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Nr. 133
Freitag, den 11- Juni 1926.
101. Zahrgang
Der Kanzler ööer die Fürstenabfindung.
Die Regierungserklärung im Reichstag.
TU Berlin, 11. Juni. Auf der Tagesordnung der gestrigen Reichstagssitzung steht die erste Beratung des Regierungsentwurfs über die Fürstenabfindung. Die kommunistische Interpellation, die sich gegen den Hindcnburgbrief richtet, wird mit der Debatte verbunden. Das Wort erhält sofort Reichskanzler Dr Marx.
Reichskanzler Dr- Marx:
Der vorliegende Entwurf entspringt dem Versuch des Reichstags, die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Ländern und den früherer regierenden Fürstenhäusern durch Jni- tiativgesetz herbeizuführen. Die Regierung hat dieses gesetzgeberische Vorgehen von vorn herein begrüßt und hat es in allen Phasen seiner Entwicklung mit Nachdruck unterstützt. Sie hat in eingehenden Verhandlungen die Regierungsparteien auf dem Boden eines Kompromißgesetzentwurses zusammengeführt und bei der Fassung des Entwurfs weitgehend mitgewirkt. Sie hat schließlich, um über das Stadium der Ansschußbeiatungen hinaus zu positiven und praktischen Gesetzgebungsrcsultoten zu kommen, von sich aus den heute vorliegenden Gesetzentwurf beim Reichsrat eingebracht. Der Reichsrat hat diesen Gesetzentwurf mit sehr großer Mehrheit angenommen. Die Rcichs- regicrung legt entscheidenden Wert darauf, daß
auf der Grundlage des jetzt zur Beratung stehenden Gesetzentwurfs eine befriedigende Lösung der Auseinandersetzung mit den vormals regierenden Fürstenhäusern gefunden wird. Der Gesetzentwurf, der dem bevorstehenden Volksentscheid zu Grunde liegt, ist nach Auffassung der Regicnmg keine ' solche befriedigende Lösung.
Die grundlegenden Veränderungen, die in politischer, staatsrechtlicher und wirtschaftlicher Beziehung in der Nachkriegszeit eingetreten sind, konnten die vcrmögcnsrcchtlichen Beziehungen zwischen den Ländern und den ehemals regierenden Fürstenhäusern nicht unberührt lassen- Nach der verfassungsmäßigen Ucbcrwindung der Revolution müssen die Grundlagen des Rechtsstaats unversehrt bleiben-
/ TU Berlin, 11. Juni. Im Reichstag wurde gestern nach einer Rede des Reichskanzlers der deutsch-russische Vertrag in allen drei Lesungen einstimmig angenommen. Dagegen stimmte« nur einige aus der Partei ausgeschlossene kounmmistisch» Abgeordnete.
Die Rede dss Reichskanzler«.
TU Berlin, 11. Juni. In der Fortsetzung der gestrigen Reichstagssitzung eröffnet«: Reichskanzler Marx die erste Lesung des deutsch-russischen Vertrages mit einer längeren Rede, in der er u. a. erklärte:
„Der vorliegende Vertrag bedarf nach der Verfassung an sich nicht der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften. Angesichts seiner besonderen politischen Bedeutung hat sich die Reichsrcgierung «wer entschlossen, die Zustimmung trotzdem einzuholen, bevor der Austcmsch der Ratifikationsurkunden statt- findet. Ich glaube, daß in den vergangenen Jahren kaum jemals «ine allgemeine außenpolitische Aussprache im Reichstage stattgcfuniden hat, bei der nicht von der jeweiligen Regierung und den Parteien übereinstimmend die Notwendigkeit guter und freundschaftlicher Bczielnmgen z« Rußland
betont worden wäre.
Nachdem die traditionelle, jahrhundertelange Freundschaft zwischen Deutschland und Rußland durch den Weltkrieg zum Unglück beider Länder gebrochen worden war, zeigte sich sowohl «ms russischer wie auf deutscher Seite schon im Vertrag von Rapallo vom Frühjahr 1932 das Bedürftiis, die alte Grundlage guter Beziehungen zwischen beiden Ländern wieder herzustellen. Deutschland und Rußland befanden sich damals in einer Art von Isolierung gegenüber fast allen anderen großen Ländern- Seitdem ist die Entwicklung der internationalen Politik fortgeschritten.
Die deutsche Politik hat danach gestrebt, auch Mit den Mächten des Versailler Vertrages zu einer Verständig««, z« gelange«.
So hat uns unser Weg vom Ruhreinbruch und der Sachftions-
Zu ihnen gehören: Rechtsgleichheit aller Staatsbürger und Anantastlwrleit des Privateigentums. Die im Volksbegehren verlangte entschädigungslos« Enteignung der ehemaligen Fürstenhäuser ist unvereinbar mit diesen obersten Geboten eines Rechtsstaats. Demgegenüber hält die Regierungsvorlage an den verfassungsmäßigen Grundlagen fest, ohne die politischen und gesetzgeberischen Notwendigkeiten außer acht zu lassen, die sich aus dem Wegsall der staatlichen Hoheitsstellung der Fürsten und aus der durch Krieg und Inflation hcrvorgerusencn allgemeinen Verarmung Meben. Die Auffassung der Reichsrcgierung, daß der vorliegende Gesetzentwurf eine befriedigende Lösung des Auseinandersetzungsproblems darstellt, wird von den Staatsregic- rungcn der an der Lösung dieser Frage in erster Linie beteiligten Länder, insbesondere von denen Preußens und Thüringens geteilt.
