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Mit den illustrierte»^, Unsere Heimat"

Feierstunden" vom Tage".

Bezugsprei»X einschl. Träger-

lohn./( 1.60 X >wummer 10 Pfennig. Erscheint an jebe^Werktage. Verbreitetste Zeitung im Oberamis-Lezirk » Schrift, leituna, Druck und Verlag von G. W. Zaiser ' (Inh. Karl Zaiser) Nagold, Marktstraße 14

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Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage: Haus-, Garten- und Landwirtschaft"

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Nr. 232

Gegründet 1827

Montag, den 5. Oktober 1931

Die Zukunft

In der Londoner City herrscht gegenwärtig freudige Stimmung. Man möchte sich fragen, warum die Bank von England so lang mit dem Mut der Verzweiflung um die Ausrechterhaltung des Goldstandards gekämpft hat. Dieses Ringen hat schließlich im Lauf weniger Wochen die gewal­tige Summe von 200 Millionen Pfund Sterling in baren» Gold verschlungen. Es muß schon eine Katastrophe gewesen sein, die die Bank mit derartig schweren Opfern hat ab­wenden wollen und die Schrecken einer Inflation waren es auch, mit denen MacDonald seine Bekehrung zum Führer der nationalen Regierung begründete.

Die herrschende Freude entspringt deshalb anderen Gründen. Sie ist nichts anderes als das Gefühl, daß Eng­land zum ersten Mal seit der Rückkehr zum Goldstandard im Jahr 1925 eine freie Hand in der Wahl sei­ner Mittel hat. Bislang war das Schicksal seiner Wirt­schaft mit der Politik der beiden Gläubigerländer Ame­rika und Frankreich verkettet. Die Vereinigten Staa­ten konnten sich als die größten Kriegsgewinnler der Ge­schichte den Luxus einer reinen und unverminderten Gold­währung leisten. Frankreich anderseits das Frankreich Poincares entlieh im Weltkrieg Franken, die achtzig Pfennig wert waren, und bezahlte sie zurück mit Franken, die es auf sechzehn Pfennig heruntergedrückt hatte. Es senkte dadurch nicht nur automatisch seinen Lohnstanü und dis privaten Schuldenlasten feiner Wirtschaft, sondern es drückte auch seine nationale Schuld von 373 auf 74,6 Milliarden Reichsmark herab. Gekräftigt und verjüngt erschien es auf dem Weltmarkt.

England dagegen unternahm den übermenschlichen Ver­such, den Weltkrieg ungeschehen zu machen, und stellre als einziges der verbündeten Länder die Goldstabilisierung auf Fricdensparität. Die nationalen Ausgaben des Landes in den 226 Jahren vor 1914 (220 Milliarden Reichsmark) waren geringer als in den sechs Jahren von 1915 bis 1920. Diese Tatsache hat man im Äuge zu behalten. Die Regie­rung Baldwin-Churchill bekannte sich, als sie 1925 zur Gold­parität zurückkehrte, im vollen Umfang zu den übernomme­nen Verpflichtungen mit dem Erfolg, daß die nationale Schuld Englands mit 160 Milliarden Reichsmark diejenige non Frankreich (74,6 Milld.), Amerika (65,32 Milld.) und Belgien (6 Milld.) zusammen erheblich überkraf. In diesem Sinne bedeutet die jetzige Abkehr vom Goldstandard ledig­lich die währungspolitische Anerkennung des wirtschaftlichen Erfahrungsgrundsatzes, daß eine hochwertige Goldwährung sich nicht mit.hohen Schuldenlasten, hohen Staatsausgaben, hohen Produktionskosten, hohen Löhnen und niedrigen Prei­sen verträgt. Solange sie in Kraft blieb, mußte die Ausfuhr unentwegt sinken, bis die Handelsbilanz in den ersten acht > Monaten des Jahrs 1931 schließlich bei der gewaltigen Passivität von rund fünf Milliarden Reichsmark an­langte.

beratung kommen. Die zweite Ausschußberatuna der Reichs- Lienststrafordnung wird ebenfalls Ende Oktober stattfinden. Es ist damit zu rechnen, daß die beiden umfangreichen Ge­setzgebungswerke in der Vollsitzung am 22. Oktober auf die s Tagesordnung des Reichsrats kommen werden.

