Sette 2 Nr. 181

Nagolder Tagblatt »Der Gefellfchafter-

yer nicht erSÄen lassen. Die ^leichsregierung ist nunmehr ve- ceik, noch einen weiteren Schritt zu tun, indem sie den Län­dern und Gemeinden bis zur Einführung der Zuschläge zur Einkommensteuer und Körperschaftssteuer, d. h. in den Rechnungsjahren 1925 und 1925 Acberweisungen aus dem Aufkommen an Einkommen- und Körperschafts- sowie Um­satzsteuer bis zur Höhe von 2190 Millionen Mark gewähr- leistet. Dies bedeutet, daß das Risiko in bezug auf das ge- samte Aufkommen in den hauptsächlichen Steuern allein vom Reich getragen wird. Der Minister weist den Vor­wurf der Uebe'rschustoolitik zurück und versichert, daß er der erste zum Abbau sein werde, wenn tatsächlich bei Besserung der allgemeinen Wirtschaftslage KSHere Steuerbeträge ein- gehen würden, als zur Ausgleichung des Reichshaushalts erforderlich sind. Die Meinungsverschiedenheit mit den Län­dern erstrecke sich auf 2 Punkte: Einmal wollten die Länder das Aufkommen an der Umsatzsteuer und zwar 35 v. H. von einem Aufkommen von 1500 Millionen Reichsmark 'gesondert gewährleistet haben. Dies würde zur Folge haben, datz das Reich auch bei einer etwaigen weiteren Senkung -er Umsatzsteuer das volle Risiko zu tragen hätte, ohne sich durch ein höheres Auskommen und höhere Ueberweisungs- deträge aus der Einkommen- und Körperschaftssteuer davon befreien zu können. Sodann wollten die Einzelstaaten dem Meich Schritt für Schritt die Einkommensbesteuerung wie­der abnehmen. Diesem Bestreben glaube die Reichsregierung aus außenpolitischen, aus Wirtschafts- und steuerpolitischen Gründen entgegentreken zu sollen. Es sei zu bedenken, datz es sich gegenwärtig nur um eine vorläufige Regelung handle. Die endgültige Lösung des Finanzausgleichs soll den Ländern und Gemeinden ein Zuschlagsrecht zur Ein­kommen- und Körperschaftssteuer bringen. Da die Äusschuß- tresckffüffe für die Einführung dieses Zuschlagsrechts den 1. April 1927 in Aussicht nehmen, hat die nunmehr zu­treffende Regelung nur 1)4 Zahre Geltung. Zn der Zwi­schenzeit wird das Reich sich Unterlagen für die endgültige Rsguung des Zuschlagsrechts beschaffen, wobei ihm nichts ferner liegt als etwa eine Einmischung in die den Ländern obsiegenden Aufgaben

Mit der Frage des Finanzausgleichs verknüpft werden noch Bestimmungen über Erhebung und Verwendung der A»»Szinssteuer. Diese heißt darnach jetztSteuer vom Grundbesitz". Sie wird von Ländern und Gs- Steürb«, erhoben zur Deckung ihres allgemeinen Finanz- bedarsttz sowie zur Förderung der Bautätigkeit auf dem Ge­biet de< Wohnungsbaus. Für Wohnungsbauzwecke müssen kl den 2 Zähren vom 1. April 1926 bis 31. März «tvdestens 1520 v. H. der Friedensmiete zur Ver­füg«« gestellt werden. Die Mieten sollen allmählich ge- »er allgemeinen Wirtschaftslage erhöht werden. Die Reichsregierung setzt mit Zustimmung des Reichsrats die Mindesthöhe der gesetzlichen Miete im Reich einheitlich fest. Am 1. Aprsl 1926 muffen die Mieten mindestens 100 v. H, der Friedemsmiete betragen.

Preußischer Finanzminister Dr. Höpker-Aschoff begründet den Standpunkt der Länder, denen das Entgegen­kommen des Reichs nicht weit genug gehe- Die in dem Kompromiß gebotene Gesamtgarantie nehme den Ländern die Hoffnung der Beteiligung an dem Mehrauftommen aus der Einkommen- und störperschaftssteuer. Sie würden sich mit der beschlossenen Herabsetzung des Anteils abfinden, wenn ihnen 500 MiMonen Aufkommen aus der Umsatz­steuer garantiert werden. Sonst würden die Länder ge­zwungen sein, auf die Erfüllung notwendiger Aufgaben zu verzichten. Bei den Ländern fei ein Abbau schwerer mög­lich. Bei der Schupo sei ein Abbau nicht angängig. Die Zahl der Strafgefangenen habe sich von 40 000 auf 60 000 erhöht. Auch ein Abbau der Schulverwaltung ließe sich nicht verantworten. Mit wenigen Ausnahmen seien die Gemein­den in einer bitteren Notlage.

