Seite 2 — Nr. 121.
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Donnerstag, 28. Mai igzz.
Briand bleibt
Paris, 27. Mai. Außenminister Briand ")ak im heutigen Miaisterral aus die dringenden Vorstellungen seiner Mini- sterkollegen sein Rücktrittsgesuch zurückgenommen. Der Mi- nisterrat billigte Brianüs Haltung in Genf.
Beauftragung Nankins mit der Kabinettsbildung
Brüssel. 27. Mai. Der König hat nach der Ablehnuna des Führers der Christlichen Demokraten. Vo ulket, den Führer'der Katholiken in der Kammer, Renkin, ersucht, die Neubildung der Regierung zu übernehmen.
Weibliche Faszi in Italien
Rom. 27. Mai. Eine Bekanntmachung der Faszistischen Partei gibt Richtlinien für die Schaffung weiblicher Faszi. Den Frauen-Faszi kann jede italienische Frau beitreten, die das 22. Jahr erreicht hat. Die Frauen-Faszi werden anschließend an die männlichen Organisationen gegründet, haben eine ähnliche Führerorganisation und dieselbe strenge Zucht.
Württemberg
Tagung des Allg. Deutschen Lehrerinnenverelns
Stuttgart. 27. Mai. Aus der im Rahmen der Psingst- tagung des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnen-Verems abgehaltenen Mitgliederversammlung ist hervorzuheben, daß sich nunmehr die deutschen Lehrerinnen in Estland und der Verband österreichischer Bolksschullehrerinnen dem ADLV. angeschlossen haben. Es wurde den Richtlinien des Reichs- ministeriums des Innern über die Mittlere Reife zugestimmt und betont, daß es Sache der Wirtschaft sei, diese Richtlinien, die die Monopolstellung der Höheren Schule Midie gehobenen Berufe aufheben wollen, praktisch Rechnung zu tragen. Der Unterrichtung der Mädchen in Knabenschulen und der Methode, leistungsfähige Mädchenschulen aufzuheben und Knabenschulen zu stützen, müsse entgegengetreten werden. Zu der Frage der Ausbildung der Lehrerinnen für die technisch-künstlerischen Fächer ging den zuständigen Stellen eine Denkschrift des ADLV. zu, in der die Beibehaltung der Seminarbildung auf der Grundlage der mittleren Reife für diese Lehrkräfte, besonders auch in Rücksicht auf die Einordnung dieser Ausbildung in dis übrige Lehrerbildung abgelehnt wird. Der ADLV. nahm Stellung gegen die verheiratete Beamtin und beabsichtigt, in der breiten Oeffentlichkeit einen Kampf gegen die verheiratete Beamtin unter der Devise des Doppelverdiener- tums zu führen. An die geschäftlichen Verhandlungen schlossen sich Referate von Frau Oberstudienrätin Tölpe über „Völkerbund und Schule" und von Frau Ministerialrat Dr. Gertrud Bä um er zum gleichen Thema.
Der Reichsverband der seminaristisch gebildeten Lehrerinnen an höheren Schulen tagte am Dienstag im Saal des Evangelischen Töchterinstituts. Im Mittelpunkt der Besprechungen stand das Thema „Welche Schwierigkeiten haben sich für die Schülerinnen beim Uebergang aus der Grundschule in die höhere Schule gezeigt, und wie sind diese Schwierigkeiten zu überwinden?" In der Aussprache wurde in überwiegender Mehrzahl die Aufnahmeprüfung abgelehni und für eine Bewährungsfrist eingetreten, die aber nicht von zu kurzer Dauer sein dürste. Wünschenswert sei auch eine übereinstimmende Regelung der Aufnahmebedingungen in allen deutschen Ländern.
Abends sprach vor einer großen Versammlung von Eltern und Lehrerinnen Frau Direktorin Hanna Glinzer-Ham- burg über „Die Auswirkung unserer pädagogischen Erkenntnis in Schule und Haus".
Hoher Skeuerausfall. Wie dis Südd. Zeitung meldet, wird in Stuttgart ein Nachtragsstat in Bälde zu erwarten sein. Es soll sich nämlich ein Steuerausfall von beiläufig 1,5 Millionen Mark ergeben haben. Dabei steht noch nicht fest, welcher Betrag noch aus dem abgeschlossenen Rechnungsjahr zu decken ist.
