auf die bedeutungs­volle Veranstaltung der Deutschen Welle aufmerksam zu machen.

Kirchenkonzert

Sonntag, den 26. Juni, 16 Z4 Uhr in der Stadtkirche. Die Schöpfung, Oratorium von Haydn. Zur Feier der 200. Wieder­kehr seines Geburtsjahres.

Haydn und seineSchöpfung".

Viele von denen, die am Sonntag dieses herrliche Tonwerk zu hören gedenken, werden gerne noch etwas über den Mann und sein Werk erfahren wollen. Josef Haydn wurde, als das älteste unter 20 Kindern, im Jahre 1732 in einem Dorf in Nie­derösterreich geboren. Der Vater war ein einfacher Wagner, der neben dem Handwerk noch die Harfe zu spielen verstand und damit an Sonntag-Nachmittagen manches Stück Geld verdiente, indem er den Bauern zum Tanz spielte, oder den Gesang seiner Frau begleitete. Oesterreichische Volkslieder, Tänze und Märsche waren also Haydns erste musikalische Eindrücke; wir hören die­sen Volkston noch aus den reifsten Schöpfungen des Meisters heraus. Den musikalischen Knaben nahm ein verwandter Leh­rer zu sich, von dem jener später noch bekannte:Ich danke die­sem Manne noch am Grabe, daß er mich zu so vielerlei angehalten hat, wenn ich auch mehr Prügel als zu essen bekam". Sein Verdienst war es, daß er den Knaben sämtliche Instrumente des Orchesters spielen lehrte; dieser praktischen Schule verdankt Haydn die Kunst, jeder Stimme im Orchester ihre besondere Eigenart zu geben; jede ist gleichsam eine besondere Persönlich­keit mit eigenem Charakter, das ganze Orchester ein reich geglie­derter Organismus lebendiger Individualitäten. Gerade in der Schöpfung" hören wir den vielstimmigen Chor von Stimmen, die gleich einem Vogelkonzert durcheinander trillern, zwitschern, schäkern, blasen und jubeln,ein jegliches nach seiner Art" und doch alles zusammengefatzt zu einer mächtigen Harmonie. Mit 0 Jahren kam Haydn als Chorknabe nach Wien. Bis seine Stimme brach, mit 16 Jahren, sang er hier bei den Metz­gesängen in der Kirche mit; nebenher trieb er noch etwas La­tein und studierte fleißig auf eigene Faust Harmonielehre. Dann aber stand er hilflos da in der großen Stadt, noch 12 Jahre mutzte er sich äußerst kümmerlich durchschlagen. Mit einigen Musikstnnden fristete er sein Dasein; das übrige focht er durch Musizieren auf der Gasse vor den Häusern zusammen. Und doch war der kindlich anspruchslose Jüngling immer heiter und zu­frieden.Wenn ich in meiner Mansardenstube an meinem alten, von den Würmern zerfressenen Klavier satz, beneidete ich keinen König um sein Glück!" sagte er später über diese armselige Zeit. Endlich mit 28 Jahren erlangte er eine seiner Kunst und Fähigkeiten würdige Stellung als Kapellmeister des Fürsten Esterhazy in Eisenhardt. Hier reifte Haydn zur Meisterschaft, da er die Ausgabe hatte, viel zu komponieren und seine Werke mit einem ganz auf ihn eingestellten Orchester sofort einznstudie- ren und zum Vortrag zu bringen. Ohne daß Haydn es merkte, ward er zum berühmten Mann; seine Werke fanden überall Eingang und bald großen Absatz. Nach 20 Jahren starb der Fürst und Haydn war frei, seine Schritte in die Welt zu lenken. Zweimal besuchte er England und fand dort enthusiastische Ver­ehrung und endlich auch reichen materiellen Lohn. So wurde seine Schaffenskraft mächtig angespornt. Es entstanden die ewig jungen 12 sogen. Londoner Symphonieen. Im ganzen blieb er 3^ Jahre; Dann zog es ihn wieder zurück in seine geliebte Heimat. Im eigenen Landhaus bei Wien verlebte er noch 13 ungetrübte Jahre in behaglichem Schaffen. Aus diesen Jahren stammen die OratorienDie Schöpfung",Die vier Jahreszei­ten" undDie sieben Worte Jesu am Kreuz". In den Tagen, da Napoleon vor Wien stand, zwischen den Schlachten von Aspern und Wagram, hat Haydn am 31. Mai 1809 das Zeitliche gesegnet. Haydns Persönlichkeit kennzeichnet schlichte Einfach­heit und Natürlichkeit, peinliche Sauberkeit und Pünktlichkeit, sonnige Heiterkeit und kindliche Frömmigkeit. Alle vier Eigen­schaften treten in derSchöpfung" einzigartig in die Erscheinung. Es war keine Phrase, wenn Haydn an die Spitze seiner Parti- >