Neues Verbot der Veröffentlichung von Kursen durch Notverordnung

Berlin, ,4. Okt. Durch Notverordnung vom 3. Oktober ist die Veröffentlichung und zirkularmäßige Bekanntgabe von Kursen durch schwarze Börsen usw. aufs neue verboten wor­den, da sich herausgestellt hat, daß trotz des erneuten Schlus­ses der Wertpapierbörsen derartige Kursmittellungen auf Umwegen gemacht werden.

Einspruch des mikkeldeukschen Braunkohlenbergbaus gegen die Ruhrbegünstigung

Halle, 4. Okt. Der mitteldeutsche Braunkohlenbergbau hat beim Reichskanzler scharfen Einspruch gegen die Befreiung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Ruhr­bergbaus von den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung erhoben. Durch die Notverordnung werde der geradezu unsinnige Zustand geschaffen, daß dem mitteldeut­schen Braunkohlenbergbau, der von der Arbeitslosigkeit am schwersten betroffen sei. mit Len übrigen Wirtschaftszweigen und Gemeinden' neue Lasten auferlegt werden, u-m den Ausfall an Versicherungsbeiträgen, der durch die Entlastung des Ruhrbergbaus eintrete, zu decken.

Was zu erwarten war.

Arbeitsverweigerung auf einem Aeberseedampfer

Hamburg, 4. Okt. In der Nacht zum Samstag verwei­gerte ein Teil des Maschinenpersonals des DampfersBo­chum" den Dienst. Die Ausreise des Dampfers nach Mon­treal ist dadurch verzögert worden. Die Polizei nahm einige Festnahmen vor. Die Verhafteten werden sich wegen Meu­terei zu verantworten haben. Es steht fest, daß sie unter kommunistischem Einfluß standen.

Von den 17 Heizern sind 14 wieder zur Arbeit erschienen,

Neueste Nachrichten

Der Reichskanzler beim Reichspräsidenten

Der Inhalt der Notverordnung

Berlin, 4. Okt. Der Herr Reichspräsident empfing am Samstag den Reichskanzler zum Bortrag über den Stand der Arbeiten der Aeichsregierung. Die Arbeiten des Reichskabinetts an der neuen Notverordnung sollen zu Beginn der nächsten Woche abgeschlossen werden. Die Verordnung wird aus rund 30 Einzelpunkten bestehen, unter anderem die Pensionskürzung, dieAmschuldung" der Län­der und Gemeinden, die Erleichterung der Wohlfahrtslasten der Gemeinden durch Erhöhung des Reichszuschusses auf 230 Millionen Mark, die Hauszinssieuersenkung um 25 Prozent, die Kleinsiedlung für Erwerbslose, die Verordnung über Herabsetzung von überhöhten Gehaltsbezügen in der Privatwirtschaft, die Verhinderung von Kapitalfehlleitungen, und schließlich die Sondergerichte zur Bekämpfung politischen Terrors, geschäftlicher Mißwirtschaft, sowie Steuerhinter­ziehungen und Devisenvergehen. In den nächsten Tagen wird, nachdem die Anterstützungsdauer in der Arbeitslosen­versicherung auf 20 Wochen herabgesetzt worden ist, durch eine Verordnung des Neichsarbeiksministers die Dauer der Krisenfürsorge verlängert werden, so daß sich für die verschiedenen Gruppen eine Bezugsdauer zwi­schen 38 und 49 Wochen ergeben wird. Gegenwärtig be­trägt die Dauer der Krisenfürsorge 32 Wochen, in beson­deren Fällen, namentlich für über 40 Jahre alte Personen, kann sie bis zu 39 Wochen verlängert werden. Für berufs­übliche Arbeitslose tritt auf Grund der Notverordnung vom 5. Juni zu den 32 oder 39 Wochen eine Verlängerung um sechs Wochen, so daß hier im allgemeinen die Laufzeit der Krisenfürsorge schon jetzt 38 bis 45 Wochen beträgt. Die Dauer der Krisenfürsovge soll im allgemeinen um sechs Wochen, für Saisonarbeiter um vier Wochen verlängert werden.