Der Pfingstverkehr auf den Stuttgarter Straßenbahnen ist trotz dem herrlichen Wetter gegenüber dem Vorjahr um 10 bis 12 v. H. zurückgegangen. Die täglichen Mindereinnahmen gegenüber dem Vorjahr belaufen sich auf etwa 3000 Mk. Die Kraftfahrlinie Feuerbach — Botnang schließt im letzten Betriebsjahr mit einem Fehlbetrag von 8500 Mk. ab, der von den Städten Stuttgart und Feuerbach zu decken ist.
Der Todessturz eines Stuttgarters. Zu dem Unglücksfall eines Stuttgarters an der Trettachspitze wird der „Württ. Zeitung" aus Oberstdorf noch berichtet: Der 17jährigs Karl Spindler und der 18 Jahre alte Richard Grunow aus Stuttgart-Berg hielten sich über Pfingsten in Oberstdorf auf. Sie wollten am zweiten Pfingstfeiertag vom Waltenberger Haus aus die Mädelegabel besteigen und dann über die Trettachsüdwand zur Trettachspitze eine Klettertour machen. Sie erreichten auch die Trettachspitze und wagten den sehr gefährlichen Abstieg über den Nordost-Grat. Während Spind- ler als erster die gefährlichen Partien überkletterte, riß beim Absteigen des Erunow der Mauerhaken, und Grunow stürzte etwa 15 Meter tief ab, fiel auf den Hinterkopf und blieb tot liegen. Spindler befestigte seinen loten Freund und benachrichtigte anerkannte Bergsteiger in Einödsbach, die die Leiche bargen und ihre Uebersührung in das Leichenbaus Oberst- dorf veranlaßten. Sechs Bergführern gebührt für die Ber. gung der Leichs unter Todesgefahr Anerkennung.
Bund für Nakurheilkunde. Sozialversicherung und Naturheilkunde war das Thema des Kongresses des Bunds für naturgemäße Lebens- und Heilweise (Sitz Berlin) an Bsingsten in Stuttgart. Am Begrüßungsabend zeichnete Studiendirektor Dr. Schuster-Stuttgart den aus allen Teilen des Reichs, der Schweiz und aus Deutschböhmen versammelten Delegierten ein Heimatbild „Unser Schwabenland". Dr. med. Katz-Degerloch schilderte den „Arzt als Erzieher zur Gesundheit". Gewerbeschulrat Maier, Vorsitzender der Württ. Landesgruppe, begrüßte zahlreiche Ehrengäste. Der Kongreß faßte zwei dem Hauptthema
geltende Beschlüsse: 1. Die Bundesversammlung richtet ark die württ. Regierung und den Landtag die Forderung, einen Lehrstuhl für Naturheilkunde an der Landesuniversi- tät, nach dem Vorbild der Lehrstühle gleicher Art in Berlin und in Jena, zu schaffen. 2. In dem vom Reichsheimstättenausschuß vorbereiteten Wohnheimstättengesetz erblickt die Versammlung eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit und der Wohnungsnot. Sie fordert deshalb vom Reichstag und von der Reichsregierung, diesen Gesetzentwurf ohne weitere Verzögerung zu verabschieden und damit endlich eines der unentbehrlichsten Fundamente einer wirksamen Förderung der Volksgssundheit zu schaffen.
Vris dem Lande
Waldenbuch OA. Stuttgart, 27. Mai. Linden - Ein - weihung an der „Schweizer Straße". An der historischen Poststraße Tübingen-Stuttgart, geschichtlich bekannt als Schweizer Straße, wurde am Pfingstmontag die vor 30 Jahren in den Maitagen aus Anregung des Oberbaurats Heyd hier gepflanzte Linde zu Erinnerung an die schwäbischen Dichter, die diese Straße begingen und befuhren, „Ühlcmdlmde". getauft und mit einer Tafel, versehen mit den württembergischen Lcmdessarben, geschmückt.
Böblingen, 27. Mai. Flu gunfall. Gestern nachmittag ereignete sich beim Flugplatz in nächster Nähe der Rohrmühle ein Anfall beim Landen eines Sportslugzeuges. Der Pilot hatte sich in der AufsetzgeschWindiokeit getäuscht, flog den Auslaufvlah zu kurz an, so daß er den Zaun anrammte. Die Flügel wurden dabei abgerissen und die Maschine kam auch sonst restlos zu Bruch. Der Flieger selbst ist noch bis zur Anfallstation auf dem Fluovlah gelaufen, von wo aus sein« Aeberführung ins hiesige Bszirkskrankenhaus erfolgte.
