Seite 5 Nr. 70

Nagolder TagblattDer Gesellschafter

Mittwoch, 25. März 1931

Postlagernd

Skizze von Alfred Semerau.

Uwe stand vor seinem Hause und sah nach Tina aus. Wo blieb sie denn wieder? Ungeduldig und unruhig sah er auf den Weg, der quer durch die Heide führte und den sie kommen mutzte. Sollte es wieder hier wie in der Stadt sein, wo er immer den Aufpasser spielen mutzte? Er war doch aus ihr fortgezogen, um endlich Ruhe zu haben, Ruhe vor den hundert Männeraugen, die Tina folgten, wo sie sich nur blicken lietz. Ein Wunder wars ja auch nicht, wie sie immer hinter ihr dreinliefen, wenn sie kokett im kur­zen Rock mit dem schwarzen Samtmieder und dem schnee­weihen, gefalteten Hemd durch die Stratzen der kleinen Stadt ging. Und Tina wutzte es wohl und wiegte sich or­dentlich in den Hüften wie zu einem heiteren Tanz in dem allgemeinen Wohlgefallen, das sie hervorrief, sobald sie sich zeigte. 2a, blank und sauber war das Mädel, das er gefreit, und es hatte lange gedauert, ehe es einwilligte, seine Frau zu werden. Uwe erinnerte sich oft der großen Freude, die ihn erfüllte, als sie endlich ihr2a" fest und bestimmt sagte. Das war jetzt über ein 2ahr her, aber die Freude über seine Eroberung wurde ihm immer wieder durch seine Eifersucht vergällt. Mutzte Tina auch jetzt noch immer so blänkern und glimmern, wenn sie durch die Stratzen ging? Aber wenn er ihr Vorhaltungen machte, lachte sie nur und sagte:Du Narr! Putze ich denn extra meine Augen, und soll ich den Leuten die Augen verschlies- sen? Mögen sie mich doch ansehen, wenn sie was Sauberes schauen wollen! 2ch sehe auch gern was Sauberes. Und Du Narr hättest Du mich geheiratet, wenn ich nicht so gewesen wäre, wie ich bin?"

Daraus blieb ihr Uwe natürlich die Antwort schuldig, und sie lachte wieder und ging singend an ihre Arbeit, die ihr so leicht und flink von der Hand ging. Sie hatte recht, das sah Uwe ein. Aber er hatte auch recht, und nach eini­gen Monaten machte er kurzen Prozetz und zog mit seinen Bienen in die Heide.Auch gut", sagte sie, als er ihr von seinem Plan erzählte.Die Stadt ist ja nicht weit ab". Uwe lächelte verstohlen. Er wollte schon dafür sorgen, datz sie nicht oft in die Stadt, kam und wenns gar nicht anders ging, dann nur mit ihm.

Aber Tina trug den Verlust der Stadt nicht schwer. Auch hier behielt sie ihre blanken Augen, und wenn sie mit der Arbeit fertig war, zog sie ihr kurzes Kleid an mit dem schwarzen Mieder und den feinen weißen Hemd und paradierte in der Heide vor den Bienen, wie es Uwe spöt­tisch nannte. Wenn sie einen notwendigen Gang zum Nach­bar machen mutzte, der ein gut Stück fern wohnte, rechnete er ihr die Zeit auf die Minuten nach, die sie dafür brauchte. Wo blieb sie nur heute wieder?

Da hörte er plötzlich ihre Helle Stimme von einem Sei­tenweg und als er sich verdutzt umwandte, hörte er sie sin- gem und sah sie ihm zuwinken. Sie kam ohne Eile, als wüßte sie nicht, wie ungeduldig er sie erwartete.Schön wars, der lange Weg. 2ch bin kreuz und quer spaziert. Und diesen Buschen habe ich für Dich gepflückt!" Und dabei stieß sie ihm die blühenden Heidekräuter lachend unter die Nase. Schon wieder brummig?" Sie hob die Schulter.Ach Uwe, mit Dir ist es schon ein Kreuz. Mir scheint, jetzt bist Du gar auf die Heide eifersüchtig. Am besten. Du sperrst mich ein". Er nickteiDas wäre auch das Beste. Wüßte ich nur, wie ich es machen könnte!" Aber ihre Augen hellten sich schon wieder auf, und es blitzte ihm schalkhaft daraus entgegen:Meinst Du, Du könntest je ein sicheres Gefäng­nis für mich finden? Du dummer Uwe! Wenn ich nicht selbst bleiben will, wer wollte mich halten? Du nicht und

Ois vom

LNM Mauken 6nun6

(Nachdruck verboten).

