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Mit der landwirtschaftliche« Wochenbeilager „Hans-, Sarten» und Landwirtschaft'
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Nr. 197
Gegründet 1827
Dienstag, den 25. August 1931 Fernsprecher Nr 29 105. Jahrgang
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London, 24. Aug. Angesichts der scharfen Spannung tn der innerpolitischen Lage hat der König seinen Sommeraufenthalt unterbrochen und ist nach London zurückgekehrt. Er hat den Erstminister Mac Donald wiederholt und dann auch die Führer der konservativen und der liberalen Partei, Baldwin und Samuel, empfangen. Letztere hatten Sonntag nacht noch eine lange Unterredung mit Mac Donald. Dieser besprach sich auch mit den Finanzsachverständigen Harvey und Josiah Stamp von der Bank von England.
Heute har nun Mac Donald dem König den Rücktritt des Kabinetts angezeigt. Der König ersuchte Mac Donald, eine neue national Regierung zu bilden, in der alle drei Parteien vertreten seien. Baldwin und andere konservative Führer haben ihre Zustimmung erteilt.
Die Krise wurde bekanntlich durch die Weigerung von acht Kabinettsmitgliedern der Arbeiterregierung hervorgerufen, der Herabsetzung der Unterstützungssätze für Erwerbslose im Rahmen des Sparprogramms zuzustimmen: den Arbeitslosen dürften nicht neue Entbehrungen auferlegt werden. Die übrigen Kabinettsmitglieder, besonders Mac Donald und Snowden betonten, wenn setzt die Unterstützungen nicht in dem vorgeschlagenen Maß um 10 v. H. ermäßigt werden, so werden in absehbarer Zeit noch viel stärkere Abstriche nötig werden. Es liege also im Interesse der Arbeitslosen, den Vorschlag anzunehmen, obwohl dis Gewerkschaften ihn ablehnen.
In den Verhandlungen Mac Donalds mit den andern Parteiführern bestanden die Konservativen und Liberalen, die in Beziehung auf das Sparprogramm einig gehen: Wenn England das Vertrauen des Auslands wiedergewinnen wolle, habe es keinen Sinn, den Staatshaushalt durch bloßo Vermehrung der Steuerlast auszugleichen, wie es die Mehrheit des Arbeiterkabinetts und die Gewerkschaften wollen. Der Ausgleich müsse vielmehr durch Ersparnisse erreicht werden, die ebenso hoch seien wie die neuen Steuern. Mac Donald und Snowden stellten sich aus denselben Standpunkt. Konservative und Liberale verfügen im Unterhaus über 320 Sitze, die Arbeiterpartei über 286. Da die beiden Oppositionsparteien über das Sparprogramm einig sind, war der Rücktritt der Arbeiterregierung unvermeidlich.
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London, 24. Aug. Das Finanzfachblatt „Financial News" übt an der Finanzpolitik der Arbeiterregierung scharfe Kritik. Zum zweitenmal habe diese Regierung, deren zweites Regiment zwei Jahre dauerte, sich als unfähig erwiesen, mit einer Krise fertig zu werden, die eine selbstlose nationale Politik erfordere. Es sei unmöglich, eine Krise zu lösen, wenn die Maßnahmen, die im Interesse der Gesamtheit liegen, mit allen möglichen Rücksichten aus eine bestimmte Partei oder eine bestimmte Klasse der Bevölke- kerung verquickt werden. Der konservative „Daily Telegraph" teilt mit, verschiedene führende Mitglieder der Arbeiterpartei haben erklärt, die Laufbahn Mac Donalds als Parteiführer sei zu Ende. Die Ereignisse der letzten Woche hätten eine weitgehende Spaltung und Erbitterung innerhalb der sozialistischen Beivegung herbeigeführt.