Die Reichsregierung ist aber des weiteren auch der Auffassung, daß die. überwiegende Mehrheit des deutschen Volkes den dringenden Wunsch und den Anspruch hat, daß der Reichstag eine gesetzgeberische Lösung seinerseits findet. Sie hält es deswegen für ein inncrpolitisches Gebot, das Gesetz über dessen Einzelheiten monatelang in der eingehendsten Weise beraten worden ist, nunmehr mit aller nur möglichen Beschleunigung zu verabschieden. Die Reichsregierung möchte dabei keinen Zweifel lassen, daß es durchaus irrig sein würde, anzunehmen, daß sie nach einem verneinenden Ergebnis des Volksentscheides von einer gesetzlichen Regelung Abstand nehmen könnte. Sie wnS auch dann mit aller Entschiedenheit auf eine gesetzgeberische Regelung im Geiste der Vorlage dränge» und sie würde die ihr geboten scheinenden Konsequenzen nicht scheuen, falls sich im Reichstag endgültig die Unmöglichkeit des Zustandekommens eines AbfindungsgesttzeS ergeben sollte.
Die Erklärung des Kanzlers wird ruhig ausgenommen, zumal, da sie sehr kurz ist. Ebenso spricht nach ihm Herr v. Gue- rard, der für die Regierungsparteien den Standpunkt des Kabinetts billigt und gleichzeitig feststem, daß die Enteignung gegen das Rechtsempfinden verstoße. Kurz ist auch die Erklärung der Dcutschnationalen, um so schärfer, was Herr Müller- Franken im Auftrag der Sozialdemokraten gegen den Reichspräsidenten wegen seines Briefes an Herrn v. Loebell zu sagen hat. Die Kommunisten bringen einen Antrag gegen die Reichs- rcgicdung ein, über den heute abgcstimmt werden soll.
Politik zn der Londoner Dawcskonfercnz und von da nach Locarno uird Genf geführt. Auch Rußland hat seine außenpolitische Stellung seit dem Jahr 1922 festigen können. Aber diese Entwicklung hat nichts an der Tatsache geändert, daß Rußland uitd Deutschland in manigfacher Hinsicht aufeinander angewiesen sind. Auf dieser Erkenntnis beruht auch der Ihnen vorliegende Berliner Vertrag.
^Jn Rußland hat man bekanntlich die letzte Phase der deutschen Außenpolitik zunächst init Mißtrauen angesehen und als eine ausschließliche Orientierung nach dem Westen gewertet. Wir haben deshalb «deutscherseits anerkannt, daß es notwendig war, das deutsch-russische Verhältnis der neuen, durch die Locarnoverträge geschaffenen politischen Situation anzugleichen. Der gefundene Ausgleich liegt hauptsächlich darin, daß die beiden Länder sich die unveränderte freundschaftliche Fühlung in den gemeinsamen politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten versprechen und daß sie sich daneben zu Neutralität für den Fall verpflichten, daß einer von ihnen trotz eigenem friedlichem Verhalten angegriffen oder Gegenstand einer aggressiven Wirtschaftspolitik dritter Mächte wird.
Im Grunde wird dadurch politisch keine neue Lage geschaffen, solchem die gegebene Lag« geklärt. Die Locarnomächte haben memls verlangt, daß Deutschland in eine gemeinsame Front gegen Rußland eintrete. Deutschland denkt gar nicht daran, dur chdiesen Vertragsabschluß etwa das Werk von Locamo aufzuheben. Vielleicht wäre es logischer gewesen, den Berliner Vertrag erst nach Vollziehung «des deutschen Eintritt in den Völkerbund zu schließen. Aber es ist nicht unsere Schuld, daß das nicht geschehen konnte. Die deutsche Politik ist eine Politik des Friedens. Aber eine solche Politik kann nicht «inseitig fein, und deshalb
kan« unser Ziel nur darin bestehe«, das System friedlich« Abmachungen auf alle Land« zu erstrecke».
Das entspricht den Lebensinteressen Deutschlands, die Dr uns allein maßgebend sein kömren. Ich gbaübe,-aß g«ade das Nebcneiuandrrbestchen von Loc ar u »Ver t r äg en «ch Berlin« Vertrag für Europa ein» wichtige Sicheomg der friedlichen Entwicklung in sich birgt."
Tages-Tpiegel.
Die Vorlage der Reichsrcgierung über die Fürstenabfindung wurde im Reichstag nach längerer Debatte dem Rechtsanschuß überwiesen.
Der deutsch-russische Vertrag ist im Reichstag in allen drei Lesungen verabschiedet worden.