(Fortsetzung 48)

2n dem Hirschen war wieder einmal die wilde 2agd eingefallen. So sagten sie lachend in Röding, wenn der Uebach-Fritz im Ort zu Besuch war, beim Reusch-Hannes, der sein alter Jugendfreund und 2agdbruder war.

Der Uebach war ein Rüdiger Kind. Als einfacher Schlosser hatte er angefangen und es dann draußen in der Welt zum großen Fabrikbesitzer gebracht und nun gar zum Kommerzienrat seit dem vorigen Jahre.

Aber er war darum nicht stolz geworden, der Uebach- Fritz, und verleugnete seine alten Freunde von früher nicht.Das war so guter Brauch im Rauhen Grund, an dem er mit seinem ganzen Herzen hing. Darum kam er auch alle Jahre zur Herbstzeit hier, wo er eine 2agd gepachtet, für ein paar Tage herauf.

Toll gings dann immer her im Hirschen, seinem Stand­quartier. Tagsüber Weidwerk und Na>bt für Nacht ein wüstes Kelage.Der Uebach-Fritz war der nüchternste Mann das ganze 2ahr zu Hause in seiner Fabrik. Aber die paar Tage hier raste er sich aus.Das mutz ich einmal so ha­ben", gestand er selber mit seinem breiten Lachen, und er fand im Rauhen Grund wackere Kumpane, die ehrlich mithielten.

Seinewilden 2äger" nannte sie der Uebach-Fritz. Und wild genug sahen sie aus mit ihrem verschlissenen Zeug, den geflickten Hosen, verschwitzten Filzhüten und verroste­ten Gewehren. Schlichte Bergleute waren ja die meisten, 2agdgäste und Treiber zugleich. Vielfach kamen sie am Morgen zum Rendezvous geradenwegs von der Grube, wo sie die Nachtschicht hindurch gearbeitet. Ohne Schlaf ging es so ans Weidwerk, und die nächste Nacht wieder in die Grube. So trieben es einige von ihnen volle drei Tage hindurch.

Schießen aber trotzdem wies Gewitter!" Lachend rühmte es der Kommerzienrat am ersten Tage beim Rendezvous zu einem Geschäftsfreund, den er mitgebracht zur 2agd.Und treu wie Gold sind mir die Kerls. Keiner wildert in meiner 2agd da laß ich meinen Kops für zum Pfand!"

Der Geschäftsfreund wutzte freilich nicht recht, was er mit diesen rauhen Gesellen anfangen sollte. Er war ein steifleinener Herr und steckte in einem sehr feinen 2agd- dretz. Als er sie die ersten paar Minuten schwatzen hörte, in ihrer Mundart, wandte er sich herablassend an einen von ihnen, einen mächtigen Eraubart.

kein andrer!" Er nahm ihre Hände und preßte sie, datz die Heidekrautstengel sich in ihr Fleisch drückten:2ch wollte Dir schon zeigen, wie ich Dich halte. 2ch lasse nicht mit mir spassen. Das sollst Du wissen. Und wenn Du denkst. Du bist hier frei, bist Du auf dem falschen Weg. Das merk Dir nur!"

Es war immer das alte Lied. Tina machte mit einem Ruck ihre Hände frei und ging ins Haus. 2hre Heiterkeit war weggewischt, und das Abendessen verlief ungewöhn­lich schweigsam. 2etzt tat es ihm wieder leid, und schuldbe­wußt nahm er ihre Hand:2ch bin ein ekliger Kerl, ich

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weiß. Aber es ist nur, weil ich Dich so lieb habe, ja, das ists". 2hre Augen blitzten ihn an:Wenns ein bißchen weniger wäre, langt es auch noch hin!" Wirklich gab es für ein paar Monate meidliche Ruhe. Aber da kam ein junger Kaufmann aus der Stadt, gerade als Uwe fort war, und wollte den ganzen Honigvorrat kaufen. Tina erklärte ihm, er müsse mit Uwe selbst sprechen. Wenn er warten wollte, käme vielleicht ihr Mann. Der Kaufmann wartete sehr gern, und er hatte schon einen Haufen Artigkeiten und Schmeicheleien für die hübsche Frau auf der Zunge, als plötzlich Uwe erschien. Mit knappem Gruß für den Kauf­mann erklärte er schroff, er habe seine feste Kundschaft, und keiner brauche ihm nach seinem Honig ins Haus zu kommen. Damit öffnete er auch schon die Tür.2ch weiß, was er hier wollte", sagte er finster, als der Kaufmann fort war.Um den Honig ist er nicht gekommen. Sicher nicht. Und Du hast Deine Augen auch wieder spielen las­sen."

