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lohn t.bv, X^elnummer 10 Pfennig. Erscheint an jedem Werttage » Verbreitetst, Zeitung im OberamtS-Äezirl » Schrift, leitung, Druck und Verlag von G. W. Zaiser (Inh. Karl Zaiser) Nagold, Marttffrasie i«
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Nr. 97 Gegründet 1827 Dienstag, den 28. April 1931
Wird's endlich wahr werden?
R-, » IVS. Jahrgang
Tagesspiegel
Nämlich mit all dem, was man den Deutschen in Rumänien seit vielen Jahren versprochen hat.
Der neuerliche Wechsel im rumänischen Kabinett hat die Deutschen förmlich aufatmen lassen. Rumänien hat seit einigen Tagen einen deutschfreundlichen Ministerpräsidenten in der Person des Professors Iorga und dieser hat sofort das neue Amt eines Unter st aatssekretärs für die Minderheiten, soviel wir wissen ein Unikum in den Staaten mit gemischten Nationalitäten, geschaffen und mit diesem Posten den deutschen Abgeordneten Rudolf Brandsch betraut.
Das ist zweifellos ein gewaltiger Fortschritt und ein gutes Vorzeichen für unsere deutschen Brüder in Rumänien, :vo unter 18 Millionen Einwohnern neben Magyaren, Juden, Ukrainern, Russen, Polen, Bulgaren, Serben, Sla- woniern und Türken nicht weniger als 800 000 Deutsche (und zwar in Siebenbürgen, Banat, der Bukowina, in Bessarabien und in der Dobrudscha in geschlossenen Siedlungen wohnen. In dem Schutzvertrag 1919 hatte dis Regierung die Verpflichtung übernommen, für die Minderheiten, namentlich für deren Schulen, zu sorgen. Jahr für Jahr erwarteten die Deutschen das in Aussicht gestellte Minderheitengesetz. Aber, wenn's drauf und dran war, so drückte sich die R-egierung mit der Entschuldigung, sie habe kein Geld, was allerdings bei der schleckten Finanzlage auch stimmte.
Dazu kamen die Schikanen der Behörden, erklärte der Schulrevisor im Bezirk Karasch (Banat), daß eine Schule, in der die deutsche Sprache als einfaches Lehrfach eingeführt ist, als eine deutsche Schule im Sinne der Minderheitenbestimmungen zu gelten habe. Der Lehrplan für die deutschen Abteilungen der rumänischen Schulen ist schon deshalb nicht durchzuführen, weil die deutschen Kinder schon in der ersten Klasse das Rumänische lernen müssen, bevor sie in der Muttersprache die Anfänge des Lesens und Schreibens zur Genüge gelernr haben. In den nachfolgenden Klassen vollends beherrscht das Rumänische so stark den gesamten Unterricht, daß die deutschen Abteilungen nur dem Scheine nach vorhanden Md. In den staatlichen Kindergärten vollends ist nur der Gebrauch des Rumänischen erlaubt.
An eigenen Mitteln zur Aufrechterhaltung von Minderheitsschulen fehlt es infolge der sog. Boden- reform, d. h. der Enteignung des größten Teils der deutschen Bevölkerung, der hiedurch bewirkten Verminderung der Einkünfte der deutschen Kirchengemeinden und der schweren Wirtschaftsnot, in der sich vielfach die Deutschen, namentlich im Buchenland, befinden. Wenn also der Staat sich seiner Verpflichtung dauernd entzieht, so ist das deutsche Schulwesen und damit auch das Deutschtum dem Untergänge geweiht.
Nun ist König Karol II. deutschfreundlich eingestellt. Noch mehr sein erster Berater Jorga, ein Geschichtsforscher von internationalem Ruf, ein Gelehrter, der seinerzeit in Jassy, Paris, Berlin und Leipzig studierte und hier die deutsche Doktorwürde, auf die er stolz ist, sich geholt hat. Brandsch vollends hat anläßlich seiner Vereidigung, bei der der König eine deutsche Ansprache hielt, erklärt: „Ich habe die feste Hoffnung, daß durch die neue Einrichtung Ersprießliches für die Regierung und Besserung des Verhältnisses der Minderheiten Rumäniens zum Mehrheitsvolk geleistet wird."