Gesetzentwurf über den gewerblichen Rechtsschutz

Berlin, 4. Okt. Der Gesetzentwurf über den gewerblichen Rechtsschutz wird Mitte Oktober im Reicbsrat .»ur Ausicbuß-

des Pfunds

Wenn man begreift, daß die weltwirtschaftliche Depres­sion in England die Formen einer Außenhandelskrise an­nahm, dann wird man auch die Genugtuung weiter Kreise über die Pfundentwertung verstehen. Diese wirkt ja, für den Augenblick wenigstens, wie ein Schutzzoll auf die Ein­fuhr und wie eine Ausfuhrvergütung für ine heimische In­dustrie. Vorausgesetzt, daß Preise und Löhne auf dem Bin­nenmarkt nicht steigen würden, würde die Last der passiven Handelsbilanz sehr bald dezimiert werden und allmählich verschwinden. Fürs erste ist jedenfalls frisches Leben in die englische Wirtschaft gekommen.

Die Arznei der Geldentwertung ist freilich gefährlich uns Morphium. Als Dauerzustand ist der Schwebezustand der englischen Währung nicht denkbar. Die Frage ist: Wird England zur Goldwährung zurückkehren oder nicht? Die Lösung heißt augenscheinlich: Schutzzoll oder gesenkter WährungsstanL. Beides zusammen wäre Widersinn. Dis Freihändler Englands denken sich die Entwicklung in der Weise, daß durch Goldstabilisierung auf gesenkter Grund­lage man spricht von zwanzig bis dreißig Prozent eine automatische Senkung der Schulden-, Lohn- und Pro- duktionslasien ver Wirtschaft nach französischem Muster her­beigeführt werden soll. Es wird sich erweisen müssen, ob Washington und Paris die Lehre aus der Katastrophe der letzten Wochen gezogen haben und gewillt sind, von Eng­land die Bedingungen zu vernehmen, unter denen es sich bereit findet, von dem Angriff abzustehen, der nunmehr zweifellos auf den Außenhandel der beiden Gläubiger­länder Amerika und Frankreich einsetzen dürfte. Kein Ge­ringerer als I. M. Keynes spricht von demFluch des Midas", der gegenwärtig auf ihnen laste. Als Alternative einer Verständigung, die natürlich auch die völlige Strei­chung der Schulden und Reparationen einbeschließen würde, sieht er lediglich die Möglichkeit, daß England drei Mertel der Welt entlädt, gemeinsam mit ihm eine neue, vom Gold unabhängige Währung einzuführen. Und diese Drohung besteht nicht nur aus leeren Worten. Indien und die Kolonien der britischen Krone sind dem Vorgeben Englands bereits gefolgt. Australien und die füdamerikc- nischen Staaten haben den Kampf für den Goldstandard schon vorher aufgegeben. Kanada und die skandinavischen Länder haben in den letzten Tagen das Ergebnis aus den Ereignissen ziehen müssen. Südafrika ringt noch um das Gleichgewicht seiner Währung.

I» einem Brief an den Gouverneur der Bank von Frankreich hat Montage» Norman, der Leiter der englischen Notenbank, noch vor der jetzigen Krise die Warnung aus­gesprochen, daß das ganze kapitalistische System ins Wan­ken geraten ist. Wird man in Paris und Washington Ver­ständnis zeigen?.

Feraiprecher Nr. 29 105.

Tagesspiegel

Das Reichskabinett hak am Samstag vor- und nachmik- kags die Notverordnung, deren Veröffentlichung am Mitt­woch zu erwarten ist, beraten. Eine Auflockerung des Tarif­wesens hat das Kabinett entsprechend den Forderungen der Sozialdemokratie abgelehnk.

Die nationalsozialistische Reichskagsfraktion Hai ein ge­meinsames Vorgehen der nationalen Opposition beschlossen. Es sollen zwar nicht gemeinsame, aber gleichlautende An­träge im Reichstag eingebrachk werden. Weiter soll eine Ar­beitsgemeinschaft mit der nationalen Rechten gebildet werden.

Zu dem Antrag der Landtagsfraktion der demokratischen Skaaksparkei, die Absindungsverträge mit dem Haus Hohen- zollern, in dem das Haus etwa ein Viertel (3V Mill.) feines Besitztums erhalten hat, nachträglich abzuändern, wird von amtlicher Seite bemerkt, daß dies nicht möglich sei, da diese Verträge seinerzeit mit Zweidrittelmehrheit vom preußischen Landtag angenommen worden seien.

Zum Vorsitzenden der badischen Zenkrumsparkel wurde der Frakkionsführer Dr. Föhr gewählt.