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8. Juni 1929 am Ruder. Der Umstand, daß die Arbeiterregierung gegenüber der geschlossenen Opposition in der Minderheit war, zwang sie zu dauernden Kompromissen mit der liberalen Partei und führte wiederholt dazu, daß sie bei wichtigen Abstimmungen nur mit einer knappen Mehrheit Sieger blieb. Lediglich auf dem Gebiet der Außenpolitik zeigten sich die Liberalen in der Regel restlos einverstanden mit der Regierung, so bei den Verhandlungen über Reparationen und RheinlcmÄräumung, bei der Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zu Sowjetrußland und anläßlich der Londoner Flottenverhandlungen. Ebenso billigten sie die in Aegypten und England verfolgte Politik der Mäßigung. Seit dem vorigen Herbst hatten sich die Beziehungen zwischen beiden Parteien, wohl auch im Hinblick auf die versprochene Wahlreform» die den Liberalen bei Neuwahlen bessere Aussichten geboten hätte, leidlich gestaltet.
In der Frage der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hatte die Arbeiterpartei einen ernsten Mißerfolg zu verzeichnen, der um so schwerer ins Gewicht fällt, als die Partei während des Wahlkampfes gerade aus diesem Gebiet dem Volk weitgehende Versprechungen gemacht hatte. Während das Heer der Arbeitslosen bei Amtsantritt des Kabinetts Mac Donald nur etwas über 1 Million betrug, ist es jetzt auf über 2 700 000 Personen gestiegen. Diese Tatsache bildet wohl ebenso wie die zunehmende wirtschaftliche Not den Grund für das Anschwellen der konservativen Stimmen und das Zusammenschrumpfen der Arbeiterstimmen bei Len parlamentarischen Ersatzwahlen. Welche Folgen die «Spaltung zwischen Mac Donald und Snowden auf der einen und Henderson und anderen hervorragenden Arbeiterführern aus der anderen Seite für die zukünftige Entwicklung der Verhältnisse in der Partei haben wird, läßt sich im Augenblick noch nicht sagen.
Das Kabinett Mac Donald hatte die außerordentlich hohe Zahl von 20 Mitgliedern.
Neueste Nachrichten
Heid zur Reichsreform
München, 24. August. In einer Versammlung des Bayerischen Bauernbunds in Iuntenhausen erklärre Ministerpräsident Dr. Held: Es sei behauptet worden, der kürzlich in Umrisse?, bekanntgegebene Plan des preußischen Finanzministers Höpker-Aschosf für eine Reichsreform entspreche den Beschlüssen der Länderkonferenz. Dies sei unwahr. Es sei der größte Schwindel, wenn man der Welt vormache, bei einer- solchen Reform werde etwas „verbilligt": vielmehr würde das Reich der preußischen Regierung ausgeliesert werden. Der Streik der Main- linie würde wieder aufgerissen. Wenn man von „Reich s- verr at" spreche, so könnte man ihn nur denen verwehren, die solche Pläne Süddeutschland aufzwingen wollen. Kein norddeutscher Staat könne darüber abstimmen, was aus Bayern werden soll.
Dr. Heim fükrte aus. an dem deutschen Unglück sei die
Der 4. Strafsenat des Reichsgerichts hak das vom vayer. Ministerpräsidenten erlassene Uniformverbok vom 10. Juli d. I.'als rechtsgültig anerkannt.
In Kreisen der englischen Arbeiterpartei glaubt man, daß Mac Donalds neue Rolle als Hanpk einer nationalen Regierung seine endgültige und dauernde Trennung von der Arbeiterpartei bedeuten werde.
Das neue ungarische Kabinett ist folgendermaßen zusammengesetzt: karolyi Vorsitz und Finanzen, Walko Aäußeres, Pros, kenez Handel. Kereßtesi-Fischsr Inneres, Ernst Kultus, Iv-cidi Ackerbau, GLmbös Reichswehr. Zsikvay Justiz. Mayer Minister ohne Fach.
