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Gegründet 1826.

Auch die Drusen wollen den Franzosen nicht mehr tarieren

Als Ministerpräsident Herriot in der Kammer von derfranzösischen Kolonie Syrien" sprach, telegraphierte voller Entrüstung der Drusensürst Emir Cheklb Arslan, der übrigens 1922 auch Deutschland besuchte, nach Paris:Sy­rien ist der ausschließliche Besitz der Syrer".

Nun dieses Syrien oder ein Teil desselben ist ..yolge des verlorenen Weltkriegs eines jener famosenMandate" ge­worden, d. h. es wurde, wie es in Art. 22 des Versailler Vertrags bzw. der Völkerbundssatzung heißt, unter die Vormundschaft" Frankreichs gestellt. Dieser Wohl­tat erfreuen sich bekanntlich alle Völker, dienoch nicht im­stande sind, sich unter den besonders schwierigen Verhält­nissen der modernen Welt selbst zu leiten." Sie sollen der Oberhoheit der Staaten entzogen werden, die sie vorher beherrschten, und denfortgeschritteneren Nationen" (Deutschland und die Türkei gehören bekanntlich nicht zu ihnen) unterstellt werden, die auf Grund ihrer Hilfs­mittel, ihrer Erfahrung oder ihrer geographischen Lage am besten imstande..seien, alsBeauftragte des Völkerbunds und in dessen Namen" die Vormundschaft zu führen.

Au den Völkern nun, die dies nicht recht einsehen wollen, gehört auch der Drusenstaat. Frankreich hat nämlich sein syrisches Mandat (168 OM Quadratkilometer mit etwa 3 Millionen Einwohnern) in fünf Einzelstaaten abgeteilt: Eroßlibanon (Hauptstadt Beirut), Damaskus, Aleppo, Len Alauitenstaat und den Drusenstaat Hauran. Upd um diesen Staat handelt es sich jetzt. Es gibt zwar auch außer dem Gebirge Hauran noch Drusen, und zwar südlich vom Libanon und Antilibanon. Diese Stammes- und Religions­genossen scheinen aber bei dem gegenwärtigen Aufstand nicht beteiligt zu sein. Vielmehr sind es die etwa 80 000 Hauran-Drusen, also an der Südostgrenze des französischen Gebiets gelegen.

Die Drusen sind ein tapferes, gastfreies, reinliches und fleißiges Volk, aber auch rachegierig und grausam gegen ihre Feinde. Sie treiben Ackerbau und leben in feudalen Formen unter führenden stolzen Adelsgeschlechtern. Ihre Religion setzt sich aus christlichen und mohammedanischen Elementen zusammen. Jedenfalls huldigen sie einem strengen Theis­mus. Merkwürdigerweise haben sie keine Priester, sondern jeder Druse ist selbst Religionsdiener.

Der gegenwärtige Lrusenaufstand ist seit 1919 bereits der sechste! Veranlaßt wurde er durch den französischen Hauptmann Carbillet, der wegen seiner Gewalttaten verhaßt war. Als Carbillet nach Frankreich abreiste, hofften sie den Mann los zu haben. Aber er kehrte unbegreiflicher­weise als Gouverneur zurück. Hierüber sollte eine Abord­nung beim französischen General Sarrail in Damaskus vor­stellig werden. Sarrail aber ließ die Drusen verhaften. Das- selbe geschah auch mit anderen Häuptern, als es bei einem Opsersest zu Mißhelligkeiten zwischen Franzosen und Drusen kam. Nun wollte Sarrail sogar den Sultan verhaften lassen. Der aber widersetzte sich. Die Franzosen bewarfen sein Dorf mit Bomben. Damit war das Zeichen zum Auf­stand gegeben.

Augenblicklich spielt sich der Kampf um die Drusenstadt Sueida ab. Die Aufständischen haben bereits die fran­zösische Besatzung eingeschlossen und wollen sie aushungern. Zwei Kolonnen mit je 200 bis 400 Mann, die zur Be­freiung ihrer Kameraden herbeigeeilt waren, sind vernichtet worden. 6 Flugzeuge wurden abgeschossen, ein Panzer­wagen, sowie auch das Regierungsgebäude in Brand ge­steckt. In Beirut (an der mittelländischen Küste) werden dieser Tage 1200 Mann Verstärkungstruppen erwartet, um «ueida zu entsetzen.

