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Bezugspreise: Monatlich einschl. Träger- lohn -Ti 4.50; Einzelnummer 1« Pfennig. Erscheint an jedem Werktage. Verbreitetste Zeitung im Oberamts-Äezirk . Schrift­leitung, Druck und Verlag von G. W. Zaiser (Knh. Karl Zaiser) Nagold, Marktstraße 44

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Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage: Haus-, Garten- und Landwirtschaft"

Anzeigenpreise: 4 spaltige Borgis-Zeile oder deren Raum20 ^,Familien-Anze!gen 45 ^ Reklamezeile SO sZ, Eammel-Anzeigen ZO°7o Aufschlag » Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Ausgaben und an besonderen Plätzen, wie für telefon. Aufträge und Chiffre- Anzeigen wird keine Gewähr übernommen

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Nr. II

Gegründet 1827

Freitag, den 15. Januar 1932

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Schluß mit den Reparationszahlungen Hindenburg-Bolksabstimmung / Betrüblicher Stand der deutsche» Industrie und unserer Sozialversicherung / Ein Lichtblick: Festigkeit der Markwöhrnng.

Die Erklärung des Reichskanzler D r. Brüning vom letzten Samstag ist ein geschichtliches Ereignis. Sie enthält drei Feststellungen: erstens, daß Deutschland weder jetzt noch in der Ankunft in der Lage sei, Repara­tionen in irgend welchem Maß zu bezahlen: zweitens, daß auch das seitherige politische Zahlungssystem nicht aufrechterh alten werden könne, wenn ni cht die ganze Welt­wirtschaft zugrunde gehen soll: drittens, daß für irgendwelche Zwischenlösungen (Moratorien) keine Möglichkeiten vor­handen seien. Nicht minder wichtig ist seine Versicherung, daß über diese Haltung der deutschen Abordnung ans der kommenden Lausanner Konferenz keinerlei Zweifel bestehen könne. Endlich ein erlösendes Wort, von dem nur zu be­dauern ist, daß es nicht zwei Jahre früher gefallen ist. Es wäre dann dem deutschen Volk unendlich viel Leid und Elend erspart geblieben.

Brünings Erklärung schlug überall in der Welt wie eine Bombe ein. Italien, England und Amerika freuten sich dar­über. Mac Donald ist überzeugt, daß alle beteiligten Regierungen erkennen werden, daß der europäische Wieder­aufbau und Frieden davon abhängen, ob man den harten Tatsachen ins Antlitz blickt. Nur natürlich Frankreich nicht. Der PariserTemps" verfiel in wahre Wutausbrüche. Die Erklärung Brünings, daß Deutschland weder jetzt noch in Zukunft zahlen könne, sei einAkt politischen Wahnsinns". Zu gern möchten die Herren die ganze Sache aus das Ge­leise des bösen Willens schieben. Aber das geht diesmal nicht. Hat doch der berufene Sonderausschuß in Basel klipp und klar Deutschlands Zahlungsunfähigkeit be­stätigt. Sogar ein Pertinax gibt zu, daß die deutsche Wirtschaft nur noch au einem ,Faden hänge. Es kann also von einerZerreißung" des Boungplans keine Rede sein. Und auch diese müßte zuvor von dem Haager Gericht festgestellt werden.

So sehr Dr. Brünings Vorgehen in der T r i b u t f r a g e den Beifall ganz Deutschlands und des größten Teils der übrigen Welt erntete, so stark stieß sein Versuch, H i n d e n- burgs Präsidentschaft auf parlamentari­schem Wege verlang ern zu lassen, auf den Wider­spruch der nationalen Opposition. Dr. Hugenberg hat in einem Brief an den Reichskanzler eine glatte Absage er­teilt, ebenso Adolf Hitler. Aber beide, Dr. Hugenberg und Hitler, und mit ihnen der Stahlhelm, sind für eine verfassungsmäßige Wiederwahl Hindenburas. also für eine Volksabstimmung. Diese Wahl soll auf breitester Grundlage erfolgen, also von der äußer­sten Rechten bis zur Sozialdemokratie. Ob aber letztere Seite an Seite von Hugen-berg und Hitler mittun wird, ist noch fraglich. Wenigstens macht derVorwärts" dazu ein Fragezeichen.