Tao Reichskabinett hat sich gestern mit Finanzfrage«- mit der Fürstenabfindung und mit laufende« Angelegenheiten befaßt.
Spanien und Brasilien haben rm Böllerbundsrat Erklärungen abgegeben, die als Vorläufer des Austritts anfgefaßt werden können.
Der ungarische Ministerpräfideut Graf Bethlen wurde im Völ- kerbundSgebäude in Genf von eine« ungarischen Republikaner tätlich beleidigt.
Das neue ägyptische Parlament wählte gestern «ft großer Mehrheit Zaghlul Pascha zum Kavnnerpräsidente«.
Freiherr von Wangcnheim, ei« Führer der deutsche» Landwirte, ist gestern vormittag an de» Folge» eines Unfalles gestorben
Bon der BSlkerbundstagnng.
Erkläruuge» Spaniens und Brasiliens.
Senf, 11. Ami. In der gestrigen Dölkerbundsratssttzu»- gab der Vertreter Spaniens eine Erklärung ab, in der es Hecht: ,T)a die gegenwärtige Situation die Anwesenheit Spaniens bei der Wahl auAschließt, und da der Umstand, der Spanien verhindert hat, den Zusatz zu Artikel 1 des Völkerbunkspaktes -» ratifizieren, damit woggefallen ist, hat die spanische Regierung beschlossen, di« Ratifizierung des Antrags vorzunchmen." Allgemein wird diese Erklärung dahingehend aufgesetzt, daß Spanien an den Wahlen zum WSkerbundsrat im September nicht teilnimmt.
Am Schluß der gestrigen Nachmittagssitzung des BAleibunds- rates verlas sodann der Vertreter Brasiliens, Mello Franco, im Namen seiner Regierung eine zehn Seiten lange Erklärung. Die brasilianische Regierung erklärt, daß sie in Anbetracht der entstandenen Differenzen in der Ratsfrage mit dem Abschluß dieser Session des Wlkerbnndsrates ihren Austritt aus dem Rat erkläre. Eie betrachte sich nach Schlich dieser Session nicht mehr als Mitglied des WlkerbuNdsrates. Mello Franco hat den Rat gebeten, der BölkerbundSversaminlung im September den Dank Brasiliens für die mehrfache Wiederwahl in den Rat auszusprechen. Hiermit ist allerdings noch nicht der Austritt Brasiliens aus dem Völkerbund erfolgt.
Li« Zwischenfall im Volkerbuudspalais.
TU Gens, 11. Juni. Gestern vormittag «m halb 11 Uhr ereignete sich im Völkerbundspalais eine auhergewohnliche Skandalszene. In die Sitzung des Ungarnkomitees des Dölker- bundsrates, das um 111 Ahr zufammenyetreten war, drang plötzlich aufgrund einer Pressekarte des Pariser Blatte» „Er« Nou» velle" der Generalsekretär der ungarischen republikanischen Partei und Sekretär des Führers der Pariser ungarischen Emigranten, Illsitz, ein. Er verlas eine Protesterklärung gegen den Grafen Bethlen. Nach der Verlesung ging «r auf Graf Bethlen zu und gab ihm eine Ohrfeige. Er «müde auf der Stelle verhaftet. Naturgemäß erregte dieser Vorfall außergewöhnliches Aussehen.
Beneschs Bericht über die Arbeite» der «brüstungskoMMisfio«.
TU Gens, 11. Juni. In der gestrigen Rachmittagssitzun« des Völkerbundsrates erstattete der sschechofloevakssche Außenminister Benesch Bericht über die Arbeiten der vorbereitenden Abrüstung?kommrffion. Er stellt« den Antrag, der Rat möge die Beratung über den Vorschlag von Lord Robert Cecil und Paul Boncovr über den Artikel 1«. sowie di« Verhandlung über di« verfchiÄ>en«n eingereichten Memoranden aus die Septembertagung des Wklerbrmdes verschieben. Der Antrag von Benesch wurde vom DSlkerbunderat eirstünmig angenommen. Damit hat der Rat, wie vovauszusehen war, di« Entscheidung über das st, außerordentlich schwierige Problem der Abrüstung und Sicherheit, das insbesondere in dem englisch-französischen Kompromiß- «ntwurf aufgeworfen ist, «ach der beim Völkerbund üblichen Methode vertagt. Die dem Abrüstvngeproblem in «Per Linie zugrunde kegenden Differenzen «r der grundsätzlich englisch- französischen Auiffasstmg haben in keiner Wesse weder «inen Ausgleich »och eine Lösung «funken. Man hat sich lediglich damit begnügt, alles zu vertagen.
«beeise Lhnmberlai»» und Pa«l »onconrs »ach Paris.
TU Senf, L- Juni. Der englische Außenminister Thambev- sttin, sowie der Vertreter Frankreichs im BSKerbundsvat Paul Boncovr haben gestern abend um 10 Uhr Genf verlassen und find noch Pbris abgeveip.
Der Berliner Vertrag irn Reichstag.
Einstimmige Annahme