Wäre auch sehr zu wünschen. Die Deutschen waren bisher gerade recht, daß bei den Wahlen die Parteien einen Kuhhandel mit ihnen trieben. Jede hat ihnen das Blaue vom Himmel versprochen. Aber gehalten wurde nichts. Jetzt wird es doch hoffentlich anders werden. Erklärte doch letzten Sommer der Presseattache der Rumänischen Gesandtschaft in Berlin: „Die Atmosphäre, die der Weltkrieg hinterlassen hat, ist fast völlig beseitigt, so daß der Weg jetzt frei ist für eine systematische und zielbewußte Arbeit mit dem Ziel des Zusammengehens beider Länder." — Möge das auch hinsichtlich der gegenwärtigen handelspolitischen Verhandlungen sich bewahrheiten.
Deutschland trug Bulgariens Kriegslasten
Der deutschfreundliche bulgarische Staatsmann Dimiter Tonischem, der gegenwärtig mit der Sammlung der liberalen Gruppen zu einer mächtigen Partei beschäftigt ist, hat vor kurzem eine Rede gehalten, die auch für uns Deutsche beachtenswert ist. Er sagte unter anderm:
Noch immer behaupten Gegner der Liberalen Partei, an der jetzigen Krise in Bulgarien sei Deutschland schuld, das 30 bis 40 Millionen Mark „aus dem Körper Bulgariens gesogen" habe. Solche Verleumdung betrifft auch mich, da ich damals Finanzminister war. Bulgarien hat drei Kriege zu seiner Befreiung und Einheit geführt: den serbisch-bulgarischen Krieg 1885, den Balkankrieg 1912/13 und den Weltkrieg 1915 bis 1918. Der serbisch-bulgarische Krieg wurde mit den Ersparnissen aus der Zeit der russischen Besetzung geführt, der Balkankrieg mit Anleihen bei französischen und russischen Banken. Den Weltkrieg hat Bulgarien
geführt, ohne einen einzigen eigenen Pfennig auszugeben. Wir hatten mit unfern Verbündeten, namentlich Deutschland, ein Abkommen abgeschlossen, daß Deutschland alle Kosten für Bekleidung, Verpflegung und Kriegsbedarf übernehme. Auf Grund dieses Abkommens hat die deutsche Regierung uns monatlich 50 Millionen Goldfranken bezahlt, im ganzen also 1350 Millionen Goldfranken. Äus dieser Summe bezahlte die bulgarische Regierung in barem Geld alles, wessen sie von der Bevölkerung bedurfte. Außer diesem Betrag hat uns unser Verbündeter Deuschlan > Kriegsbedarf in: We - tvon zwei Milliarde i Goldfranken geliefert, Kriegsgerät, das für zwei Kriege genügt hätte.
So hat unser deutscher Verbündeter uns Beträge geliefert, die heute 90 Milliarden bulgarische Papier- frank e n betragen würden. Deutschland hat erklärt, daß Bulgarien ihm aus dein Krieg nichts schuldig sei. Das bedeutet, daß unser großer Verbündeter Deutschland seinem kleinen Bundesgenossen Bulgarien 90 Millionen erließ, nachdem er uns 3350 Millionen Goldfranken vorher geschenkt balte. (Stürmischer Beifall.)
Das bulgarische Volk hat dieses Zeichen der Sympathie zu schätzen, das uns für unsere fernere Entwicklung so wertvoll ist.