Die Absage der nationalen Opposition wird allgemein, besonders auch im Ausland, als eine Schlappe Brü­nings beurteilt, nachdem doch wenigstens Adolf Hitler amMcki stark umworben war. Dies siel um so mehr auf oder stand in schroffem Widerspruch Zu der Haltung des Reichsfinanzministers Dietrich, der auf der Dreikönigsparade" der Demokratischen Partei am 6. Jan. gegen die Nationalsozialisten mit auffallender Schärfe zu Felde zog. Selbst wenn, wie es den Anschein hatte, Hitler eher als Dr. Hugenberg geneigt gewesen wäre, auf den Vorschlag des Reichskanzlers einzugehen, so kam dies nach der Stuttgarter Rede Dietrichs jedenfalls nicht mehr in B e t r a cht.

Nun soll ein Wahlausschuß von parteipolitisch un­abhängigen Persönlichkeiten für die Kandidatur Hinden- burgs gebildet werden, wie dies bei seiner ersten Wahl im Jahre 1925 mit Erfolg unternommen wurde, damit etwa un März die Volksabstimmung vor sich gehen kann. Auch ein schweres Stück Arbeit. Wer wird die Sache in die Hand nehmen? Ein Versuch des volkskonservativen Grafen Westarp, die Mittelparteien dafür zusammenzubringen, wurde alsbald als untauglich wieder aufgegeben; auf diese Weise wäre höchstwahrscheinlich ein Erfolg bei der wieder­holten Kandidatur ernstlich in Frage gestellt worden. Dar­aus hat der Ordensmeister des Jungdeutschen Ordens, Arthur Mah raun, beim Reichsinnenminister auf Konto des Ordens eine Hindenburg-Bolksabstimmung beantragt. Auch dieser Ausweg dürste bei dem verhältnis­mäßig bescheidenen Gewicht, das dem Jungdeutschen Orden in der Gesamtpolitik eignet, kaum zum Ziel führen. Das Wort hat jetzt eigentlich Hindenburg. Und er hat den Reichskanzler ersucht, von einer parlamentarischen Lösung der Frage abzusehen.

Inzwischen schreitet unsere Not vorwärts. Heute steht «s so, daß ein Drittel der deutschen Industrie stillgelegt ist: 5,7 Millionen Arbeitslose (in der ganzen Welt sind es etwa 25 Millionen), Rückgang der Produktion um 20 v. H. gegen das Vorjahr, so daß sie mengenmäßig wieder etwa auf das Niveau des Jahres 1924 abgesunken ist; 10 v. H. Konkurse mehr als 1930; 1,5 Milliarden Ver­lust- aus .Zablunaseinstellunaen im lebten Jabr: nur nach

etwa 5060 Milliarden Volkseinkommen gegen 70 Milliar­den im Vorjahr und hievon fast die Hälfte Ausgaben für i die öffentliche Hand. Und dennoch sollen wir jährlich 2 Milliarden Tribute (die Reichsbahn allein 660 Millionen bei einem Fehlbetrag von 500 Millionen) aufbringen? Ist das wüs anderes als Wahnsinn?

Betrüblich ist der Stand unserer Sozialversiche­rung. die nun auf einen 50jährigen Bestand zurückschauen darf. Ueber die Arbeitslosenversicherung, de die Wurzel unserer Reichsfinanznat ist, braucht hier nichts gesagt zu werden. Daß die Knappschaftsversiche­rung zwischen Leben und Sterben schwebt, wurde schon oft' gemeldet. Der mißlichen Lage der Krankenkassen soll nach der vierten großen Notverordnung vom 5. Dez. d -- durch aufgeholfen werden, daß ihre Leistungen künftighin auf die gesetzlichen Regelleistungen (meist 26 statt 39 Wochen) beschränkt werden sollen. Und nun gar die In­validenversicherung. über deren Stand Präsident Andre von der Württ. Landesversicherungsanstalt unlängst einen Bericht erstatten mußte: Das Defizit für 1932 sei auf 300 Millionen (bei Württemberg 13 Millionen) errechnet worden. Ja Beitragserhöhungen oder höhere Reichszu- schüsie zurzeit ausgeschlossen seien, könne nur durch einen weiteren Leistungsabbau die Invalidenversicherung gerettet werden. Bloß die Angestelltenersicherung schien bis jetzt der Krise zu trotzen. Aber auch bei ihr beginnen die Veitragseinnahmen bedenklich zu sinken, ihre Renten­lasten aber stark zu steigen und die Rücklagen geringer zu werden, so daß 1932 keine Mittel für Darlehenszwecke übrig bleiben.