Bayerischer Gesandter Dr. von Preger: Bayern habe von jehsr auf reinliche Scheidung zwischen der Finanzwirt- schaft der Reichs einerseits und der Länder und Gemeinden andererseits gedrängt, und darum auch der Erzbergerschen Finanzreform widersprochen. Der Finanzausgleich komme diesem Standpunkt Bayerns wenig entgegen.

Sächsischer Finanzminister Reinhold: Die Stellung­nahme der Länder habe mit Partikularismus nichts zu tun. Da» Reich verfüge Wer genug Reserven, um den Ländern rin Anzieh«« der Realsteuern zu ersparen. Wenn man den Ländern nicht entg»genkvmme, so würden Preistreiberei und Teuerung die Folge sein.

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Donnerstag. S. August 1S2S

Württemberg

Stuttgart. 5. August. Gefaßte Wohnungsein­brecher. In der zweiten Hälfte des Monats Juli sind in einem Villenviertel Stuttgarts Einbrüche in 18 Wohnungen verübt worden, deren Inhaber verreist waren. Es wurden besonders Bargeld, Schmucksachen usw. gestohlen. Am letz­ten Montag sind nun die Einbrecher, der 26 I. a. ledige Kellner Arthur Spieß aus Frankfurt a. M. und der 31jäh- rige ledige Maschinenbauer Gerhard Reiser aus Breslau, ferner die Geliebe des Reiser festgenommen worden. Spieß war de-r Führer der Bande, er wird mebrfacb steckbrieflich verfolgt und hat in Leipzig noch 12 Jahre Zuchthaus zu verbüßen. Im Besitz der Einbrecher wurden 10 060 Mark in bar, Schmucksachen und Silberwarsn im Wert von 80 bis 160 600 -tt gefunden. Bis jetzt sind ungefähr 65 meist in Frankfurt a. M., Leipzig und München verübte Straf­taten aufgeklärt.

Eedächtniskasel dsr 242. Znk.-D'.v. Als Einweihungstag für die Grdächtnistafs! der 242. Jns.-Divlsion ans dem Waldfrieühof ist der 9. Mai 1626 bestimmt worden.

WohnunZswuchsr. Eins geschiedene Frau war in der Notlage, eine Wohnung suchen zu müssen. Ein Vermieter forderte für eine Wohnung, deren Friedensmiets 840 -ll betrug, 620 (obgleich dis gesetzliche Miete damals nur 70 Prozent der Friedensmiete betrug) und 250 -ll für Ein­richtung elektrischer Beleuchtung und Linoleumbelag eines Zimmers. Die Mieterin mußte sich schriftlich verpflichten, die Kosten aller ferneren Instandsetzungen zu tragen und dem Vermieter die elektrische Anlage sowie das Linoleum als Eigentum zu überlassen. Er ließ durchblicken, zwei weitere mietlustige Damen haben ihm 1500 für Instandsetzungen geboten. Die Frau, die über keine ausreichenden Mittel verfügte, erklärte sich schließlich auch mit dieser Zahlung bereit. Das Wohnungsamt genehmigte den Mitvertrag aber nicht und übergab den Fall der Staatsanwaltschaft. Das Gericht verurteilte den Vermieter wegen Wuchers zu 100 Geldstrafe. Der Vermieter legte dagegen Berufung ein: er habe geglaubt, ein Werk der Nächstenliebe zu tun. Das Berufungsgericht hatte aber eine andere Ansicht. Der Staats­anwalt bezeichne!« das Vorgehen des Vermieters als ein gemeingefährliches Treiben. Das Gericht beließ es bei den 100 Geldstrafe, wozu noch die Prozeßkosten kommen.

Vom Tage. In einer Weinhandlung in der Gaisburg- straße wurde nachts eingebrochen und der Kassenschrank geöffnet. Die Diebe mußten sich aber mit einem verhältnis­mäßig kleinen Betrag begnügen. Die Diebe scheinen bei ihrer Arbeit gestört worden zu sein, denn sie ließen ihre Brech­werkzeuge zurück.

Aus dem Lande

Hohenheim, 5. August. Von der Landw. Hoch­schule. Der a. o. Professor für Physik an dsr Universität Halle, Dr. Albert Wigand, hat einen Ruf als ordent­licher Professor für Physik und Meteorologie an die Land­wirtschaftliche Hochschule in Hohenheim als Nachfolger des in den Ruhestand versetzten Prof. Mack angenommen.