In den nordspanischen Provinzen, besonders in Asturien und im Ba-ccnland. sind ernste Unruhen gegen die neue Republik und die Aufhebung der Klöster auegsbrschea. Die Regierung sendet zwei Division:n gegen die Provinzen. — Die Basken sind keine Spanier. Ein Teil davon jedenfalls sind, wie die Bewohner der Provinz Galina, Nachkommen des germanischen Stamms der Sueven oder Schwaben, die eine Zeiklang in jenen Gegenden ansässig waren. Sie haben Volksbräuche, die auffallend mit den schwäbischen übereinstimmen. Viele Galicier und Basken sind blond und blauäugig, «nd ihre Sprache hat jene Nasenlaute, die für das Schwäbische charakteristisch sind.
Wirtschaft der „Emporkömmlinge" schuld, die sei: der Revolution betrieben werde. Vor dem Krieg betrugen die Ausgaben 81- Milliarden, heute im viel kleineren Reich 30 Milliarden. Wenn die Länder zugunsten Preußens beftirigr würden, würde gar nichts gespart. Aber sparen könnte man bei den aufgeblähten Ministerien in Berlin, die Hunderte von Beamten, nötigen und unnötigen haben. Es sei auch unerhört, daß Reichskkanzler bei ihrer kurzen Amtstätigkeit eine Pension von 38 500 Mk. beziehen.
Schwierigkeiten in der Steiermark
Wien, 24, August. Der Landeshauptmann der Steiermark, Rintelen, erklärte einer Beamtenabordnung, am 1. S-pdembcr werden den Landesbeamten und Lehrern nur 70 Prozent ihres Gehalts ausbczahlt. Der Rest solle im Verlauf des Monats nachgezahlt werden. Die Finanzlage des Landes sei auß..ordentlich ungünstig.
Württemberg
Fräulein Amtsgerichlsreferendarin
Stuttgart, 24. Aug. Folgende unmögliche, aber wahre Geschichte erzählt der „NS.-Kurier" in der Form eines Be- schwerdebriefs, der au das Württ. Justizministerium gerichtet worden ist: Am Verfassungstag, Dienstag, 11. August 1931, wurde ich zu einer kommissarischen Vernehmung aus das Amtsgericht Eßlingen, 1. Stock, Zimmer 1 a, vorgeladen. Ich wartete vor der Tür. Ein Fräulein, deren Dienststellung
Erzberger-Gedächtnisfeier
Bolz über die heutige Politik
Die amerikanischen Blätter weisen darauf hin, daß der kürzlich von England in Anspruch genommene amerikanische Kredit von 230 Millionen Dollar zur Befestigung des englischen Psundkurses nahezu aufgebraucht sei und daß England angesichts der neuen Pfundschwächs voraussichtlich einen neuen Kredit brauche. Die Reise des Gouverneurs der Bank von England, Montagu Norman, nach Kanada scheine den Zweck zu haben, mit der Bundesreservebank in Neuyork über einen neuen Kredit zu verhandeln.
Nur eine Zwischenlösung
London. 24. August. Die neu zu bildende „nationale Regierung" ist nur als eine zeitweilige Zwischenlösung zu betrachten, zu dem Zweck, dis Ausgleichung des Staatshaushalts durchzuführen. Man schätzt die Lebensdauer aus sechs Wochen bis neun Monate. Als Außenminister an Stelle Hendersons komm«, der frühere konservative Außenminister Austin Chamberlain und der frühere Vizekönig von Indien, Lord Jrvin in Betracht. Baldwin soll als Groß-Siegelbewahrer und Führer des Unterhauses vorgesehen sein. Statt Snowden soll Lloyd George das Schatzkanzleramt wieder übernehmen, Snowden bleibt aber im Kabinett. Kaum mehr als vier Mitglieder des Arbeiterkabinetts werden mit Mac Donald gehen, wodurch die Kabinettsbildung wesentlich erleichtert wird. Aus der Bereit- williokeit der Liberalen kann man schließen, daß der von den Gewerkschaften vorgeschlagene lOvrozentige Zoll auf Industriewaren und Lebensmittel, den die Liberalen scharf bekämpfen, nicht zum Programm der neuen Regierung gehört. Bei den Sparmaßnahmen ist mit scharfer Opposition der Arbeiterpartei zu rechnen.