Es ist anzunehmen, daß der Drüsenaufftand von der französischen Uebermacht niedergeworfen wird. Nur weiß wan nicht recht, ob er einen rein lokalen Charakter trägt, oder ob diese Erscheinung nicht als ein beachtenswertes Med in die lange Kette der allarabischen oder gar all- ylamitischen Bewegung einzugliedern ist. Auch die Asiaten und Afrikaner schwärmen heute für dasSelbstbestim- wungs recht der Völker". In Versailles hat man diesen Geist beschworen. H.

Neuestes vom Tage

Der Reichspräsident m München München, 13. August. Gestern nachmittag hat im Auf­trag des Reichspräsidenten von Hindenburg der in seiner Begleitung befindliche Staatssekretär Dr. Meißner dem Kardinalerzbischos Dr. von Faulhaber, dem Präsidenten der Evang. Landeskirche, Dr. Veit, und dem gegenwärtig in München befindlichen Marschall Liman von Sanders Be­suche abgestattet. Der Reichspräsident selbst stattete dem Generalfeldmarschall Prinz Leopold von Bayern einen Be­such ab. Nach 5 Uhr nachmittags nahm der Reichspräsident bei dem Münchner Gesandten des Deutschen Reiches, von Hantel, denitTee ein. Hieran schloß sich ein kurzer Besuch m> Deutschem.Museum, wo der Reichspräsident von dessen Schöpfer, Oskäh von Miller, begrüßt wurde. Dem Reichs­präsidenten werden fortwährend vom Münchner Publikum begeisterte Huldigungen dargebracht.

Reichspräsident von Hindenburg ist heute mit Herren süner Begleitung und mit einem größeren Kreis amtlicher Persönlichkeiten im Sonderzug, 8.10 Uhr, nach Garmisch- Partenkirchen abgereist und von dort mit dem Kraftwagen über Mittenwald nach Einsiedel am Walchensee gefahren. Die Fahrt gilt der Besichtigung des Walchenseekraftwerks. -Oer Reichspräsident wurde überall von der Bevölkerung wit Begeisterung begrüßt.

Nagoläer Sagblatt

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Freitag den 14. August 1SLS

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Fernsprecher Nr. 29.

SS. Jahrgang

Das verhandelte Deutschland

Kein Diktat und doch ein Diktat

London, 13. August. In politischen Kreisen wird be­hauptet, die Konferenz der Minister werde nicht vor Ende September stattfinden. Zunächst sollen die deutschen und die verbündetenjuristischen Sachverständigen" in Beratungen emtreten, der weitere erste Schritt sei oann Sache Deutsch­lands. 3n der Antwortnote werde ausgeführt, daß an der im Vertrag von Versailles sestgeleglen Besetzung des Rhein­lands nichts geändert werden dürfe, nur das Kölner Gebiet werde geräumt, wenn Deutschland die bekannten Abrüstungs­bedingungen des Botschafterrats erfüllt habe. Chamberlain habe bei den Besprechungen Bciand wiederholt auf die schwierige Lage hingewiefen, in der sich diewohlmeinende deutsche^ Regierung" befinde, und inan müsse daher Vorsicht üben, wenn man den Sicherheitsvertrag zustande bringen wolle.

Rach demDaily Telegraph" soll der Begriffflagranter Angriff", der Frankreich zu einem sofortigen Einmarsch be­rechtigt, gegen den Widerspruch Briands genauer festgelegt worden sein. Chamberlain habe bezüglich des Durchmarsch­rechts nicht nachaegeben, wenn Frankreich den Polen oder Tschechen zu Hilfe kommen wolle. Deutschland solle freie Meinungsäußerung haben und dürfe keinem Diktat gegen­übergestellt werden. (Das ist wohl mehr eine Redensart, denn bezüglich des Bölkerbunds wurde in London tatsächlich ein Diktat aufgestellt, und das andere kommt dann auf der Konferenz^ DerDaily Telegraph" bemerkt, England habe sich alle Rechte Vorbehalten und sich zu nichts verpflichtet.

Die «Daily Rews" bezweifeln, ob Deutschland an dem Sicherheitsvertrag noch ein Interesse habe: es könne sich un­möglich darauf einlassen, daß Frankreich zu entscheiden habe, ob eineflagrante Verfehlung" vorliege und ob der Ein- und

fen Be­richt erstattet. Die Blätter sind mit dem Erfolg nicht zu­frieden, well keiner der strittigen Punkte entschieden sei und die Regelung erst einer späteren Konferenz überlassen rvavde.

/ Briand gab den Zeitungsvertretern den kurzen Bescheid, weitere Klärung erhoffe er bei der Dölkerbundstagung im September.