Tina erwiderte nichts. Sie wollte keinen Streit, und Uwe bereute auch schon wieder seine Worte. Aber er sagte es nicht. Er ärgerte sich darüber und schlief lange nicht ein. Plötzlich hörte er Tina im Schlaf sprechen. Erst konnte er sie nicht verstehen, dann aber vernahm er etwas, was ihn mit einem Ruck auffahren lietz.Das verstehe ich nicht . . postlagernd? . . . Ach so . . ja, ich gehe an den Schalter und sage O. 56 . " Und dann warf sie sich auf die andere Seite, seufzte noch ein par Mal und schlief weiter. Er hätte sie am liebsten aus dem Schlaf gerissen. 2etzt also sollte er endlich den Beweis haben, Na, warte nur! Er drohte zu ihr hin. Er stand sehr früh auf.Ich habe in der Stadt zu tun. Mittags bin ich wieder da".

Kann ichs nicht für Dich in der Stadt abmachen?" fragte sie zaghaft.Nein!" sagte er kurz und war aus der Tür. Als er vor dem Postschalter einen postlagernden Brief O. 56 verlangte und erhielt, zuckte keine Muskel in seinem Gesicht. Aber als er ihn zornig aufritz, wurden

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seine Augen immer größer, denn er las:Uwe, Du bist ein großer Narr. Immer wieder quälst Du Dich und mich. 2ch bin nun aber mit meiner Geduld am Ende. Wenn Du jetzt nicht anders wirst, mache ich Schluß. Dann laufe ich Dir weg, und Du kriegst mich nie wieder. Was ich sage, halte ist. Nun weißt Du's. Tina".

Uwe lief heim, als rüste Tina sich schon zur Flucht. Sie stand in der Tür, und er schwenkte schon von weitem la­chend den Brief.Du nichtsnutziges Ding" rief er, als er sie umfaßte.Aber recht hast Du, recht, und ich will jetzt mit der dummen Eifersucht auch Schluß machen. Du wirst es sehen. Nur eins sage mir noch: Wer hat den Brief nach der Stadt gebracht?" Tina wiegte den Kopf?Soll ich, mutz ich Dirs sagen? Unser Nachbar, der gestern in die Stadt fuhr. Er kam hier vorbei und fragte, ob ich was wollte und brauchte. Und da fiels mir ein. 2ch wollte es Dir schriftlich geben, was ich tue, wenn Du . . heb Dir den Brief gut auf!"

2ch vergesse ihn nicht, und wenn ich wieder mal nun, Du weißt schon, Tina, dann sage nur: postla­gernd . . ."

GeschüfMches

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"Sie sprechen wohl gar Englisch, mein Lieber?"

Ach wat, Englisch, Sie dummer Tribes!" Geringschät­zig sah der vom Rauhen Grund die aufgeputzte Vogel­scheuche aus der Stadt an, die diese Sprache nicht einmal kannte.

Entrüstet kam der Fremdling zu Uebach und wies auf den Grobian. Aber der Kommerzienrat lachte nur schal­lend.

Das ist Votier Harr! Von dem dürfen Sie nichts Bes­seres verlangen. Bei dem ists noch ganz anderen Leuten so gegangen. 2m vorigen Jahr hatten wir ne Jagdhundaus­stellung in der Stadt. Und der Prinz von Horst-Hesfen- stein hatte den Ehrenvorsitz. Beim Festessen, wo der Prinz mit seinem Adjutanten auch dabei war, mußte Vatter Harr auf allgemeinen Wunsch eins singen. Er hat nämlich ne Mordsstimme! Na, Sie werden ja heute abend selber hören. Kurzum, wie er fertig ist mit seinemIch schieß den Hirsch", und der Prinz ihm danken will, da klopft er mit seiner Värenpratze ganz gemütlich auf die Schulter. Was, Prinzche? Wir könnt singe!" Und als der Adju­tant dabei steht, vor Schreck ganz entgeistert, zeigt er auf diesen mit dem Daumen:Hat denn der auch was zu sa­gen?" Also, trösten Sie sich, mein Lieber. Vatter Harr darf man so was nicht übelnehmen."

Aber der Geschäftsfreund zeigte wenig Sinn für sol­chen Humor. Noch am selben Abend reiste er wieder ab. Dringender Angelegenheiten wegen. Indessen, keiner ver­mißte ihn. 2m Gegenteil!