Eßlingen, 27. Mai. Tagung des Landesverbands für Volksbühnenspiele. Der Württ. Landesverband für Bolksbühnsnspisle e. B. hält in den Tagen vom 6. bis 8. Juni d. I. in Eßlingen seinen 12. ord. Verbandstag ab.
Stiftung der Metzger für Arbeitslose. In dankenswerter Weise wurden von sämtlichen Mitgliedern der Metzgerinnung der Arbeitsrwohlsahrt zur Verteilung an Arbeitslose etwa 1000 Würste zur Verfügung gestellt
Heilbronn, 27. Mai. Zwei Kinder ertrunken. Im Kleiäulein bei der Betonzunge des Schäuffelen-Kanals wagte sich die neunjährige Wilma Ruf mit den Kleidern ins Wasser, rutschte aus und versank in den Fluten. Ein etwa 7 I. a. Knabe namens Feil wollte das Mädchen retten, versank aber gleichfalls. Die beiden Leichen wurden noch nicht geborgen. Die 73jährige Großmutter des elternlosen Mädchens, die es in Pflege hatte, wird vermißt. Sie hatte geäußert, auch nicht mehr leben zu wollen.
Mergentheim, 27. Mai. Englischer Aerzte- besuch. Am Samstag vormittag trafen von Würzburg her 16 englische Aerzte, die auf einer Bäderfahrt durch Deutschland begriffen sind, hier ein. Am Pfingstsonntag vormittag hielt Dr. Leopold den Kollegen aus England, unter denen sich, wie die „Tauber-Zeitung" berichtet, auch der Leibarzt des Königs, Generalmajor Godfrey Tate befand, einen englischen Vortrag über die Mergsniheimer Quellen und ihre Heilwirkungen. Montag früh reisten die Herren nach Freudenstadt weiter.
Metzingen OA. Urach, 27. Mai. Vermißt wird seit Pfingstmontag vormittag 11 Uhr der 4>- Jahre alte Walter Kaiser von hier. Das Kind wurde zuletzt am hiesigen Bahnhof gesehen.
Hokzelfingen OA. Reutlingen, 27. Mai. Tödlicher Sturz. Am Dienstag vormittag verunglückte in dem hiesigen Schot-terwerk der dort beschäftigte, 27 I. alte Bohrer Gottlob Goller durch herabstürzsnde Steinmassen. In schwerverletztem Zustand wurde er ins Bezirkskrankenhaus Reutlingen eingeliefert, wo er nachmittags starb.
Tübingen, 27. Mai. Mitgliederversammlung des Württ. Forst Vereins. Der Württ. Forstvercin veranstaltete hier nach Pfingsten seine 38. Mitgliederversammlung. Der bisherige 1. Vorsitzende Prof. Dr. Dierr: ch, der sein Amt wegen Uebernahms eines Lehrauftrags in München niedergelegt hatte, und Forstdirektor Schmid- Wolfegg wurden zu Ehrenmitgliedern des Vereins ernannt Nach dem Kassenbericht von Oberförster Gösele beträgt der Mitgliederstand 399. Zum 1. Vorsitzenden wurde Forstmeister F e u ch t-Stuttgart, zum 2. Vorsitzenden Forstmeister Psi- zer - Schwab. Hall gew-hlt. Prof. Dr. Hennig hielt einen Vortrag über geologische Grundlagen der Bodenkunde mit besonderer Berücksichtigung der Tübinger Umgebung. Ccmd. rer. nat. Albrecht F a b e r-Tübingen sprach über Pflanzensoziologie im Schönbuch, Forstmeister L o rm an n-Tuttlin- gen sprach über Pflanzensoziologie und Forstwirffchaft-
Aottenacker OA. Ehingen, 27. Mai. TödlicherAus- gan g. Zimmermeister Hirning, der bei dem Bauunglück in Neudorf schwer verletzt wurde, ist im Krankenhaus in Munderkingen seinen schweren Verletzungen erlegen.