Weinsberg, 5. August. Gründung der Winzer­genossenschaft. Nachdem sich ein Zusammenschluß sämtlicher Weingärtner zu einer Genossenschaft infolge ab­lehnender Haltung der Weingärtner-Gesellschaft nicht er­möglichen ließ, hat sich nun eine zweite Genossenschaft Weinsberg gebildet, der sofort 70 Weingärtner beigetreten sind. Vorstand ist Gemeinderat Brosi.

Gmünd, 5. August. Vom Militär. Am Donnerstag, den 7. d. M., wird das Gmünder Ausbildungsbataillon im Anschluß an eine Gefechtsübung bei günstiger Witterung am Osthang des Kalten Feldes ein sog. Friedensbiwak be­ziehen. Um 9 Uhr abends ist großer Zapfenstreich mit Se­renade und Fackelzug.

Giengen a. Dr., 5. August. Unbegründeter Ver­dacht. Der unter dem Verdacht der Brandstiftung ver­duftete Schäfer Eisinger, wohnhaft in Bernau, wurde wieder auf freien Fuß gesetzt. Es hat sich herausgestellt, daß der Verdacht unbegründet war.

ep. Tübingen, 4- August. Evang. Landeskirchen- gesangsfest. Am 1. und 2. August fand hier unter über­aus zahlreicher Beteiligung das Evang. Landeskirchen­gesangsfest verbunden mit der Hauptversammlung des Evang. Krchengesangvereins unter dem Vorsitz von Musik­direktor Gölz-Tübingen statt. In das 17. Jahrhundert führte ein Vortrag von Prof. Dr. Hasse-Tübingen überDie Blüte- zeit des Evang. Kirchengesangs". Was unsere Kirchenchör« zu leisten vermögen, das zeigten sie beim Abendkon.zert in der

«stfffskirche, bei "der Morgenfeier und beim Festgötte-di-nst bei dem Univ.-Prof. O. Smend die Festvredigt hielt. Die Beteiligung einer ganzen Reihe von Orchester und Musi?- vereinen aus Tübingen und Stuttgart verlieh den AW führungen einen mächtigen Hintergrund. Am Samstag abend erstrahlte dem Fest zu Ehren der Holzmarkt im Glanze von Tausenden von Lichtern, von deren Eindruck hingerissen die Menge das Lutherlied cmstimmte. Mit Nachfeiern auf dem Schloß und in der Stiftkirche, bei denen verschiedene Ehöre sick> noch einmal mit ernsten und heiteren Li->dern bürer ließen und die Zuhörer zum Teil auch mit ihren Trachten erfreuten, fand das erhebende Fest seinen Abschluß.

Möffinqeni OA. Rott-^burg, 5. Aug"N. Abasstür:, t. Der 83jährige frühere Färbermeiftsr Nknlipv Geiger fiel beim Futterabladen in der Scheune rücklings vom Wagen und verletzte sich tödlich.

Schramberg, 5. August. Scheuende Pferde. Auf dem Heimweg nach Kirnbach scheuten die Pferde des Land­wirts Martin Zehder. Zehder versuchte sie aufzuhalten und kam dabei unter ein vorbeiiahrendes Auto. Er wurde schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt.

Ulm, 5. August. V o r st a n d s s j tz u n g der Wückt. Landwirtschafts kammer. Der Vorstand der Laniu wirtschaftskammer hat am 30. Juli nach einer Besichtigung des Dürnachhofs, die sehr befriedigend ausfiel, hier eine Sitzung abgehalten, bei der ein? Reihe laufender Ange­legenheiten erledigt wurde. Außerdem hat sich der Vorstand eingehend mit einem dem Landtag vorliegenden Entwurf eines Baulandgesetzes beschäftigt. Er hat gegen einige Bestimmungen des Gesetzes größte Bedenken. Vom Stand­punkt der Grundeigentümer aus müssen folgende Forde­rungen aufgestellt werden: 1. Die Durchführung der Neu­einteilung des Baulands ist nicht dem Gemeinderat, sondern einer von den Beteiligten gewählten Vollzugskommission zu übertragen. 2. Bei der Umlegung ist nicht die Größe der Grundstücke, sondern deren Wert zugrunde zu legen. 3. Die unentgeltliche Ausscheidung von Verkehrsflächsn. insbeson­dere aber von Flächen zu Industriestammgleisen wird ab­gelehnt.

Aus Stadl und Land

Nagold» den 6. August !925.