Wegen des bekannten Anschlags gegen den König ZoM von Albanien am Opernhaus in Wien wurden die Ange­klagten Gjelohfi zu 7, Lami zu 3 Jahren schweren Kerckers verurteilt.

Die Einkommensteuer für 1932 wird in Angarn bei Ein­kommen über 2000 Pengö (rund 1500 Mark) als Rol- opfer verdoppelt.

Der Fehlbetrag »m Vundehaushalt der Vereinigken Staa­ten beträgt im ersten Drittel des Haushalkjahrs 380,5 Mill. Dollar. Man glaubt, daß er im ganzen Jahr auf 1500 Mül. steigen werde, falls er nicht durch Skeuerhöhungea verringert wird.

5 Ahr-Ladenschluß am Weihnachtsabend

Berlin, 4. Okt. Das Reichskabinett hat einem Gesetz­entwurf des Reichsarbeitsministeriums zugestimmt, wonach am Weihnachtsabend sämtliche Geschäfte mit Ausnahme der Tankstellen und des Handels mit Chrisibäumen um 5 Ahr, die Friseurgeschäfte um 6 Ahr geschlossen werden müs­sen. Für Gaststätten tritt die Polizeistunde um 7 Uhr ein mit Ausnahme für Orte mit starkem Reiseverkehr und Verkauf über die Straße. Die Regelung in den Apotheken haben die obersten Landesbehörden zu bestimmen.

Eckert aus der SPD. ausgeschlossen

Karlsruhe, 4. Okt. Der religiöse Sozialist und frühere Pfarrer Erwin Eckert, der im Frühjahr wegen seiner An- griffe gegen die badische Oberkirchenbehörde des Amts ent­hoben worden war, ist aus der Sozialdemokratischen Partei ausgeschlossen worden, weil er sich der Opposition Seydewitz. Rosenfeld anschloß.

Verblttigte Kohle für Erwerbslose

Essen, 4. Okt. Der vom rheinisch-westfälischen Kohlen­syndikat eingesetzte Ausschuß hat beschlossen, Haldenkohle für bedürftige Erwerbslose zum Preis von 13 Mark je Tonus (65 Psg. je Zentner) abzugeben. Das bedeutet eine Ermäßi­gung von etwa 30 Prozent, lieber die Durchführung des Beschlusses wird mit den Arbeitsämtern und Gemeinden im Ruhrbezirk und dessen Umgebung verhandelt werden.

Die österreichischen Spargesetze angenommen

Men, 4. Okt. Nach langwierigen Verhandlungen zwi­schen Regierung und Parteien wurde über die Sparmaß­nahmen, die vom Genfer Kreditausschuß für Erlangung einer Hilfsanleihe durch den Völkerbund vorgeschrieben worden sind, eine Einigung erzielt. Das Hauptstück ist die Kürzung der Beamtengehälter. Da die Bundesregierung entschlossen war, hiebei im Rahmen von Verfassung und Gesetz zu bleiben, hat sie auf die Notverordnung verzichtet und sich der Zustimmung aller Parteien vergewissert. Der Nationalrat hat das Haushaltgesetz angenommen.

Es ergibt sich eine Ersparnis im persönlichen Auf­wand von rund 80 Millionen Schilling (48 Mill. Mark). Von den Steuermaßnahmen ist besonders hervorzubeben ein auf die Zeit bis Ende 1933 festgesetztes Krisen- opser. Weiter wurde der 20prozentige Zuschlag zur Bier- und Zuckersteuer, Ler bis Ende 1931 befristet ist, verlängert. Die Benzin st euer wird von 13 Groschen je Kilo auf 30 Groschen erhöht. Für den Kraftwagenbetrieh wird eine Verkehrs st euer eingeführt.

Amerikanischer Abrüstungsvorschlag'?

Washington, 4. Okt. Im Auswärtigen Amt fand ein« Besprechung über dieAbrüstung statt.Baltimore Sun" will darüber aus guter Quelle erfahren haben, es sei ei« Entwurf eines Sicherheitspaktes ausgearbeitet wor­den, der entsprechend französischen Wünschen weiter gehe als ein bloßer Konsultativpakt. Dieser Plan solle es Frankreich und Polen ermöglichen, Abstriche bei ihren Land­heeren vorzunehmen und einer den deutschen Wünsch n entgegenkommenden Regelung der polnischen Korridor-