Dnchnu a. F-, 27. Mai. P fi n g sttag un g des Bunds für Vogelschutz. Der Württ. Bund für Vogelschutz e. B. hielt hier eine gut besuchte Pfingsttagung -ab. Frau Kommerzienrat Hähnle, die 1. Vorsitzende des Bunds, eröffnet» am Samstag die Tagung, worauf Oberförster Staudach er-Buchau über „Banngebiet und Naturschutz am Federsee" sprach. Das Banngsbiet am Federsee verdankt seine Entstehung im Jahr 1911 einer Besprechung weniger Naturfreunde. Heute haben wir ein Schutzgebiet, das zu den herrlichsten Hoffnungen berechtigt. An den Ufern des Sees haben fünf Gemeinden das Jagdrecht. Buchau hat sein Jagdrecht am und im See nicht mehr ausgeübt,- leider sind bis jetzt die andern Gemeinden diesem Beispiel noch nicht nachgesolgt. Viole Streifen Lands, die in Prioatbesitz sind, greifen bis ins Herz des Banngebiets. Diesem Usbelstand kann nur durch Ankauf dieser Stücke abgeholsen werden. Die Vorsitzende des Bunds hat aus ihrem 80. Geburtstaasfonds von 11 ZOO Mark jene Gelder bewilligt, die zum Ankauf von 14 württ. Morgen Land benötigt werden, so daß das Banngebiet heute 183 Morgen groß ist. Der Staat -hat eine Lotterie genehmigt. Ferner beläßt der Bund in Zukunft sämtliche Jahresbeiträge der Ortsgruppe Buchau an Ort und Stelle, um weiter das Gebiet durch die Ortsgruppe selbst abrunden zu lassen. Das Gebiet muß vor Wilddieben und Besenreisschneidern möglichst geschützt werden.
Och-bnhaussn, OA. Biberach, 27. Mai. Fuchsim H ü h- nerst all. Die Hausfrau einer hiesigen Familie vergaß abends, den Hühnerstall zu schließen. Meister Neineke holte nachts 5 Hühner und tötete außerdem 6 Stück, die er wohl für einen späteren Besuch sich Vorbehalten wollte.
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Kamps um Ussenburg
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(Fortsetzung 24s
Als sie den Herrn und den gehaßten Schaffranz oben stehen sahen, da verhielten sie den Schritt.
„Was wollt ihr!" schrie ihnen Willfried entgegen.
Einer der Polen nahm das Wort und brüllte in deutscher Sprache: „Unser Recht! Du hast kein Recht, uns auf die Straße zu schmeißen wie Hunde, Panse!"
„Das ist eure Schuld!"
Der Pole übersetzte es seinen Kameraden. Sie brachen iu ein wüstes Gebrüll aus.
„Du sollst die Schweizer wieder einstellen."
„Mordgesindel kann ich nicht gebrauchen."
„Jage den Lumpen dort zum Teufel!" schrie Zolonyci außer sich vor Wut.
Er konnte sich nicht halten und stürmte in seinem rasenden Zorn die Treppe hinauf, versuchte Schaffranz zu packen, aber der war auf dem Posten.
Ein Stoß!
Der halbbetrunkene Zolonyci purzelte die Treppen hinunter.
Ein Aufschrei.
Das war das Signal zum Ansturm der wüsten Rotte.
Willfried und Schaffranz waren sich der Gefahr bewußt.
2m Nu waren sie hinter der schützenden schweren Eichentür des Herrenhauses und verriegelten sie hinter sich.
Draußen donnerten die Polen gegen die Tür.
Drinnen verbarrikadierte man den Eingang. Die schweren eichenen Möbel, die viele Jahrzehnte auf dem Buckel hatten, wurden herangeholt.
Dann befahl Willfried: „Hinaus auf den Turm!"
Alles kletterte hinaus.
Schaffranz, der befürchtete, daß die Polen durchs Fenster kommen könnten — in ihrer Betrunkenheit fiel ihnen das nicht gleich ein — schloß die Türen rechts und links auf dem großen Flur.
Währenddessen rief Willfried den Gemeindevorstand von Rosenburg an.
Der Gemeindevorstand von Rosenburg, Johann Kusche, war gleichzeitig Besitzer des Gasthofes zum weißen Lamm.
Zur Stunde, da die Polen gegen das Herrenhaus anstürmten, saßen eine Reihe Bauern in der Gaststube und unterhielten sich über das ihnen unfaßbare Ereignis.