So war es denn heute nun schon der dritte Tag, datz dieWilde 2agd" im Hirschen ihr Wesen trieb. Es war gegen Abend. 2n der Küche draußen regten sich alle Hände, selbst Marga Reusch und auch die blinde Reusch- Mutter halfen an ihrem Teil, soweit fies vermochten. Zum Abendessen waren ja nach altem Brauch alle Jagdteil­nehmer eingeladen als Gäste des Uebach-Fritz. An dreißig Mann galt es zu versorgen. Und der Kommerzienrat hatte für heute etwas Extragutes bestellt. Galt es doch den Ab­schied zu feiern.

Zwischen der Mamsell, der Magd und der Hilfsfrau gedieh trotz der emsigen Arbeit ein eifriger Schwatz. Wenn dieWilde Jagd" wieder aus dem Haus fuhr morgen sollte es ja geschehen blieben immer ein paar Gold­stücke auch in der Küche hängen.

Ein guter Mann ist er, der Herr Uebach, das muß man ihm lassen. So leutselig. Als gestern abend der Till­mann eintrieb ins Dorf, hat er selbst ihn eingeladen zu heute, zum Essen in den Hirschen".

Ja, ein gutes Herz hat er wohl nur das viele Trin­ken! Ich mein, das muß doch einmal ein schlecht Ende nehmen mit ihm".

Oh der ist stark. Der verträgt schon was".

Ich weiß nicht" das Kathrinche, die alte Hilfsfrau, schüttelte bedenklich ihren grauen Kopf und hielt mit dem Kartoffelschälen inne.Es istmir da heut was begegnet so was Absonderliches".

Was denn, Kathrinche?"

Neugierig steckten die beiden andern die Köpfe vor.

Also, wie ich vorhin in den Garten ging, nach dem Gemüse, da fand ich im Beet eine weiße Tomate".

Kathrinche!" erschrak die Mamsell.Man spricht doch, dann stirbt immer jemand im Hause".

2a" nickte das Kathrinche geheimnisvoll.Das soll wohl wahr sein. Als das Lisettche damals hinmachte vom Bäcker Wittmann, da hat ihre Mutter am Morgen auch eine weiße Tomate im Garten gefunden. Sie hat mirs selbst erzählt".

Wie graulich!"

Und die junge Magd rückte unwillkürlich näher mit ihrem Schemel.

Nun ists aber genug mit eurem albernen Geschwätz! Denkt lieber an eure Arbeit".

Scharf klang es vom Vorratsschrank am Fenster her, wo Marqa die Einmachbüchsen herausgab. Aber die Reusch-Mutter in ihrer Ecke nickte still herüber.

Es gibt schon Dinge, die über unfern Verstand gehen. Darum soll der Mensch nicht hoffärtig sein und allzeit da­ran denken, datz es auch ihn einmal treffen kann eh, datz ers denkt".

Marga schwieg. Seitdem all ihr Hoffen zerstört durch die Schuld der Großmutter, stand es hart und feindlich in ihren Mienen, wo sie die alte Frau sah.

Es war überhaupt ein scharfer Zug in das schöne Ant­litz gekommen. Fühlte sie doch nur zu deutlich, wie man im Hause und auch im Ort wohl allerlei ahnte. Es war ja auch auffällig genug, datz Gerhard Bertsch so plötzlich aus dem Hirschen ausgezogen war, noch ebe das Direktoren­haus fertig war, das als letztes Gebäude nun auch droben bei dem Werk errichtet wurde, und daß er sich im Unter­dorf einquartiert hatte. Trotzdem er nun einen viel wei­teren Weg zur Zeche hatte. Marqa ließ sich daher kaum noch im Ört draußen blicken. Wie eine Gefangene lebte sie. Fast war es ihr daher lieb, daß jetzt die wilden Tage hier im Hause sie ein wenig ablenken von sich selber.

Aus dem großen Wirtszimmer scholl inzwischen schon das Lärmen der heimgekehrten Männer. Wüst wie die Jägersleut selber war auch ihr Treiben. Beißender Ta­baksqualm aus dreißig Pfeifen stand bald im Zimmer, faustdick. Dazu der Vlutgeruch des aufgebrochenen Wildes, die Ausdünstungen von Menschen und Hunden nach dem anstrengenden, regnerischen Tag es war eine rauhe Atmosphäre. Aber so liebte es der Uebach-Fritz.

Kerls, hol mich der Teufel!" Laut dröhnte seine Stimme durch den Lärm.Das ist hier doch ein ander Ding, als wenn ich daheim in meiner Villa die aufgeputz­ten Hansnarren seh. in Frack und Smoking. Bei euch da ist mirs wohl zumut. da kann man reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Wir vertragen nen Hieb. Was. Kerls? Na, denn also prost zusammen!"

(Fortsetzung folgtl.