Nur ein Lichtblick ist uns geblieben: Die Festigkeit unserer Markwährung, während in 15 Ländern die Währungen entwertet sind und in 16 Ländern die Gold­währung förmlich aufgehoben wurde. Schon denkt man daran, die Goldwährung überhaupt zu verlassen. Was fängt dann Frankreich mit seinem großen Goldschatz an?

Noch gibt es Wunder. Oder ist die Rettung der 7 durch ein Erdbeben verschütteten Bergleute in Oberschlesien, die 6 Tage und Nächte eingesargt waren, nicht eine jene unerklärlichen Tatsachen, vor denen der Mensch anbetend stillestehen muß? Alle Hochachtung aber jenen heldenhaften Männern, die an dem wunderbaren Rettungswerk beteiligt waren! Hier hieß es aucharbeiten und nicht verzweifeln!" ist.

Neueste Nachrichten

Für Aushebung der Tribute

Berlin, 14. Jan. Im Hauptausschuß des Deutschen Industrie- und Handelstags führte der Vorsitzende Dr. Grund- Breslau in einer Ansprache aus: Keine deutsche Regierung wird jemals in der Lage sein, mit innenpolitischen Maßnahmen die Lage zu meistern, wenn es nicht gelingt, die Hauptursache unserer wirtschaftlichen und finanziellen Nöte zu beseitigen. Die politischen Zahlungen machen Deutschland die Erfüllung seiner privatrechtlichen Verpflichtungen unmöglich. Ohne endgüljge Aushebung der politischen Verschuldung Deutschlands gibt es keine Wieder­herstellung seiner Kreditfähigkeit und keinen Wiederaufstieg seiner Wirtschaft. Die deutsche Abordnung in Lausanne wird das ganze Volk einig hinter sich haben, wenn sie jedes Kompromiß ablehnt.

Versammlungsauflösung

Berlin, 14. Jan. Wegen Verstoßes gegen das Uniform- verbot wurde gestern abend eine Versammlung der Hitler- Jugend im Norden Berlins aufgelöst. Der Versammlungs­leiter und 31 Teilnehmer wurden der politischen Polizei über­geben.

Der preußische Innenminister Severing will gegen die Aushebung des Zeitungsverbots gegen den nationolsoziaii- stischenAngriff" durch den Reichsinnenminister Grüner Be­schwerde beim Reichsgericht erheben.

Der Brester Hochverrats-Prozeß

Warschau, 14. Jan. In dem seit 26. Oktober v. I. lau­fenden Prozeß gegen elf Abgeordnete der Opposition vor dem Gericht in Brest-Litowsk wurde gestern das Urtezl verkündet. Zehn Angeklagte wurden wegenHochverrats" zu IX bis 3 Jahren Gefängnis verurteilt, der Bauernführer Sawicki wurde freigesprochen.

Der Prozeß nahm seinen Ausgang vom Wahlkamps im Herbst 1930, bei dem die Oppositionsparteien von dem Ge- waitregiment mit bestialischer Grausamkeit verfolgt wurden. Auch die Deutschen in Polen hatten schwer darunter zu

Fernsprecher Nr. 2S 106. JahvgaNS

Ükgesspiegel

Der Reichspräsident hak am Donnerstag den Reichskanz- ler zum Vortrag empfangen.

Die anhaltischen Landtagswahlen sollen noch vor Ablauf der am 20. Mai zu Ende gehenden Wahlperiode staltsinden.

Die Stadl Hamburg hak das Reich um einen Zuschuß von 23,3 Millionen Mark gebeten, um den Fehlbetrag in der Verwaltung des Hamburger Hafens zu decken.

Die (demokratische) Skaatsparlej veröffentlicht einen schar­fen Ausruf gegen den Nationalsozialismus.

Der Brokpreis in München wurde um 1 Pfg. je Pfund gesenkt.

Der Geschäftsführer der deutschnationalen Fraktion im Berliner Rathaus, Kirchner, hak sich wegen vollständigen Vermögensverlustes erschossen.

3n Hagen (Wests.) entdeckte die Polizei ein verstecktes Lager von über 1 Zentner Sprengstoff, 770 Sprengkapseln und eine große Menge Gewehre und Pistolen. Mehrere Ver­haftungen winDen vorgenommen.