„Der junge Herr dort ... hat den Brucks entlassen!" sagte ein jüngerer Bauer, der Ebert. „Kusche will dir das in den Kopf? Der junge Kerl hat den Mut, den Brucks 'nauszuschmeißen, verstehst du das?"
„Schuftig ist das!" sagte ein anderer. „Hat der Brucks ein Mustergut geschaffen. Jetzt kann er gehen."
Die Bauern nickten.
Nur der Eemeindevorstand, der Kusche, stand teilnahmslos.
„Acha . . . sagte er dann, „Herr bleibt Herr!" Ist der Brucks man doch bloß Inspektor."
Viele vorwurfsvolle Äugen trafen ihn.
„Bist auf den Brucks nicht gut zu sprechen, Kusche?"
Gleichmütig entgegnete der Eemeindevorstand: „Ich habe nichts wider den Brucks. Daß ich ihn nicht leiden kann . . . das ist jo. Nebensache. Mir gefällt bloß seine verdammte Polenwirtschaft nicht. Daß der Herr ... die polnischen Schweizer, die den . . . wie heißt er denn . . . den Schassranz abkentschern wollten, rausschmeißt, das imponiert mir."
Da stimmten sie ihm alle wieder zu.
„Denkt doch mal! Kaum zehn Deutsche arbeiten auf dem Gute mit den zweitausend Morgen gutem Land. Das ist doch nicht recht. Gerade hier so dicht an der polnischen Grenze sollte sich der Brucks das überlegt haben. Nee, nee, so sehr wie man den Brucks schätzt, das gefällt keinem."
Da klingelte das Telephon.
Die Stimme der Frau gellte schrill in den Raum.
„Mann. . . komm fix! Der Herr vom Gut ruft an. Da ist der Teufel los. Die Polen. . .!
Äufregung unter den Bauern.
Der Gemeindevorstand stürzte, so schnell er konnte, zum Apparat.
„Hier Kusche!"
„Kamerlingk auf Rosenburg! Herr Vorstand . . . die Polen überfallen mein Herrenhaus. Wir haben uns verbarrikadiert. Schicken Sie uns Hilfe, sonst zerschlagen sie alles und wir können uns ihrer nicht mehr erwehren . . ."
Da brach das Gespräch ab.
Der Draht war durchschnitten worden.
„Männer . . .!" brüllte der Vorstand außer sich in die Schenkstube. „Auf Rosenburg ist der Teufel los. Die Polen r haben das Herrenhaus überfallen. Wir muffen ausrücken, ' alle Mann. Die Schweinehunde . . . wir wollens ihnen zeigen."
Die Bauern sprangen auf und liefen nach ihren Häusern.
Nissen die Pferde aus den Ställen. Suchten die Waf- sn hervor.
Durch die Straße von Rosenburg gellte es:
„Die Polen überfallen das Gut! Die Polen überfallen das Gut!"
Frauen und Kinder hörten es voll Aufregung. Die Bauern und Knechte warfen alles hin.
Eine maßlose Wut packte sie alle.
Eine stürzte hinauf auf den Kirchturm und begann die Glocken zu läuten.
Ein wahrer Taumel kam über das Dorf.
Das klang mitten in das aufgeregte Treiben ein Heller schriller Hupenton.
Ein Lastauto kam in einer Staubwolke in scharfem i Tempo herangerast.
Kurz vor dem Dorfe bremste es.
Führ in langsamem Tempo in das Dorf ein.
Jetzt erkannten sie die Soldaten. Wohl an die dreißig Reichswehrsoldaten waren es, die von einem gutbeleibten Feldwebel geführt wurden.
Ein Bauer schrie den Soldaten entgegen:
„Wohin wollt ihr?"
„Nach Rosenburg!"
„Fahrt zu, wie die Teufel!" rief ein anderer aufgeregt. „Die Polen wollen das Gut stürmen und niederbrennen. Ihr kommt zur rechten Zeit."
Die Aufregung bemächtigte sich auch der Soldaten.
Sie faßten nach den Karabinern, mit denen sie nur ausgerüstet waren.
Hupentöne. Schrill — rasch aufeinanderfolgend.
Straße frei! Alles sprang zur Seite.
Das Auto fuhr in raschem Tempo auf Rosenburg, dem Rittergute zu. Hinter ihm aber ritten die Bauern des Dorfes wie die wilde Jagd.
(Fvrtsttzuns stüKij.