Die Dummheit drängt sich vor, um gesehen zu werden, die Klugheit steht zurück, um zu sehen.

Carmen Sylvar.

*

Möbelausstellung Nagold.

Wir machen hierdurch unsere werten Leser auf die am Samstag, den 8. August, nachmittags 2 Uhr zur Eröffnung kommende Möbelausstellung aufmerkam, in der wir 50 ver­schiedene Herren-, Speise- und Schlafzimmer bewundern dürfen. Die Ausstellung wird uns ein Spiegelbild der Leistungsfähig­keit unserer heimischen Industrie geben und wissen wir, daß die Besucher, die u. a. sicherlich von weither herbeieilen, über die Reichhaltigkeit des Gebotenen erstaunt sein werden.

Sonderzllge «ach Heidenheim.

Anläßlich des Landesfeuerwehrtags in Heidenheim und der damit verbundenen Beleuchtung des Schlosses Hellenstein verkehren am Sonntag, 9. August folgende Sonderzüge von Stuttgart nach Heidenheini und zurück:

Hinfahrt: Stuttgart Hbf. ab 5.25 früh, Heidenheim an 8.05 vm.

Rückfahrt: Heidenheim ab 10.45 nachm., Stuttgart Hbf. an I2.5S früh am 10. August.

Haltlose Gerüchte. Im Bezirk tauchen immer wieder Gerüchte auf, daß der oder jener von Nordafrika aus der Ge­fangenschaft zurückgekehrt sei. Solche Nachrichten sind mit Vorsicht aufzunehmen, denn Nachprüfungen vonganz be­stimmten Angaben" haben deren Unwahrheit ergeben. Durch dauernd gestellte Anfragen bei den Verwandten werden leider nur alte Wunden aufgerissen und falsche Hoffnungen erweckt.

Stand der Tierseuchen in Württemberg. Am 31. Juli war der Milzbrand in 2 Oberümtern mit 3 Gemeinden und 3 Gehöften, die Maul- und Klauenseuche in 16 Oberämtern mit 33 Gemeinden und 244 Gehöften verbreitet, die Räude der Schafe in 13 Oberämtern mit 15 Gemeinden und 1° Gehöften, die Kopfkrankheit dsr Pferde in 17 Oberämtern mit 25 Gemeinden und 25 Gehöften, die ansteckende Blut­armut dsr Pferde in 13 Oberümtern mit 20 Gemeinden und g- sga !N 5 O5-rämiern mit 11 Ge-

Der TelesunkenteufeL

Roman von Otsrid von

Amerikanisches Copyright Carl Duncker, Berlin.

M (Nachdr. verb.z

Wendeborn lacht:

Und stiehlt unterdessen Ihre Tochter! Echt amerika­nisch!"

Selenius sieht auf:

Kennen Sie den amerikanischen Konzerttrust James Eoldsmith?"

Wendeborn nickt.

Ja, sehen Sie, das ist eine erstklassige Firma? lle- brigens, James Goldsmith war in Berlin, hat bis heute früh mit seiner Tochter im Esplanadehotel gewohnt. Ich habe ihn gestern abend gesprochen, als eine andere Sache mich in das Hotel führte. Natürlich, James Eoldsmith! Den kennt jeder Mensch in Amerika, der ist, wie man so sagt, eine Nummer, eine Kanone!"

James Eoldsmiths zukünftiger Schwiegersohn war vor einer Stunde bei mir."

Wendeborn lacht:

Also die kleine Maud ist versorgt? Ich beneide den Bräutigam nicht, wenn es nicht gerade ein Raubtierbän­diger ist, denn etwas von einer launischen Wildkatze hat das kapriziöse Persönchen."

Selenius ist nervös.

Mich interessiert sie wahrhaftig nicht, aber Sie könnte vielleicht interessieren, was mir dieser Mister Walker, eben der künftige Schwiegersohn James Eoldsmith', sagte."

Er wiederholte, wie Fred Walker sich den Raub der Künstler erklärt hatte und Wendeborn springt auf:

Das Ei des Kolombus! Natürlich! Seit ich dieses Inserat gelesen, bin ich selbst irre geworden an meiner Auf­fassung. datz eine einfache Flucht oorliegt. Besonders, da beide durchaus keine Geldmittel Mitnahmen. Hier ist der Schlüssel! Eine gemeinsame Flucht der Liebenden mit pe­kuniärer Unterstützung von Worth. Sie erzählten mir unter­

wegs von dem seltsamen Ereignis, datz Ihre Tochter unv Winfried plötzlich im Programm des Rundfunks erschie­nen. Das wußten wir natürlich bereits, denn selbstver­ständlich wurde es unverzüglich aus dem Voxhaus gemel­det. Wir sind auch bereits dabei, nach dem wilden Sends- apparat zu suchen. Leicht ist es nicht, aber zunächst sind 12 Flieger unterwegs, die, ein jeder in einem bestimmten Ge­biet, nach Antennenanlagen suchen, denn es mutz schon eine ganz respektable Antenne sein, die solchen Geber stützt. Aber auch solche Hochfrequenzmaschine ist nicht jedem zur Hand. Und nun sagen Sie, daß da eine amerikanische Firma da­hinter steckt."