Das zweite Kabinett Mac Donaw
London, 24. Aug. Die zweite Arbeiterregierung ist seit
Anläßlich des 10jährigen Todestags des Reichsministers Erzberg er versammelten sich gestern nachmittag aus dem kath. Friedhof irr Biberach eine große Anzahl Parteifreunde aus ganz Oberschwaben. Unter den Gästen befanden sich die Witwe Erzbergers mit Tochter, zahlreiche Reichs- unü Landtagsabgeordnete der Zentrumspartei, u. a. Reichskanzler a. D. Dr. Mar;, der württ. Staatspräsident Dr. Bolz, Iustizminister Dr. Beyerle. Vizepräsident des Reichstags, Esser, hielt die Gedächtnisrede. Seine Rede klung in dem Treugelöbnis aus mit den Worten: „Wir werden ihn nie vergessen, denn er war der unsere." Justizminister Dr. Beyerle legte namens der württ. Zentrumspartei einen Kranz nieder. Im Aufträge des Bezirks Biberach sprach Rechtsanwalt Schach.
Staatspräsident Dr. Bolz sprach über die heutige Politik: Es scheine, als ob wir eine schlechte Politik getrieben hätten, denn die, Krise und Notlage, in der das Deutsche Reich ist, müsse doch eine Ursache haben, die letzten Endes aus die politische Führung zurückzuführen ist. Wenn heute Anklagen gegen uns erhoben werden betreffs der Unterzeichnung des Versailler Ariedensvertrags, der Re- parattonsleiskunZen und des Poungplans, so müsse man sich in die damalige Zeit zurückversetzen, keine politische Führung konnie sagen: Ich will und ich lue nicht, sondern sie mußte, trotz der schweren Bedenken. Ohne die Unterzeichnung wären wir damals der Willkür unserer Gegner preis- gegeben worden. Aber man dürfe nun wohl sagen, daß heute der ZPsitpunkt gekommen sei, wo mit neuen vertragsmäßigen Bindungen Schluß aemachl werden müsse. Niemand glaube mit Ernst daran, daß das Deuische Volk bei seiner Wirtschaftslage imstande wäre, nach Ablaus eines
Ia-yrs die Zahlungen wieder auszu rehnren. Die heutige politische Lage sei überaus schwierig. Was nach Ablauf des Freijahrs geschehen werde, misse niemand. Die Wirtschaftskrise sei nicht eine Krise des deutschen Volks, sondern eine Weltwirtschaftskrise. Fehler in der Innenpolitik seien rm letzten Jahrzehnt gemacht worden. Dafür könne man aber einzelne Parteien oder einzelne Politiker nicht verantwortlich machen, sondern diese Fehler seien zugleich eine Anklage gegen das gesamte deutsche Volk. Im Reich, in den Ländern und in den Gemeinden sei zu viel Geld leichtsinnig aus- geoc-bc^; und zuviel gebaut worden und das alles mit gepumptem Geld. Oft sei er von Kommunen, Bezirksräten und Gemeinden angefeindet worden, wenn er zu einer Schuldausnahme seine Einwilligung versagt habe. Heute haben wir moderne große Fabriken, aber ohne Beschäftigung und mit Schulden belastet. Auch in den sozialen Einrichtungen seien wir zu weit gegangen. Jeder strebe heute darnach, einen Posten zu erhalten mit Pensionsberechtigung, damir er eine Zeitlang arbeiten könne, um sich nachher auszuruhen. Ebenfalls in kulturellen Fragen habe man des Guten zu viel getan. Man denke nur an die Lehrerausbildung, an die Üniverfitätsbauten, an die Lernmittelfreiheit usw. In England seien alle Parteien bereit, ohne Bedingung und ohne Voranssetzunng mitzuarbeiten für das Volksganze. In Deutschland habe die Zentrumsparkei bis zum Porwurf der Charakterlosigkeit gezeigt, daß sie zur Mitarbeit und zur Tragung der Verantwortung mit Parteien von rechts und links bereit sei. Die nationale Opposition möge Mitarbeiten „ohne Bindungen und Voraussetzungen". Das heißt wohl: ohne daß sie an der Regierung teilhabe.