Schacht zur Lösung
Berlin, 27. April. Ein Berichterstatter des Antwerpen« Blatts „Neptun" hatte eine Unterredung mit dem früheren Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht. Auf die Frage, wie Dr. Schacht sich eine Lösung der politischen und wirtschaftlichen Krise in Deutschland denke, antwortete Dr. Schacht nach dem genannten Blatt: Die Heilung könne nur durch eine gleichzeitige Tat nach innen und außen herbeigeführt werden. Im Innern des Reichs müßten zunächst die übertriebenen Soziallasten abgeschafft und nach außen eine internationale Uebereinkunft getroffen werden, die mit den Tributzahlungen endgültig Schluß mache. Es sei lächerlich, die „Verständigung mit Frankreich" von dem Zusammenarbeiten der deutschen und der französischen Sozialdemokratie zu erwarten. Zu einer Verständigung könnte es nur kommen, wenn die Rechtskreise -in beiden Landern darüber einig werden. Eine Verständigung könnte eher mit Poincarö als mit Briand zustande kommen. Briand halte wohl schöne Reden, er tue aber gerade das Gegenteil, er sei darum zu fürchten. Der „allsuropäische Bund" lause doch nur darauf hinaus, die französische Vorherrschaft sicherzustellen. Er sei überzeugt, daß die Regierung Brüning über kurz oder lang durch die Macht der Tatsachen genötigt sein werde, mit der Sozialdemokratie zu brechen und die Verbindung nach rechts wieder aufzunehmen.
Das Bundesamt des Stahlhelms teilt mit, daß die Zahl der Eintragungen für das Volksbegehren sich nach den bl» jetzt» vorliegenden Meldungen auf über 5.9 Millionen er- höhl.
Das vom Berliner Polizeipräsidium erlassene Redeverbot gegen den nal.soz. Reichslagahgeordneken Dr. Göbbels W ausgehoben worden.
Wegen Vergehens gegen das Republikschuhgeseh wurde der nationalsozialistische Gauführer Kremser in Breslau zu einem Monat Gefängnis verurteilt und das Bauern- blakt „Blut und Boden" in Breslau aus vier Wochen verkoken.
Zn der Angelegenheit der Werkspionage in der deutschen chemischen Industrie für Moskau sind im Leunawerk in Merseburg weitere 5 Arbeiter, ferner ein leitender Ingenieur de» Humbold Deutsche Molaren AG. in Köln und kommunislischz Funktionäre in Hamborn und Essen verhaftet worden. Insgesamt sind jetzt über 20 Beteiligte in hast. Viele sollen geflüchtet sein, darunter ein Ingenieur einer bekannten Maschinenfabrik in Ludwigshafen a. Rh., der wichtige Geheimpläne mitgenommen hat.
Herriot wurde wieder zum Bürgermeister von Lyon gewählt.
der deutschen Krise
Der Kampf um den Butterzoll
Berlin, 27. April. Zwischen den Reichsministerien, die an der Erhöhung des Butterzolls interessiert sind, haben heute vormittag Besprechungen begonnen, durch die die morgige Kabinettssihung vorbereitet werden soll. Beteiligt sind daran außer dem Reichsernährungsministerium auch das Wirtschafts- und das Arbeitsministsrium, sowie das auswärtige Amt. Ob es gelingen wird, bis morgen bereits zu einer Klärung zu gelangen, ist zweifelhaft, die Entscheidung dürfte daher kaum schon in der morgigen Kabinettssihung fallen. Der Harrptwiderstand geht vom Reichsarbeitsminister Stegerwald aus, der den Standpunkt vertritt daß die landwirtschaftlichen Zollerhöhungen mit der Lohnsenkungspoliftkr unvereinbar seien. Er soll sogar mit seinem Rücktritt gedroht haben, falls die Agrarvorlage des Reichsernährungsminisiers Schiele vom Kabinett angenommen würde. Man spricht auch davon, daß ein Kompromiß in der Weise geschaffen würde, daß zum Ausgleich für den erhöhten Butterzoll der Weizen- und Gerstenzoll herabgesetzt, oder daß die Frage des Butterzolls überhaupt auf unbestimmte Zeit verschoben werde.