kurenLoli Oeo Gloria" zu setzen pflegte. Gerade in Beziehung auf dieSchöpfung" erzählt er, daß ernoch nie so fromm ge­wesen sei", als während der Zeit, in welcher er an diesem Werk gearbeitet habe;täglich fiel ich auf meine Kniee nieder und bat Gott, daß er mir Kraft zur glücklichen Ausführung dieses Werkes verleihen möckte". Bei der Stelle:Es werde Licht" erhob sich bei den Zuhörern jubelnder Beifall; aber der 76jährige Greis wehrte ab und streckte die zitternden Hände aus mit den Worten:nicht von mir, es kommt von oben!" Solche Gesinnung machte ihn bescheiden; neidlos hat er dem jungen Mozart den ersten Rang zuerkannt. Aber diese Frömmigkeit hatte keine Spur von weltflüchtigem Wesen oder säuerlichem Trübsinn an sich. Man hat seiner Musik zuweilen allzu große Heiterkeit und Leichtigkeit vorgeworfen; aber Haydn erwiderte solchen Kri­tikern:da Gott mir ein fröhliches Herz gegeben hat, so wird er mirs wohl auch verzeihen, wenn ich ihm auf fröhliche Weise diene". Haydn geht der Freude nach aus allen Wegen; er holt sie von den Höhen und Tiefen des Lebens, aus der Stille und von der Straße; sie fliegt uns aus seiner Musik entgegen wie der bunte Schmetterling, aber auch mit dem großen schweren Flügelschlag des Adlers, der zur Sonne steigt. Mit überquellen­dem Reichtum strömen seinem Genius die Melodieen zu; un­erschöpflich ist der Born der Freude im Herzen dieses Mannes, der bis zu seinem Tod ein Kind im edelsten Sinn des Wortes geblieben ist. In der Schöpfung erleben wir das 6-Tagewerk mit. Einer der 3 Erzengel erzählt in einemRezitiv" nach den Worten der Bibel, was Gott an jedem Tag schuf; darauf kommt meist eine Arie, ein Lied, das die menschliche Empfindung da­rüber ausspricht; die Darstellung von jedem Tag schließt ein Chor, ein Hymnus zur Ehre des Schöpfers. Im dritten Teil tre­ten Adam und Eva auf, jubelnd über die Schönheit der Welt und selig in der eigenen gegenseitigen Liebe. Aus vollem Her­zen hat Haydn dieses herrliche Werk geschrieben. Mit vollem Herzen will es gesungen und gehört sein. Gewiß, Bach ist größer, Mozart tiefer, Beethoven wuchtiger, gewaltiger. Aber wahr ist, war D. Fr. Strauß von Haydn sagt:Man kann ihn nicht kennen, ohne ihn zu lieben". Möge ihm das auch in Nagold wider­fahren.

Anm.: Es ist dringend zu raten, nicht ohne Textbuch in die Kirche zu kommen; es ist sonst nur das halbe Verständnis und der halbe Genuß zu erwarten.

Wildberg, 22. Juni. Generalversammlung der Darlehenskasse. Gestern fand die ordentliche General­versammlung der Darlehenskasse statt, die stark besucht war. Vor­steher Stadtpfleger F- rauer erstattete den Geschäftsbericht. Er schilderte vor allem die Schwierigkeiten im Geldverkehr in der heutigen Notzeit. Die Kasse könne mit wenig eigenem Geld arbeiten und Bankgeld erfordere außerordentlich hohe Zinssätze. Es sei ein ungesundes Zeichen unseres heutigen Eeldverkehrs, daß für Gläubigergeld notverordnungsmäßig nur 4)4 bis 5>L Prozent bezahlt werde, die Banken aber für Schuldengeld 9 und mehr verlangen. Er schloß seinen Bericht mit der Bitte an die Mitglieder, kein Geld zu Hause liegen zu lassen, sondern auf der Kasse anzulegen, wodurch diese in den Stand gesetzt werde, sich besser regen zu können zum Nutzen der Mitglieder und der Gemeinde. Hierauf trug Rech­ner Scheck die Jahresrechnung vor. Aus dieser ist erwähnens­wert: Reingewinn 685 Mark; Aktivsumme 273 640 Mk.; Passiv­summe 272 955 Mark; Barumsatz 810 464 Mark; Buchumsatz 4 570 100 Mark. Beim Scheck- und Wechselverkehr gingen durch die Kasse: 650 Schecks mit 161000 Mark und 152 Wechsel mit 27 300 Mark. Im Vergleich mit den gleichen Posten des Vorjahrs ist ein Rückgang bis zu 14 Prozent festzustellen. Die Zahl der Mitglieder beträgt 263. Der stellvertretende Vorsitzende des Auf­sichtsrats, Banmgärtner, schlug der Versammlung für die Verteilung des Reingewinns eine Dividende von 6 Prozent vor. was von der Versammlung ohne Wiederspruch angenommen wurde. Hierauf wurde dem Rechner, sowie dem Vorstand und Aufsichtsrat Entlastung erteilt. Dabei wurde unter dem Beifall der Versammlung die tadellose, umsichtige und vorsichtige Kas­sen- und Rechnungsführung des Rechners Scheck lobend hervor­gehoben und ihm dafür der Dank ausgesprochen. Seine Tüchtig­keit und vor allem seine freundliche Bereitwilligkeit, jedermann mit fachmännischem Rat beizustehen, helfen wesentlich mit, den Verkehr mit der Kasse zu heben.