Die weiteren Erhebungen im Wiener Waffenfun- haben ergeben, daß die Wiener Waffenfabrik Spikak u. Zipfel im letzten Jahr rund 10000 Handgranaten für den sozialdemo­kratischen Republikanischen Schutzbund geliefert hat. 5000 dieser Handgranaten wurden im Frühjahr v. 3. beschlag­nahmt, ohne daß die Regierung eine Mitteilung machte. Wo der Rest versteckt ist, ist noch unbekannt.

>.eioen. 2 ierHochverrat" vejtand darin. Laß Lie Abgew o- rieten erklärten, sie werben die Gewaltherrschaft PilsuLst.s, der bekanntlich durch Staatsstreich zur Macht gekommen fft, aus parlamentarischein Weg bekämpfen. In der langen Un­tersuchungshaft wurden die Abgeordneten mit ausgesuchter Roheit gepeinigt und es sind darüber in den Gerichtsver-! Handlungen haarsträubende Dinge an den Tag gekommen.

'Das Urteil war befohlen und kein Richter in Polen hätte anders gesprochen, denn jeder Richter, der nicht nach dem Willen desObersten Systems" Pilsudfki überträgt die Ueberwachun-g der Gefängnisse und der öffentlichen Ord­nung im allgemeiner; in der Hauptsache Obersten des Heers gebrochen hätte, wäre versetzt oder abgesetzt worden, wie es schon dutzendmal vorgekommen ist. Brest-Litowsk bleibt ein Schandmal für die Schreckensherrschaft Pilsudskis.

Sämtliche Angeklagte haben Berufung eingelegt. Es lst anzunehmen, daß damit der für die Regierung so pein­liche Prozeß hinter den Kulissen versenkt wird.

Deutscher Fremdenlegionär wegen Fahnenflucht verurteilt

Marburg, 14. Jan. Das Marburger Schöffengericht ver­urteilte einen Reichswehrsoldaten aus Marburg, der im Juni 1923, als er Urlaub in die Heimat bekommen hatte, fahnenflüchtig geworden und in die französische Fremden­legion eingetreten wak, zu 6 Monaten Gefängnis. 82 Tage der Untersuchungshaft werden ihm angerechnet. Gleichzeitig erfolgte Ausstoßung aus dem Heer. Der Angeklagte hatte wegen eines Mndchens, das er in Frankfurt a. M. kennen getreten. 3m Verkauf einer achtjährigen Dienstzeit in der Furcht vor Strafe in Weißenburg in die Fremdenlegion ein­getreten. Im Verlauf einer afttjährigen Dienstzeit in der Legion nahm er mit Auszeichnung an den Kämpfen gegen die Rifkabylen teil und wurde dabei verwundet. Dann packte ihn die Sehnsucht in die Heimat, wo er sich nach seiner Entlassung aus der Legion reumütig den Behörden stellte.

Versteigerung der Kisten der Erzbergermörder in Budapest

Budapest, 14. Jan. 24 Kisten und Koffer, die die wegen Ermordung Erzbergers nach Ungarn geflüchteten Förster-, Schultze und Tillessen einem Lagerhaus in Budapest in Verwahrung gegeben hatten, wurden nach einer Meldung des BlattesAz Est" jetzt versteigert, da die Lager­gebühren nicht bezahlt worden waren. Eine der Kisten war voll gestopft mit deutschen Millmrdenbanknoten aus der Inflationszeit: zwei weitere waren mit Zigaretten und Tabak gefüllt, andere Kisten enthielten Lebensmittel und Hausrat. Irgend welche aufschlußreichen Papiere wurden nicht ge­funden.

Der 3nhalt der Kisten wurde von einem Transportunter­nehmen uni 400 Pengö (249 Mark) erworben. Er wird zum, Teil emgestampst. mm Teil auf dem Trödelmarkt vertäust! werden.

Die Finanzlage der Welt

«.aylon über Schulden und Reparationei

London, 14. Jan. Sir Walter Lay ton, der britisch« Sachverständige im Baseler Ausschuß, hielt gestern auf einem Essen eine Rede über die Finanzlage der Welt, in der er u. a. ausführte: Die Schuldenfrage ist di« wichtigste der Ur­sache, die einen ungewöhnlich schweren Wirtschastsdruck der­art verschlimmert haben, daß der Zusammenbruch des ganze» Wirtschaftssystems droht. Der Goldbestand der Deutsche» Reichsbank ist außerordentlich gering und ihre Fähigkeit M Rückzahlungen nimmt rasch ab. Deshalb muß so schnell iv» möglich an den Wiederaufbau der Wirtschaft gegangen wer»