Die amerikanischen Blätter glauben feststellen zu können, daß zwischen der englischen und der französischen Auffas­sung immer noch groß« Gegensätze bestehn.

Flagrante Verletzungen"

Paris, 13. August. DerMatin" will wissen, als flagrante" Fülle, die Frankreichs Recht zum Einmarsch in Deutschland begründen, seien geplant, jedoch noch nicht festgesetzt: 1. der Einbruch deutscher Truppen in Frank­reich, 2. die Absendung größerer deutscher Truppenabtei­lungen in das entmilitarisierte Rheinlandgebiet, 3. An- sammlung deutscher Truppen in der Nähe dieses Ge­bleks, 4. Erbauung von Festungen und anderer militäri­scherKunstbauten".Echo de Paris" berichtet, England habe dieflagrante" Liste Frankreichs abgelehnt und wolle einen etwaigen deutschen Einbruch in Frankreich oder in oas entmilitarisierte Gebiet als Kriegsgrund gelten lassen unH Frankreich in solchen Fällen beistehen.

Die ScmsereiH beschlossen

London, 13. Aug. Gestern mittag gingen die Besprechun­gen zwischen Chamberlain und Briand zu Ende. Ueber das Ergebnis wurde eine amtliche Mitteilung veröffentlicht, die besagt, daß über den Wortlaut der nach Berlin zu sendenden Note ein Einvernehmen erzielt worden sei. Die endgültige Gestalt des Sicherheits - und Schiedsgerickts- vertrags könne nur in einer Besprechung aller beteiligten Parteien feftgelegt werden. Die Be­sprechung in London habe in großem Maß dazu beigeiragen, daß man zu einem endgültigen Ergebnis gelangen könne.

Weiter erfahren die Blätter, daß die an der Londoner Besprechung beteiligten Verbündeten die Bedenken der deutschen Note vom 20. Juli nicht teilen konnten, sie sollen aber mündlich mit den Vertretern Deutschlands er­örtert werden. Chamberlain regte ferner an, Deutschland solle sofort um feine Aufnahme in den L ö lkerbund nach- fuchen; die Ausnahme würde bewilligt unter der Bedingung, daß die Ueberwachungskommiffion und der Botschafters bezeugt haben, daß Deutschland seine Abrüstung voll­kommen erfüllt habe. Dies würde bis November geschehen sein, so daß die Ausnahme im Dezember erfolgen könnte. Des weiteren soll sich Chamberlain haben bewegen lallen, anzuerkennen, daß je nach dem Grad einer deutschen Ver­fehlung gegen den Sicherheitsvertrag Frankreich das Recht habe, im entmilitarisierten Rheinland einzumarschieren und daß England die Verpflichtung habe, militärischen Bei­stand zu leisten. Bei leichteren Fällen solle ein Schiedsspruch eingeholt werden. Bezüglich der östlichen Grenzen Deutschlands habe England vorläufig keinerlei Verpflich­tungen angenommen. Der französische Enrwurf der Rote an Deutschland soll ganz unbearbeitet worden sein.

Beantwortung der Luftfahrknoke

Berlin, 13. Aug. In nächster Woche wird das Reichs- kabinett die Antwortnote auf die Luftfahrtfordermwen des Pariser Botschafterrats beraten. Die Ueberwachungskom- mission unterzieht derzeit die deutschen Fabriken einer er­neuten Visitation.

Ende gut, alles

Düsieldors, 13. August. Auch in Düsseldorf- Wben^ die Franzosen viele Haussuchungen vsrgenommen «fld ^ge­hörige vaterländischer Jugendverbändr verhaftet. DWel- dorf soll bekanntsich am 28. August geräumt sei».^

Reue Hohsitsverletzrmg durch Franzose«

Mannheim, 13. Aug. Ein französischer Ftisger^M^hte gestern längere Zeit Über Mannheim, und zwar so r Mr, daß er fast die Schornsteine berührte. Me errecM Sjttm- mung der Bevölkerung verlangt, daß das AuswäkkiM^Amk gegen die wiederholten Verletzungen gegen deutsches Mheits- gebiet energische Verwahrung e-intsge.