Freudenstadt, 22. Juli. Fachkurs Gauturnfest Fremdenverkehr. Ende Juni beginnt ein praktischer Flei­scherfachkursus für das Metzgergewerbe, ausgeführt von der Fach­schule Scheurer, Werden (Ruhr), welche im letzten Jahr mehrere Kurse in Württemberg mit gutem Erfolg durchgeführt hat. Zum 57. Gauturnfest des Oberen Schwarzwaldturngaues, das am 23. und 24. Juli in Freudenstadt stattfindet, find bis jetzt aus 36 Vereinen insgesamt 665 Turner und Turnerinnen für die verschiedenen Wettkämpfe gemeldet worden. Die Differenz bis heute in diesem Jahr an llebernachtungen gegenüber dem Vorjahr beträgt nur ein halbes Prozent. Es wurden in Freu- öenstadt gezählt vom 1. Januar 1931 61437 Uebernachtun- gen, im selben Zeitraum 1932 60 903 Uebernachtungen, also weniger 534.

Letzte Nachrichten

Neues Demonstratwnsverbot in Hessen

Darmstadt, 22. Juni. Der hessische Innenminister hat wegen der in den letzten Tagen in Mainz, Worms und anderen Städten Hessens erfolgten politischen Ausschrei­tungen unter dem 20. Juni, auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten vom 14. Juni 1932 und zur Aufrecht- erhaltung der öffentlichen Sicherheit, Ruhe und Ordnung mit sofortiger Wirkung im gesamten Gebiet des Volks­staates Hessen bis auf weiteres alle Versammlungen unter freiem Himmel, Demonstrationsaufzüge, Umzüge, Durch­märsche und sämtliche Transporte aller Art, die von Mit­gliedern politischer Vereinigungen oder zu politischen Zwecken unternommen werden, verboten.

von Kries 1. Vizepräsident.

Berlin, 22. Juni. Bei der Stichwahl für den ersten Vize- präsidentenpostcn im preußischen Landtag wurde» für den Abg. Dr. von Kries (Du.) 182 Stimmen abgegeben, für den Abg. Wittmaak 174 Stimmen. 52 kommunistische Stimmen sind un­gültig. Dr. von Kries ist hiernach zum 1. Vizepräsidenten ge­wählt.

Austritt aus der Wirtschaftspartei

Dortmund, 22. Juni. In einer Generalversammlung der Ortsgruppe Dortmund der Reichspartei des Deutschen Mittel­standes (Wirtschaftspartei) wurde heute abend einstimmig die Auflösung beschlossen. Alle Anwesenden traten zur Partei der Neuen Mitte über.

Erdbeben in Mexiko.

Mexiko, 22. Juni. Ein Erdbeben und eine Flutwelle rich­teten heute in der Stadt Cuyutlan Prov. Colima, Pazifische Küste beträchtlichen Schaden an. Der Naturkatastrophe sielen auch Menschenleben zum Opfer, deren Zahl noch nicht feststeht.

Oldenburg-Ianuschau kandidiert nicht mehr. Kammer- Herr von O l d e n b u r g-Ianuschan hat sich entschlossen, für den neuen Reichstag nicht mehr zu kandidie­ren, da er wegen seines hohen Alters und seiner starken wirtschaftlichen Inanspruchnahme, die ihn in seiner Heimat Ostpreußen unentbehrlich mache, das Mandat als Reichstagsabgeordneter nicht mehr ausüben zu können glaubt.