Der Danziger Hafenstreit - Polnische Gefahr
Genf, 27. April. Polen ist schon lange bestrebt, den Hasen- verkehr von Danzig abzuwürgen und ihn nach dem neugegründeten polnischen Hafen Gdingen bei Danzig zu ziehen. Für die des Rückhalts an Deutschland beraubte Stadt Danzig ist dies eine Lebensfrage. Polen legte einen an sich schon nicht recht klaren Beschluß des Völkerbundsrats vom Jahr 1921 dahin aus, daß der Hafen von Danzig entweder ihm vollständig zur Verfügung stehen müsse, oder daß es das Recht habe, durch Edingen den Danziger Hafen abzuriegeln, indem es den ganzen polnischen Verkehr nach Gdingen verlege. Der neue Danziger Senatspräsident Dr. Ziehm erhob Beschwerde beim Völkerbundsrat und der vom Völkerbund eingesetzte Juristenausschuß hat nun den Danziger Standpunkt für berechtigt erklärt, nach dem Polen verpflichtet ist, für seinen Warenverkehr den Danziger Hafen zu benützen. Der Wahrspruch hat große Bedeutung. Man glaubt aber, daß es zu einem Kompromiß kommen werde, wonach Polen einen Teil seines Warenverkehrs nach Gdingen verlege. (Der französisch-polnische Bahnbau von Ostaberschlesien nach Gdingen soll ja doch zur Abwürgung Danzigs beitragen.) *
In Danzig hatte es in letzter Zeit einige Zusammenstöße zwischen Polen und deutschen Danzigern gegeben. Dis polnische Regierung hat darauf gedroht, daß sie polnisches Militär in Danzig ei u r ücken lasse, „um Rahe und Sicherheit in Danzig aufrecht,Mrhalien". Die polnische Regierung bat sich nicht gescheut, einen diesbezüglichen Antrag beim Völkerbundskommissar für Danzig, Gras Gravi na zu stellen, der den Antrag aber obgelehnt hat. Es scheint sich bei den Zwischenfällen säst nur b e st e l l t e p o l n i s H e Arbeit zu handeln. So hat ein polnischer Matrose bestauntet, er sei von Deutschen im Danziger Haien mißhandelt worden. In der Untersuchung wurde fesigcstellt, daß die ganze Sache erstunden war. Öffenbar sucht Polen nach einem Grund.
um seinen alten Plan der Einverleibung Danzigs durchführen zu können.
*
Anschlag auf eine polnische Station
Warschau, 27. April. Im Stationsgebäude von Pod- brods, einem kleinen Ort im Wilnaer Land, wurde nachts eine HanDgranate in den Wartesaal geworfen. Die Granate zerriß einen Lokomotivführer, der gerade durch den Raum ging. Wenige Sekunden später flog durch das Fenster eine zweite Granate in den noch leeren Raum, die gleichfalls explodierte und bedeutenden Sachschaden anrichtete.
Krise der Londoner Flottenverhandlungen
London. 27. April. Der diplomatische Mitarbeiter des Arbeiterblattes „Daily Herald" schreibt, die Flottenverhandlungen seien wieder auf einem kritischen Punkt angelangt. Dem französischen Botschafter Fleuriau sei in einer Note erklärt worden, daß die englische Regierung die französischen Vorschläge nicht annehmen könne, denn sie würden die französische Forderung nach freier Hand :m Bau von Ersatzschisfen während der Jahre 1935—1936 unverändert bestehen lassen, während Großbritannien in den gleichen Jahren den Einschränkungen desst Londoner Flottenvertrags unterworfen wäre. Bei Hendersons Besuch in Rom habe sich ferner die italienische Regierung bereil erklärt, Frankreich eine Ueberlegenheit der Tonnage in alten .Kriegsschiffen zuzugestehen, während der französische Plan sie in eine Ueberlegenheit der Tonnage in a l l e r ni o d e r n sten Fahrzeugen verwandeln würde. Trotzdem wünsche die britische Regierung dringend das Zustandekommen einer Vereinbarung.
Auch die italienische Regierung hat die Vorschläge Frankreichs abgelehnt.