Aussperrung in Pforzheim

Pforzheim, 13. Aug. Der Arbeitgeberverband der Psorz- heimer Schmuckwarenindustri« hat einstimmig beschlossen, der gesamten Arbeiterschaft mit lltägiger Frist M kündigen. Die Kündigung soll nur zurückgenommen werden, wenn die Arbeit in sämtlichen Betrieben wieder ausgenommen wird. »

Die Uebergabe der Antwortnote

London» 13. August. Die Antwortnote an Deutschland wird in Brüssel, Rom und Tokio den Regierungen Ende dieser oder Anfang nächster Woche und dann in Berlin übergeben. Eine Abschrift soll auch nach Washington ge­sandt werden. ^

Der Krieg in Marokko

Paris, 13. Aug. Aus Casablanca wird gemeldet, die Stämme in der Umgebung von Lukos haben infolge der spanisch-französischen Vereinigung die Kampflust verloren. Äbd el Krim soll die im neutralen Tangergebiet wohnenden Rifleute aufgefordert haben, sich zum Heer zu stellen, wid­rigenfalls ihr Besitztum beschlagnahmt würde.

-Wie verlautet, sollen Marschall Lyauthey aus Marokko und General Sarrail aus Syrien abberu-fen und durch Mar­schall Petain bzw. General Weygand oder Gouraud ersetzt werden. Ministerpräsident Painleoö besprach sich darüber mit Herriot, der ein Parteifreund Lyautheys und Sarrails ist «id sie in ihre Stellungen gebracht hatte.

Der Aufstand der Drusen

Paris, 18. Aug. Die Pariser Ausgabe derChicago Tri­büne" meldet aus Bagdad, die Franzosen seien von den Dru- sen erneut geschlagen worden; 300 Mann seien von den Drusen aekanasn asnommen und 6 Goickmbe »»d 3 Nua.

zeuge erbeutes worden. Die französische Abteilung habe sich in eiliger Flucht zurückgezogen-

Aus dem Bericht des Generals Sarrail aus Syrien > weiter bekannt, daß die französische Abteilung, die eine so schwere Niederlage erlitt, 3000 Mann und 63 Offiziere zöblte. Es gab 386 Verwundete, darunter 14 Offiziere, 446 Mann werden vermißt.

Der französische Hauptmann und Gouverneur Ear- billet, dessen brutales Auftreten den Aufstand b-r-.: 7-- gerufsn hat, ist nach demNeuyork Herald" abberufen worden.

Japanisch-chinesische Verständigung

London, 13. Aug. In Schanghai ist eine Vereinbarung zustande gekommen, wonach in den japanischen Bauin- wollsvinnereien und Webereien, die über eine Million Sn-n- deln besitzen und mehr als 50 000 chinesische Arbeiter bc' 'äs­tigen, die Arbeit wieder ausgenommen--o. Dagegen sind in Tientsin neue Unruhen ausgebrocheu : - > Fabriken angegriffen worden. Bei Zusammenstößen mit der Polizei und dem Militär wurden 68 Leute getötet m'd viele verwundet, die Fabriken wurden zum Teil stark be­schädigt.

In Peking wurden die Fernsprechdrähte der eng­lischen Gesandtschaft abgeschnitten. Die Angestellten der Ge­sandtschaft können das Gebäude nur mit polizeilichem Schutz betreten oder verlassen.

Württemberg

Stuttgart» 13. August. Beendeter Streik. Die streikenden Konfektionsschneider in Groß-Stuttgnrt haben am Montag die Arbeit wieder ausgenommen.

Schutzabzeichsn für Schwerhörige, Ertaubte, Taubstumme und Blinde. Das Ministerium des Innern hat folgende amtliche Bekanntmachung erlassen: Der Württ. Verein für Schwerhörige und Ertaubte, der Württ. Taubstummen- und der Württ. Biindenverein haben ihren Mitgliedern emp­fohlen. zum Schutz gegen die Gefahren des Straßenverkelns folgende Abzeichen zu tragen: 1. für Schwerhörige und Er­taubte: hellgelbes Armband am linken Oberarm mit "rei kreisrunden, schwarzen Punkten: 2. für Taubstumme: des­gleichen wie bei Ziffer 1 mit einem 1 Zentimeter breiten roten Streifen; 3. für Blinde: desgleichen wie bei Ziffer 1 mit einem 1 Zentimeter breiten blauen Streifen. Die Füh­rer aller Fahrzeuge, insbesondere die Lenker vo« Fuhr­werken, die Radfahrer und KrastfahrzeugsShrer werden darauf aufmerksam gemacht, daß bei den Trägern dieser Abzeichen nicht vorausgesetzt werden kann, daß fie imstande sind, die übliche« Warmmgs- bezw. Fahrtrichtungszeichen wahrzunshmen. Es ist daher dringend geboten, bei Begeg­nungen mit solchen Personen die größte Vorsicht walten M lasse«.

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