Worth ist der Hauptaktionär der American and Con­tinental Radio Co."

Da haben wir also den Mann! Natürlich hat dieser smarte Amerikaner in irgend einer versteckten Gegend, viel­leicht mitten im Wald, ganz vergnügt ein Statiönchen ge­baut! Wer weiß, was der Herr damit schon angerichtet hat. Vielleicht sogar schon Spionage. Wirklich schade, datz dieser Herr Walker nicht mehr da ist. Wirklich, Herr Kom­merzienrat, es wäre Ihre Pflicht gewesen, mich sofort tele­phonisch holen zu taffen."

Ich hatte die Absicht, aber Herr Walker wollte nicht. Er wußte auch natürlich nichts von der Hamburger Frech­heit und vermutete, datz die Verschwundenen sofort nach dem Auftauchen im Rundfunk versuchen würden, auf Schleichwegen nach Amerika zu entkommen. Er sagte mir, datz er augenblicklich einen Newyorker Detektiv benachrich­tigen wollte."

Pinkerton?"

Ganz recht."

Natürlich, der Herr Amerikaner hat zu seinem Lands­mann mehr Vertrauen, als zu uns. Uebrigens Pinkerton ist tüchtig."

Das Gespräch wird durch den Diener unterbrochen:

Herr Burkhard schickt diesen Eilbrief von der Redak­tion."

Selenius erbricht den Brief und findet darin einen Brief:

Soeben übermittelt mir ein Hamburger Kollege tele­phonisch anliegenden Artikel, der in der Mittagszeitung er­schienen."

Mit staunenden Augen liest der Kommerzienrat den In­halt des Beiblattes laut vor:

Ein Familienidyll statt der Tragödie."

Vor einigen Tagen ging ein, allerdings etwashinter­wäldlerisch" anmutender Sensationsskandal durch die Presse. Ausgerechnet in dem behaglichen Landstädtchen Luckenwalde sollte nach einem Konzert im dortigen Niendorfsaale die talentvolle Sängerin Ada Elena in Gemeinschaft mit ihrem Lehrer undSeelenfreund" Norbert Winfried in aben­teuerlicher Weisegestohlen" sein. Große Sensation! Auf­gebot der Polizei! Entführung einer Minderjährigen! Aber die Wirklichkeit ist nicht so grausam. Schlafe ruhig, lieb­liches Luckenwalde, in deinen Wäldern Hausen keine Räu- berbanden! Wir hatten heut das Vergnügen, Herrn Nor­bert Winfried und Fräulein Elena auf unserer Redaktion zu begrüßen. Sie sahen recht glücklich und zufrieden aus und durchaus nicht nach furchtbarer Gefangenschaft in einer Wegelagererhöhle. Sie haben sich eben, wie das Liebende gern tun, ein paar Tage zurückgezogen, weil der gestrenge Papa der Dame, der bekannte Kommerzienrat Selenius aus Berlin, ihrer Verbindung entgegenstand. Aber ffe haben diese Tage auch nutzbringend verwendet und inzwi­schen eine Tournee durch die ganze Welt mit der ruym- lichst bekannten Trust Co. Worth abgeschloffen und heute konzertieren sie hier in Hamburg. Sie wollen damit be­weisen, datz sie die löbliche Polizei durchaus nicht zu Muen haben. Fräulein Elena war so liebenswürdig m ihrem Alter tut man so etwas noch ungestraft uns einen sun ketnagelneu vom Standesamt ihres Geburtsortes bezogen Geburtsschein vorzulegen, aus dem hervorgeht, datz ste einem Monat mündig geworden. Von einer Entsuyru g einer Minderjährigen ist also keine Rede und Papa ^ nius hat anscheinend ein schlechtes Gedächtnis. Das 1 » ge Paar, das eben mit diesem Konzert sein reines Gew I! dokumentieren will, wird morgen früh mit derneu land" nach Amerika ausreisen. ^gt.)